Rundschreiben des Senators für Finanzen Nr. 07/2022 - Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie; Neuregelung der Niederschrift zum Nachweisgesetz und Anpassung weiterer Arbeitsvertragsmuster
Rundschreiben des Senators für Finanzen Nr. 07/2022 - Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie; Neuregelung der Niederschrift zum Nachweisgesetz und Anpassung weiterer Arbeitsvertragsmuster
Rundschreiben des Senators für Finanzen Nummer 07/2022 vom 22.07.2022
Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie;
Neuregelung der Niederschrift zum Nachweisgesetz
und Anpassung weiterer Arbeitsvertragsmuster
Verteiler:
Alle Dienststellen
Über Verteilerlisten:
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personal@dienstststelle.bremen.de
Adressatenkreis:
alle Beschäftigten
Vorbemerkung
Der Bundestag hat am 23. Juni 2022 das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts beschlossen. Nachdem auch der Bundesrat das Gesetz i
n seiner Sitzung am 8. Juli 2022 gebilligt hat, ist das Gesetzgebungsverfahren grundsätzlich beendet.
Die Verkündung im Bundesgesetzblatt steht - offenbar wegen Zuständigkeitsfragen beim Bußgeld - noch aus, die Gesetzesänderungen sollen aber am 1. August 2022 in Kraft treten.
Das Gesetz sieht Neuregelungen u.a. im Nachweisgesetz, im Berufsbildungsgesetz (BBiG), im Teilzeit- und Befristungsrecht (TzBfG) sowie im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) vor.
Änderungen im Nachweisgesetz:
Die wesentlichen Arbeitsbedingungen sind weiterhin schriftlich niederzulegen. Die elektronische Form bleibt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nachweisgesetz ausgeschlossen. Zudem wird ein im Nachweisgesetz bisher nicht vorhandener Ordnungswidrigkeitstatbestand bei Verstößen gegen die Nachweispflichten geschaffen.
Folgende Arbeitsbedingungen müssen künftig zusätzlich zu den bereits jetzt in § 2 Nachweisgesetz genannten Vertragsbedingungen aufgenommen werden:
•
das Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen;
•
die Dauer der Probezeit, sofern vereinbart;
•
die Möglichkeit, dass die Mitarbeitenden ihren jeweiligen Arbeitsort frei wählen können, sofern vereinbart;
•
die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für die Schichtänderungen;
•
die Fälligkeit des Arbeitsentgelts und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird;
•
die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
•
die Vergütung von Überstunden;
•
Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf, falls diese vereinbart ist;
•
ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung;
•
der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers, wenn der Arbeitgeber dem Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist;
•
das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Beschäftigten einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung
einer Kündigungsschutzklage.
Für die Beschäftigten der Freien Hansestadt Bremen wurde im Rundschreiben Nr. 9/96 der Senatskommission für das Personalwesen die grundsätzliche Auffassung vertreten, dass die in der bremischen Verwaltung verwendeten Arbeitsvertragsmuster alle erforderlichen Angaben nach dem Nachweisgesetz enthalten, so dass Niederschrift nach dem Nachweisgesetz regelmäßig nicht erforderlich sei. Aufgrund der nunmehr erfolgten Neuregelungen im Nachweisgesetz wird diese Auffassung nicht mehr aufrechterhalten.
Es sind daher bei allen Neueinstellungen ab 1. August 2022 zusätzlich zum Arbeitsvertrag auch Niederschriften nach dem Nachweis schriftlich auszufertigen und den Beschäftigten auszuhändigen.
Eine Reihe der zu benennenden Vertragsbedingungen können durch einen Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen bzw. deren konkrete Regelungen ersetzt werden. Bei bestehenden Arbeitsverhältnissen ist zu beachten, dass die Beschäftigten vom Arbeitgeber verlangen können, dass das Gros der im Nachweisgesetz genannten wesentlichen Arbeitsbedingungen innerhalb von einer Woche ausgehändigt werden.
Aus Anlass der Änderungen im Nachweisgesetz werden die bremischen Arbeitsvertragsmuster nicht angepasst.
Da es ohnehin ab dem 1. August 2022 notwendig sein wird, zusätzlich zum Arbeitsvertrag eine Niederschrift nach dem Nachweisgesetz auszufertigen, werden alle neu erforderlichen Angaben, die nicht bereits durch die Vereinbarungen im Arbeitsvertrag (z.B. durch Verweis auf einschlägige Tarifverträge) benannt sind, in ein überarbeitetes
Muster für eine Niederschrift nach dem Nachweisgesetz
aufgenommen. Das in der
Anlage
beigefügte Muster wird künftig auch bei den Vertragsmustern im Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterportal (MiP) in dem Ordner „Grundsatzinformationen / Vordrucke / Personalbereich / Arbeitnehmer / Sonstiges“ bereitgestellt.
Hinweis: |
In Kürze werden die Arbeitsvertragsmuster im MiP aus anderen Gründen redaktionell überarbeitet. Die dabei erfolgenden Änderungen beziehen sich im Wesentlichen auf eine Anpassung der Beendigungsklauseln in den TVöD-Mustern (aufgrund der Änderungen im § 33 Abs. 2 TVöD), aktualisierte Rechtsvorschriften (§ 175 statt § 92 SGB XI) und aktuelle Dateiformate. |
Die Niederschrift hat
schriftlich
zu erfolgen, die elektronische Textform (z.B. E-Mail) ist weiterhin ausdrücklich ausgeschlossen. Sie muss vom Arbeitgeber unterschrieben und den Beschäftigten ausgehändigt werden, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nachweisgesetz. Die Neuregelungen betreffen unmittelbar nur
Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1. August 2022 beginnen
. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitsvertrag bereits zu einem früheren Zeitpunkt geschlossen worden ist. Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 bestanden, so hat der Arbeitgeber den Beschäftigten jedoch auf Verlangen die Niederschrift auszuhändigen.
Das Nachweisgesetz sieht in § 2 Satz 2 für die Aushändigung der Niederschrift zwar gestaffelte Fristen vor, aus Gründen der Praktikabilität und zur Vermeidung eines Bußgeldes
wird jedoch ausdrücklich empfohlen,
die Niederschrift
mit allen dort vorgesehenen Regelungen
spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung auszuhändigen
.
Etwaige Änderungen der wesentlichen Arbeitsbedingungen sind zukünftig spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitzuteilen, § 3 Satz 1 Nachweisgesetz. Sofern sich jedoch Arbeitsbedingungen ändern, die auf Änderungen von auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Gesetzen, Tarifverträgen oder Dienstvereinbarungen beruhen, wird keine neue Nachweispflicht ausgelöst, § 3 Satz 2 Nachweisgesetz.
Änderungen im Berufsbildungsgesetz:
Mit den Änderungen im Nachweisgesetz sind auch die Anforderungen an die Vertragsniederschrift im Berufsbildungsgesetz (BBiG) erweitert worden. Insbesondere sind zusätzlich Name und Anschrift der Ausbildenden und der Auszubildenden sowie die Ausbildungsstätte anzugeben. Für die Auszubildenden der Freien Hansestadt Bremen werden wegen der zentralen Bearbeitung keine besonderen Vertragsmuster im MiP bereitgestellt. Bei Bedarf kann man sich an den Vertragsmustern der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bzw. der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) orientieren, die auf der Homepage des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bremen e.V. im Mitgliederbereich bereitgestellt werden.
Änderungen im Teilzeit- und Befristungsgesetz:
Durch die Einfügung der neuen Nr. 9 in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nachweisgesetz und die Neufassung des § 12 Abs. 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) sind auch die Anforderungen an die
Arbeit auf Abruf
verändert worden. Nach den Neuregelungen sind zukünftig folgende Nachweise erforderlich:
•
die Vereinbarung, dass Beschäftigte ihre Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen haben,
•
die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden,
•
der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, und
•
die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat.
§ 12 Abs. 3 TzBfG sieht zudem vor, dass Beschäftigte nur dann zur Leistung verpflichtet sind, wenn der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit innerhalb von vier Tagen mitgeteilt hat
und
die Lage der Arbeitszeit innerhalb dieses Zeitrahmens liegt.
Aufgrund der geringen Fallzahlen werden für die besondere Form der Arbeit auf Abruf keine speziellen Vertragsmuster im MiP bereitgestellt. Bei Bedarf kann man sich an den speziellen Vertragsmustern der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) orientieren, die auf der Homepage des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bremen e.V. im Mitgliederbereich bereitgestellt werden.
Änderungen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz:
Weitergehende Unterrichtspflichten bestehen bei einem Auslandsaufenthalt von Beschäftigten unter der Voraussetzung, dass diese ihre Arbeitsleistung länger als vier aufeinanderfolgende Wochen im Ausland zu erbringen haben. Hier sind die erweiterten Hinweispflichten nach § 1 Abs. 2 und 3 Nachweisgesetz zu berücksichtigen. Zusätzliche Hinweispflichten ergeben sich darüber hinaus aus dem neu eingefügten § 23c Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) für die Fälle, in denen ein Arbeitgeber mit Sitz im Inland, mit einem Unionsbürger mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland einen Arbeitsvertrag zur Arbeitsleistung im Inland abschließt. Abhängig von dem jeweiligen Fall sind die genannten Hinweispflichten von dem Arbeitgeber ggf. in der Niederschrift nach dem Nachweisgesetz zu ergänzen.
Kontakt
Der Senator für Finanzen
Referat 31
Rudolf-Hilferding-Platz 1
28195 Bremen
E-Mail: tarifrecht@finanzen.bremen.de
Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)
Weitere Informationen siehe rechte Spalte oben.
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