Päpstliche Bulle betreffend die Vereinigung des Kantons Schwyz mit dem Bistum Chur (160.110.1)
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Päpstliche Bulle betreffend die Vereinigung des Kantons Schwyz mit dem Bistum Chur

(Vom 16. Dezember 1824) Leo, Bischof, Diener der Diener Gottes, zum ewigen Andenken. Die Unserer Niedrigkeit obliegende Sorge für das Wohl der gesamten Chri- stenheit bestimmt Uns, die Spendung des apostolischen Wohlwollens auf die Erreichung desjenigen zu verwenden, wodurch der Nutzen der christlichen Herde nach Unserer Überzeugung am besten befördert werden kann. In dieser Absicht glauben Wir, denjenigen Absonderungen und neuen Einteilungen der alten Bistümer am meisten Vorschub leisten zu sollen, wodurch dem gläubigen Volk die geistliche Verwaltung leichter und bequemer gemacht werden kann. Da Papst Pius VII., seligen Andenkens, Unser Vorfahr, schon vor vielen Jahren aus rechtmässigen und gewichtigen Gründen das Gebiet des Kantons Schwyz von dem alten, grossen Bistum Konstanz abgelöst und getrennt, und darauf durch ein apostolisches Sendschreiben, in Form eines Breve vom neunten Oktober eintausend achthundert und neunzehn, die geistliche Verwaltung des besagten Gebietes dem ehrwürdigen Bruder Karl Rudolph, Bischof von Chur, auf Gutfinden des apostolischen Stuhls übertragen und gegenwärtig die Regie- rung des besagten Kantons Schwyz bei Uns das demütige Gesuch gestellt hat, mehrbemeldetes Gebiet auf die Dauer mit dem Bistum Chur zu verbinden und demselben anzuschliessen, unter gleichzeitiger Anweisung der zu diesen Zwecken hinreichenden Dotation, so haben Wir Uns mit dem erwähnten Bi- schof, sowie der Regierung durch Vermittlung der apostolischen Nuntiatur bei der schweizerischen Eidgenossenschaft ins Einvernehmen gesetzt und nach reiflicher Überlegung aller Umstände für gut befunden, dem gestellten Gesuch wohlgeneigt im Herrn zu entsprechen. Mit zuverlässiger Kenntnis und reifer Überlegung, aus Unserer und des apostolischen Stuhles Machtvollkommenheit verbinden und fügen Wir an, und verleiben Wir daher das gesamte Gebiet des Kantons Schwyz, welches früher von besagter Diözese Konstanz abgelöst, losgerissen und getrennt worden ist und aus dreissig Ortschaften oder Pfarreien besteht, nämlich Schwyz, Arth, Steinen, Muotathal, Morschach, Iberg, Sattel, Illgau, Lauerz, Ingenbohl, Steinerberg, Rothenthurm, Riemenstalden, Alpthal, Gersau, Lachen, Altendorf, Galgenen, Schübelbach, Reichenburg, Tuggen, Wangen, Nuolen, Vorder-Wägithal, Hinter-Wägithal, Einsiedeln, Küssnacht, Wollerau, Freienbach und Feusisberg genannt, ganz und auf immer mit dem Bistum Chur, mit allen und jeglichen Kirchen, Benefizien, Klerus und Volk, Welt- und Ordensgeistlichen (mit Vorbehalt der Eximierten) jeglichen Standes, Grades und Berufes, innerhalb der Grenzen der besagten Ortschaften und Pfarreien das Kantons Schwyz gelegen, und unterstellen und unterwerfen das besagte Gebiet der ordentlichen Jurisdiktion, Regierung und Gewalt des ge- genwärtigen und jeweiligen Bischofs von Chur für alle künftigen Zeiten. Wir beschliessen gleichfalls, dass im Kapitel der Kathedralkirche von Chur für den Kanton Schwyz zwei nichtresidierende, sogenannte auswärtige Domherren eingesetzt werden, welche Bewohner und Bürger des Kantons Schwyz sein sollen, durch Gelehrsamkeit, Klugheit, Sittenreinheit, rühmliche Ausübung der
des Bischofs hervorleuchten, welche die gleichen Rechte und Privilegien zu geniessen haben, wie die bisherigen ausw ärtigen Domherren des gleichen Kapitels, und besonders zur Wahl des Bischofs mit gleichem Sitz und Stimm- recht einberufen werden und einen integrierenden und verfassungsm ässigen Bestandteil jener f dralkapitel k ünftig bestehen soll. In betreff der Verleihung dieser Domherren- stellen, die Wir f ür dieses erste Mal Uns und dem apostolischen Stuhl vorbe- halten, gestatten Wir, dass bei k ünftigen Erledigungen die Ernennung zwischen der Regierung des Kantons Schwyz und dem Kathedralkapitel von Chur mo- natsweise abwechseln und demnach in den Monaten J änner, M ärz, Mai, Heu- monat, Herbstmonat und Wintermonat dem Kapitel, dagegen in den übrigen Monaten, als Hornung, April, Brachmonat, Augstmonat, Weinmonat und Christmonat der Regierung zustehe, so jedoch, dass das Kapitel, indem es die Empfehlungen der Regierung beachtet und hinwieder die Regierung selbst keine andern w ählen als Bewohner und B ürger des Kantons Schwyz, welche, wie oben gesagt, durch Sittenreinheit, Klugheit, Gelehrsamkeit, r ühmliche Ausübung der geistlichen Verrichtungen und andere kanonische Eigenschaften hervorleuchten. Jeder vom Kapitel Gew ählte hat ferner die kanonische Einset- zung in seine Pfr ünde beim jeweiligen Bischof von Chur zu empfangen und jeder von der Kantonsregierung Gew ählte das apostolische Verleihungsschrei- ben bei der Dataria nachzusuchen, bevor er von der Pfr ünde Besitz ergreifen oder die daherigen Einkünfte beziehen kann, wobei jedoch die gesetzliche und gegenw ärtig geltende Übung in betreff der Wahl des bisherigen Domherren des Kapitels von Chur in allen Teilen in Kr äften verbleibt. Zu einiger Entschädigung indessen des gegenw ärtigen und jeweiligen Bischofs von Chur, welchem durch diese Vereinigung die Last seines Hirtenam- tes nicht wenig vermehrt wird, setzen Wir fest, dass ihm allj ährlich auf das Fest des heiligen Martins in seiner bisch öflichen Residenz, wie sich der Kanton Schwyz dazu verpflichtet hat, bar und ohne den mindesten Abzug eintausend und f ünf Schweizerfranken bezahlt werden, welche Wir auf immer der bisch öf- lichen Tafel bestimmen und zueignen; desgleichen beschliessen Wir, dass den obbemeldeten zwei ausw ärtigen Domherren gem äss der vom erw ähnten Kanton ausgestellten Verpflichtung j ährlich vierhundertundachtzig Schweizerfranken frei bezahlt werden. Und da die Kleriker des besagten Kantons Schwyz ins bischöfliche Seminar zu Chur (welches laut ausdr ücklicher Anerkennung und Zusage der Kantonsregierung, wie bisher, so auch k ünftig, unter der unmittel- baren Leitung des Bischofs bleiben soll) aufzunehmen, darin zu bilden und zu unterrichten sind, so scheiden Wir dem gleichen Seminar eine j ährliche Sum- me von vierhundertundachtzig Franken zu, welche der Kanton Schwyz f ür seine ärmern im bisch öflichen Seminar befindlichen Kleriker jedes Jahr zu leisten versprochen hat. Damit aber f ür die Bezahlung und Sicherung der f ür jedes Jahr angewiesenen besagten Summen an den Bischof, die zwei ausw ärtigen Domherren des Kantons Schwyz und an das Seminar in Chur auf stetige Weise vorgesorgt werde, ist der Kanton Schwyz gehalten, gute, durchaus freie und von jeglicher Last geledigte Fonds, welche dem Kapitalwert von f ünfunddreiss-
Kirche verbleiben. Die Regierung des Kantons Schwyz kann jedoch auf Ansu- chen des jeweiligen Bischofs die Verwaltung dieser Fundationen übernehmen und besorgen, jedoch unter folgenden Bedingungen und Voraussetzungen, nämlich: dass diese Fundationen wirkliches Eigentum der Kirche seien und dass sie f ür immer der Kirche zur Verf ügung stehen, dass die daherigen jährli- chen Einkünfte für die oben angegebenen Zwecke und Dotationen, als zugun- sten der bisch öflichen Tafel zu Chur, der beiden ausw ärtigen Domherren des Kantons Schwyz und der ärmern im Seminar von Chur weilenden schwyzeri- schen Kleriker verwendet werden, dass der jeweilige Bischof von Chur berech- tigt sei, selbst oder durch seinen Delegierten die Verwaltung der vorgenannten Fundationen und die Verteilung der Gelder zu beaufsichtigen, und dass die Fundationen selbst zu keinen Zeiten und unter keinem Vorwand vom Orte entfernt oder ausser die Grenzen des Kantons Schwyz verlegt werden k önnen, und dass endlich, wenn etwa im Verlaufe der Zeiten der Ertrag dieser Funda- tionen nicht hinreichen w ürde, die Regierung des Kantons dessen ungeachtet die f ür die bisch öfliche Tafel, die beiden ausw ärtigen Domherren und die ärmern Schwyzerseminaristen versprochenen bezüglichen j ährlichen Summen ganz zu bezahlen verpflichtet sei. Auf gleiche Weise wird der Kanton Schwyz weder der bestehenden Dotation des bisch öflichen Stuhls und des Churischen Seminars, noch der fr ühern Verh ältnisse und des Zustandes teilhaftig, in wel- chen sich jene Dotationen befunden, so dass er sich diesfalls weder Verbind- lichkeiten noch Folgen f ür die Zukunft zuzieht, noch zu irgendwelcher andern Last verpflichtet, als inwieweit er solche nach dem obigen auf sich genommen. Was endlich die Wahl des Bischofs von Chur betrifft, so beschliessen Wir, dass selbe nach der gesetzlichen und bis dahin herk ömmlichen Übung vom Domkapitel vorgenommen werden solle, wobei die neuen schwyzerischen aus- wärtigen Domherren mit den bisherigen Domherren von Chur gleiche Rechte geniessen sollen mit Vorbehalt und Anerkennung jedoch des dem St. Galli- schen Kathedralskapitel einger äumten Rechtes, mit dem Kapitel von Chur nach Vorschrift der apostolischen Bulle Papst Pius VII., seligen Andenkens, Unsers Vorfahrs, erlassen unterm zweiten Juli eintausendachthundert und dreiundzwanzig, zur Wahl des Bischofs von Chur und St. Gallen mitzuwirken. 2 In betreff dessen erteilen Wir dem ehrw ürdigen Bruder Ignatius, Bischof von Cyrus, Unserm und des Heiligen Stuhles Nuntius bei der schweizerischen Eidgenossenschaft, und in dessen Abwesenheit dem geliebten Sohn Paschal Gizzi, Auditor der apostolischen Nuntiatur in Luzern, den Wir zum Vollzieher dieser apostolischen Bulle erw ählen und beauftragen, alle zur vollst ändigen Erreichung des vorangegebenen Zweckes nötigen und geeigneten Vollmachten, auch diejenige, irgendeine andere in geistlicher W ürde stehende Person an seiner Statt zu delegieren und über jegliche Einsprache, welche beim Akt der Vollziehung auf irgendeine Weise sich erheben m öchte, mit Wahrung der rechtlichen Vorbehalte, endg ültig und ohne jegliche Appellation frei und befugt abzusprechen. Dem gleichen Vollzieher überbinden Wir auch, von allen behufs Vollziehung des Obstehenden zu verfassenden Akten seiner Zeit authentische
Konsistorialkongregation übungsgem äss aufbewahrt werden. Wir wollen und beschliessen auch, dass gegenw ärtige Bulle weder unter dem Vorwand, dass die dabei Beteiligten oder beteiligt zu sein Vorgebenden nicht berufen und angehört worden und in die Bestimmungen derselben nicht eingewilligt, noch durch die Einrede der Erschleichung, oder der Nichtigkeit, oder des Abgangs Unseres Willens angefochten oder streitig gemacht werden könne, sondern stets g ültig und wirksam sei und bleibe und ihre vollen und ungeschm älerten Wirkungen erlange und erhalte, und von allen, die es angeht, unverletzlich beobachtet werde, ohne dass die Regel, dass ein erworbenes Recht nicht aufgehoben werden d ürfe, noch eine bei Uns oder apostolischen Kanzlei bestehende Regel, noch in Synodal-, Provinzial- oder allgemeinen Konzilien erlassene spezielle oder allgemeine apostolische Konstitutionen und Verordnungen der vorbesagten Kirche von Chur, st ützen sie sich auch auf apostolische Best ätigung oder irgendeine andere Bekr äftigung durch Statute und Gewohnheiten und andere gegenteilige Gr ünde, hierinfalls entgegenstehen sollen. Kein Mensch erkühne sich also, diesen Unsern Erlass der Abl ösung, Trennung, Vereinigung, Einverleibung, Unterwerfung, Dotation, Anweisung, Verordnung, Beauftragung, Bevollm ächtigung, des Beschlusses, Mandates, der Derogation und Willens äusserung zu übertreten oder ihm freventlich entgegen- zuhandeln. Wer sich aber dessen unterfinge, der soll wissen, dass er die Un- gnade des allm ächtigen Gottes und der heiligen Apostel Petrus und Paulus auf sich laden wird. Gegeben zu Rom bei St. Peter im Jahr der Menschwerdung des Herrn eintausendachthundertvierundzwanzig, am sechszehnten Christmonat, Unsers Papsttums im zweiten Jahr.
1 RGS I-88 mit lateinischem Text.
2 Seit der Gr ündung des Bistums St. Gallen dahingefallen.
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