Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen 1
Abgeschlossen in Den Haag am 16. Dezember 1970 Von der Bundesversammlung genehmigt am 7. Juni 1971² Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 14. September 1971 In Kraft getreten für die Schweiz am 14. Oktober 1971 (Stand am 24. März 2025) ¹ «Haager Übereinkommen in der durch das Pekinger Protokoll von 2010 geänderten Fassung». Die Änd. durch das Zusatzprotokoll vom 10. Sept. 2010 ( SR 0.748.710.21 ; AS 2018 259 ) sind im vorliegenden Text eingebaut, gelten aber nur im Verhältnis zu jenen Staaten, die ihm beigetreten sind. Siehe deshalb seinen eigenen Geltungsbereich. ² AS 1971 1511
Art. 1 ³
1. Eine strafbare Handlung begeht, wer widerrechtlich und vorsätzlich durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt, durch Nötigung oder durch eine andere Form der Einschüchterung oder durch technische Mittel ein im Einsatz befindliches Luftfahrzeug in Besitz nimmt oder die Herrschaft darüber ausübt.
2. Eine strafbare Handlung begeht auch, wer:
(a) damit droht, die in Absatz 1 genannte strafbare Handlung zu begehen; oder
(b) widerrechtlich und vorsätzlich bewirkt, dass eine Person eine solche Drohung erhält,
wenn dies unter Umständen geschieht, welche die Drohung glaubwürdig erscheinen lassen.
3. Eine strafbare Handlung begeht ferner, wer:
(a) versucht, die in Absatz 1 genannte strafbare Handlung zu begehen; oder
(b) eine in Absatz 1, 2 oder 3 Buchstabe a dieses Artikels genannte strafbare Handlung organisiert oder andere Personen anweist, eine solche strafbare Handlung zu begehen; oder
(c) als Mittäter oder Gehilfe an einer in Absatz 1, 2 oder 3 Buchstabe a dieses Artikels genannten strafbaren Handlung teilnimmt; oder
(d) widerrechtlich und vorsätzlich einer anderen Person dabei hilft, sich Ermittlungen, einer Strafverfolgung oder einer Bestrafung zu entziehen, und dabei weiss, dass diese Person eine Handlung begangen hat, die eine strafbare Handlung nach Absatz 1, 2 oder 3 Buchstabe a, b oder c dieses Artikels darstellt, oder dass diese Person wegen einer solchen strafbaren Handlung von den Strafverfolgungsbehörden zum Zweck der Strafverfolgung gesucht wird oder wegen einer solchen strafbaren Handlung verurteilt wurde.
4. Ferner umschreibt jeder Vertragsstaat eine der folgenden Handlungen oder beide, wenn vorsätzlich begangen und unabhängig davon, ob die Begehung oder der Versuch einer der in Absatz 1 oder 2 genannten strafbaren Handlungen tatsächlich erfolgt, als strafbare Handlungen:
(a) die Verabredung mit einer oder mehreren Personen, eine in Absatz 1 oder 2 genannte strafbare Handlung zu begehen, verbunden, wenn das nationale Recht dies verlangt, mit einer von einem Beteiligten zur Förderung dieser Verabredung vorgenommenen Handlung; oder
(b) jeden anderweitigen Beitrag zur Begehung einer oder mehrerer der in Absatz 1 oder 2 genannten strafbaren Handlungen durch eine Gruppe von mit einem gemeinsamen Ziel handelnden Personen; dieser Beitrag muss geleistet werden: (i) entweder zu dem Zweck, die allgemeine kriminelle Tätigkeit oder das allgemeine kriminelle Ziel der Gruppe zu fördern, wenn diese Tätigkeit oder dieses Ziel die Begehung einer in Absatz 1 oder 2 genannten strafbaren Handlung einschliesst, oder
(ii) in Kenntnis des Vorsatzes der Gruppe, eine in Absatz 1 oder 2 genannte strafbare Handlung zu begehen.
³ Fassung gemäss Art. II des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 2 ⁴
Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen mit schweren Strafen zu bedrohen.
⁴ Fassung gemäss Art. III des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 2 bis ⁵
1. Jeder Vertragsstaat kann in Übereinstimmung mit seinen innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen die notwendigen Massnahmen treffen, um eine juristische Person, die ihren Sitz in seinem Hoheitsgebiet hat oder nach seinem Recht gegründet wurde, zur Verantwortung ziehen zu können, wenn eine für die Leitung oder Kontrolle dieser juristischen Person zuständige Person in dieser Eigenschaft eine in Artikel 1 genannte strafbare Handlung begangen hat. Diese Verantwortung kann strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Art sein.
2. Diese Verantwortung berührt nicht die strafrechtliche Verantwortung von Einzelpersonen, welche die strafbaren Handlungen begangen haben.
3. Trifft ein Vertragsstaat die notwendigen Massnahmen, um eine juristische Person nach Absatz 1 zur Verantwortung ziehen zu können, so bemüht er sich sicherzustellen, dass die anwendbaren strafrechtlichen, zivilrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Sanktionen wirksam, angemessen und abschreckend sind. Diese können auch Geldstrafen umfassen.
⁵ Eingefügt durch Art. IV des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 3
1. Im Sinne dieses Übereinkommens gilt ein Luftfahrzeug als im Einsatz befindlich vom Beginn der Flugvorbereitung des Luftfahrzeugs durch das Bodenpersonal oder die Besatzung für einen bestimmten Flug bis zum Ablauf von vierundzwanzig Stunden nach jeder Landung. Im Fall einer Notlandung gilt der Flug als fortdauernd, bis die zuständigen Behörden die Verantwortung für das Luftfahrzeug und für die Personen und Sachen an Bord übernehmen.⁶
2. Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf Luftfahrzeuge, die im Militär‑, Zoll‑ oder Polizeidienst verwendet werden.
3. Dieses Übereinkommen findet nur Anwendung, wenn der Abflugort oder der tatsächliche Landeort des Luftfahrzeugs, an Bord dessen die strafbare Handlung begangen wird, ausserhalb des Hoheitsgebiets des Eintragungsstaats dieses Luftfahrzeugs gelegen ist, gleichviel ob es sich um ein Luftfahrzeug auf einem internationalen Flug oder auf einem Inlandflug handelt.
4. In den in Artikel 5 genannten Fällen findet dieses Übereinkommen keine Anwendung, wenn der Abflugort und der tatsächliche Landeort des Luftfahrzeugs, an Bord dessen die strafbare Handlung begangen wird, im Hoheitsgebiet desselben Staates gelegen sind und wenn dieser Staat einer der in jenem Artikel erwähnten Staaten ist.
5. Ungeachtet der Absätze 3 und 4 dieses Artikels finden die Artikel 6, 7, 7bis, 8, 8bis, 8ter und 10 unabhängig vom Abflugort oder vom tatsächlichen Landeort des Luftfahrzeugs Anwendung, wenn der Täter oder der Verdächtige im Hoheitsgebiet eines anderen Staates als des Eintragungsstaats dieses Luftfahrzeugs aufgefunden wird.⁷
⁶ Fassung gemäss Art. V Ziff. 1 des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
⁷ Fassung gemäss Art. V Ziff. 4 des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 3 bis ⁸
1. Dieses Übereinkommen berührt nicht die sonstigen Rechte, Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten, die sich für Staaten und Einzelpersonen aus dem Völkerrecht, insbesondere den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen⁹, dem Übereinkommen über die Internationale Zivilluftfahrt¹⁰ und dem humanitären Völkerrecht ergeben.
2. Die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts, die von jenem Recht erfasst werden, sind von diesem Übereinkommen nicht erfasst; die Tätigkeiten, die Streitkräfte eines Staates in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ausüben, sind von diesem Übereinkommen ebenfalls nicht erfasst, soweit sie von anderen Regeln des Völkerrechts erfasst sind.
3. Absatz 2 ist nicht so auszulegen, als würden dadurch ansonsten widerrechtliche Handlungen entschuldigt oder rechtmässig oder als verhindere er die Strafverfolgung nach anderen Gesetzen.
⁸ Eingefügt durch Art. VI des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
⁹ SR 0.120
¹⁰ SR 0.748.0
Art. 4 ¹¹
1. Jeder Vertragsstaat trifft die notwendigen Massnahmen, um seine Gerichtsbarkeit über die in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen sowie über jede sonstige gewalttätige Handlung gegen Fluggäste oder Besatzungsmitglieder, die der Verdächtige im Zusammenhang mit den strafbaren Handlungen begangen hat, in den folgenden Fällen zu begründen:
(a) wenn die strafbare Handlung im Hoheitsgebiet dieses Staates begangen wird;
(b) wenn die strafbare Handlung gegen ein in diesem Staat eingetragenes Luftfahrzeug oder an Bord eines solchen begangen wird;
(c) wenn das Luftfahrzeug, an Bord dessen die strafbare Handlung begangen wird, mit dem noch an Bord befindlichen Verdächtigen in seinem Hoheitsgebiet landet;
(d) wenn die strafbare Handlung gegen ein Luftfahrzeug oder an Bord eines Luftfahrzeugs begangen wird, das ohne Besatzung an eine Person vermietet wurde, die ihre Hauptbetriebsleitung oder, wenn eine solche nicht besteht, ihren ständigen Aufenthalt in diesem Staat hat;
(e) wenn die strafbare Handlung von einem Angehörigen dieses Staates begangen wird.
2. Jeder Vertragsstaat kann seine Gerichtsbarkeit über eine solche strafbare Handlung auch in den folgenden Fällen begründen:
(a) wenn die strafbare Handlung gegen einen Angehörigen dieses Staates begangen wird;
(b) wenn die strafbare Handlung von einer staatenlosen Person begangen wird, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates hat.
3. Jeder Vertragsstaat trifft ferner die notwendigen Massnahmen, um seine Gerichtsbarkeit über die in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen für den Fall zu begründen, dass der Verdächtige sich in seinem Hoheitsgebiet befindet und dass der betreffende Staat ihn nicht nach Artikel 8 an einen der Vertragsstaaten ausliefert, die in Übereinstimmung mit den anwendbaren Absätzen dieses Artikels ihre Gerichtsbarkeit über diese strafbaren Handlungen begründet haben.
4. Dieses Übereinkommen schliesst eine Strafgerichtsbarkeit, die nach nationalem Recht ausgeübt wird, nicht aus.
¹¹ Fassung gemäss Art. VII des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 5 ¹²
Vertragsstaaten, die Betriebsgemeinschaften für den Luftverkehr oder internationale Betriebsstellen bilden, welche einer gemeinsamen oder internationalen Eintragung unterliegende Luftfahrzeuge einsetzen, bezeichnen in geeigneter Weise für jedes Luftfahrzeug den Staat unter ihnen, der die Gerichtsbarkeit ausüben und die Eigenschaften des Eintragungsstaats im Sinne dieses Übereinkommens haben soll; sie zeigen dies dem Generalsekretär der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation an, der allen Vertragsstaaten dieses Übereinkommens davon Kenntnis gibt.
¹² Fassung gemäss Art. VIII des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 6
1. Hält ein Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Täter oder der Verdächtige befindet, es in Anbetracht der Umstände für gerechtfertigt, so nimmt er ihn in Haft oder trifft andere Massnahmen, um seine Anwesenheit sicherzustellen. Die Haft und die anderen Massnahmen müssen mit dem Recht dieses Staates übereinstimmen; sie dürfen nur so lange aufrechterhalten werden, wie es notwendig ist, um die Einleitung eines Strafverfahrens oder Auslieferungsverfahrens zu ermöglichen.
2. Dieser Staat führt unverzüglich eine vorläufige Untersuchung zur Feststellung des Sachverhalts durch.
3. Einer auf Grund des Absatzes 1 in Haft befindlichen Person wird jede Erleichterung gewährt, damit sie mit dem nächsten zuständigen Vertreter des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, unmittelbar verkehren kann.
4. Hat ein Vertragsstaat eine Person aufgrund dieses Artikels in Haft genommen, so notifiziert er unverzüglich den Vertragsstaaten, die nach Artikel 4 Absatz 1 ihre Gerichtsbarkeit begründet haben und nach Artikel 4 Absatz 2 ihre Gerichtsbarkeit begründet und dies dem Verwahrer notifiziert haben, sowie, wenn er es für angebracht hält, jedem anderen interessierten Staat die Tatsache, dass diese Person in Haft ist, und die Umstände, welche die Haft rechtfertigen. Der Vertragsstaat, der die vorläufige Untersuchung nach Absatz 2 durchführt, unterrichtet die genannten Vertragsstaaten unverzüglich über das Ergebnis der Untersuchung und teilt ihnen mit, ob er seine Gerichtsbarkeit auszuüben beabsichtigt.¹³
¹³ Fassung gemäss Art. IX des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 7
Der Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verdächtige aufgefunden wird, ist, wenn er ihn nicht ausliefert, verpflichtet, den Fall ohne irgendeine Ausnahme und unabhängig davon, ob die strafbare Handlung in seinem Hoheitsgebiet begangen wurde, seinen zuständigen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung zu unterbreiten. Diese Behörden treffen ihre Entscheidung in der gleichen Weise wie im Fall einer gemeinrechtlichen strafbaren Handlung schwerer Art nach dem Recht dieses Staates.
Art. 7 bis ¹⁴
Wenn nach diesem Übereinkommen eine Person in Haft genommen wird oder gegen sie andere Massnahmen getroffen werden oder ein Verfahren durchgeführt wird, so ist ihr eine gerechte Behandlung zu gewährleisten, die den Genuss aller Rechte und Garantien einschliesst, die mit dem Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie sich befindet, sowie mit den anwendbaren völkerrechtlichen Bestimmungen einschliesslich derer über die Menschenrechte im Einklang stehen.
¹⁴ Eingefügt durch Art. X des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 8 ¹⁵
1. Die in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen gelten als in jeden zwischen Vertragsstaaten bestehenden Auslieferungsvertrag einbezogene der Auslieferung unterliegende strafbare Handlungen. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die strafbaren Handlungen als der Auslieferung unterliegende strafbare Handlungen in jeden künftig zwischen ihnen zu schliessenden Auslieferungsvertrag aufzunehmen.
2. Erhält ein Vertragsstaat, der die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Auslieferungsersuchen von einem anderen Vertragsstaat, mit dem er keinen Auslieferungsvertrag hat, so steht es ihm frei, dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung in Bezug auf die in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen anzusehen. Die Auslieferung unterliegt den im Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Bedingungen.
3. Vertragsstaaten, welche die Auslieferung nicht vom Bestehen eines Vertrags abhängig machen, anerkennen unter sich die in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen als der Auslieferung unterliegende strafbare Handlungen. Die im Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Bedingungen bleiben vorbehalten.
4. Jede der strafbaren Handlungen wird für die Zwecke der Auslieferung zwischen Vertragsstaaten so behandelt, als sei sie nicht nur an dem Ort, an dem sie sich ereignet hat, sondern auch in den Hoheitsgebieten der Vertragsstaaten begangen worden, die verpflichtet sind, ihre Gerichtsbarkeit nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b, c, d und e zu begründen, und die ihre Gerichtsbarkeit nach Artikel 4 Absatz 2 begründet haben.
5. Die in Artikel 1 Absatz 4 Buchstaben a und b genannten strafbaren Handlungen sind für die Zwecke der Auslieferung zwischen Vertragsstaaten gleichwertig.
¹⁵ Fassung gemäss Art. XI des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 8 bis ¹⁶
Für die Zwecke der Auslieferung oder der Rechtshilfe wird keine der in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen als politische Straftat, als eine mit einer politischen Straftat zusammenhängende oder als eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat angesehen. Folglich darf ein Ersuchen um Auslieferung oder Rechtshilfe, das auf einer solchen strafbaren Handlung beruht, nicht allein mit der Begründung verweigert werden, dass es sich um eine politische Straftat, um eine mit einer politischen Straftat zusammenhängende oder um eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat handle.
¹⁶ Eingefügt durch Art. XII des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 8 ter ¹⁷
Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als enthalte es eine Verpflichtung zur Auslieferung oder Rechtshilfe, wenn der ersuchte Vertragsstaat ernstliche Gründe für die Annahme hat, dass das Auslieferungsersuchen wegen in Artikel 1 genannter strafbarer Handlungen oder das Ersuchen um Rechtshilfe in Bezug auf solche strafbaren Handlungen gestellt worden ist, um eine Person wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer politischen Anschauungen oder ihres Geschlechts zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass die Lage dieser Person aus einem dieser Gründe erschwert werden könnte, wenn dem Ersuchen stattgegeben würde.
¹⁷ Eingefügt durch Art. XIII des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 9
1. Ist eine der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Handlungen begangen worden oder im Begriff begangen zu werden, so treffen die Vertragsstaaten alle geeigneten Massnahmen, um die Herrschaft des rechtmässigen Kommandanten über das Luftfahrzeug wiederherzustellen oder aufrechtzuerhalten.¹⁸
2. In den Fällen des Absatzes 1 erleichtert jeder Vertragsstaat, in dem sich das Luftfahrzeug, die Fluggäste oder die Besatzung befinden, so bald wie möglich den Fluggästen und der Besatzung die Fortsetzung der Reise und gibt das Luftfahrzeug und seine Ladung unverzüglich den zum Besitz berechtigten Personen zurück.
¹⁸ Fassung gemäss Art. XIV des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 10 ¹⁹
1. Die Vertragsstaaten gewähren einander die weitestgehende Unterstützung im Zusammenhang mit Strafverfahren, die in Bezug auf die in Artikel 4 genannten strafbaren Handlungen eingeleitet werden. In allen Fällen ist das Recht des ersuchten Staates anzuwenden.²⁰
2. Absatz 1 lässt Verpflichtungen auf Grund eines anderen zwei‑ oder mehrseitigen Vertrags unberührt, der ganz oder teilweise die Rechtshilfe in Strafsachen regelt oder regeln wird.
¹⁹ Für die Rechtshilfe zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika, siehe Art. 36 des BG vom 3. Okt. 1975 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen ( SR 351.93 ).
²⁰ Fassung gemäss Art. XV des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 10 bis ²¹
Jeder Vertragsstaat, der Grund zu der Annahme hat, dass eine der in Artikel 1 genannten strafbaren Handlungen begangen werden wird, übermittelt in Übereinstimmung mit seinem nationalen Recht alle in seinem Besitz befindlichen sachdienlichen Angaben den Vertragsstaaten, die nach seiner Auffassung zu den in Artikel 4 Absätze 1 und 2 genannten Staaten gehören.
²¹ Eingefügt durch Art. XVI des Zusatzprot. vom 10. Sept. 2010, von der BVers genehmigt am 20. Juni 2014 und in Kraft getreten für die Schweiz am 1. Jan. 2018 ( AS 2018 259 ; BBl 2013 8543 ).
Art. 11
Jeder Vertragsstaat übermittelt dem Rat der Internationalen Zivilluftfahrt‑Organisation in Übereinstimmung mit seinem nationalen Recht so schnell wie möglich alle in seinem Besitz befindlichen sachdienlichen Angaben über
a) die Umstände der strafbaren Handlung;
b) die nach Artikel 9 getroffenen Massnahmen;
c) die in Bezug auf den Täter oder den Verdächtigen getroffenen Massnahmen und insbesondere das Ergebnis eines Auslieferungsverfahrens oder eines anderen Verfahrens.
Art. 12
1. Jede Streitigkeit zwischen zwei oder mehr Vertragsstaaten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens, die nicht durch Verhandlungen beigelegt werden kann, wird auf Verlangen eines dieser Staaten einem Schiedsverfahren unterworfen. Können sich die Parteien binnen sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem das Schiedsverfahren verlangt worden ist, über seine Ausgestaltung nicht einigen, so kann jede dieser Parteien die Streitigkeit dem Internationalen Gerichtshof unterbreiten, indem sie einen seiner Satzung entsprechenden Antrag stellt.
2. Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder der Ratifikation des Übereinkommens oder dem Beitritt zu diesem erklären, dass er sich durch Absatz 1 nicht als gebunden betrachtet. Die anderen Vertragsstaaten sind gegenüber einem Vertragsstaat, der einen solchen Vorbehalt gemacht hat, durch Absatz 1 nicht gebunden.
3. Ein Vertragsstaat, der einen Vorbehalt nach Absatz 2 gemacht hat, kann diesen Vorbehalt jederzeit durch eine an die Depositarregierungen gerichtete Notifikation zurückziehen.
Art. 13
1. Dieses Übereinkommen liegt am 16. Dezember 1970 in Den Haag für die Teilnehmerstaaten der vom 1. bis 16. Dezember 1970 in Den Haag abgehaltenen Internationalen Luftrechtskonferenz (im folgenden als «Haager Konferenz» bezeichnet) zur Unterzeichnung auf. Nach dem 31. Dezember 1970 liegt das Übereinkommen für alle Staaten in Moskau, London und Washington zur Unterzeichnung auf. Ein Staat, der dieses Übereinkommen nicht vor seinem Inkrafttreten nach Absatz 3 unterzeichnet, kann ihm jederzeit beitreten.
2. Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation durch die Unterzeichnerstaaten. Die Ratifikations‑ und Beitrittsurkunden werden bei den Regierungen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika hinterlegt, die hiermit zu Depositarregierungen bestimmt werden.
3. Dieses Übereinkommen tritt dreissig Tage nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunden durch zehn Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens, die an der Haager Konferenz teilgenommen haben, in Kraft.
4. Für andere Staaten tritt dieses Übereinkommen mit seinem Inkrafttreten nach Absatz 3 oder dreissig Tage nach Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft, je nachdem, welcher Zeitpunkt später liegt.
5. Die Depositarregierungen unterrichten unverzüglich alle Unterzeichnerstaaten und beitretenden Staaten über den Zeitpunkt jeder Unterzeichnung, der Hinterlegung jeder Ratifikations‑ oder Beitrittsurkunde, des Inkrafttretens dieses Übereinkommens sowie über alle sonstigen Mitteilungen.
6. Die Depositarregierungen lassen dieses Übereinkommen sogleich nach seinem Inkrafttreten gemäss Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen²² und gemäss Artikel 83 des Übereinkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (Chicago, 1944)²³ registrieren.
²² SR 0.120
²³ SR 0.748.0
Art. 14
1. Jeder Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen durch eine an die Depositarregierungen gerichtete schriftliche Notifikation kündigen.
2. Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation bei den Depositarregierungen wirksam.
Unterschriften
Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, hierzu von ihren Regierungen befugten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Den Haag am 16. Dezember 1970 in drei Originalausfertigungen, jede in vier verbindlichen Wortlauten in englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache.
(Es folgen die Unterschriften)