BBl 2024 2685
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk»

Botschaft zur Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk»
vom 16. Oktober 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» ¹ Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten mit der Empfehlung, die Initiative abzulehnen.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
16. Oktober 2024 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Die eidgenössische Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» möchte Menschen und Tiere vor Knalllärm schützen, indem der Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern stark eingeschränkt werden. Der Bundesrat lehnt die Initiative ab, weil die Kantone und Gemeinden bereits die erforderlichen Rechtsgrundlagen haben, um Feuerwerke bei Bedarf einzuschränken. Feuerwerke gehören zudem traditionsgemäss zu den Feierlichkeiten am 1. August und vermehrt auch am Silvester, weshalb der Bundesrat die von der Initiative verlangten Einschränkungen nicht für angezeigt hält.
Inhalt der Initiative
Die eidgenössische Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» wurde am 3. November 2023 mit 137 193 gültigen Unterschriften eingereicht. Die Initiative möchte Menschen und Tiere vor Knalllärm schützen, indem sie den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, verbietet. Sie verlangt kein absolutes Verbot von Feuerwerk. Nicht lärmige Feuerwerkskörper wie zum Beispiel Bengalhölzer oder Vulkane könnten weiterhin verkauft und verwendet werden. Weiter könnten die Kantone für überregionale Veranstaltungen wie z.B. Seenachtsfeste oder überregionale Feiern zum 1. August Bewilligungen erteilen.
Vorzüge und Mängel der Initiative
Die Initiative würde den Schutz von Menschen und Tieren vor Knalllärm von Feuerwerkskörpern erhöhen. Die Luft- und Bodenverschmutzung, sowie die Zahl der Brände und Unfälle, die durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern verursacht werden, könnten verringert werden. Die geltenden Regelungen ermöglichen es jedoch bereits heute den Kantonen und Gemeinden den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern einzuschränken, wovon einige Kantone und Gemeinden bereits Gebrauch machen. Für viele Menschen in der Schweiz gehört ein Feuerwerk traditionsgemäss zu den Feierlichkeiten am 1. August, und immer mehr auch an Silvester. Das Bundesgericht hat ebenfalls festgehalten, dass es ein gewisses schützenswertes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Traditionen von Feuerwerken zum 1. August und zum Jahresende gibt, unabhängig davon, ob es sich um ein privates oder öffentlich organisiertes Feuerwerk handelt. Feuerwerke werden auch vielfach als Kunstform betrachtet, die zu verschiedenen künstlerischen Zwecken eingesetzt werden können. Schliesslich würde die Initiative in die Wirtschaftsfreiheit der Firmen eingreifen, die Feuerwerkskörper produzieren, importieren, handeln oder gewerbemässig verwenden.
Antrag des Bundesrates
Der Bundesrat beantragt den eidgenössischen Räten mit dieser Botschaft, die eidgenössische Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen.
Botschaft
¹ BBl 2024 2686

1 Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1 Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» hat den folgenden Wortlaut:
Die Bundesverfassung (BV) ² wird wie folgt geändert:
Art. 74a
Feuerwerk
¹ Der Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, sind verboten.
² Für Anlässe von überregionaler Bedeutung kann die zuständige kantonale Behörde auf Gesuch hin Ausnahmebewilligungen erteilen.
³ Für den Vollzug der Vorschriften sind die Kantone zuständig, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält.
Art. 197 Ziff. 15
³
15. Übergangsbestimmung zu Art. 74a (Feuerwerk)
Die Ausführungsbestimmungen zu Artikel 74 a treten spätestens zwei Jahre nach dessen Annahme durch Volk und Stände in Kraft.
² SR 101
³
Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

1.2 Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk» wurde am 19. April 2022 von der Bundeskanzlei vorgeprüft ⁴ und am 3. November 2023 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.
Mit Verfügung vom 1. Dezember 2023 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 137 193 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist. ⁵
Die Initiative hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag. Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 ⁶ (ParlG) hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 3. November 2024 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 3. Mai 2025 über die Abstimmungsempfehlung zu beschliessen.
⁴ BBl 2022 1027
⁵ BBl 2023 2747
⁶ SR 171.10

1.3 Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV:
a.
Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Form.
b.
Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.
c.
Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts. Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

2 Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1 Vorschriften zum Umgang mit Feuerwerkskörpern

Der Umgang mit Feuerwerkskörpern ist heute bereits weitgehend geregelt. Für die Einfuhr, den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerk bestehen Vorschriften auf allen drei föderalen Ebenen.

2.1.1 Nationale Vorschriften

Sprengstoffgesetzgebung
Das Bundesgesetz über Sprengstoffe vom 25. März 1977 ⁷ (Sprengstoffgesetz, SprstG) und die entsprechende Sprengstoffverordnung vom 27. November 2000 ⁸ (SprstV) regeln unter anderem den Umgang mit Feuerwerkskörpern. Gemäss dem SprstG zählen Feuerwerkskörper zu den pyrotechnischen Gegenständen, insofern sie bloss dem Vergnügen dienen (Art. 7 Bst. b SprstG).
Für Feuerwerkskörper ist das SprstG nur auf den Hersteller, den Importeur und den Verkäufer sowie auf deren Angestellte und Hilfspersonen anwendbar (Art. 1 Abs. 2). Die Regelung des Verkaufs von Feuerwerkskörpern im Detailhandel fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Kantone. Sie können den Detailhandel mit pyrotechnischen Gegenständen zu Vergnügungszwecken zeitlich auf bestimmte Anlässe beschränken, an weitere Bedingungen knüpfen und den Verkauf bestimmter Feuerwerkskörper verbieten (Art. 44 SprstG).
Die Herstellung und Einfuhr von Feuerwerkskörpern unterliegen nach Artikel 9 Absatz 2 des SprstG einer Bewilligungspflicht des Bundes. Die Vorschriften für das Inverkehrbringen von Feuerwerkskörpern wurden mit der Übernahme der Richtlinie 2013/29/EU ⁹ mit der EU harmonisiert. Feuerwerkskörper dürfen demnach in Verkehr gebracht werden, wenn sie den entsprechenden Sicherheitsanforderungen, hinsichtlich ihres Gefahrenpotenzials einer der Kategorien F1 bis F4 zugeordnet wurden (vgl. dazu Tabelle unten) und bestimmte Kennzeichnungsanforderungen erfüllen (Art. 24 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 26 und Anhang 2 SprstV). Die Angaben müssen, wenn möglich, auf dem Feuerwerkskörper selber und sonst auf der Verpackung in übersichtlicher Form in den drei Amtssprachen angebracht werden (Art. 26 SprstV). Der Nachweis der Übereinstimmung mit den Sicherheitsanforderungen gilt als erbracht, wenn ein Feuerwerkskörper von einer Konformitätsbewertungsstelle als konform bescheinigt worden ist (Art. 25 a SprstV). Die erfolgreiche Konformitätsprüfung entbindet einen Hersteller oder Importeur jedoch nicht von der Verpflichtung, die für Feuerwerkskörper notwendige Herstellungs- oder Einfuhrbewilligung bei der Zentralstelle Explosivstoffe (ZSE) des Fedpol zu beantragen (Art. 27 und Art. 31 SprstV). Im Reiseverkehr dürfen Feuerwerkskörper der Kategorien F1 bis F3 ohne Bewilligung eingeführt werden, sofern das Bruttogesamtgewicht von 2,5 Kilogramm nicht überschritten wird. Davon ausgenommen sind am Boden knallende Feuerwerkskörper (u. a. Böller) mit Ausnahme von sogenannten Lady Crackers (Art. 31 Abs. 2 SprstV).
Die Kategorisierung der Feuerwerkskörper durch die Hersteller muss gemäss Anhang 1 Ziffer 2 der SprstV erfolgen.
Tabelle 1
Kategorien von Feuerwerkskörpern nach der Sprengstoffverordnung
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Kat. Definition (Anhang 1 SprstV) Regelung (Art. 7 SprstV) Beispiele
F1 Stellen eine sehr geringe Gefahr dar Erzeugen einen vernachlässigbaren Lärmpegel Für die Verwendung in eingegrenzten Bereichen einschliesslich Wohngebäuden vorgesehen Keine Abgabe an Personen unter 12 Jahren Bewilligung nur für die Herstellung und Einfuhr erforderlich Übrige Vorschriften für pyrotechnische Gegenstände gelten nicht Lady Crackers Knallerbsen/ Knallbonbons Bengalhölzer Wunderkerzen Tischfeuerwerk
F2 Stellen eine geringe Gefahr dar Erzeugen einen geringen Lärmpegel Für die Verwendung in eingegrenzten Bereichen im Freien vorgesehen Keine Abgabe an Personen unter 16 Jahren Vulkane Raketen Römische Lichter
F3 Stellen eine mittlere Gefahr dar Für die Verwendung in weiten offenen Bereichen im Freien vorgesehen Lärmpegel gefährdet bei bestimmungsgemässer Verwendung die menschliche Gesundheit nicht Keine Abgabe an Personen unter 18 Jahren Steigende Kronen Batterien Kombinationen Fontänen (Vulkane) Römische Lichter Raketen Feuerwerksrohre Feuertöpfe Sonnen
F4 Stellen eine grosse Gefahr dar Nur für die Verwendung durch Personen mit Fachkenntnissen vorgesehen (sogenannte «Feuerwerkskörper im gewerblichen Gebrauch») Lärmpegel gefährdet bei bestimmungsgemässer Verwendung die menschliche Gesundheit nicht Dem gewerblichen Gebrauch vorbehalten Verwendung nur von Personen mit Fachkenntnissen Dürfen nicht in den Detailhandel gebracht werden Alle Feuerwerkstypen inkl. Feuerwerksbomben, Batterien, Kombinationen ab 1000 Gramm Nettoexplosivstoffmasse
Die Sicherheitsanforderungen werden in der Norm EN 15947-1 bis -5: 2022 bzw. SN-EN 15947-1 bis -5: 2022, Pyrotechnische Gegenstände - Feuerwerkskörper, Kategorien F1, F2 und F3 - Teil 1 bis 5 1⁰ konkretisiert. Diese Normen enthalten umfangreiche Anforderungen an die Konstruktion und Funktion, einschliesslich der stofflichen Zusammensetzung pyrotechnischer Sätze von Feuerwerkskörpern und den maximal erlaubten Lärmpegeln. Feuerwerkskörper dürfen demnach nicht in Verkehr gebracht werden, wenn sie folgende für die Gesundheit des Menschen und die Umwelt bedenkliche Stoffe enthalten: Arsen, Blei und Quecksilber, einschliesslich deren Verbindungen, sowie Hexachlorbenzol. Darüber hinaus sind Verbote der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung vom 18. Mai 2005 1¹ (ChemRRV) zu beachten. Wenn Feuerwerkskörper bei Messungen einen maximalen A-bewerteten Impuls-Schalldruckpegel von mehr als 120 dB in folgenden Entfernungen vom Prüfort erzeugen, genügen sie den Sicherheitsanforderungen nicht und dürfen nicht in Verkehr gebracht werden:
-
Feuerwerkskörper der Kategorie F1 in 1 m Abstand;
-
Feuerwerkskörper der Kategorie F2 in 8 m Abstand;
-
Feuerwerkskörper der Kategorie F3 in 25 m Abstand.
Aufgrund des Gefahrenpotenzials der Kategorie F4, ist seit 2014 der Erwerb und das Zünden dieser Feuerwerkskörper nur Personen mit Fachkenntnissen und entsprechendem Fachausweis erlaubt.
Handel und Verkauf von pyrotechnischen Gegenständen unterliegen einer kantonalen Bewilligungspflicht (Art. 10 SprstG Abs. 1 und 2; Art. 36 Abs. 1 SprstV). Der Verkauf von pyrotechnischen Gegenständen im Wanderhandel oder auf Märkten ist gesetzlich untersagt (Art. 15 Abs. 2 SprstG). Beim Kauf von Feuerwerkskörpern der Kategorie F4 ist ein Erwerbsschein notwendig, sofern keine vom Kanton oder von der Gemeinde ausgestellte Bewilligung vorliegt (Art. 47 Abs. 1 und 4 SprstV).
Neben pyrotechnischen Gegenständen zu Vergnügungszwecken, gibt es pyrotechnische Gegenstände für industrielle, technische oder landwirtschaftliche Zwecke (Kategorien T1, T2 und P1 bis P3), wie zum Beispiel für Konzerte oder als Vogelschreckanlagen. Die Verwendung solcher Gegenstände zu Vergnügungszwecken ist verboten (Art. 15 Abs. 5 SprstG).
Umweltschutzgesetzgebung
Die Verwendung von Feuerwerkskörpern kann auf den Menschen, Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften und Lebensräume in verschiedener Hinsicht schädliche oder lästige Einwirkungen haben. Einwirkungen, die durch das Abfeuern von Feuerwerkskörpern verursacht werden, fallen somit in den Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 ¹2 (USG) soweit sie beim Bau oder Betrieb von Anlagen erzeugt werden (Art. 7 Abs. 1 USG). Anlagen sind unter anderem Bauten und andere ortsfeste Einrichtungen. Geräte sind den Anlagen gleichgestellt (Art. 7 Abs. 7 USG). Das Bundesgericht hielt dazu fest, dass vorübergehende, in fester Beziehung zum Boden stehende Vorrichtungen zum Abfeuern von Feuerwerkskörpern Anlagen gemäss Artikel 7 Absatz 7 Satz 1 USG darstellen und Feuerwerkskörper und Knallkörper, die ohne solche Einrichtungen gezündet werden, als Geräte i.S.v. Artikel 7 Absatz 7 Satz 2 USG qualifiziert werden können ¹3 .
Luft- und Lärmemissionen von Feuerwerk sind somit durch Massnahmen bei der Quelle zu begrenzen (Art. 11 Abs. 1 USG). Unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung sind die Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Art. 11 Abs. 2 USG). Wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden, sind die Emissionsbegrenzungen zu verschärfen (Art. 11 Abs. 3 USG). Emissionsbegrenzungen umfassen unter anderem Emissionsgrenzwerte, Bau- und Ausrüstungsvorschriften sowie Verkehrs- und Betriebsvorschriften (Art. 12 Abs. 1 Bst. a-c USG). Während es Bestrebungen gibt, leisere Feuerwerkskörper zu konzipieren, bestehen emissionsmindernde Massnahmen in Bezug auf den Lärm von Feuerwerk zurzeit insbesondere in einer Begrenzung der Betriebszeit ¹4 .
Bei Feuerwerkskörpern und insbesondere bei Knallkörpern machen die Geräusche den eigentlichen Zweck der Aktivität aus. Die Lärmemissionen können nicht völlig vermieden und in der Regel auch nicht in der Lautstärke wesentlich reduziert werden, ohne dass dadurch die entsprechende Tätigkeit als solche in Frage gestellt wird. In solchen Fällen ist eine Lärmemission nicht per se unzulässig, nur weil sie rein technisch vermeidbar wäre. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Interessenabwägung zwischen den Schutzinteressen der Betroffenen und dem Interesse an der lärmverursachenden Tätigkeit nötig. Den örtlichen Behörden steht insbesondere dann ein Beurteilungsspielraum zu, wenn es um die Beurteilung der Ortsüblichkeit und dem öffentlichen Interesse an Anlässen mit lokaler Ausprägung oder Tradition geht ¹5 .
Abfälle aus der privaten Verwendung von Feuerwerkskörpern sind Abfälle aus Haushalten und demzufolge Siedlungsabfälle im Sinne von Artikel 31 b USG. Jede und jeder ist dafür verantwortlich, die verursachten Abfälle wieder einzusammeln und umweltgerecht zu entsorgen. Dies dürfte bei nachts gezündeten Feuerwerkskörpern, die erst einige 100 Meter vom Zündungsort entfernt zu Boden fallen, schwierig sein. Entsprechend bleiben ausgebrannte Feuerwerkskörper oft in der Umwelt liegen. Diese Abfälle werden daher wie gelitterte Abfälle behandelt. Die Reinigungskosten der Strassen und Grünanlagen müssen von der öffentlichen Hand (Kantone oder Gemeinden) getragen werden.
Tierschutzgesetzgebung
Die Verwendung von Feuerwerkskörpern hat Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Haus-, Nutz- und Wildtieren. Gemäss Artikel 4 des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 ¹6 (TSchG) darf niemand ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Artikel 12 Absatz 1 der Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 ¹7 (TSchV) konkretisiert diesen Grundsatz: Tiere dürfen nicht über längere Zeit übermässigem Lärm ausgesetzt sein. Lärm gilt in diesem Zusammenhang als übermässig, wenn er beim Tier Flucht-, Meide-, und Aggressionsverhalten oder Erstarren hervorruft und sich das Tier der Lärmquelle nicht entziehen kann (Art. 12 Abs. 2 TSchV). Feuerwerk kann bei Tieren solche Verhaltensweisen auslösen. Artikel 12 TSchV richtet sich in erster Linie an die Tierhalter, die verpflichtet sind, für das Wohlergehen von Tieren zu sorgen (Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 TSchG). Diese Bestimmung kann für die Beurteilung von schädlichem oder lästigem Lärm gemäss dem USG herangezogen werden. Auch der Tierschutz kann eine zeitliche Beschränkung für Feuerwerk rechtfertigen ¹8 .
Nach dem Jagdgesetz vom 20. Juni 1986 ¹9 sorgen die Kantone für den ausreichenden Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vor Störung (Art. 7 Abs. 4 JSG). Die entsprechende Verordnung konkretisiert, dass Wildruhezonen, in denen Einschränkungen für bestimmte Freizeitaktivitäten gelten, ein geeignetes Mittel darstellen, um Wildtiere vor übermässiger Störung zu schützen (Art. 4ter der Verordnung vom 29. Februar 1988 2⁰ ). Auch in den eidgenössischen Jagdbanngebieten sowie Wasser- und Zugvogelreservaten ist das Stören von Tieren verboten (Art. 5 Abs. 1 Bst. b Verordnung über die eidgenössischen Jagdbanngebiete vom 30. September 1991 2¹ [VEJ], Art. 5 Abs. 1 Bst. b Verordnung über die Wasser- und Zugvogelreservate von internationaler und nationaler Bedeutung vom 21. Januar 1991 2² ).
⁷ SR 941.41
⁸ SR 941.411
⁹ Richtlinie 2013/29/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt (Neufassung), Fassung gemäss ABl. L 178 vom 28.6.2013, S. 27-65.
1⁰ Die Normen können kostenlos eingesehen und gegen Bezahlung bezogen werden bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), Sulzerallee 70, 8404 Winterthur; www.snv.ch .
1¹ SR 814.81
¹2 SR 814.01
¹3 BGE 146 II 17 E.6.1 S. 20
¹4 BGE 146 II 17 E.6.4 S. 22
¹5 BGE 146 II 17 E.6.4 S. 22
¹6 SR 455
¹7 SR 455.1
¹8 BGE 146 II 17 E. 6.5 S. 24
¹9 SR 922.0
2⁰ SR 922.01
2¹ SR 922.31
2² SR 922.32

2.1.2 Kantonale Vorschriften

Die Kantone überwachen den Verkehr mit Feuerwerkskörpern, insbesondere deren Herstellung, Verkauf, Lagerung, Sicherung und Verwendung (Art. 111 SprstV). In ihren Sprengstoffgesetzgebungen regeln sie die Zuständigkeiten, Verfahren und die Gebühren für Erwerbsscheine, Verkaufsbewilligungen und Ausbildungen. In den meisten Kantonen ist die Kantonsregierung für die Oberaufsicht, die Kantonspolizei für den Vollzug respektive die Überwachung des Verkehrs mit pyrotechnischen Gegenständen und das Arbeits- und Wirtschaftsamt für die Arbeitssicherheit bei den Herstellungsbetrieben und Lagerungen im Verkauf zuständig. Der inhaltliche Fokus der kantonalen Sprengstoffregelungen betrifft den Handel und Verkauf von pyrotechnischen Gegenständen. In einigen Kantonen ist vorbehalten, dass eine zuständige Behörde den Einzelhandelsverkauf von Feuerwerkskörpern zeitlich auf gewisse Anlässe einschränken kann. ²3
Die kantonalen Feuerschutzgesetze regeln zum Teil weitere Einschränkungen. Dies betrifft vor allem die Möglichkeit, das Abbrennen von Feuerwerkskörpern temporär zu verbieten, z. B. aufgrund von Trockenheit. Bei einigen Kantonen sind Vorsichtsmassnahmen beim Abbrennen von Feuerwerk aufgeführt.
Einzelne Kantone haben weitere Erlasse, welche die Verwendung von Feuerwerkskörpern betreffen. Beispielsweise untersagt das Ruhetaggesetz von Basel-Landschaft vom 10. Juni 2010 ²4 (RTG) das Abbrennen von Feuerwerkskörpern an hohen Feiertagen (Art. 6 Abs. 1 Bst. g RTG) oder gemäss Artikel 7 Buchstabe e der Verordnung des Kantons St. Gallen über den Klosterplatz in St. Gallen vom 29. Mai 2012 ²5 ist das Abbrennen von Feuerwerk auf dem Klosterplatz untersagt.
²3 Minger Jürg / Chrétien Rémy / Probst Sabine / Schweighauser Anina / Moser Joëlle (2024): Rechtliche und wirtschaftliche Abklärungen im Zusammenhang mit der eidgenössischen Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk». Federas Beratung AG im Auftrag vom Bundesamt für Umwelt (BAFU), S. 80. Kostenlos abrufbar unter:
www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Lärm > Publikationen und Studien > Studien.
²4 SGS 547
²5 sGS 732.12

2.1.3 Kommunale Vorschriften

In neun der zehn grössten Städte der Schweiz (Zürich, Basel, Lausanne, Bern, Winterthur, Luzern, St. Gallen, Lugano und Biel) wird die Verwendung von Feuerwerkskörpern eingeschränkt. In den meisten von diesen Städten ist die Verwendung ohne Bewilligung nur am Nationalfeiertag, an Silvester und an sonstigen Bräuchen erlaubt. In der Stadt Zürich werden nur Feuerwerke als Teil von Grossveranstaltungen von öffentlichem Interesse bewilligt (Art. 22 Abs. 1 Allgemeine Polizeiverordnung vom 6. April 2011 ²6 ). In der Stadt Bern ist zum Schutz der denkmalgeschützten Altstadt das Abbrennen von Feuerwerkskörpern der Kategorie F2 bis F4 verboten (Art. 2 Feuerwerksreglement Stadt Bern vom 19. Juli 2021 ²7 ).
Auch kleinere Städte und Gemeinden schränken die Verwendung von Feuerwerken ein. In Davos wurde 2020 an der Gemeindeabstimmung ein Verbot von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern angenommen. Weitere Gemeinden sind Davos gefolgt. ²8
²6 AS 551.110
²7 SSSB 551.4
²8 Die Liste der Gemeinden kann im Internet bei Graubünden Ferien kostenlos abgerufen werden unter
www.graubuenden.ch > news > Für die Tiere und die Natur: Silvester ohne Feuerwerk (Stand: 09.02.2024).

2.2 Verbrauch von Feuerwerkskörpern

Der Verbrauch von Feuerwerkskörpern unterliegt jährlich grossen Schwankungen. Im Jahr 2022 betrug der mengenmässige Verbrauch 1876 Tonnen ²9 . In den letzten 10 Jahren bewegte sich der jährliche Verbrauch zwischen 1200 bis 2300 Tonnen. Ein Trend zum Kauf von mehr Feuerwerkskörpern war in den letzten 10 Jahren nicht ersichtlich.
Etwa drei Viertel der verwendeten Feuerwerkskörper werden importiert. Mit Abstand das wichtigste Herkunftsland ist China. Die Schweizer Produktion umfasste vor allem Vulkane, Bengalhölzer, Wunderkerzen, Tischbomben, Konfetti-Kanonen und anders Tischfeuerwerk. 3⁰
Das Sortiment für Privatpersonen hat sich über die letzten zehn bis zwanzig Jahre weg von Einzelraketen und hin zu Feuerwerksbatterien verschoben, nach Auskunft der Schweizerischen Koordinationsstelle Feuerwerk (SKF), dem Branchenverband der schweizerischen Hersteller, Importeure und Grossisten sowie der ausgebildeten Feuerwerker. Ausserdem ist die Vielfalt von Kleinfeuerwerkskörpern gestiegen. 3¹
Auf der Basis von Detaillistenrechnungen geht die SKF von einem Jahresumsatz der Branche von 50 bis 60 Millionen Franken aus. Die Verteilung des Umsatzes auf die verschiedenen Feuerwerkskategorien ist nicht bekannt. Die SKF schätzt, dass je ein Drittel auf Vulkane, auf Batterien und Raketen sowie auf Kleinfeuerwerk entfällt. 3²
²9 Die Statistik zum Pyrotechnikumsatz in der Schweiz kann beim Bundesamt für Polizei kostenlos abgerufen werden unter
www.fedpol.admin.ch > Sicherheit > Pyrotechnik > Statistik.
3⁰ Die Statistik zum Pyrotechnikumsatz in der Schweiz kann beim Bundesamt für Polizei kostenlos abgerufen werden unter
www.fedpol.admin.ch > Sicherheit > Pyrotechnik, Sprengstoffe und Vorläuferstoffe Pyrotechnik Statistik.
3¹ Minger Jürg / Chrétien Rémy / Probst Sabine / Schweighauser Anina / Moser Joëlle (2024): Rechtliche und wirtschaftliche Abklärungen im Zusammenhang mit der eidgenössischen Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk». Federas Beratung AG im Auftrag vom Bundesamt für Umwelt (BAFU), S. 80. Kostenlos abrufbar unter:
www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Lärm > Publikationen und Studien > Studien.
3² Minger Jürg / Chrétien Rémy / Probst Sabine / Schweighauser Anina / Moser Joëlle (2024): Rechtliche und wirtschaftliche Abklärungen im Zusammenhang mit der eidgenössischen Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk». Federas Beratung AG im Auftrag vom Bundesamt für Umwelt (BAFU), S. 80. Kostenlos abrufbar unter:
www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Lärm > Publikationen und Studien > Studien.

2.3 Zusammensetzung von Feuerwerkskörpern

Feuerwerkskörper sind komplex zusammengesetzte Produkte. Vereinfacht kann zwischen pyrotechnischen Sätzen und der Hülle, welche die Sätze umschliesst, unterschieden werden. Die Hülle gibt den Feuerwerkskörpern Stabilität und besteht meist aus Karton, Kunststoffen, Holz oder Tonerde. Sie macht im Schnitt ungefähr 75 Prozent des Gewichts aus. Bei den pyrotechnischen Sätzen handelt es sich um chemische Stoffe oder Stoffgemische, die dazu bestimmt sind, Licht, Wärme, Schall, Rauch, eine Bewegung oder ähnliche Wirkungen zu erzeugen. Die Sätze können in Treibladung, sowie in Zerleger- und Effektladung unterteilt werden. Lärmarme Feuerwerksraketen verzichten auf die Zerlegerladung und den Knall der Effektladung. Diese Feuerwerkskörper können kein Bukett am Himmel entfalten.

2.4 Auswirkungen von Feuerwerk auf Umwelt und Gesellschaft

Beim Abfeuern von Feuerwerkskörpern entstehen hohe Lärmpegel, die bei Menschen unter Umständen zu einer Hörschwellenverschiebung (sog. Vertäubung) und zu Ohrengeräuschen (sog. Tinnitus) führen können. Gemäss Auskunft der Sammelstelle für die Statistik der Unfallversicherung werden durchschnittlich 70 Unfälle am Hörorgan durch Feuerwerkskörper pro Jahr bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva gemeldet. Unfälle mit Feuerwerk, die zu Hörschäden oder anderen Verletzungen führen, können insbesondere dann auftreten, wenn ein Feuerwerkskörper nicht entsprechend der Gebrauchsanweisung verwendet wird oder nicht zertifizierte Feuerwerkskörper abgefeuert werden. Die Suva hat Grenzwerte definiert, ab wann ein Gehörschutz zu tragen ist um Hörschäden zu vermeiden 3³ . Ferner können die Knallgeräusche von Feuerwerk Menschen in ihrem Wohlbefinden stören oder bei besonders sensiblen Gruppen, wie Kindern oder Kriegstraumatisierten, zu Stressreaktionen führen.
Auch Tiere können durch Feuerwerk gefährdet oder gestört werden. Von hoher Tierschutzrelevanz sind knallende Lärm- und Lichtemissionen, die Tiere in Angst versetzen und damit zu hohen Stressbelastungen führen können. Landwirtschaftliche Nutztiere sind mehrheitlich Fluchttiere. In Angst versetzt, versuchen sie zu fliehen, was mit einem erheblichen Unfall- und Verletzungsrisiko einhergeht. Haustiere, wie Hunde oder Katzen, reagieren bei Angst unterschiedlich, beispielsweise auch mit Flucht. Bei Wildtieren können durch die Flucht wichtige Energiereserven verbraucht werden und als indirekte Folge können sich Aborte und Unfälle, teilweise mit Todesfolgen, ereignen. Bei Vögeln wurde die zeitweise Vertreibung der Tiere von ihren Ruhe- und Fressplätzen beobachtet ³4 .
Durch Feuerwerkskörper entstehen jährlich mehrere hundert Tonnen Feinstaub. Dies entspricht je nach Jahr 2 bis 3 Prozent der jährlichen Feinstaubemissionen der Schweiz. Bei windstillem Wetter und Inversionslagen können kurzzeitig hohe Feinstaubkonzentrationen entstehen und die Tagesgrenzwertes für Feinstaub (PM10) der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 ³5 überschritten werden. Das kann bei Personen mit Kreislauf- und Atembeschwerden zu Problemen führen. Daneben werden durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern Metalle wie Kalium oder Aluminium sowie geringe Mengen an kanzerogenen und persistenten organischen Schadstoffen freigesetzt. Jährlich setzen Feuerwerke etwa 100 Tonnen Metalle frei, die in Böden und Gewässern gelangen. Die feuerwerksbedingten Einträge in die Umwelt sind verglichen mit anderen Einträgen jedoch von untergeordneter Bedeutung ³6 . Ebenfalls von untergeordneter Bedeutung sind die CO
2
-Emissionen aus dem Abbrennen von Feuerwerk. ³7
Ein Grossteil der Feuerwerkshüllen übersteht das Abbrennen der Feuerwerkskörper. Die durchschnittliche verbrauchte Feuerwerksmenge der Jahre 2010 bis 2022 betrug 1700 Tonnen pro Jahr. Aufgrund des Anteils an Hüllenmaterialien (75 %) ergibt sich daraus eine jährliche Menge an Feuerwerksrückständen von ungefähr 1300 Tonnen. Ein grosser Teil der abgebrannten Feuerwerkskörper wird durch die öffentliche Hand aufgeräumt. Der Anteil, der durch die Strassenreinigung nicht erfasst wird, stellt einen verschwindend kleinen Teil der jährlichen Littering-Menge dar.
Insbesondere beim nicht sachgerechten Umgang mit Feuerwerk kann es zu Unfällen, oder Gebäude-, Wald- oder Flächenbränden kommen. Gemäss Auskunft der Sammelstelle für die Statistik der Unfallversicherung ereigneten sich von 2016 bis 2020 im Durchschnitt rund 200 Unfälle pro Jahr bei Erwerbstätigen. Bei den meisten Verletzungen handelt es sich um Verbrennungen (40 Prozent) und Gehörschäden (35 Prozent). Rund 80 Prozent dieser Unfälle ereignen sich in der Schweiz. In den Jahren 2018 bis 2022 gab es jährlich durchschnittlich 8500 Gebäudebrandfälle, wovon 93 Fälle (1,1 Prozent) auf Feuerwerke zurückzuführen waren. Die Schadensumme betrug in den letzten Jahren durchschnittlich 0,79 Millionen Franken oder 0,3 Prozent der durchschnittlichen jährlichen Gebäudeschadensumme. ³8 , ³9
3³ SUVA, Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz - Physik: Akustische Grenz- und Richtwerte, 86048.d-12.2022, kostenlos abrufbar unter
www.suva.ch > Downloads > Merkblatt Lärmschutz: Grenzwerte am Arbeitsplatz und Schutzmassnahmen.
³4 Von Arx Urs (2014): Feuerwerkskörper. Umweltauswirkungen und Sicherheitsaspekte. Bundesamt für Umwelt (Hrsg.), Bern. Umwelt Wissen Nr. 1423: 139. Kostenlos abrufbar unter
www.bafu.admin.ch > Publikation, Medien > Publikationen > Chemikalien.
³5 SR 814.318.142.1
³6 Von Arx Urs (2014): Feuerwerkskörper. Umweltauswirkungen und Sicherheitsaspekte. Bundesamt für Umwelt (Hrsg.), Bern. Umwelt Wissen Nr. 1423: 139. Kostenlos abrufbar unter
www.bafu.admin.ch > Publikation, Medien > Publikationen > Chemikalien.
³7 Dauert Ute / Straff Wolfgang / Gerwig Holger / Myck Thomas / Kuntze David / Kessinger Susan (2023): Hintergrund Dezember 2023 - Silvesterfeuerwerk: Einfluss auf Mensch und Umwelt; Umweltbundesamt (Hrsg.), 16. Kostenlos abrufbar unter
www.umweltbundesamt.de > Publikationen > Silvesterfeuerwerk: Einfluss auf Mensch und Umwelt.
³8 Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (2023): Feuer: Übersicht 2003-2022 Feuerschäden an Gebäuden (20-Jahresvergleich). Die Statistik umfasst ca. 80 Prozent des schweizerischen Gebäudebestands. Die Statistik ist kostenlos abrufbar unter
www.vkg.ch > Publikationen > Statistiken > Feuer.
³9 Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen (2023): Feuer: Ursachen - Durchschnittlicher Schaden (5-Jahresdurchschnitt: 2018-2022). Die Statistik umfasst ca. 80 Prozent des schweizerischen Gebäudebestands. Die Statistik ist kostenlos abrufbar unter
www.vkg.ch > Publikationen > Statistiken > Feuer.

3 Ziele und Inhalt der Initiative

3.1 Ziele der Initiative

Nach Auffassung der Initiantinnen und Initianten 4⁰ bedeuten Feuerwerkskörper, die Lärm erzeugen, Stress für Menschen, die auf Lärm sensibel sind oder ihre Ruhe haben wollen, sei es drinnen oder draussen. Feuerwerkskörper versetzten Kleinkinder, Haus-, Wild- und Nutztiere in Panik und störten den Schlaf von Mensch und Tier. Die Initiantinnen und Initianten möchten daher den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern stark einschränken. Die Initiative wird von vielen Tierschutzorganisationen unterstützt 4¹ .
Die Webseite des Initiativkomitees 4² gibt weitere Auskünfte über die Ziele der Initiative. Die Initiantinnen und Initianten möchten durch die weitgehende Einschränkung von Feuerwerken Unfälle und Brände vermeiden, Flora und Fauna vor unkontrollierbaren Feuerwerkskörpern und Bränden schützen und die Verschmutzung von Luft und Boden reduzieren. Tierhalterinnen und Tierhalter sollen davon bewahrt werden, um den 1. August mit ihren Haustieren verreisen zu müssen. Des Weiteren soll verhindert werden, dass Nutztiere durch den Verzehr von Restmaterial von Feuerwerksgeschossen auf Weiden zu Schaden kommen. Durch die Umsetzung der Initiative erhoffen sich die Initiantinnen und Initianten eine zeitliche Eindämmung des Abfeuerns von Feuerwerkskörpern. Sie stören sich daran, dass nicht nur an den eigentlichen Feiertagen Feuerwerkskörper gezündet werden, sondern auch Tage vor und nachher und an etlichen privaten Feierlichkeiten.
4⁰ Die Webseite kann kostenlos abgerufen werden unter
www.feuerwerksinitiative.ch (Stand 06.02.2024).
4¹ Die Liste der Organisationen, welche die Initiative unterstützten, können beim Verein Feuerwerksinitiative im Internet kostenlos abgerufen werden unter
www.feuerwerksinitiative.ch > Wer sagt Ja (Stand 06.02.2024).
4² Die Webseite kann kostenlos abgerufen werden unter
www.feuerwerksinitiative.ch > Argumente (Stand 06.02.2024).

3.2 Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Absatz 1 der Initiative verbietet den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen. Absatz 2 der Initiative erlaubt Ausnahmen für Feuerwerke, sofern sie im Rahmen einer Veranstaltung von überregionaler Bedeutung stattfinden, wie zum Beispiel Seenachtsfeste oder überregionale Feiern zum 1. August. Für den Vollzug der Vorschriften sind grundsätzlich die Kantone zuständig (Absatz 3).
Gemäss der Übergangsbestimmung (Art. 197 Ziff. 15 BV) tritt die Regelung zwei Jahre nach Annahme der Initiative in Kraft.

3.3 Erläuterung und Auslegung des Initiativtextes

Die Initiative verlangt kein absolutes Verbot von Feuerwerk. Feuerwerkskörper, die keinen Lärm erzeugen, könnten weiterhin verkauft und verwendet werden. Zurzeit gibt es keine anerkannte Definition, was lärmerzeugende Feuerwerkskörper sind. Gemäss der Webseite der Initiative 4³ sei es Sache des Bundesrats und des Parlaments und allenfalls des Stimmvolks lärmerzeugende Feuerwerkskörper zu definieren. Nach den Ausführungen der Initiantinnen und Initianten sind damit Feuerwerkskörper gemeint, die einen Knall erzeugen. Bengalhölzer oder herkömmliche Vulkane könnten beispielsweise weiterhin verwendet werden.
Grundsätzlich ist die Verwendung jedes Feuerwerkskörpers mit Geräuschen verbunden. Je abrupter und plötzlicher diese Geräusche auftreten, desto störender können sie sein. Die Bemessung der Lästigkeit oder Schädlichkeit hängt demnach nicht alleine vom maximalen Lärmpegel ab, sondern auch von weiteren Faktoren, wie dem Verlauf des Geräusches, der Schallfrequenz und der Dauer.
Falls für die Definition von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, ein Emissionsgrenzwert festgelegt werden würde, müsste die Kennzeichnung auf Feuerwerkskörpern in der Schweiz mit einem Lärmpegel ergänzt werden. Dazu müsste eine Messmethode festgelegt werden und für alle in der Schweiz in Verkehr gebrachten Feuerwerkskörper, müsste der Lärmpegel ermittelt werden. Dies hätte beträchtliche personelle und finanzielle Folgen. Weiter bestünde die Schwierigkeit, dass Feuerwerkskörper (F1 bis F3), die ohne Bewilligung im Reiseverkehr eingeführt werden dürfen, aufgrund der fehlenden Kennzeichnung nicht als lärmerzeugend erkannt werden könnten.
Bei der Kennzeichnung der Feuerwerkskörper ist zur Gefahrenabschätzung die Kategorie F1 bis F4 anzugeben. Die Einteilung beinhaltet als eines der Kriterien auch den maximal erlaubten Lärmpegel in einer gewissen Distanz. Die Einteilung erlaubt jedoch keinen Rückschluss auf den Lärmpegel eines spezifischen Feuerwerkskörpers innerhalb seiner Kategorie. So finden sich in sämtlichen Kategorien Feuerwerkskörper, die als lärmerzeugend betrachtet werden könnten, wie zum Beispiel Lady Cracker in der Kategorie F1. Die Einteilung müsste also angepasst oder ergänzt werden.
Alternativ könnten bestimmte Typen von Feuerwerkskörpern, die üblicherweise erheblichen Lärm verursachen, verboten werden.
Lärmerzeugende Feuerwerkskörper dürften nur noch im Rahmen von Anlässen von überregionaler Bedeutung abgebrannt werden. Der Begriff «von überregionaler Bedeutung» kann interpretiert werden, dass es Anlässe sein müssen, die nicht nur für die Region Bedeutung haben, sondern auch Gäste über die regionalen Grenzen hinaus ansprechen und anziehen. In den Ausführungsbestimmungen müsste der Begriff der «überregionalen Bedeutung» konkretisiert werden.
Für den Vollzug der Initiative wären grundsätzlich die Kantone zuständig. Somit würde sich bei Annahme der Initiative nichts an der Verteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Kantonen ändern.
4³ Die Webseite kann kostenlos abgerufen werden unter
www.feuerwerksinitiative.ch > Argumente > Häufige Fragen (Stand 06.02.2024).

4 Würdigung der Initiative

4.1 Würdigung der Anliegen der Initiative

Die Initiative verlangt, den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, zu verbieten. Für Anlässe von überregionaler Bedeutung können die Kantone Ausnahmen vorsehen.
Das Abbrennen von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern kann Menschen und Tiere erschrecken, kurzzeitig zu hohen Feinstaubkonzentrationen in der Luft führen und bei nicht bestimmungsgemässem Gebrauch Unfälle und Brände verursachen. Es sind somit verfassungsmässig geschützte Bereiche wie Umwelt-, Gesundheits- und Tierschutz betroffen. Der Bund setzt sich für einen rücksichtsvollen Einsatz von Feuerwerkskörpern ein, indem er vor dem Nationalfeiertag und vor Silvester die Bevölkerung entsprechend informiert. 4⁴ Die Beratungsstelle für Unfallverhütung ⁴5 gibt Tipps zum sachgerechten Umgang mit Feuerwerkskörpern.
Die Auswirkungen vom Abbrennen von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern auf die Umwelt sind jedoch zeitlich und örtlich begrenzt. Die Kantone und die Gemeinden haben bereits heute die Möglichkeit den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern einzuschränken. Viele Menschen verbinden mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern positive Emotionen. Für viele Menschen gehört ein Feuerwerk traditionsgemäss zu den Feierlichkeiten am 1. August und immer mehr auch zum Silvester. Das Bundesgericht hat ebenfalls festgehalten, dass es ein gewisses schützenswertes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Traditionen von Feuerwerken zum 1. August und zum Jahresende gibt, unabhängig davon, ob es sich um ein privates oder öffentlich organisiertes Feuerwerk handelt ⁴6 . Anders beurteilt das Bundesgericht indes Knallkörper, die nur Lärm verursachten und für Dritte kaum attraktiv seien. ⁴7
4⁴ Gratis einsehbar unter: www.bafu.admin.ch
> Themen > Thema Luft > Dossiers > Feuerwerk und Umweltbelastung (eingesehen am 30.04.2024).
⁴5 Gratis einsehbar unter: www.bfu.ch > Ratgeber > Feuerwerk (eingesehen am 30.04.2024).
⁴6 BGE 146 II 17 E. 9.3.1 S. 30
⁴7 BGE 146 II 17 E. 9.3.2 S. 31

4.2 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

4.2.1 Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Die Auswirkungen im Vollzug hängen davon ab, wie die Definition von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, aussehen wird. Je aufwendiger die Bestimmung und die Kontrolle des Lärmkriteriums sind, desto grösser sind die personellen und finanziellen Folgen im Vollzug.
An den Vollzugsaufgaben würde sich grundsätzlich nichts ändern. Feuerwerkskörper müssten weiterhin für die Zulassung und zur Identifikation vorgelegt werden. Neu müsste kontrolliert werden, dass keine Feuerwerkskörper, die Lärm erzeugen, im Detailhandel verkauft und von Personen gezündet werden. Es besteht die Möglichkeit, dass der unzulässige Import über den Onlinehandel zunimmt, da dieser nur schwer zu kontrollieren ist. Dies könnte zu einer Verringerung der Sicherheit führen, da die Kantone die Sicherheitsvorgaben in diesen Fällen nicht kontrollieren könnten.
Zudem könnten die Kantone für Anlässe von überregionaler Bedeutung Bewilligungen ausstellen. Der zusätzliche Vollzugsaufwand wäre davon abhängig, ob ein Kanton oder eine Gemeinde bereits heute entsprechende Regelungen erlassen hat.

4.2.2 Auswirkungen auf die Umwelt

Die Belästigung und Störung von Menschen und Tieren durch den Lärm von Feuerwerkskörpern, die Verschmutzung von Luft und Boden sowie das Risiko für Verletzungen oder Brände würde reduziert, da das Abfeuern von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern nur noch im Rahmen von Anlässen von überregionaler Bedeutung zugelassen wäre. Jedoch könnte es durch öffentliche Feuerwerke bei Anlässen von überregionaler Bedeutung weiterhin zu negativen Auswirkungen kommen, insbesondere zu einer kurzzeitigen Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaub kommen.

4.2.3 Auswirkungen auf die Gesellschaft

Konsumentinnen und Konsumenten könnten bei Annahme der Initiative nur noch «lärmarme» Feuerwerkskörper kaufen und verwenden. Feuerwerke am Himmel mit den grossen Buketts wären nur noch im Rahmen von Anlässen von überregionaler Bedeutung möglich.
Die Zahl der Brände und Unfälle in der Schweiz dürfte abnehmen, da weniger Feuerwerkskörper abgefeuert würden.
Personen, die sich am 1. August oder an Silvester vor dem Knalllärm zurückgezogen haben oder verreist sind, müssten dies voraussichtlich nicht mehr tun.

4.2.4 Auswirkungen auf die Wirtschaft

Das Verbot vom Verkauf von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern stellt eine Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit gemäss Artikel 27 und 94 BV dar, da Firmen, die Feuerwerkskörper in der Schweiz produzieren, importieren, handeln oder gewerbsmässig verwenden in ihrer privatwirtschaftlichen Betätigung eingeschränkt werden.
In der Schweiz gibt es derzeit vier Firmen, die Feuerwerkskörper herstellen. Sie produzieren ausschliesslich oder praktisch ausschliesslich lärmarme Feuerwerksartikel, vorwiegend Vulkane und Bengalhölzer sowie Tischfeuerwerk. Als Hersteller wären sie daher von einer Annahme der Initiative weniger stark betroffen. Zum Teil sind sie aber auch als Importeure tätig.
Der Import von Feuerwerkskörpern erfolgt grösstenteils über ein Dutzend Grossfirmen. Die Importeure wären stark von der Initiative betroffen. Ihr Absatz würde grundsätzlich auf nichtlärmerzeugende Feuerwerkskörper begrenzt, da lärmerzeugende Feuerwerkskörper dürften nur noch im Rahmen bewilligter Anlässe von überregionaler Bedeutung gezündet werden. Gemäss Schätzungen der Branche machen lärmerzeugende Feuerwerkskörper um die 70 Prozent des Umsatzes aus.
Bei den grossen Detailhändlerinnen (Coop, Migros, Aldi, Lidl) machen Feuerwerkskörper nur einen sehr kleinen Teil des Sortiments aus. Entsprechend wären für sie die Auswirkungen eines Verkaufsverbots von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern gering. Ein wesentlicher Teil des Verkaufs von Feuerwerkskörpern erfolgt durch lokale Verkaufsstellen wie Drogerien, Papeterien, Feuerwerksstände oder durch (Online-)Fachhändler. Bei vielen Fachhändlern stellen Feuerwerkskörper nur einen Teil des Sortiments dar. Es gibt aber einige wenige Fachhändler, welche ausschliesslich Feuerwerkskörper verkaufen. ⁴8
Andere Firmen bieten, neben dem Verkauf von Feuerwerkskörper, das Abbrennen von Feuerwerken an. Sie wären daher stark betroffen sowohl von einem Verkaufsverbot von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern, als auch von einem Rückgang der Veranstaltungen mit Feuerwerk.
Die Branche beschäftigt gegen 200 Mitarbeitende direkt in den Hersteller- und Importfirmen. Die Anzahl der Beschäftigten, die im Fachhandel im Verkauf von Feuerwerk oder als professionelle Feuerwerkerinnen oder Feuerwerker tätig sind, ist nicht bekannt. ⁴9
Bei einer Annahme der Initiative wären daher Unternehmen, die Feuerwerkskörper importieren, hauptsächlich handeln oder gewerbsmässig abbrennen stark betroffen. Die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft wären jedoch gering.
⁴8 Minger Jürg / Chrétien Rémy / Probst Sabine / Schweighauser Anina / Moser Joëlle (2024): Rechtliche und wirtschaftliche Abklärungen im Zusammenhang mit der eidgenössischen Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk». Federas Beratung AG im Auftrag vom Bundesamt für Umwelt (BAFU), S. 80. Kostenlos abrufbar unter:
www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Lärm > Publikationen und Studien > Studien.
⁴9 Minger Jürg / Chrétien Rémy / Probst Sabine / Schweighauser Anina / Moser Joëlle (2024): Rechtliche und wirtschaftliche Abklärungen im Zusammenhang mit der eidgenössischen Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk». Federas Beratung AG im Auftrag vom Bundesamt für Umwelt (BAFU), S. 80. Kostenlos abrufbar unter:
www.bafu.admin.ch > Themen > Thema Lärm > Publikationen und Studien > Studien.

4.3 Vorzüge und Mängel der Initiative

Bei Annahme der Initiative würde der Lärm durch Feuerwerkskörper reduziert. Die Belästigung und Störung von Menschen und Tieren durch den Lärm von Feuerwerkskörpern würde reduziert, da das Abfeuern von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern nur noch im Rahmen von Anlässen von überregionaler Bedeutung zugelassen wäre. Die Luft- und Bodenverschmutzung sowie die Anzahl der Brände und Unfälle, die durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern verursacht werden, könnten verringert werden. Die Initiative stellt kein absolutes Verbot dar. Nicht lärmerzeugende Feuerwerkskörper könnten weiterhin verwendet werden und Feuerwerke bei Anlässen von überregionaler Bedeutung wären weiterhin erlaubt.
Für den Bundesrat geht die Initiative jedoch zu weit. Die geltenden Regelungen erlauben es den Kantonen und Gemeinden bereits heute, den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern einzuschränken. Der zusätzliche Schutz durch die mit der Initiative geforderte Verfassungsänderung wäre beschränkt.
Zudem gehört ein Feuerwerk für viele Menschen in der Schweiz traditionsgemäss zu den Feierlichkeiten am 1. August, und immer mehr auch an Silvester. Das Bundesgericht hat ebenfalls festgehalten, dass es ein gewisses schützenswertes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Traditionen von Feuerwerken zum 1. August und zum Jahresende gibt, unabhängig davon, ob es sich um ein privates oder öffentlich organisiertes Feuerwerk handelt. Weiter betrachten manche Leute das Feuerwerk als eine Kunstform, die Faszination auslöst und zu vielen künstlerischen Zwecken (wie Konzerten oder Sportveranstaltungen) eingesetzt wird.
Die Initiative greift schliesslich in die Wirtschaftsfreiheit von Unternehmen ein, welche Feuerwerkskörper herstellen, importieren, handeln oder gewerbemässig verwenden. Eine solche Grundrechtseinschränkung erfordert gemäss Artikel 36 Absatz 1 BV eine Grundlage in einem formellen Gesetz, was durch den initiierten Verfassungsartikel 74 a gegeben wäre. Eine Rechtfertigung der Grundrechtseinschränkung wäre grundsätzlich durch das öffentliche Interesse am Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutz möglich (Art. 36 Abs. 2 BV). Was die Verhältnismässigkeit betrifft, ist anzumerken, dass die Beeinträchtigung von Gesundheit, Umwelt und Tierwohl durch das Abbrennen von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern zeitlich und häufig auch örtlich begrenzt ist, da Feuerwerkskörper in der Regel nur an einigen wenigen Tagen im Jahr zu Festlichkeiten abgefeuert werden.

4.4 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Internationale Verpflichtungen ergeben sich im Bereich der Initiative für die Schweiz in erster Linie aus dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 30. Oktober 1947 5⁰ (GATT), dem Übereinkommen vom 12. April 1979 5¹ über technische Handelshemmnisse (TBT-Übereinkommen) und dem Abkommen vom 22. Juli 1972 5² zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (FHA72). Artikel III:4 GATT verankert die Pflicht zur nichtdiskriminierenden Ausgestaltung und Anwendung von internen Regelungen und Artikel XI:1 GATT untersagt quantitative Handelsbeschränkungen. Das vorgeschlagene Verkaufs- und Verwendungsverbot diskriminiert die Importe nicht. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese Massnahme als Importbeschränkung i.S.v. Artikel XI:1 GATT zu betrachten ist. Artikel XX GATT nennt aber verschiedene Ausnahmen, welche die Nichteinhaltung der GATT-Vorgaben im Einzelfall zu rechtfertigen vermögen - wie der Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Personen und Tieren im Territorium des regulierenden Mitglieds in Artikel XX Buchstabe b. Die Anforderungen an die Rechtfertigung von Ausnahmemassnahmen sind jedoch hoch. Der Mitgliedstaat muss insbesondere nachweisen, dass die getroffene Massnahme zur Erreichung der geltend gemachten Schutzziele erforderlich ist. Angesichts alternativer, weniger handelseinschränkenden Massnahmen, wie die bereits praktizierten örtlichen und zeitlichen Einschränkungen, könnte die Erforderlichkeit der Massnahme jedoch nicht eindeutig bejaht werden.
Das grundsätzliche Verbot des Verkaufs und der Verwendung ist gemäss Initiativtext auf lärmerzeugende Feuerwerkskörper beschränkt. Dies kann als Regelung in Bezug auf eine Eigenschaft des Produkts Feuerwerk qualifiziert und damit als technische Vorschrift im Sinne des TBT-Übereinkommens qualifiziert werden. Das TBT-Übereinkommen folgt denselben Grundsätzen wie das GATT, ergänzt dieses aber. Es legt insbesondere fest, dass technische Vorschriften nicht handelsbeschränkender sein dürfen, als es zur Erfüllung legitimer Ziele - wie der Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren - erforderlich ist. Für diese Überprüfung gelten die gleichen Kriterien zur Anwendung, wie in Artikel XX Buchstabe b GATT.
Die vorliegende Handelsbeschränkung wäre auch unter den entsprechenden Bestimmungen des FHA72 sowie weiterer durch die Schweiz im Warenbereich abgeschlossene Freihandelsabkommen grundsätzlich unzulässig, könnte jedoch unter entsprechenden Ausnahmebestimmungen und unter der Voraussetzung, dass die Erforderlichkeit des Verbots bejaht wird, gerechtfertigt werden.
5⁰ SR 0.632.21
5¹ SR 0.632.231.41
5² SR 0.632.401

5 Schlussfolgerungen

Die Initiative möchte den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, verbieten. Für Anlässe von überregionaler Bedeutung könnten die Kantone Ausnahmen vorsehen. Das Abbrennen von lärmerzeugenden Feuerwerkskörpern kann Menschen und Tiere erschrecken, kurzzeitig zu hohen Feinstaubkonzentrationen in der Luft führen und bei nicht bestimmungsgemässem Gebrauch Unfälle und Brände verursachen. Die Kantone und Gemeinden verfügen jedoch bereits heute über Rechtsgrundlagen, um den Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern einzuschränken. Davon machen einige Kantone, Städte und Gemeinden Gebrauch.
Vielen bereitet das Abfeuern von Feuerwerkskörpern Freude und es gibt eine Tradition dafür am 1. August und zunehmend auch an Silvester. Feuerwerke werden auch von vielen Leuten als Kunstform betrachtet. Sie werden zu verschiedenen künstlerischen Zwecken eingesetzt.
Die Annahme der Initiative würde schliesslich einen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit von Firmen bedeuten, welche Feuerwerkskörper produzieren, importieren, handeln oder gewerbemässig verwenden. Der Vollzug könnte je nach Definition von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, sehr aufwändig sein. Dagegen sind die Auswirkungen auf den Menschen und die Tiere bei der heute üblichen Verwendung von Feuerwerkskörpern zeitlich und örtlich eng begrenzt.
Der Bundesrat erachtet aus den oben erwähnten Gründen bundesweite Einschränkungen der Abgabe und Verwendung von Feuerwerkskörper nicht als opportun. Er beantragt den eidgenössischen Räten daher, die Volksinitiative dem Volk und den Ständen zur Abstimmung vorzulegen und sie ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.
Bundesrecht
Botschaft zur Volksinitiative «Für eine Einschränkung von Feuerwerk»
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