Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen (250.100)
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Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen

Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen Vom 5. November 1992

1. Kapitel:

Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Das Konkordat bezweckt die effiziente Bekämpfung der Kriminalität durch Förderung der interkantonalen Zusammenarbeit, indem es insbe- sondere Zwec k
a. den Untersuchungs- und Gerichtsbe hörden die Kompetenz gibt, Ver- fahrenshandlungen in einem andern Kanton durchzuführen (2. Kapitel); b. die Rechtshilfe in Strafsachen erleichtert (3. Kapitel). Art. 2

1. Das Konkordat kommt nur zur Anwendung in Verfahren, in denen

materielles Bundesstrafr echt (Strafgesetzbuch 1) und andere Bundes- gesetze) anwendbar ist, unter Ausschluss der kantonalen Strafgesetz- gebung. A nwendungs- bereich

2. Es steht jedoch den Kantonen unt er Vorbehalt des Grundsatzes des

Gegenrechts frei, den Anwendungsbereic h des Konkordates durch eine an das Eidgenössische Justiz- und Poli zeidepartement zuhanden des Bundes- rates gerichtete Erklärung auf die kantonale Gesetz gebung auszudehnen. AGS 1996 S. 91
1) SR 311.0

2. Kapitel:

Verfahrenshandlungen in einem andern Kanton Art. 3

1. Die mit einer Strafsache befasst e Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde

kann Verfahrenshandlungen direkt in einem andern Kanton anordnen und durchführen. Grundsatz

2. Ausser in dringenden Fällen benach richtigt sie vorgängig die zuständige

Behörde dieses Kantons (Art. 24).

3. Die zuständige Behörde des Ka ntons, in dem die Verfahrenshandlung

durchgeführt wird, wird in allen Fällen benachrichtigt. Art. 4 Die mit der Sache befasste Unters uchungs- oder Gerichtsbehörde wendet das Verfahrensrecht ihres Kantons an. A nwendbares Recht Art. 5

1. Verfahrenshandlungen werden in der Sprache der mit der Sache

befassten Behörde durchgeführt. Am tssprache

2. Verfügungen werden in der Sprache der mit der Sache befassten

Behörde erlassen.

3. Wenn jedoch die Person, die Gegenstand eines Entscheides ist, die

Sprache dieser Behörde nicht versteht, hat sie in der Regel Anspruch auf einen unentgeltlichen Überse tzer oder Dolmetscher. Art. 6 Ist für die Durchführung einer Verfahrenshandlung ein polizeiliches Ein- schreiten notwendig, wird die zustä ndige Polizei mit dem Einverständnis der örtlich zuständigen Untersuchungs - oder Gerichtsbehörde (Art. 24) beigezogen. Inanspruchnahm e der Polizei Art. 7 Gerichtsurkunden können Empfängern, di e sich in einem andern Kanton aufhalten, direkt durch die Post nach den Vorschriften des Postverkehrs- gesetzes vom 2. Oktober 1924 1) und seiner Vollzugsverordnung zugestellt werden. Postzustellungen
1) SR 783.0

Art. 8

1. Personen, die in einen Konkorda tskanton vorgeladen werden, sind ver-

pflichtet, dort zu erscheinen. Vorladungen S ie werden in der Amtssprache ih res Aufenthaltsortes vorgeladen.

2. Zeugen wie auch Sachverständige, die ihren Auftrag akzeptiert haben,

können einen angemessenen Reis espesenvorschuss verlangen.

3. Die Vorladung enthält gegebenenf alls den Hinweis, dass bei unent-

schuldigtem Nichterscheinen ein Vo rführbefehl erlassen werden kann. Art. 9 Die mit der Sache befasste Untersuc hungs- oder Gerichtsbehörde kann in einem andern Kanton Sitzungen abha lten, dort Augenscheine und Ver- handlungen durchführen oder durchführen lassen. V erhandlungen, Augenscheine Art. 10

1. Durchsuchungen und Beschlagnahmen müssen durch einen schriftlichen

und kurz begründeten Entscheid angeordnet werden. D urchsuchungen, Beschlagnahme

2. In dringenden Fällen kann di e Begründung nachgereicht werden.

Art. 11

Die Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde, die in ihrer am tlichen Stellung Kenntnis von einem in einem ande rn Kanton begangenen, von Amtes wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen erhält, ist verpflichtet, die zuständige Behörde dieses Kant ons (Art. 24) zu benachrichtigen. Mitteilungspflich t Art. 12 Wenn das kantonale Verfahrensrecht de s mit der Sache befassten Kantons ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vorsieht, muss dieser die Rechtsmittelbelehrung, die Rechtsm ittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben. Rechtsm ittel- belehrung Art. 13 Das Rechtsmittel muss in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde oder in derjenigen des Ortes, wo de r Entscheid vollstreckt wird, abgefasst werden. Rechtsm ittel, Sprache Art. 14 Die Verfahrenskosten, insbesondere fü r Übersetzer, Dolmetscher, Zeugen, Gutachten, wissenschaftliche Arbeiten gehen zu Lasten des mit der Sache befassten Kantons. Ko sten

3. Kapitel:

Auf Verlangen eines andern Kantons vorgenommene Verfahrenshandlungen Art. 15

1. Die Behörden der Konkordatskantone verkehren direkt miteinander. Das

Ersuchungsschreiben kann in der Sp rache der ersuchenden oder der ersuchten Behörde gehalten werden. Direkter Geschäftsverkehr

2. Falls über die Zuständigkeit einer Behörde Ungewissheit besteht, wer-

den die Gerichtsurkunden und die Rechts hilfegesuche rechtsgültig einer einzigen Behörde zugestellt (Art. 24).

3. Wenn die ersuchte Behörde festst ellt, dass die Gerichtsurkunde oder das

Rechtshilfegesuch in den Zuständi gkeitsbereich einer anderen Behörde fällt, stellt sie dieses von Amtes we gen der zuständigen Behörde zu. Art. 16 Die ersuchte Behörde wendet ihr kantonales Recht an. A nwendbares Recht Art. 17

1. Die Parteien, ihre Vertreter und die ersuchende Behörde können an den

einzelnen Rechtshilfehandlungen teiln ehmen, wenn dieses Recht durch den ersuchten Kanton vorgesehen ist ode r wenn es die ersuchende Behörde ausdrücklich verlangt. Rechte der Parteien

2. In diesem Fall gibt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde und

den Parteien Zeit und Ort bekannt, wo die Rechtshilfehandlung durch- geführt werden soll. Art. 18 Wenn das anwendbare Recht ein Rechtsm ittel gegen einen Entscheid vor- sieht, muss dieser die Rechtsmittelb elehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben. Rechtsm ittel- belehrung Art. 19

1. Die Rechtsmittelschrift muss in der Sprache der ersuchten oder in der-

jenigen der ersuchenden Be hörde abgefasst werden. Rechtsm ittel, Verfahren und Zuständigkeit

2. Bei der Behörde des ersuchten Kantons können nur die Beschwerde-

gründe betreffend Gewährung und Ausführung der Rechtshilfe geltend gemacht werden. In allen anderen Fällen, namentlich bei Einwendungen materieller Art, muss das Rechtsmitte l bei der zuständigen Behörde des
ersuchenden Kantons eingereicht werden; Artikel 18 ist sinngemäss anwendbar. Art. 20 Zuführungsbegehren und Haftbefehle werden nach den Vorschriften des

Artikels 353 StGB

1) vollstreckt. Vollzug von Haftbefehlen Art. 21 Die gestützt auf einen Vorführbefehl oder Haftbefehl in einem andern Konkordatskanton festge nommene Person muss i nnerhalb von 24 Stunden einvernommen werden. Die Behörde muss die betreffende Person summarisch über die Gründe ihrer Ve rhaftung und die ihr vorgeworfenen strafbaren Handlungen informieren. V ernehmung von verhafteten Personen Art. 22 Gerichtsurkunden, die nicht durch die Post zugestellt werden können, werden direkt durch die Polizei des Kantons, wo die Zustellung erfolgen soll, zugestellt. Z ustellung durch die Polizei Art. 23

1. Die Rechtshilfe ist unentgeltlich. Die Kosten namentlich für Überset-

zungen, Dolmetscher, Vorladungen, Expertisen, wissenschaftliche Arbei- ten und Gefangenentransporte gehen je doch zu Lasten des mit der Sache befassten Kantons. Ko sten

2. Die interkantonalen Verei nbarungen bleiben vorbehalten.

4. Kapitel:

Schlussbestimmungen Art. 24 Jeder Konkordatskanton bezeichnet ei ne einzige Behörde, die von einem anderen Kanton angeordnete oder verlangte Verfahrenshandlungen bewilligt und ausführt und die Mitteilungen erhalten soll (Art. 3, 6, 11 und
15). Z uständige Behörde Art. 25

1. Jeder Kanton kann dem Konkorda t beitreten. Die Beitrittserklärung

sowie das im Anhang zum Konkordat erwähnte Verzeichnis ist dem Eid- Beitritt und Rücktritt
1) SR 311.0
genössischen Justiz- und Polizeidepa rtement zuhanden des Bundesrates einzureichen.

2. Wenn ein Kanton vom Konkordat zurück treten will, so hat er dies dem

Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates mitzuteilen. Der Rücktritt wird mit dem Ablauf des der Erklärung folgenden Kalenderjah res rechtswirksam. Art. 26 Das Konkordat tritt sobald ihm mindesten s zwei Kantone beigetreten sind, mit seiner Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts in Kraft, für die später beitret enden Kantone mit der Veröffentlichung ihres Beitrittes in der Amtlichen Sammlung. Inkrafttreten Das Gleiche gilt für die Erklärung betreffend die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Konkordates und die Mitteilung des Verzeich- nisses der kantonalen Be hörden sowie die Nachträge und Änderungen, die darin vorgenommen werden. Inkrafttreten: 9. Juli 1996 1)
1) AS 1996 1962
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