Parlamentarische Initiative Vorstösse mit mehreren Ratsmitgliedern als Urhebende ermöglichen Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 27. Juni 2024 Stellungnahme des Bundesrates
Parlamentarische Initiative Vorstösse mit mehreren Ratsmitgliedern als Urhebende ermöglichen Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 27. Juni 2024 Stellungnahme des Bundesrates
vom 20. September 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Zum Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 27. Juni 2024 ¹ betreffend die parlamentarische Initiative 22.406 «Vorstösse mit mehreren Ratsmitgliedern als Urhebende ermöglichen» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
20. September 2024 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Stellungnahme
¹ BBl 2024 1799
1 Ausgangslage
Am 24. Februar 2022 beschloss die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) einstimmig die parlamentarische Initiative (pa. Iv.) 22.406 «Vorstösse mit mehreren Ratsmitgliedern als Urhebende ermöglichen». Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) stimmte am 7. April 2022 dem Beschluss der SPK-N mit 8 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu.
Die SPK-N arbeitete in der Folge einen Entwurf zur Änderung des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 ² (ParlG) und einen Entwurf zur Änderung des Geschäftsreglements des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 ³ (GRN) aus. Am 27. Juni 2024 verabschiedete die SPK-N die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 19 zu 4 Stimmen zuhanden des Nationalrates und lud den Bundesrat zur Stellungnahme bis zum 27. September 2024 ein. Eine Minderheit der SPK-N beantragte Nichteintreten.
Vorstösse können im National- und im Ständerat bis anhin nur von einzelnen Ratsmitgliedern, einer Fraktion oder einer Kommission eingereicht werden. Mit der vorliegenden Änderung des ParlG und des GRN soll die Miturheberschaft bei Motionen, Postulaten und parlamentarischen Initiativen ermöglicht werden. Da die SPK-S bei der Beratung über die Folgegebung zur pa. Iv. 22.406 signalisiert hat, dass sie im Ständerat keine Miturheberschaft wünscht, beschloss die SPK-N, die Miturheberschaft nur im Nationalrat einzuführen und in Artikel 6 Absatz 2bis des Entwurfs zur Änderung des ParlG lediglich eine Delegationsnorm vorzusehen. Gestützt auf diese Delegationsnorm soll die Miturheberschaft in den Artikeln 25 Absatz 2, 29 Absatz 1bis und 29 a GRN geregelt werden. Die Mehrheit der SPK-N hat eine Regelung beschlossen, bei der die Rechte, die sich aus der Einreichung eines Vorstosses ergeben, durch die erste Miturheberin ausgeübt werden. Eine Minderheit beantragt eine Lösung, bei der die Rechte von den Miturhebenden gemeinsam ausgeübt werden.
Ferner soll in Artikel 119 Absatz 2 ParlG die bisherige Praxis betreffend die Teilbarkeit von Vorstössen verankert werden. Ist ein Vorstoss inhaltlich und formell teilbar, soll demnach über die einzelnen Punkte getrennt beraten und abgestimmt werden können.
Weiter soll in Artikel 118 Absatz 4ter ParlG vorgesehen werden, dass sich Vorstösse an den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) richten, wenn sie sich auf dessen Geschäftsführung oder dessen Finanzhaushalt beziehen. Da der EDÖB über kein Initiativrecht verfügt, sollen Motionen an den EDÖB ausdrücklich ausgeschlossen werden. Mit dieser Regelung wird nachvollzogen, dass der EDÖB seit dem Inkrafttreten des totalrevidierten Datenschutzgesetzes vom 25. September 2020 ⁴ (DSG) seine Funktion unabhängig ausübt, ohne Weisungen einer Behörde oder eines Dritten einholen oder entgegennehmen zu müssen.
Schliesslich soll Artikel 25 Absatz 1 GRN dahingehend angepasst werden, dass die Mitglieder des Nationalrates parlamentarische Initiativen oder Vorstösse nur noch während einer ordentlichen oder ausserordentlichen Session einreichen können. Nicht mehr möglich sein soll die Einreichung während einer Sondersession.
² SR 171.10
³ SR 171.13
⁴ SR 235.1
2 Stellungnahme des Bundesrates
Aus Sicht des Bundesrates ist es in erster Linie Sache der Räte, wie sie die Einreichung und die Urheberschaft von Vorstössen regeln. Der Bundesrat auferlegt sich daher bei solchen Fragen in seiner Stellungnahme Zurückhaltung, wenn er nicht selber direkt davon betroffen ist.
Die Einführung der Miturheberschaft bei Vorstössen kann dazu führen, dass weniger gleichlautende oder fast gleichlautende Motionen und Postulate eingereicht werden, zu denen der Bundesrat Stellung zu nehmen hat. Dies kann im Ergebnis in der Bundesverwaltung eine Verminderung des Aufwands bei der Bearbeitung von Vorstössen zur Folge haben. Der Bundesrat begrüsst daher die vorgeschlagene Einführung einer Delegationsnorm, die es jedem Rat ermöglicht, die Miturheberschaft von Vorstössen in seinem Ratsreglement vorzusehen. Ebenso begrüsst er den entsprechenden Entwurf zur Änderung des GRN.
Weiter befürwortet der Bundesrat die Überführung der bisherigen Übergangslösung über die Zuteilung der Vorstösse betreffend den EDÖB in das ordentliche Recht (Art. 118 Abs. 4ter ParlG).
Schliesslich begrüsst der Bundesrat die vorgesehene Regelung in Artikel 25 Absatz 1 GRN, dass im Nationalrat während einer Sondersession keine Vorstösse mehr eingereicht werden dürfen. Die zahlreichen Vorstösse, die in den ordentlichen und ausserordentlichen Sessionen sowie in den Sondersessionen eingereicht werden, verursachen für die Bundesverwaltung einen grossen Aufwand mit entsprechenden Kostenfolgen. Auch wenn die Einreichung eines Teils der Vorstösse, die bis anhin in der - in der Regel jährlich stattfindenden - Sondersession des Nationalrates eingereicht wurden, künftig in einer späteren Session erfolgen dürfte, so ist es dennoch sehr gut möglich, dass mit der neuen Regelung die Zahl der im Nationalrat eingereichten Vorstösse insgesamt zurückgeht.
3 Anträge des Bundesrates
Der Bundesrat beantragt, auf den Entwurf zur Änderung des ParlG und den Entwurf zur Änderung des GRN der SPK-N einzutreten und ihnen zuzustimmen.
Bundesrecht
Parlamentarische Initiative. Vorstösse mit mehreren Ratsmitgliedern als Urhebende ermöglichen. Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 27. Juni 2024. Stellungnahme des Bundesrates
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