Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen (0.343)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen

Abgeschlossen in Strassburg am 21. März 1983 Von der Bundesversammlung genehmigt am 18. Juni 1987¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 15. Januar 1988 In Kraft getreten für die Schweiz am 1. Mai 1988 (Stand am 5. Mai 2020) ¹ AS 1988 759
Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Staaten, die dieses Übereinkommen unterzeichnen,
von der Erwägung geleitet, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbin­dung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen;
in dem Wunsch, die internationale Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegen­heiten weiterzuentwickeln;
in der Erwägung, dass diese Zusammenarbeit den Interessen der Rechtspflege die­nen und die soziale Wiedereingliederung verurteilter Personen fördern sollte;
in der Erwägung, dass es diese Ziele erfordern, Ausländern, denen wegen der Begehung einer Straftat ihre Freiheit entzogen ist, Gelegenheit zu geben, die gegen sie verhängte Sanktion in ihrer Heimat zu verbüssen;
in der Erwägung, dass dieses Ziel am besten dadurch erreicht werden kann, dass sie in ihr eigenes Land überstellt werden,
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck
a. «Sanktion» jede freiheitsentziehende Strafe oder Massnahme, die von einem Gericht wegen einer Straftat für eine bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit verhängt worden ist;
b. «Urteil» eine Entscheidung eines Gerichts, durch die eine Sanktion verhängt wird;
c. «Urteilsstaat» den Staat, in dem die Sanktion gegen die Person, die überstellt werden kann oder überstellt worden ist, verhängt worden ist;
d. «Vollstreckungsstaat» den Staat, in den die verurteilte Person zum Vollzug der gegen sie verhängten Sanktion überstellt werden kann oder überstellt worden ist.
Art. 2 Allgemeine Grundsätze
1.  Die Vertragsparteien verpflichten sich, nach diesem Übereinkommen im Hinblick auf die Überstellung verurteilter Personen weitestgehend zusammenzuarbeiten.
2.  Eine im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei verurteilte Person kann nach diesem Übereinkommen zum Vollzug der gegen sie verhängten Sanktion in das Hoheits­gebiet einer anderen Vertragspartei überstellt werden. Zu diesem Zweck kann sie dem Urteils- oder dem Vollstreckungsstaat gegenüber den Wunsch äussern, nach diesem Übereinkommen überstellt zu werden.
3.  Das Ersuchen um Überstellung kann entweder vom Urteils- oder vom Vollstre­ckungsstaat gestellt werden.
Art. 3 Voraussetzungen für die Überstellung
1.  Eine verurteilte Person kann nach diesem Übereinkommen nur unter den folgen­den Voraussetzungen überstellt werden:
a. dass sie Staatsangehöriger des Vollstreckungsstaats ist;
b. dass das Urteil rechtskräftig ist;
c. dass zum Zeitpunkt des Eingangs des Ersuchens um Überstellung noch min­destens sechs Monate der gegen die verurteilte Person verhängten Sanktion zu vollziehen sind oder dass die Sanktion von unbestimmter Dauer ist;
d. dass die verurteilte Person oder, sofern einer der beiden Staaten es in Anbe­tracht ihres Alters oder ihres körperlichen oder geistigen Zustands für erfor­derlich erachtet, ihr gesetzlicher Vertreter ihrer Überstellung zustimmt;
e. dass die Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Sanktion ver­hängt worden ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats eine Straftat dar­stellen oder, wenn sie in seinem Hoheitsgebiet begangen worden wären, dar­stellen würden;
f. dass sich der Urteils- und der Vollstreckungsstaat auf die Überstellung geei­nigt haben.
2.  In Ausnahmefällen können sich die Vertragsparteien auch dann auf eine Über­stellung einigen, wenn die Dauer der an der verurteilten Person noch zu vollziehen­den Sanktion kürzer ist als die in Absatz 1 Buchstabe c vorgesehene.
3.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung seine Absicht bekanntgeben, in sei­nen Beziehungen zu anderen Vertragsparteien die Anwendung eines der in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a und b vorgesehenen Verfahren auszuschliessen.
4.  Jeder Staat kann jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung für seinen Bereich den Begriff «Staatsangehöriger» im Sinne die­ses Übereinkommens bestimmen.
Art. 4 Informationspflicht
1.  Jede verurteilte Person, auf die dieses Übereinkommen Anwendung finden kann, wird durch den Urteilsstaat vom wesentlichen Inhalt dieses Übereinkommens unter­richtet.
2.  Hat die verurteilte Person dem Urteilsstaat gegenüber den Wunsch geäussert, nach diesem Übereinkommen überstellt zu werden, so teilt der Urteilsstaat dies dem Vollstreckungsstaat so bald wie möglich nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils mit.
3.  Die Mitteilung enthält
a. Namen, Geburtstag und Geburtsort der verurteilten Person;
b. gegebenenfalls ihre Anschrift im Vollstreckungsstaat;
c. eine Darstellung des Sachverhalts, welcher der Sanktion zugrunde liegt;
d. Art und Dauer der Sanktion sowie Beginn ihres Vollzuges.
4.  Hat die verurteilte Person dem Vollstreckungsstaat gegenüber ihren Wunsch geäussert, überstellt zu werden, so übermittelt der Urteilsstaat dem Vollstreckungsstaat auf dessen Ersuchen die in Absatz 3 bezeichnete Mitteilung.
5.  Die verurteilte Person wird schriftlich von dem durch den Urteils- oder den Voll­streckungsstaat aufgrund der vorstehenden Absätze Veranlassten sowie von jeder Entscheidung, die einer der beiden Staaten aufgrund eines Ersuchens um Überstel­lung getroffen hat, unterrichtet.
Art. 5 Ersuchen und Antworten
1.  Die Ersuchen um Überstellung und die Antworten bedürfen der Schriftform.
2.  Die Ersuchen werden vom Justizministerium des ersuchenden Staates an das Justiz­ministerium des ersuchten Staates gerichtet. Die Antworten werden auf dem sel­ben Weg übermittelt.
3.  Jede Vertragspartei kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung bekanntgeben, dass sie für die Übermittlung einen anderen Weg benutzen wird.
4.  Der ersuchte Staat unterrichtet den ersuchenden Staat umgehend von seiner Ent­scheidung, ob er dem Ersuchen um Überstellung stattgibt oder es ablehnt.
Art. 6 Unterlagen
1.  Auf Ersuchen des Urteilsstaats stellt ihm der Vollstreckungsstaat folgende Unter­lagen zur Verfügung:
a. ein Schriftstück oder eine Erklärung, woraus hervorgeht, dass die verurteilte Person Staatsangehöriger des Vollstreckungsstaats ist;
b. eine Abschrift der Rechtsvorschriften des Vollstreckungsstaats, aus denen her­vor­geht, dass die Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Sanktion im Urteilsstaat verhängt worden ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats eine Straftat darstellen oder, wenn sie in seinem Hoheitsgebiet begangen worden wären, darstellen würden;
c. eine Erklärung, welche die in Artikel 9 Absatz 2 bezeichnete Mitteilung ent­hält.
2.  Wird um Überstellung ersucht, so stellt der Urteilsstaat dem Vollstreckungsstaat folgende Unterlagen zur Verfügung, sofern nicht einer der beiden Staaten bereits bekanntgegeben hat, dass er dem Ersuchen nicht stattgeben wird:
a. eine beglaubigte Abschrift des Urteils und der angewendeten Rechtsvor­schriften;
b. eine Erklärung, aus der hervorgeht, welcher Teil der Sanktion bereits voll­zogen wurde, einschliesslich einer Mitteilung über Untersuchungshaft, Strafermässigung und alle weiteren für den Vollzug der Sanktion wesentli­chen Umstände;
c. eine Erklärung, welche die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d bezeichnete Zustimmung zur Überstellung enthält;
d. gegebenenfalls Berichte von Ärzten oder Sozialarbeitern über die verurteilte Person, Mitteilungen über ihre Behandlung im Urteilsstaat und Empfehlun­gen für ihre weitere Behandlung im Vollstreckungsstaat.
3.  Jeder der beiden Staaten kann um Übermittlung der in Absatz 1 oder 2 bezeich­neten Unterlagen oder Erklärungen ersuchen, bevor er um Überstellung ersucht oder eine Entscheidung darüber trifft, ob er dem Ersuchen um Überstellung stattgibt oder es ablehnt.
Art. 7 Zustimmung und Nachprüfung
1.  Der Urteilsstaat gewährleistet, dass diejenige Person, die nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Überstellung zuzustimmen hat, ihre Zustimmung freiwillig und im vollen Bewusstsein der rechtlichen Folgen gibt. Das Verfahren für diese Zustim­mung richtet sich nach dem Recht des Urteilsstaats.
2.  Der Urteilsstaat gibt dem Vollstreckungsstaat Gelegenheit, sich durch einen Kon­sul oder einen anderen im Einvernehmen mit dem Vollstreckungsstaat bezeichneten Beamten zu vergewissern, dass die Zustimmung entsprechend den in Absatz 1 dar­gelegten Bedingungen gegeben worden ist.
Art. 8 Wirkungen der Überstellung für den Urteilsstaat
1.  Durch die Übernahme der verurteilten Person durch die Behörden des Vollstreckungsstaats wird der Vollzug der Sanktion im Urteilsstaat ausgesetzt.
2.  Der Urteilsstaat darf die Sanktion nicht weiter vollziehen, wenn der Vollstreckungsstaat den Vollzug der Sanktion für abgeschlossen erachtet.
Art. 9 Wirkungen der Überstellung für den Vollstreckungsstaat
1.  Die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats
a. setzen den Vollzug der Sanktion unmittelbar oder aufgrund einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung unter den in Artikel 10 enthaltenen Bedin­gungen fort oder
b. wandeln die Entscheidung, durch welche die Sanktion verhängt wurde, unter den in Artikel 11 enthaltenen Bedingungen in einem Gerichts- oder Ver­waltungsverfahren in eine Entscheidung dieses Staates um, wobei sie die im Urteilsstaat verhängte Sanktion durch eine nach dem Recht des Vollstreckungsstaats für dieselbe Straftat vorgesehene Sanktion ersetzen.
2.  Der Vollstreckungsstaat setzt den Urteilsstaat auf dessen Ersuchen vor Überstel­lung der verurteilten Person davon in Kenntnis, welches dieser Verfahren er anwen­den wird.
3.  Der Vollzug der Sanktion richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaats, und dieser Staat allein ist zuständig, alle erforderlichen Entscheidungen zu treffen.
4.  Jeder Staat, der nach seinem innerstaatlichen Recht sich nicht eines der in Absatz 1 bezeichneten Verfahren bedienen kann, um Massnahmen zu vollziehen, die im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei gegen Personen verhängt worden sind, die aufgrund ihres geistigen Zustands hinsichtlich der Begehung der Tat für straf­rechtlich nicht zurechnungsfähig erkannt worden sind, und der bereit ist, solche Per­sonen zur weiteren Behandlung zu übernehmen, kann in einer an den Generalsekre­tär des Europarats gerichteten Erklärung die Verfahren bezeichnen, die er in solchen Fällen anwenden wird.
Art. 10 Fortsetzung des Vollzugs
1.  Im Falle einer Fortsetzung des Vollzugs ist der Vollstreckungsstaat an die rechtli­che Art und die Dauer der Sanktion, wie sie vom Urteilsstaat festgelegt worden sind, gebunden.
2.  Ist diese Sanktion jedoch nach Art oder Dauer mit dem Recht des Vollstreckungs­staats nicht vereinbar oder schreibt dessen Recht dies vor, so kann dieser Staat die Sanktion durch eine Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung an die nach seinem eigenen Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehene Strafe oder Massnahme an­passen. Diese Strafe oder Massnahme muss ihrer Art nach soweit wie möglich der Sanktion entsprechen, die durch die zu vollstreckende Entscheidung verhängt wor­den ist. Sie darf nach Art oder Dauer die im Urteilsstaat verhängte Sanktion nicht verschärfen und das nach dem Recht des Vollstreckungsstaats vor­gesehene Höchst­mass nicht überschreiten.
Art. 11 Umwandlung der Sanktion
1.  Im Fall einer Umwandlung der Sanktion ist das nach dem Recht des Vollstreckungsstaats vorgesehene Verfahren anzuwenden. Bei der Umwandlung
a. ist die zuständige Behörde an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, soweit sie sich ausdrücklich oder stillschweigend aus dem im Urteilsstaat ergangenen Urteil ergeben;
b. darf die zuständige Behörde eine freiheitsentziehende Sanktion nicht in eine Geldstrafe oder Geldbusse umwandeln;
c. hat die zuständige Behörde die Gesamtzeit des an der verurteilten Person bereits vollzogenen Freiheitsentzugs anzurechnen;
d. darf die zuständige Behörde die strafrechtliche Lage der verurteilten Person nicht erschweren und ist sie an ein Mindestmass, das nach dem Recht des Vollstreckungsstaats für die begangene Straftat oder die begangenen Straf­taten gegebenenfalls vorgesehen ist, nicht gebunden.
2.  Findet das Umwandlungsverfahren nach der Überstellung der verurteilten Person statt, so hält der Vollstreckungsstaat diese in Haft oder gewährleistet auf andere Weise ihre Anwesenheit im Vollstreckungsstaat bis zum Abschluss dieses Verfah­rens.
Art. 12 Begnadigung, Amnestie, Abänderung der Sanktion
Jede Vertragspartei kann im Einklang mit ihrer Verfassung oder anderen Gesetzen eine Begnadigung, eine Amnestie oder eine gnadenweise Abänderung der Sanktion gewähren.
Art. 13 Wiederaufnahme
Der Urteilsstaat allein hat das Recht, über einen gegen das Urteil gerichteten Wie­deraufnahmeantrag zu entscheiden.
Art. 14 Beendigung des Vollzugs
Der Vollstreckungsstaat beendet den Vollzug der Sanktion, sobald ihn der Urteils­staat von einer Entscheidung oder Massnahme in Kenntnis gesetzt hat, aufgrund deren ihre Vollstreckbarkeit erlischt.
Art. 15 Unterrichtung über den Vollzug
Der Vollstreckungsstaat unterrichtet den Urteilsstaat über den Vollzug der Sanktion,
a. wenn er den Vollzug dieser Sanktion für abgeschlossen erachtet;
b. wenn die verurteilte Person vor Abschluss des Vollzugs dieser Sanktion aus der Haft flieht oder
c. wenn der Urteilsstaat um einen besonderen Bericht ersucht.
Art. 16 Durchlieferung
1.  Eine Vertragspartei gibt einem Ersuchen um Durchlieferung einer verurteilten Person durch ihr Hoheitsgebiet entsprechend ihrem Recht statt, wenn ein solches Ersuchen von einer anderen Vertragspartei ausgeht, die selbst mit einer anderen Ver­tragspartei oder mit einem dritten Staat die Überstellung dieser Person nach oder aus ihrem Hoheitsgebiet vereinbart hat.
2.  Eine Vertragspartei kann die Durchlieferung verweigern,
a. wenn es sich bei der verurteilten Person um einen ihrer Staatsangehörigen handelt oder
b. wenn die Tat, derentwegen die Sanktion verhängt worden ist, nach ihrem Recht keine Straftat darstellt.
3.  Die Ersuchen um Durchlieferung und die Antworten werden auf den in Artikel 5 Absätze 2 und 3 bezeichneten Wegen übermittelt.
4.  Eine Vertragspartei kann einem Ersuchen eines dritten Staates um Durchlieferung einer verurteilten Person durch ihr Hoheitsgebiet stattgeben, wenn dieser Staat mit einer anderen Vertragspartei die Überstellung nach oder aus seinem Hoheitsgebiet vereinbart hat.
5.  Die um Bewilligung der Durchlieferung ersuchte Vertragspartei darf die verur­teilte Person nur so lange in Haft halten, wie dies für die Durchlieferung durch ihr Hoheitsgebiet erforderlich ist.
6.  Die um Bewilligung der Durchlieferung ersuchte Vertragspartei kann ersucht werden, eine Zusicherung abzugeben, dass die verurteilte Person im Hoheitsgebiet des Durchlieferungsstaates wegen einer vor Verlassen des Urteilsstaats begangenen Handlung oder wegen einer vor diesem Zeitpunkt verhängten Sanktion weder ver­folgt noch – vorbehaltlich des Absatzes 5 – in Haft gehalten oder einer sonstigen Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit unterworfen wird.
7.  Ein Ersuchen um Durchlieferung ist nicht erforderlich, wenn die Überstellung auf dem Luftweg über das Hoheitsgebiet einer Vertragspartei erfolgt und dort keine Zwischenlandung vorgesehen ist. Jeder Staat kann jedoch bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklä­rung verlangen, dass ihm eine solche Durchlieferung über sein Hoheitsgebiet notifi­ziert wird.
Art. 17 Sprache und Kosten
1.  Mitteilungen nach Artikel 4 Absätze 2-4 erfolgen in der Sprache der Vertrags­partei, an die sie gerichtet sind, oder in einer der Amtssprachen des Europarats.
2.  Vorbehaltlich des Absatzes 3 wird eine Übersetzung der Ersuchen um Überstel­lung und der Unterlagen nicht verlangt.
3.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch eine an den Gene­ralsekretär des Europarats gerichtete Erklärung verlangen, dass ihm die Ersuchen um Überstellung und die Unterlagen mit einer Übersetzung in seine eigene Sprache oder in eine der Amtssprachen des Europarats oder in die von ihm bezeichnete Amtsspra­che übermittelt werden. Er kann dabei seine Bereitschaft erklären, Übersetzungen in jede weitere Sprache neben der Amtssprache oder den Amtssprachen des Europarats anzunehmen.
4.  Vorbehaltlich des Artikels 6 Absatz 2 Buchstabe a bedürfen Schriftstücke, die aufgrund dieses Übereinkommens übermittelt werden, keiner Beglaubigung.
5.  Kosten, die bei der Anwendung dieses Übereinkommens entstehen, werden vom Vollstreckungsstaat getragen, ausgenommen die Kosten, die ausschliesslich im Hoheitsgebiet des Urteilsstaats entstehen.
Art. 18 Unterzeichnung und Inkrafttreten
1.  Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats und für Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmi­gung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
2.  Das Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeit­abschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem drei Mitgliedstaaten des Europarats nach Absatz 1 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Überein­kommen gebunden zu sein.
3.  Für jeden Unterzeichnerstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
Art. 19 Beitritt durch Nichtmitgliedstaaten
1.  Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Euro­parats nach Konsultation der Vertragsstaaten durch einen mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats² vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Komitee haben, gefassten Beschluss jeden Staat, der nicht Mitglied des Rates und nicht in Artikel 18 Absatz 1 erwähnt ist, einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
2.  Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Bei­trittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
² SR 0.192.030
Art. 20 Räumlicher Geltungsbereich
1.  Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifi­kations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
2.  Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europa­rats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
3.  Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär gerichtete Noti­fikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifika­tion beim Generalsekretär folgt.
Art. 21 Zeitlicher Geltungsbereich
Dieses Übereinkommen gilt für den Vollzug von Sanktionen, die vor oder nach sei­nem Inkrafttreten verhängt worden sind.
Art. 22 Verhältnis zu anderen Übereinkommen und Vereinbarungen
1.  Dieses Übereinkommen berührt nicht die Rechte und Pflichten aus Ausliefe­rungsverträgen und aus anderen Verträgen über die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen, welche die Überstellung verhafteter Personen zum Zweck der Gegenüberstellung oder der Zeugenaussage vorsehen.
2.  Wenn jedoch zwei oder mehr Vertragsparteien eine Vereinbarung oder einen Vertrag über die Überstellung verurteilter Personen bereits geschlossen haben oder schliessen oder ihre Beziehungen auf diesem Gebiet anderweitig geregelt haben oder regeln, sind sie berechtigt, anstelle dieses Übereinkommens die Vereinbarung, den Vertrag oder die Regelung anzuwenden.
3.  Dieses Übereinkommen berührt nicht das Recht von Vertragsstaaten des Europäi­schen Übereinkommens über die internationale Geltung von Strafurteilen, unterein­ander zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte über Fragen, die in jenem Überein­kommen geregelt sind, zu dessen Ergänzung oder zur Erleichterung der Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze zu schliessen.
4.  Ist für ein Ersuchen um Überstellung sowohl dieses Übereinkommen als auch das Europäische Übereinkommen über die internationale Geltung von Strafurteilen oder eine andere Vereinbarung oder ein anderer Vertrag über die Überstellung verurteil­ter Personen anwendbar, so bezeichnet der ersuchende Staat bei Stellung des Ersu­chens die Übereinkunft, auf die sich das Ersuchen gründet.
Art. 23 Gütliche Einigung
Der Europäische Ausschuss für Strafrechtsfragen des Europarats wird die Durchfüh­rung dieses Übereinkommens verfolgen; soweit erforderlich, erleichtert er die gütli­che Behebung aller Schwierigkeiten, die sich aus der Durchführung des Überein­kommens ergeben könnten.
Art. 24 Kündigung
1.  Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
2.  Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitab­schnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
3.  Dieses Übereinkommen bleibt jedoch für den Vollzug von Sanktionen gegen Per­sonen, die in Übereinstimmung mit dem Übereinkommen vor dem Tag, an dem die Kündigung wirksam wird, überstellt worden sind, weiterhin anwendbar.
Art. 25 Notifikationen
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt haben, und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist,
a. jede Unterzeichnung;
b. jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme, Genehmigungs- oder Bei­trittsurkunde;
c. jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach Artikel 18 Absätze 2 und 3, Artikel 19 Absatz 2 und Artikel 20 Absätze 2 und 3;
d. jede andere Handlung, Erklärung, Notifikation oder Mitteilung im Zusam­menhang mit diesem Übereinkommen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hiezu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Über­einkommen unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 21. März 1983 in englischer und französischer Spra­che, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermit­telt allen Mitgliedstaaten des Europarats, allen Staaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt haben, sowie allen zum Beitritt zu diesem Über­einkommen eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 5. Mai 2020 ³

³ AS 1988 761 2074 , 1990 1068 , 1991 945 , 2004 4305 , 2007 1373 , 2010 3455 , 2016 2851 , 2020 1565 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Inkrafttreten

Albanien*

  4. April

2000

  1. August

2000

Andorra*

13. Juli

2000

  1. November

2000

Armenien*

11. Mai

2001 B

  1. September

2001

Aserbaidschan*

25. Januar

2001

  1. Mai

2001

Australien

  5. September

2002 B

  1. Januar

2003

Bahamas*

12. November

1991 B

  1. März

1992

Belgien*

  6. August

1990

  1. Dezember

1990

Bolivien*

26. Februar

2004 B

  1. Juni

2004

Bosnien und Herzegowina

15. April

2005

  1. August

2005

Bulgarien*

17. Juni

1994

  1. Oktober

1994

Chile

30. Juli

1998 B

  1. November

1998

Costa Rica

14. April

1998 B

  1. August

1998

Dänemark*

16. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Färöer

  1. Mai

1988

  1. Mai

1988

Deutschland* **

31. Oktober

1991

  1. Februar

1992

Ecuador*

12. Juli

2005 B

  1. November

2005

Estland*

28. April

1997

  1. August

1997

Finnland*

29. Januar

1987 B

  1. Mai

1987

Frankreich*

11. Februar

1985

 1. Juli

1985

Georgien*

21. Oktober

1997 B

  1. Februar

1998

Ghana

19. März

2019 B

  1. Juli

2019

Griechenland*

17. Dezember

1987

  1. April

1988

Heiliger Stuhl*

15. Januar

2019 B

  1. Mai

2019

Honduras

  9. März

2009 B

  1. Juli

2009

Indien*

16. Januar

2018 B

  1. Mai

2018

Irland*

31. Juli

1995

  1. November

1995

Island*

  6. August

1993

  1. Dezember

1993

Israel*

24. September

1997 B

  1. Januar

1998

Italien*

30. Juni

1989

  1. Oktober

1989

Japan*

17. Februar

2003 B

  1. Juni

2003

Kanada

13. Mai

1985

  1. September

1985

Korea (Süd-)*

20. Juli

2005 B

  1. November

2005

Kroatien*

25. Januar

1995 B

  1. Mai

1995

Lettland*

  2. Mai

1997

  1. September

1997

Liechtenstein*

14. Januar

1998

  1. Mai

1998

Litauen*

24. Mai

1996

  1. September

1996

Luxemburg*

  9. Oktober

1987

  1. Februar

1988

Malta*

26. März

1991

  1. Juli

1991

Mauritius*

18. Juni

2004 B

  1. Oktober

2004

Mexiko*

13. Juli

2007 B

  1. November

2007

Moldau*

12. Mai

2004

  1. September

2004

Mongolei*

  7. April

2016 B

  1. August

2016

Montenegro

  6. Juni

2006 N

  6. Juni

2006

Niederlande

30. September

1987

 1. Januar

1988

    Aruba

28. Februar

1996

  1. Juni

1996

    Curaçao

28. Februar

1996

  1. Juni

1996

    Karibische Gebiete (Bonaire,
    Sint Eustatius und Saba)

28. Februar

1996

  1. Juni

1996

    Sint Maarten

28. Februar

1996

  1. Juni

1996

Nordmazedonien

28. Juli

1999 N

  1. November

1999

Norwegen*

  9. Dezember

1992

  1. April

1993

Österreich*

  9. September

1986

  1. Januar

1987

Panama*

  5. Juli

1999 B

  1. November

1999

Polen*

  8. November

1994

  1. März

1995

Portugal*

28. Juni

1993

  1. Oktober

1993

Rumänien*

23. August

1996

  1. Dezember

1996

Russland*

28. August

2007

  1. Dezember

2007

San Marino*

25. Juni

2004

1. Oktober

2004

Schweden* **

  9. Januar

1985

  1. Juli

1985

Schweiz*

15. Januar

1988

  1. Mai

1988

Serbien

11. April

2002 B

  1. August

2002

Slowakei* a

15. April

1992

  1. Januar

1993

Slowenien

16. September

1993

  1. Januar

1994

Spanien*

11. März

1985

  1. Juli

1985

Tonga

  3. Juli

2000 B

  1. November

2000

Trinidad und Tobago

22. März

1994 B

  1. Juli

1994

Tschechische Republika

15. April

1992

  1. Januar

1993

Türkei*

  3. September

1987

  1. Januar

1988

Ukraine*

28. September

1995 B

  1. Januar

1996

Ungarn*

13. Juli

1993

  1. November

1993

Venezuela

11. Juni

2003 B

  1. Oktober

2003

Vereinigte Staaten*

11. März

1985

  1. Juli

1985

Vereinigtes Königreich*

30. April

1985

  1. August

1985

    Akrotiri und Dhekelia*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Anguilla*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Bermudas*

10. September

2002

  1. Januar

2003

    Britische Jungferninseln*

  2. September

1988

  1. Januar

1989

    Britisches Territorium im
    Indischen Ozean*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Falklandinseln*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Gibraltar*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Insel Man*

19. August

1986

  1. Dezember

1986

    Kaimaninseln*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Montserrat*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    Pitcairn-Inseln (Ducie, Oeno,
    Henderson und Pitcairn)*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

    St. Helena und Nebengebiete
    (Ascension und Tristan da Cunha)*

23. Januar

1987

  1. Mai

1987

Zypern

18. April

1986

  1. August

1986

* Vorbehalte und Erklärungen.
** Einwendungen.
Die Vorbehalte, Erklärungen und Einwendungen werden in der AS nicht veröffentlicht, mit Ausnahme der Vorbehalte und Erklärungen der Schweiz. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite des Europarates: www.coe.int > Deutsch > Mehr > Vertragsbüro > Gesamtverzeichnis eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.
a
Datum der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch die Tschechoslowakei.

Vorbehalte und Erklärungen

Schweiz ⁴
a. Artikel 3 Absatz 3
Die Schweiz schliesst, sofern sie Vollstreckungsstaat ist, die Anwendung des in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b vorgesehenen Verfahrens aus;
b. Artikel 5 Absatz 3
Die Schweiz erklärt, dass das Bundesamt für Justiz⁵ des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes die im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 zuständige Übermitt­lungs- und Empfangsbehörde ist für:
– Mitteilungen gemäss Artikel 4 Absätze 2-4;
– Überstellungsersuchen und Antworten gemäss Artikel 2 Absatz 3 und Arti­kel 5 Absatz 4;
– Unterlagen gemäss Artikel 6;
– Mitteilungen gemäss Artikel 14 und 15;
– Durchlieferungsersuchen und Antworten gemäss Artikel 16;
c. Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a
Die Schweiz legt Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a dahingehend aus, dass der beglau­bigten Abschrift des Urteils eine Vollstreckbarkeitsbestätigung beigefügt werden muss;
d. Artikel 7 Absatz 1
Die Schweiz betrachtet die Einwilligung zur Überstellung von dem Zeitpunkt an als unwiderrufbar, an dem die Überstellung, gestützt auf die Vereinbarung der betroffe­nen Staaten, vom Bundesamt für Justiz beschlossen worden ist;
e. Artikel 17 Absatz 3
Die Schweiz verlangt, dass an sie gerichtete Überstellungsersuchen und Unterlagen, soweit sie nicht in deutscher, französischer oder italienischer Sprache abgefasst sind, mit einer Übersetzung in eine dieser Sprachen vorgelegt werden.
⁴ Art. 1 Abs. 2 des BB vom 18. Juni 1987 ( AS 1988 759 )
⁵ Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 ( AS 2004 4937 ) angepasst. Die Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen.
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