Interkantonales Konkordat über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen (216.2)
CH - ZG

Interkantonales Konkordat über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen

216.2 Interkantonales Konkordat über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen v om 8. Oktober 1957 1) Vo m Bundesrat genehmigt am 30. Mai 1958 Datum des Inkrafttretens: 1. Juli 1958 Zur wirksamen Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen schliessen die beteiligten Kantone, gestützt auf Artikel 7 Absatz 2, und 31 Absatz 2 der Bundesverfassung 2) und Artikel 73 Absatz 2 des Obligationenrechts 3) ,f olgen- des Konkordat: Art. 1 W er auf dem Gebiet der Konkordatskantone in irgendeiner Form Geld- darlehen oder Kredite gewährt, darf als Gesamtentschädigung auf keinen Fall mehr als 1,5 Prozent der zu Beginn jedes Monats nach Anrechnung allfälliger Rückzahlungen tatsächlich geschuldeten Summe fordern, d. h. monatlich höchstens 1 Prozent für Zinsen, Provisionen, Kommissionen und Gebühren, und höchstens 0,5 Prozent für die ausgewiesenen Auslagen und Kosten. Art. 2 W v om Borger eine Entschädigung oder eine Kostenrückerstattung fordern. 1) GS 17, 522; SR 221.121.1. Übersetzung des französischen Originaltextes. – Vom Kantonsrat genehmigt am 12. Febr. 1959 (§ 8 bis EG OR – BGS 216.1). – Dem Konkordat gehören ferner an die Kantone Bern, Frei- bu rg , Schaffhausen, Waadt (Vorbehalt: In Abweichung von Art. 4 Abs. 2 des Konkordates und in Ausfüh- rung von Art. 18 des genannten Konkordates wird der Vorbezug von Kosten sowie Zinsen und Skonti auf dem Gebiete des Kantons Waadt nicht bewilligt – SR 221.121.1), Wallis, Neuenburg, Genf und Jura. 2) SR 101 3) SR 220
216.2 Art. 3 Niemand darf im Gebiete der Konkordatskantone einen andern dazu ver- anlassen, sich von ausserhalb dieses Gebiets niedergelassenen Firmen oder Privaten ein Darlehen oder einen Kredit zu schwereren als zu den durch die- ses Konkordat gestatteten Bedingungen gewähren zu lassen. Art. 4 1 Darleiher oder Kreditgeber dürfen weder eine Schuldanerkennung ab- f assen noch sich ausstellen lassen, die auf einen höhern Betrag als die wirk- lich gewährte Darlehens- oder Kreditsumme lautet. 2 Immerhin dürfen bereits getätigte Auslagen und nachgewiesene Kosten sowie Zinsen und Skonti für höchstens drei Monate zum Voraus bezogen wer- den. Art. 5 1) Art. 6 Das «Schneeballen»-System in irgendeiner Form ist bei Kredit- oder Dar- lehensgeschäften verboten. Art. 7 Es ist untersagt, für ein nicht zustandegekommenes Darlehens- oder Kreditgeschäft irgendeine Entschädigung zu fordern. Art. 8 1 Die Gewährung eines Darlehens oder die Eröffnung eines Kredits darf nicht von persönlichen finanziellen Verpflichtungen des Borgers oder Kredit- nehmers abhängig gemacht werden, die dem Darleiher oder dem Kreditgeber mittelbar oder unmittelbar weitere Vorteile bringen, als ihm in Artikel 1 zu- gestanden werden (beispielsweise Bedingung zur Zeichnung von Aktien, Obligationen oder Genossenschaftsanteilen oder Abschluss eines Versiche- rungsvertrages). 2 Bei Darlehen oder Krediten von mehr als 2000 Franken, die für mindes- tens ein Jahr gewährt werden, ist dem Darleiher oder Kreditgeber erlaubt, v om Schuldner den Abschluss einer Versicherung auf das Ableben zu verlan- gen. Verboten bleibt aber eine Spar- oder gemischte Versicherung. Die Höhe der Versicherungssumme und die Dauer des Vertrages müssen aber mit dem Darlehens- oder Kreditvertrag übereinstimmen. Eine allfällige Verlängerung beider Verträge bleibt vorbehalten. Der Darleiher oder Kreditgeber darf dem Schuldner unter keinen Umständen mehr als die Nettoprämie belasten. 1) Aufgehoben mit Urteil der Staatsrechtlichen Kammer des BGer vom 4. März 1959 (AS 1959, 626).

Art. 9 1 W er Darlehen oder Kredite gibt oder vermittelt, ist verpflichtet, bei jeder Art der Werbung oder Ankündigung folgende Angaben zu machen: a) seinen Namen und Vornamen oder die Bezeichnung der Firma; b) seinen Beruf (Darleiher oder Kreditgeber oder Vermittler); c) seinen Geschäftssitz. W eitere Angaben sind verboten. 1)

2 Es ist verboten, im Gebiet der Konkordatskantone Anzeigen, die mit den Bestimmungen dieses Konkordates nicht im Einklang stehen, zu veröffent- lichen oder zu verbreiten, gleichgültig, ob diese Anzeigen von Personen aus- gehen, die im Konkordatsgebiet oder ausserhalb desselben wohnen. Art. 10 Es ist verboten, Kunden in Gastwirtschaftsbetrieben oder an Arbeitsstät- ten oder in dazugehörenden Räumen und Höfen anzuwerben. Art. 11 V or jedem Vertragsabschluss sind den Kunden die Darlehens- und Kredit- bedingungen schriftlich bekanntzugeben. Sie sind so abzufassen, dass sie auch Personen, die in Kredit- und Darlehensgeschäften keine Erfahrung ha- ben, leicht verständlich sind. Art. 12 1 Der Darlehens- oder Kreditvertrag ist zweifach auszufertigen und von beiden Parteien zu unterzeichnen. Dem Borger oder Kreditnehmer ist un- mittelbar nach der Unterzeichnung eine Ausfertigung zu übergeben. 2 Der Vertrag hat zu enthalten: a) Bei Gewährung eines Gelddarlehens: 1. den dem Borger wirklich übergebenen Geldbetrag; 2. den Zinssatz und die Höhe der einzelnen vom Borger geforderten wei- teren Leistungen; 3. die Höhe und die Fälligkeit jeder vom Borger geforderten Zahlung; 4. ... 2) 1) Mit Urteil vom 4. März 1959 hat die Staatsrechtliche Kammer des BGer diesen Absatz insofern als bundes- rechtswidrig bezeichnet und aufgehoben, als er auch mit der Wirklichkeit übereinstimmende Angaben über die Geschäftstätigkeit und die auf sie hinweisende Werbung verboten hatte (AS 1959, 626). 2) Aufgehoben mit Urteil der Staatsrechtlichen Kammer des BGer vom 4. März 1959 (AS 1959, 626, 994). 216.2
b) bei Eröffnung eines Kredites: 1. den Höchstbetrag der Kreditsumme; 2. den Zinssatz und die Höhe der einzelnen vom Kreditnehmer geforder- ten weiteren Leistungen; 3. die Bezugsbedingungen; 4. die Höhe und Fälligkeit jeder vom Kreditnehmer geforderten Zahlung; 5. ... 1) Art. 13 1 W iderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Konkordates werden mit Haft oder Busse bis zu 10000 Franken bestraft. 2 Strafbar sind ebenfalls der Versuch und die Gehilfenschaft. 3 V orbehalten bleibt Artikel 157 des Schweizerischen Strafgesetzbuches 2) . Art. 14 1 In schweren Fällen sowie im Rückfall kann der Richter Haftstrafe und Busse miteinander verbinden und die Veröffentlichung des Urteils auf Kosten des Verurteilten anordnen. 2 In schweren Fällen sowie im Rückfall kann der Richter dem Verurteilten die Ausübung des Berufes eines Darleihers oder Kreditgebers für die Dauer v on sechs Monaten bis zu fünf Jahren verbieten. Die Wirkung dieses Verbo- tes beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Es gilt für das Gebiet aller Konkordatskantone. 3 Rückfällig ist, wer innerhalb eines Jahres nach rechtskräftiger Verurtei- lung wegen Widerhandlung gegen die Vorschriften dieses Konkordates erneut gegen dessen Bestimmungen verstösst. Art. 15 Die allgemeinen Bestimmungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches 2) über die Übertretungen bleiben ausdrücklich vorbehalten. 1) Aufgehoben mit Urteil der Staatsrechtlichen Kammer des BGer vom 4. März 1959 (AS 1959, 626, 994). 2) SR311.0 216.2

Art. 16 1 Wi rd die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person begangen, so werden die Direktoren, die Prokuristen und Handlungsbevoll- mächtigten, die Mitglieder des Verwaltungsrates, der Kontrollstelle oder die Liquidatoren, die sich schuldig gemacht haben, bestraft. 2 Wi rd die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer Kollektivgesell- schaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränk- ter Haftung begangen, so werden die Gesellschafter, die Direktoren, Proku- risten und Handlungsbevollmächtigten oder die Liquidatoren, die sich schul- dig machten, bestraft. 3 Die Kollektivgesellschaft, die Kommanditgesellschaft oder die juristi- sche Person haftet immer solidarisch für Busse und Kosten. Art. 17

1 Für die nachfolgend genannten Unternehmen sind die Vorschriften die- ses Konkordates nur anwendbar, soweit es sich um die Gewährung von Klein- krediten handelt: a) Unternehmen, die dem Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen 1) unterstellt sind sowie alle in Artikel 1 Absatz 5 dieses Gesetzes erwähnten Unternehmen; b) vom Bundesrat konzessionierte Versicherungsgesellschaften; c) Kreditkassen auf Wartezeit; d) öffentlich- und privatrechtliche Personalversicherungskassen; e) Kreditkassen auf Gegenseitigkeit; f) Bürgschaftsgenossenschaften. 2 Artikel 8 Absatz 1 dieses Konkordates ist auf Kreditkassen auf Gegen- seitigkeit nicht anwendbar, soweit diese für die Darlehens- oder Kreditge- währung den Erwerb eines Anteilscheines oder eine andere gleichartige und gleichwertige Leistung vorsehen. Art. 18 Allfällige in den Konkordatskantonen geltende strengere Vorschriften so- wie die kantonalen Bestimmungen über das Faustpfand bleiben vorbehalten. Art. 19 Das Konkordat tritt in Kraft, sobald ihm mindestens drei Kantone beige- 2) Ende eines Kalenderjahres beim Bundesrat seine Mitgliedschaft kündigen. 1) SR 952.0 2) Datum des Inkrafttretens: 1. Juli 1958 216.2
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