Vereinbarung (zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit in regulatorischen Fragen des Fernmeldebereiches)
zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit in regulatorischen Fragen des Fernmeldebereiches Abgeschlossen am 4. März 1999 In Kraft getreten am 1. April 1999 (Stand am 1. Januar 2025)
¹ [ AS 1979 25 ; 1995 3843 ; 1998 2533 ; 2003 684 ]
Art. 1 Zweck
Diese Vereinbarung regelt, unter Wahrung der hoheitlichen Befugnisse beider Parteien, die Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein in regulatorischen Fragen des Fernmeldebereiches nach der Beendigung des Post- und Fernmeldevertrages im Fernmeldebereich und dem Übergang zu offenen Märkten im Hinblick auf wirksamen Wettbewerb.
Art. 2 Vollzugsbehörden
Die für den Vollzug dieser Vereinbarung zuständigen Behörden sind:
a) für die Schweizerische Eidgenossenschaft: Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM);
b) für das Fürstentum Liechtenstein: Das Amt für Kommunikation (AK).
Art. 3 Rechtswirkungen
Unter Vorbehalt von Artikel 7 Absatz 5 begründet diese Vereinbarung Rechte und Pflichten nur zwischen den Parteien. Rechte und Pflichten von Einzelpersonen oder Unternehmen aufgrund der Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts, insbesondere aufgrund von Konzessionen, werden von dieser Vereinbarung nicht berührt.
Art. 4 Bereiche und Inhalt der Zusammenarbeit
1. Die Zusammenarbeit erfolgt unter Einbezug der internationalen Beziehungen beider Parteien im Fernmeldebereich und erstreckt sich auf folgende Bereiche:
a) Nummerierung;
b) Frequenzverwaltung;
c) Verwaltung bestimmter Funkkonzessionen;
d) Inverkehrbringen, Erstellen und Betreiben von Telekommunikationsanlagen;
e) Marktaufsicht;
f) weitere regulatorische Fragen.
2. Die Einzelheiten werden in Protokollen geregelt. Die Protokolle bilden Bestandteile dieser Vereinbarung.
Art. 5 Form und Umfang der Zusammenarbeit
1. Die Vollzugsbehörden informieren und konsultieren sich gegenseitig in den unter Artikel 4 genannten Bereichen. Diese Information und Konsultation ist an keine Form gebunden.
2. Zusätzlich zu der Information und Konsultation gemäss Absatz 1 finden halbjährliche Treffen zwischen den Vollzugsbehörden statt. Diese Treffen dienen der Überprüfung
a) der Zusammenarbeit im Rahmen dieser Vereinbarung und
b) der Notwendigkeit einer Änderung dieser Vereinbarung sowie einer Änderung, Aufhebung und Schaffung von Protokollen.
3. Die Zusammenarbeit umfasst, unter Wahrung der hoheitlichen Befugnisse beider Parteien, insbesondere:
a) die Vorbereitung regulatorischer Massnahmen;
b) den Austausch von Informationen über die regulatorische und technische Entwicklung auf nationaler und internationaler Ebene;
c) die Marktbeobachtung;
d) den Austausch von Informationen über die Marktentwicklung;
e) den Austausch von Informationen über die internationalen Beziehungen beider Parteien im Fernmeldebereich unter Einschluss von Stellungnahmen im Rahmen internationaler Foren und Organisationen.
Art. 6 Internationale Zusammenarbeit
1. Die Schweizerische Eidgenossenschaft vertritt das Fürstentum Liechtenstein in den von diesem bezeichneten internationalen Foren und Organisationen, die spezifisch im Fernmeldebereich tätig sind. Die Vollzugsbehörden vereinbaren fallweise die Einzelheiten dieser Vertretung.
2. Vorbehalten bleiben Fälle, in denen eine unterschiedliche Interessenlage zwischen den Parteien besteht, sowie Anlässe, an denen die Schweizerische Eidgenossenschaft nicht vertreten ist.
3. Im Rahmen der Vertretung gemäss Absatz 1 informiert und konsultiert das BAKOM die zuständigen liechtensteinischen Behörden rechtzeitig schriftlich oder mündlich und erstattet diesen über die Vertretung Bericht, sofern nichts anderes vereinbart worden ist.
Art. 7 Datenschutz
1. Die zur Durchführung dieser Vereinbarung notwendigen, von den Vollzugsbehörden übermittelten Daten sind unter Berücksichtigung der in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein geltenden Datenschutzbestimmungen zu bearbeiten und zu sichern. Dabei
a) kann die ersuchende Vollzugsbehörde die Daten nur dem Zwecke dieser Vereinbarung entsprechend verwenden;
b) gibt die eine Vollzugsbehörde auf Anfrage der anderen Auskunft über die Verwendung der übermittelten Daten;
c) dürfen die übermittelten Daten nur durch die Vollzugsbehörden bearbeitet werden.
2. Die übermittelten Daten sind nur so lange aufzubewahren, wie es der Zweck erfordert, für den sie übermittelt worden sind.
3. Die Vollzugsbehörden verpflichten sich, die Übermittlung, den Empfang und die Weitergabe von Daten zu verzeichnen und die übermittelten Daten durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten zu schützen.
4. Die für den Datenschutz zuständigen Behörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft und des Fürstentums Liechtenstein überprüfen die Bearbeitung der übermittelten Daten.
5. Der betroffenen Person ist auf Anfrage über die zu ihrer Person vorhandenen Daten sowie über den vorgesehenen Verwendungszweck Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht nicht, soweit das öffentliche Interesse, die Auskunft nicht zu erteilen, das Interesse der betroffenen Person an der Auskunftserteilung überwiegt.
Art. 8 Kosten
1. Der aufgrund dieser Vereinbarung der Schweizerischen Eidgenossenschaft entstehende Aufwand wird vom Fürstentum Liechtenstein abgegolten. Bemessungsgrundlage bilden die vom BAKOM ermittelten Selbstkosten gemäss Kostenleistungsrechnung.
2. Das Nähere regeln die Vollzugsbehörden in einer Verwaltungsvereinbarung.
Art. 9 Schaffung, Änderung und Aufhebung von Protokollen
1. Die Vollzugsbehörden können Protokolle durch schriftliche Übereinkunft jederzeit ändern oder aufheben. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation und die Liechtensteinische Regierung können zusätzliche Protokolle jederzeit durch schriftliche Übereinkunft neu schaffen.
2. Die Schaffung, Änderung oder Aufhebung von Protokollen werden durch den Austausch diplomatischer Noten bestätigt.
Art. 10 Streitbeilegung
1. Streitfragen, die sich bei der Auslegung dieser Vereinbarung ergeben, sind, sofern sie nicht anlässlich der halbjährlichen Treffen der Vollzugsbehörden oder auf diplomatischem Wege erledigt werden können, einem Schiedsgericht zur Entscheidung zu unterbreiten.
2. Das Schiedsgericht wird auf Verlangen einer der beiden Parteien von Fall zu Fall gebildet, indem jede Partei ein Mitglied bestellt und beide Mitglieder sich auf den Angehörigen eines dritten Staates als Obmann einigen, der von den Parteien zu bestellen ist. Die Mitglieder sind innerhalb von zwei Monaten, der Obmann ist innerhalb von drei Monaten zu bestellen, nachdem die eine Partei der anderen mitgeteilt hat, dass sie die Streitfrage einem Schiedsgericht unterbreiten will.
3. Werden die in Absatz 2 genannten Fristen nicht eingehalten, so kann, sofern nichts anderes vereinbart worden ist, jede Partei den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ersuchen, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Präsident die schweizerische oder liechtensteinische Staatsangehörigkeit oder ist er aus einem anderen Grund verhindert, so soll der Vizepräsident die Ernennungen vornehmen. Besitzt auch der Vizepräsident die schweizerische oder liechtensteinische Staatsangehörigkeit oder ist auch er verhindert, so soll das im Rang nächstfolgende Mitglied des Gerichtshofes, das weder die schweizerische noch die liechtensteinische Staatsangehörigkeit besitzt, die Ernennungen vornehmen.
4. Das Schiedsgericht entscheidet aufgrund der zwischen den Parteien bestehenden Verträge und des allgemeinen Völkerrechts mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind bindend. Jede Partei trägt die Kosten des von ihr bestellten Schiedsrichters; die Kosten des Obmanns sowie die sonstigen Kosten werden von den Parteien zu gleichen Teilen getragen. Im Übrigen regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selbst.
Art. 11 Geltungsdauer und Kündigung
Diese Vereinbarung wird auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Wird sie nach Ablauf dieser Dauer von einer Partei nicht unter Einhaltung einer Frist von einem Jahr auf das Ende eines Jahres gekündigt, verlängert sich ihre Geltungsdauer jeweils um ein weiteres Jahr.
Art. 12 Inkrafttreten
Diese Vereinbarung tritt am 1. April 1999 in Kraft.
Unterschriften
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der Parteien diese Vereinbarung mit ihren Unterschriften versehen.
Geschehen in Bern, in doppelter Ausfertigung in deutscher Sprache, am 4. März 1999.
Für den Hans Werder | Für die Regierung Prinz Wolfgang von Liechtenstein |
Protokoll I ²
² Aufgehoben durch Revision vom 15. Okt. 2024, mit Wirkung seit 1. Jan. 2025 ( AS 2024 784 ).
Protokoll II ³ über die Zusammenarbeit im Bereich der Frequenzverwaltung
³ Fassung gemäss Revision vom 15. Okt. 2024, in Kraft seit 1. Jan. 2025 ( AS 2024 784 ).
1 Grundsätze der Zusammenarbeit
Liechtenstein verwaltet hoheitlich das gesamte Frequenzspektrum sowie die Nutzungsrechte und Orbitalpositionen von Satelliten in Übereinstimmung mit den liechtensteinischen Gesetzen und Verordnungen sowie internationalen Vereinbarungen. Nach Massgabe dieses Protokolls leistet das BAKOM dem AK administrative und technische Unterstützung sowie Beratung beim Vollzug der liechtensteinischen Frequenzverwaltung.
Ausgenommen davon ist insbesondere die Bearbeitung der ITU BR International Frequency Information Circular (Space Services) (BR IFIC).
2 Frequenzverwaltung
2.1 Frequenzzuweisungsplan
Das BAKOM stellt dem AK auf der Basis des im BAKOM geführten schweizerischen nationalen Frequenzzuweisungsplans (NaFZ) eine Liechtenstein-spezifische Fassung eines Frequenzzuweisungsplanes (Frequency Allocation Plan, FAP) inklusive der dazugehörenden Anlagen wie insbesondere die Schnittstellenanforderungen zur Verfügung.
Das BAKOM führt die Liechtenstein-spezifischen Abweichungen im FAP periodisch auf Anweisung und in Konsultation mit dem AK nach.
Die Einzelheiten der Zusammenarbeit im Sinne des ersten Absatzes werden zwischen den Verwaltungen, bei Bedarf mittels einer gesonderten Verwaltungsvereinbarung geregelt. Sie enthält insbesondere Einzelheiten über die Art und den Umfang der Unterstützung des BAKOM bei der Entwicklung des FAP sowie die Prozesse für den Unterhalt des FAP durch das BAKOM.
2.2 Frequenzkoordinations- und Notifikationsverfahren
Das AK kann das BAKOM gemäss vorhergehender Absprache und Instruktion (Bestimmung von Art und Umfang der Kompetenzen) bei Koordinations- und Notifikationsverfahren mit der Vertretung der liechtensteinischen Interessen beauftragen. Über die abgeschlossenen Verfahren ist Bericht zu erstatten.
In Fällen von Interessenskonflikten zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz oder ausserordentlich hohem Aufwand erfolgt eine rechtzeitige Konsultation zwischen dem BAKOM und dem AK, um im gegenseitigen Einvernehmen eine Lösung zu erzielen.
2.3 Radio Monitoring
Auf Antrag des AK führt das BAKOM im liechtensteinischen Frequenzraum zu Planungszwecken sowie der störungsfreien Frequenznutzung (Qualitätsanalysen und Störungslokalisierung) Messungen durch.
Die Vollzugsbehörden können in einer Vereinbarung, die keiner besonderen Form bedarf, insbesondere den Umfang und den Zeitpunkt der Messungen sowie die Modalitäten der Berichterstattung regeln.
Sind Messungen im Fürstentum Liechtenstein vor Ort notwendig, werden die BAKOM-Mitarbeitenden gemäss Absprache mit dem AK von Behördenvertretern des Fürstentums Liechtenstein begleitet.
2.4 Vertretung in internationalen Funkgremien
Nach Absprache mit dem AK vertritt und unterstützt das BAKOM das Fürstentum Liechtenstein in internationalen Gremien, die der Funkplanung dienen (Artikel 6 der Vereinbarung). Dies sind insbesondere Gruppen der ITU (Radiocommunication Sector), frequenzspezifische Subcommittees der CEPT (Electronic Communications Committee – ECC) sowie das unabhängige Büro der CEPT in Kopenhagen (European Communications Office, ECO).
Die Einzelheiten der Zusammenarbeit im Sinne des ersten Absatzes werden zwischen den Verwaltungen in einer gesonderten Vereinbarung geregelt, die keiner besonderen Form bedarf. Sie enthält insbesondere eine Liste der Gremien, in welchen das BAKOM das Fürstentum Liechtenstein dauernd vertritt.
Wo Vollmachten notwendig sind, werden diese durch das AK besorgt bzw. ausgestellt.
Protokoll III ⁴ über die Zusammenarbeit im Bereich von bestimmten Nutzungsrechten an Frequenzen für Funkanlagen
⁴ Fassung gemäss Revision vom 15. Okt. 2024, in Kraft seit 1. Jan. 2025 ( AS 2024 784 ).
1 Grundsätze der Zusammenarbeit
Im Rahmen der geltenden liechtensteinischen Gesetze und Verordnungen regelt das Fürstentum Liechtenstein die Einräumung und Verwaltung der diesem Protokoll gemäss Punkt 2 unterstehenden Nutzungsrechte an Frequenzen für Funkanlagen selbständig. Die Regelung dieser Nutzungsrechte an Frequenzen für Funkanlagen kann im Fürstentum Liechtenstein unter Berücksichtigung der geltenden schweizerischen Gesetze und Verordnungen erfolgen.
2 Geltungsbereich dieses Protokolls
Die Zusammenarbeit bezieht sich auf bestimmte Nutzungsrechte an Frequenzen für Funkanlagen, welche eine individuelle Frequenzzuteilung verlangen.
3 Inhalt und Form der Zusammenarbeit
Zur Durchführung dieses Protokolls erfolgt eine Zusammenarbeit zwischen dem AK und dem BAKOM, insbesondere unter Verwendung der für die Behandlung von Frequenzzuteilungsanträgen im BAKOM eingesetzten betrieblichen Einrichtungen.
Das BAKOM übernimmt die technische und administrative Behandlung liechtensteinischer Anträge auf Einräumung von Nutzungsrechten an Frequenzen für Funkanlagen im Rahmen dieses Protokolls nach Massgabe der in Punkt 1 bezeichneten Bestimmungen in gleicher Weise wie bei schweizerischen Frequenzzuteilungsanträgen, insbesondere die Ausstellung von Netzbeschrieben. Allfällige Vorgaben der zuständigen liechtensteinischen Behörden werden in gegenseitigem Einvernehmen berücksichtigt.
Die Einräumung und Verwaltung der Nutzungsrechte an Frequenzen für Funkanlagen im Rahmen dieses Protokolls sowie die Erhebung von Gebühren erfolgen durch das AK nach Massgabe der geltenden liechtensteinischen Gesetze und Verordnungen.
4 Kontrolle der Ausübung von bestimmten Nutzungsrechten an Frequenzen für Funkanlagen
Die Kontrolle über die Ausübung der erfassten Nutzungsrechte an bestimmten Frequenzen für Funkanlagen obliegt den zuständigen liechtensteinischen Behörden.
Bei Störungen oder nicht ordnungsgemässer Ausübung dieser Nutzungsrechte an bestimmten Frequenzen für Funkanlagen treffen die zuständigen liechtensteinischen Behörden die erforderlichen Massnahmen.
Auf Antrag des AK berät und unterstützt das BAKOM die zuständigen liechtensteinischen Behörden. Sind Tätigkeiten im Fürstentum Liechtenstein vor Ort notwendig, werden die BAKOM-Mitarbeitenden gemäss Absprache mit dem AK von Behördenvertretern des Fürstentums Liechtenstein begleitet. Die Vollzugsbehörden können in einer Vereinbarung, die keiner besonderen Form bedarf, insbesondere den Umfang und den Zeitpunkt der Kontrollen sowie die Modalitäten der Berichterstattung regeln.
Auf Antrag des AK führt das BAKOM im liechtensteinischen Frequenzraum Messungen zur Analyse der ordnungsgemässen Frequenzausübung durch. Der Einbezug besteht in einer Beratung und Unterstützung des AK im Einzelfall (gegebenenfalls vor Ort). Sind Messungen im Fürstentum Liechtenstein vor Ort notwendig, werden die BAKOM-Mitarbeitenden gemäss Absprache mit dem AK von Behördenvertretern des Fürstentums Liechtenstein begleitet. Das BAKOM informiert das AK über mögliche Widerhandlungen auf dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein.
Die Vollzugsbehörden können in einer Vereinbarung, die keiner besonderen Form bedarf, insbesondere den Umfang und den Zeitpunkt der Messungen sowie die Modalitäten der Berichterstattung regeln.
Protokoll IV ⁵ über die Zusammenarbeit im Bereich der Funkanlagen
⁵ Fassung gemäss Revision vom 15. Okt. 2024, in Kraft seit 1. Jan. 2025 ( AS 2024 784 ).
1 Grundsätze der Zusammenarbeit
Dieses Protokoll regelt die Zusammenarbeit zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweiz in Bezug auf das Anbieten, die Bereitstellung auf dem Markt, die Inbetriebnahme sowie das Erstellen und Betreiben von Funkanlagen im Fürstentum Liechtenstein.
Die Zusammenarbeit in diesem Bereich erfolgt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Fürstentum Liechtenstein gleichzeitig Teil des schweizerischen Zollgebietes und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ist und Zollvertragsrecht und EWR-Recht nebeneinander Anwendung finden («parallele Verkehrsfähigkeit der Waren»).
Weichen Zollvertragsrecht und EWR-Recht voneinander ab, gilt die Kollisionsnorm von Artikel 3 der Vereinbarung vom 2. November 1994⁶ zum Vertrag vom 29. März 1923⁷ über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet. In solchen Fällen streben die Vollzugsbehörden möglichst einfache Verfahren an.
⁶ SR 0.631.112.514.6
⁷ SR 0.631.112.514
2 Inhalt und Bereiche der Zusammenarbeit
2.1 Bereitstellung auf dem Markt von Funkanlagen
Die Parteien stellen fest, dass das Zollvertragsrecht betreffend die Bereitstellung auf dem Markt von Funkanlagen mit dem EWR-Recht, insbesondere mit der Richtlinie 2014/53/EU⁸, im Wesentlichen übereinstimmt.
In Übereinstimmung mit dem EWR-Recht und dem Gesetz vom 22. März 1995⁹ über die Verkehrsfähigkeit von Waren in Verbindung mit der Verordnung vom 19. September 2017¹⁰ über den Verkehr mit Funkanlagen im Europäischen Wirtschaftsraum sowie dem Zollvertragsrecht ist das AK für die Aufsicht über den Verkehr mit Funkanlagen im Fürstentum Liechtenstein zuständig. Um seinen Rechten und Pflichten unter dem EWR-Recht Rechnung zu tragen, hat das Fürstentum Liechtenstein eine Regelung in Kraft gesetzt, auf deren Grundlage alle Funkanlagen verkehrsfähig sind, die in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat in Übereinstimmung mit dem EWR-Recht insbesondere auf der Grundlage eines Mutual Recognition Agreement (MRA) auf dem Markt bereitgestellt worden sind. Ebenso sind im Fürstentum Liechtenstein alle Funkanlagen verkehrsfähig, die in Übereinstimmung mit dem Zollvertragsrecht auf dem Markt bereitgestellt worden sind.
Zur Durchführung dieses Protokolls berät und unterstützt das BAKOM die zuständigen liechtensteinischen Behörden bei der Errichtung des Systems für die Konformitätsbewertung von Funkanlagen sowie in Fragen betreffend die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt im Fürstentum Liechtenstein. Diese Beratung und Unterstützung erstreckt sich auf die Behandlung von Anfragen aller Art, insbesondere auf Fragen in Bezug auf:
a) die Konformität von Funkanlagen;
b) die Voraussetzungen und das Verfahren im Rahmen der Konformitätsbewertung;
c) die Anwendung von Konformitätszeichen;
d) die technischen Normen und Vorschriften;
e) die Anerkennung ausländischer Fachorganisationen als benannte Stelle.
Die Beratung und Unterstützung des BAKOM erfolgt auf der Grundlage von harmonisierten europäischen Normen, sofern diese zur Verfügung stehen, in allen anderen Fällen auf der Grundlage der schweizerischen technischen Vorschriften und, gegebenenfalls, Normen.
⁸ Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG, ABl. L 153 vom 22.5.2014, S. 62; zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) 2022/2380, ABl. L 315 vom 7.12.2022, S. 30
⁹ LR-Nr. 947.1
¹⁰ LR-Nr. 947.102.181
2.2 Mitteilung von Spezifikationen zu Funkschnittstellen gemäss Artikel 8 der Richtlinie 2014/53/EU
Das BAKOM unterstützt das AK bei der Mitteilung von Spezifikationen zu Funkschnittstellen gemäss Artikel 8 der Richtlinie 2014/53/EU an die EFTA-Überwachungsbehörde. Das AK prüft die Möglichkeiten, durch einen direkten Verweis auf die anwendbaren schweizerischen Spezifikationen der Meldepflicht zu genügen. Das BAKOM setzt das AK über jede aktuelle Änderung der Spezifikationen von Funkschnittstellen in Kenntnis.
2.3 Erstellen und Betreiben von Funkanlagen
Die Zusammenarbeit gemäss diesem Protokoll erstreckt sich auf die Beratung und Unterstützung der zuständigen liechtensteinischen Behörden durch das BAKOM in Bezug auf das Erstellen und das Betreiben von Funkanlagen im Fürstentum Liechtenstein.
2.4 Marktaufsicht im Bereich von Funkanlagen
Die schweizerische Verordnung vom 25. November 2015¹¹ über Fernmeldeanlagen (FAV) ist in die Anlage I des Vertrags zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet (Zollvertrag) aufgenommen, womit deren daraus folgende Anwendbarkeit in der jeweils aufgenommenen Fassung auf dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein gegeben ist.
Das AK ist verantwortlich für die Marktaufsicht im Fürstentum Liechtenstein und kann beim BAKOM nach Absprache entsprechende Tätigkeiten im Rahmen der FAV in Auftrag geben. Insbesondere kann das BAKOM auf dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein Marktkontrollen für Funkanlagen im Sinne des Artikels 1 FAV i.V.m. Artikel 36 ff. FAV durchführen.
Das AK und das BAKOM führen einmal jährlich im 4. Quartal eine Koordinationssitzung durch, an welcher die Kontrollen (Stichproben) für das kommende Jahr festgelegt werden sowie über die durchgeführten Kontrollen des Jahres informiert wird. Soweit ein unmittelbar dringender Handlungsbedarf im Laufe des Jahres besteht, wird eine ausserordentliche Sitzung einberufen.
Das BAKOM informiert das AK rechtzeitig und im Vorfeld über die Durchführung der geplanten Tätigkeiten im Rahmen der Marktüberwachung auf dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein.
Verfügungen des BAKOM im Rahmen der Marktaufsicht auf dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein müssen einen Hinweis darauf enthalten, dass sich die Zuständigkeit des BAKOM aus dem Zollvertrag ergibt.
Die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen obliegen dem AK bzw. den zuständigen liechtensteinischen Behörden. Der Einbezug des BAKOM erfolgt in gegenseitigem Einvernehmen und auf Antrag des AK. Er besteht in einer Beratung und Unterstützung des AK im Einzelfall, gegebenenfalls vor Ort. Das BAKOM informiert das AK über mögliche Widerhandlungen auf dem Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein.
¹¹ SR 784.101.2
2.5 Vertretung in internationalen Funkgremien
Das BAKOM vertritt das Fürstentum Liechtenstein in internationalen Gremien im Bereich der Funkanlagen gemäss Artikel 6 dieser Vereinbarung und erstattet dem AK regelmässig Bericht. Dies betrifft insbesondere den Ausschuss für Konformitätsbewertung von Telekommunikationsgeräten und Marktüberwachung¹² und dessen Untergruppen.
Die Einzelheiten der Zusammenarbeit werden zwischen den Verwaltungen in einer Vereinbarung geregelt, die keiner besonderen Form bedarf. Sie enthält insbesondere eine Liste der Gremien, in welchen das BAKOM das Fürstentum Liechtenstein dauernd vertritt. Wo Vollmachten notwendig sind, werden diese vom AK ausgestellt oder besorgt.
¹² Telecommunication Conformity Assessment and Market Surveillance Committee (TCAM)
2.6 Unterstützung bei der Erfüllung der Pflichten aus dem Abkommen vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum
Das BAKOM unterstützt das Fürstentum Liechtenstein bei der Erfüllung der Pflichten nach dem Abkommen vom 2. Mai 1992¹³ über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere:
a) bei der regelmässigen Erstellung der nationalen Marktüberwachungsstrategie gemäss Artikel 13 der Verordnung (EU) 2019/1020¹⁴;
b) bei der Erstellung des Berichts für die Überprüfung und Bewertung der Marktüberwachung gemäss Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe o der Verordnung (EU) 2019/1020;
c) bei der Erstellung des Berichts über die Anwendung der Richtlinie 2014/53/EU gemäss Artikel 47 Absatz 1 dieser Richtlinie.
¹³ LR-Nr. 0.110
¹⁴ Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnung (EU) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/2011; Fassung gemäss ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1
2.7 Funkanlagen, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit von Behörden betrieben werden
a) Das BAKOM bereitet die nötigen Unterlagen zur Erteilung einer Zulassung von Funkanlagen vor, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit von Behörden betrieben werden, wenn die Zulassung nur für das Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein gilt. Für die Erteilung der Zulassung sind die liechtensteinischen Behörden zuständig.
b) Das BAKOM bereitet die nötigen Unterlagen zur Erteilung einer Bewilligung für die Bereitstellung auf dem Markt von Funkanlagen vor, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit von Behörden betrieben werden, wenn die Bewilligung nur für das Staatsgebiet des Fürstentums Liechtenstein gilt. Für die Erteilung der Bewilligung sind die liechtensteinischen Behörden zuständig.
Protokoll V ¹⁵
¹⁵ Aufgehoben durch Revision vom 15. Okt. 2024, mit Wirkung seit 1. Jan. 2025 ( AS 2024 784 ).