Europäisches Übereinkommen über die Abschaffung des Visumzwanges für Flüchtlinge (0.142.38)
CH - Schweizer Bundesrecht

Europäisches Übereinkommen über die Abschaffung des Visumzwanges für Flüchtlinge

Abgeschlossen in Strassburg am 20. April 1959 Von der Bundesversammlung genehmigt am 27. September 1966¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 20. Dezember 1966 In Kraft getreten für die Schweiz am 21. Juni 1967 (Stand am 13. Februar 2025) ¹ Art. 1 Abs. 1 des BB vom 27. Sept. 1967 ( AS 1967 805 )
Art. 1
1.  Die Flüchtlinge, die ordnungsgemäss im Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien wohnhaft sind, sind auf Grund dieses Übereinkommens und unter Vorbehalt der Gegenseitigkeit bei der Einreise in das Hoheitsgebiet über alle Grenzen von der Visumspflicht befreit, sofern:
a. sie im Besitz eines gültigen Reiseausweises nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951² über die Rechtsstellung der Flüchtlinge oder dem Übereinkommen vom 15. Oktober 1946³ betreffend die Ausstellung eines Reiseausweises an Flüchtlinge sind, der von den Behörden der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sie ihren ordnungsgemässen Aufenthalt haben, ausgestellt ist;
b. ihr Aufenthalt nicht länger als drei Monate dauert.
2.  Für jeden Aufenthalt von längerer Dauer als drei Monaten oder für jede Einreise in das Hoheitsgebiet einer anderen Partei in der Absicht, dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, kann ein Visum verlangt werden.
² SR 0.142.30
³ SR 0.142.37
Art. 2
Der Ausdruck «Hoheitsgebiet» einer Vertragspartei hat bezüglich dieses Übereinkommens die Bedeutung, die diese Partei ihm in einer an den Generalsekretär des Europarates gerichteten Erklärung gibt.
Art. 3
Soweit eine oder mehrere Vertragsparteien es erforderlich halten, darf die Grenze nur an erlaubten Grenzübergangsstellen überschritten werden.
Art. 4
1.  Die Bestimmungen dieses Übereinkommens berühren die Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den Aufenthalt von Ausländern im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei nicht.
2.  Jede Vertragspartei behält sich das Recht vor, Personen, die sie für unerwünscht hält, die Einreise in ihr Hoheitsgebiet oder den Aufenthalt daselbst zu verweigern.
Art. 5
Die Flüchtlinge, die sich auf Grund der Bestimmungen dieses Übereinkommens in das Hoheitsgebiet einer Vertragspartei begeben haben, werden jederzeit wieder in das Hoheitsgebiet der Vertragspartei, deren Behörden ihnen einen Reiseausweis ausgestellt haben, auf einfaches Ersuchen der ersten Vertragspartei übernommen, es sei denn, dass diese den Betreffenden die Bewilligung zum dauernden Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet erteilt hat.
Art. 6
Dieses Übereinkommen berührt nicht die Bestimmungen der geltenden oder zukünftigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, der zwei- oder mehrseitigen Verträge, Abkommen oder Übereinkommen, die den Flüchtlingen, die ordnungsgemäss im Hoheitsgebiet einer der Vertragspartei wohnhaft sind, hinsichtlich des Grenzübertritts günstigere Bedingungen gewähren.
Art. 7
1.  Jede Vertragspartei behält sich vor, dieses Übereinkommen, mit Ausnahme der Bestimmungen des Artikels 5, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit oder der Volksgesundheit gegenüber allen oder einzelnen Parteien nicht sofort anzuwenden oder seine Anwendung vorübergehend einzustellen. Diese Massnahme ist unverzüglich dem Generalsekretär des Europarates mitzuteilen. Das gleiche gilt für die Wiederaufhebung einer solchen Massnahme.
2.  Jede Vertragspartei, die von einer der in Absatz 1 vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch macht, kann die Anwendung dieses Übereinkommens durch eine andere Partei nur insoweit verlangen, als sie es selbst gegenüber dieser Partei anwendet.
Art. 8
Dieses Übereinkommen wird zur Unterzeichnung durch die Mitglieder des Europarates aufgelegt; sie können Vertragsparteien werden durch:
a. Unterzeichnung ohne Vorbehalt der Ratifikation oder durch;
b. Unterzeichnung unter Vorbehalt der Ratifikation mit nachfolgender Ratifikation.
Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarates hinterlegt.
Art. 9
1.  Dieses Übereinkommen tritt einen Monat nach dem Tage in Kraft, an dem drei Mitglieder des Rates das Übereinkommen nach Artikel 8 ohne Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet oder es ratifiziert haben.
2.  Für jedes Mitglied, das das Übereinkommen später ohne Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet oder es ratifiziert, tritt das Übereinkommen einen Monat nach dem Tage der Unterzeichnung oder der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in Kraft.
Art. 10
Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarates durch einstimmigen Beschluss jede Regierung eines Nichtmitgliedstaates, die Vertragspartei des Abkommens vom 28. Juli 1951⁴ über die Rechtsstellung der Flüchtlinge oder des Übereinkommens vom 15. Oktober 1946⁵ betreffend die Ausstellung eines Reiseausweises an Flüchtlinge ist, einladen, dem vorliegenden Übereinkommen beizutreten.
Der Beitritt wird einen Monat nach dem Tage der Hinterlegung der Beitrittserklärung beim Generalsekretär des Europarates wirksam.
⁴ SR 0.142.30
⁵ SR 0.142.37
Art. 11
Der Generalsekretär des Europarates teilt den Mitgliedern des Rates und den beigetretenen Staaten mit:
a. alle Unterzeichnungen mit den allfälligen Ratifikationsvorbehalten, die Hinterlegung jeder Ratifikationsurkunde und den Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens;
b. die Hinterlegung jeder Beitrittserklärung gemäss Artikel 10;
c. jede gemäss den Artikeln 2, 7 und 12 eingegangene Mitteilung oder Erklärung sowie den Zeitpunkt, in dem sie wirksam wird.
Art. 12
Jede Vertragspartei kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Mitteilung von diesem Übereinkommen zurücktreten.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die hiezu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 20. April 1959 in französischer und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Rates übermittelt den unterzeichnenden Regierungen beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)
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