Gesetz über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen (380.200)
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Gesetz über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen

(Vom 23. Juni 2021) Der Kantonsrat des Kantons Schwyz, gestützt auf die Art. 131, 290 und 293 Abs. 2 des Schweizerischen Zivilgesetz - buches (ZGB) und nach Einsicht in Bericht und Vorlage des Regierungsrates, beschliesst:

I. Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Gegenstand

Dieses Gesetz regelt die von den Gemeinden zu leistende Hilfe bei der Durchset - zung familienrechtlicher Unterhaltsansprüche sowie die Bevorschussung von Unterhaltsansprüchen des berechtigten Kindes. Vorbehalten bleiben die Bestim - mungen des Bundesrechts.

§ 2 Geheimhaltungspflicht

Die im Rahmen dieses Gesetzes tätigen Personen sind unter Vorbehalt von § 3 f. zur Verschwiegenheit verpflichtet.

§ 3 Bearbeiten von Personendaten

1 Die für die Inkassohilfe und die Bevorschussung zuständigen Behörden sind berechtigt, Personendaten einschliesslich besonders schützenswerter Personen - daten zu bearbeiten, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist.
2 Sie dürfen Daten über Beginn, Ausmass, Art, Dauer und Grund der Gewährung oder Verweigerung der Inkassohilfe und Bevorschussung sowie über Abtretungen und Auszahlungen bearbeiten.

§ 4 Amtshilfe

1 Die für die Inkassohilfe und die Bevorschussung zuständigen Behörden erteilen sich gegenseitig kostenlos Auskünfte, gewähren Einsicht in die Daten und leiten diese weiter, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
2 Verwaltungsbehörden haben den für die Inkassohilfe und Bevorschussung zu - ständigen Behörden, ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht, auf Ver - langen kostenlos Auskunft zu erteilen, Einsicht in die Daten zu gewähren und diese weiterzuleiten, soweit dies für den Vollzug dieses Gesetzes erforderlich ist.
3 Die Daten werden einzeln, auf Listen oder elektronischen Datenträgern über - mittelt. Sie können auch mittels eines Abrufverfahrens zugänglich gemacht wer -
1 Der Regierungsrat übt die Oberaufsicht über die Inkassohilfe und die Bevor - schussung von Unterhaltsbeiträgen aus.
2 Dem Departement des Innern obliegt die Aufsicht über den Vollzug dieses Ge - setzes und es kann administrative Weisungen und Richtlinien erlassen.

§ 6 Verfahrensrecht

1 Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz.
2 Gegen Verfügungen und Entscheide nach diesem Gesetz kann nach den Vor - schriften über die Verwaltungsrechtspflege Beschwerde an den Regierungsrat er - hoben werden.

§ 7 Verwendung der Zahlungen

1 Eingehende Zahlungen des unterhaltspflichtigen Schuldners bei den für die In - kassohilfe und die Bevorschussung zuständigen Behörden sind in nachstehender Reihenfolge zu verwenden:
a) zur Deckung der Verfahrenskosten, die die Bevorschussung betreffen;
b) zur Tilgung ausgerichteter Vorschüsse;
c) zur Deckung der Verfahrenskosten, die die Inkassohilfe betreffen;
d) zur Tilgung von Unterhaltsbeiträgen.
2 Hat der unterhaltspflichtige Schuldner an mehrere Berechtigte zu leisten, wer - den die eingehenden Zahlungen anteilmässig an die einzelnen Verpflichtungen angerechnet.

II. Inkassohilfe

§ 8 Zuständigkeit

a) Allgemein
1 Die Inkassohilfe ist Sache der Gemeinden. Der Vollzug wird der Ausgleichskasse Schwyz übertragen.
2 Die Ausgleichskasse Schwyz:
a) leistet für die in einem Unterhaltstitel festgelegten Unterhaltsbeiträge Inkas - sohilfe gemäss der Verordnung über die Inkassohilfe bei familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen vom 6. Dezember 2019 (Inkassohilfeverordnung, InkHV); 2
b) ist die nach Art. 217 Abs. 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) bezeichnete Stelle;
c) ist die kantonale Übermittlungs- und Empfangsstelle nach dem Übereinkom - men über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom

20. Juni 1956.

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3 Der Regierungsrat erlässt die notwendigen Vollzugsbestimmungen.
1 Die Kosten der Ausgleichskasse Schwyz für die Inkassohilfe werden von den Gemeinden nach ihrer Einwohnerzahl getragen.
2 Die Geschäftsführung ist jährlich einmal durch die Revisionsstelle der Aus - gleichskasse Schwyz zu überprüfen

§ 10 Anspruch

Anspruch auf Inkassohilfe haben folgende Personen mit zivilrechtlichem Wohnsitz im Kanton Schwyz:
a) das unterhaltsberechtigte Kind im Sinne von Art. 276 ZGB;
b) die aus dem Ehe-, Scheidungs- oder Partnerschaftsrecht unterhaltsberech - tigte Person.

III. Bevorschussung

§ 11 Zuständigkeit

1 Die Gemeinde am zivilrechtlichen Wohnsitz des unterhaltsberechtigten Kindes im Sinne von Art. 276 ZGB ist für die Bevorschussung zuständig.
2 Die Höhe und Dauer werden von der Fürsorgebehörde festgelegt.
3 Die Gemeinden können die Bevorschussung vertraglich an die Ausgleichskasse Schwyz übertragen. Diese trifft die gesetzlich und verfahrensrechtlich vorgesehe - nen Anordnungen.

§ 12 Gegenstand

1 Bevorschusst werden die laufenden Unterhaltsbeiträge, die nach Abtretung des massgeblichen Rechtstitels an die zuständige Stelle fällig werden.
2 Die Bevorschussung ist keine wirtschaftliche Hilfe im Sinne der Sozialhilfege - setzgebung.

§ 13 Anspruch

1 Das unterhaltsberechtigte Kind hat längstens bis zum vollendeten 25. Altersjahr Anspruch auf Vorschuss für elterliche Unterhaltsbeiträge, wenn:
a) ein vollstreckbarer Entscheid einer schweizerischen oder ausländischen Be - hörde oder ein schriftlicher Unterhaltsvertrag, der in der Schweiz zur definiti - ven Rechtsöffnung berechtigt, vorliegt, und
b) der zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtete Elternteil seiner Unterhaltspflicht trotz angemessener Inkassoversuche nicht rechtzeitig nachgekommen ist.
2 Kein Anspruch auf Vorschuss besteht, wenn:
a) das Kind wirtschaftlich selbstständig ist;
b) der Unterhalt des Kindes anderweitig gesichert ist;
c) das Kind sich dauernd im Ausland aufhält;
a) Höhe
1 Die Höhe eines Vorschusses richtet sich nach der im massgeblichen Rechtstitel festgesetzten Summe. Sie darf jedoch den Betrag der höchsten einfachen Waisen - rente der eidgenössischen Alters- und Hinterlassenenversicherung nicht überstei - gen.
2 Bei einer notwendigen Fremdplatzierung des Kindes kann ein angemessener Zuschlag gewährt werden.

§ 15 b) anrechenbares Einkommen

1 Ein Vorschuss wird ausgerichtet, soweit der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, ein bestimmtes Mindesteinkommen nicht erreicht.
2 Anrechenbares Einkommen und Einkommensgrenze richten sich nach den Be - stimmungen über die Ergänzungsleistungen zur eidgenössischen Alters-, Hinter - lassenen- und Invalidenversicherung.
3 Zudem sind das anrechenbare Einkommen und die Ausgaben des beistands - pflichtigen Ehepartners und eingetragenen Partners sowie von Personen in fakti - scher Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen.

§ 16 Rückerstattung und Verwendung

1 Bevorschusste Unterhaltsbeiträge werden beim pflichtigen Elternteil zurückge - fordert.
2 Bezahlt der Schuldner bevorschusste Unterhaltsbeiträge, so sind die Vorschüsse zurückzuerstatten.
3 Vorbehalten bleibt die Pflicht zur Rückerstattung, wenn ein Vorschuss unrecht - mässig bezogen wurde oder das unterhaltsberechtigte Kind den pflichtigen Eltern - teil beerbt.

IV. Übergangsbestimmungen und Schlussbestimmungen

§ 17 Übergangsbestimmungen

Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängigen Gesuche für die Inkassohilfe und die Bevorschussung werden durch die zuständige Behörde nach neuem Recht beurteilt.

§ 18 Aufhebung bisherigen Rechts

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden aufgehoben:
a) § 22b des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom

14. September 1978;

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b) §§ 8 Bst. d und 10 Bst. d des Sozialhilfegesetzes vom 18. Mai 1983; 5
c) Gesetz über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder vom 24. April 1985. 6
1 Dieses Gesetz unterliegt dem Referendum gemäss §§ 34 oder 35 der Kantons - verfassung.
2 Es wird im Amtsblatt veröffentlicht und nach Inkrafttreten in die Gesetzsamm - lung aufgenommen.
3 Der Regierungsrat wird mit dem Vollzug beauftragt. Er bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens. 7
1 GS 26-50.
2 BBl 2019 2390 ff.
3 SR 0.274.15.
4 SRSZ 210.100.
5 SRSZ 380.100.
6 GS 17-552.
7 1. Januar 2022 (Abl 2021 2579).
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