BBl 2024 2448
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause)

Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause)
vom 13. September 2024
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung.
Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben:
2017 P 17.3268 Einbezug der Krankenkassenprämie in die EL-Berechnung (S 31.5.17, SGK)
2019 M 18.3716 Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen (N 6.3.19, SGK; S 12.12.19)
Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
13. September 2024 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Viola Amherd Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Die vorliegende Revision soll die Berücksichtigung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause verbessern, um das selbstbestimmte Wohnen von Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen zur AHV/IV zu fördern und Heimeintritte zu verzögern. Die neu anerkannten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollen im eigenen Zuhause oder in einer betreuten Wohnform vergütet werden.
Ausgangslage
Die Vorlage geht zurück auf die Motion 18.3716 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen», die am 6. März 2019 vom Nationalrat und am 13. Dezember 2019 vom Ständerat angenommen wurde. Die Motion stützt sich auf wichtige Feststellungen dazu, wie ältere Menschen heutzutage betreut werden. Demnach benötigt derzeit ein Drittel der in einem Alters- oder Pflegeheim lebenden Personen weniger als eine Stunde Pflege pro Tag. Das betreute Wohnen und die Möglichkeit, im eigenen Zuhause Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in Anspruch nehmen zu können, entsprechen gemäss der Motionärin den Bedürfnissen und dem Wunsch dieser Personen besser, möglichst lange im eigenen Zuhause wohnen zu können und einen vorzeitigen Eintritt in ein Alters- oder Pflegeheim zu verhindern. Deshalb wird der Bundesrat beauftragt, eine Lösung zur Finanzierung von betreutem Wohnen über die Ergänzungsleistungen zur Altersrente vorzuschlagen, sodass Heimeintritte für betagte Menschen verzögert oder vermieden werden können.
Inhalt der Vorlage
Die Autonomie von unterstützungsbedürftigen Menschen soll gefördert werden, und die Berücksichtigung von betreutem Wohnen im Rahmen der Ergänzungsleistungen ist ein Schritt in diese Richtung. Nach einer vertieften Prüfung verschiedener Varianten hat der Bundesrat beschlossen, dass die Massnahmen zur Ermöglichung des betreuten Wohnens ausschliesslich in der Kompetenz der Kantone stehen soll. Die neu zu vergütenden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollen das Leben zu Hause fördern und damit Heimeintritte verzögern. Aufgrund der späteren Heimeintritte sind Einsparungen bei den Heimkosten zu erwarten, die den Kantonen zugutekommen. Daher ist es folgerichtig, dass sich der Bund nicht an der Finanzierung der neu anerkannten Leistungen beteiligt. Dies umso mehr, als sich die finanzielle Situation des Bundes in der nahen Vergangenheit stark verschlechtert hat.
Die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause orientieren sich an den Bedürfnissen älterer Menschen, sollen aber auch Personen mit Ergänzungsleistungen zur IV vergütet werden. Die Auszahlung dieser Leistungen soll in Form einer Pauschale erfolgen, damit die betroffenen Personen die Leistungen nicht vorfinanzieren müssen.
Bei den Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause wird bei den Personen mit einer Ergänzungsleistung zur AHV mit Kosten für die Kantone in der AHV zwischen 227 und 476 Millionen Franken bei Einsparungen von 280 Millionen Franken im Jahr 2030 gerechnet. Bei den Personen mit einer Ergänzungsleistung zur Invalidenversicherung werden Kosten von 110 Millionen Franken bis 220 Millionen Franken erwartet.
Mit dieser Revision soll zudem eine Bestimmung eingeführt werden, die die Berücksichtigung eines Zuschlags für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für die Nachtassistenz für Personen mit einem Assistenzbeitrag regelt und eine Änderung betreffend die Aufteilung des Zuschlags für eine rollstuhlgängige Wohnung.
Darüber hinaus wird eine Bestimmung, die die Rückforderung des Betrags der Ergänzungsleistungen für die Krankenversicherungsprämie betrifft, in die Vorlage aufgenommen.
Botschaft

1 Ausgangslage

1.1 Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1 Motion 18.3716 SGK-N «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen»

Beratungen zur EL-Reform
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur Änderung vom 22. März 2019
¹
des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006
²
über der Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) zur AHV und IV (EL-Reform) fand eine Diskussion zum betreuten Wohnen statt. Auf der Grundlage eines unveröffentlichten Berichts des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) vom 19. Oktober 2017 und einer Studie des Büro BASS vom März 2018
³
hat der Nationalrat in der Frühjahrssession 2018 verschiedene Modelle für Ergänzungsleistungen (EL) für betreutes Wohnen beraten.
Gemäss dem Antrag der Mehrheit der vorberatenden Kommission für Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) zu einer Änderung von Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b ELG sollten
Bezügerinnen und Bezüger von EL zur Altersren
te mit Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung leichten Grades, die in einer betreuten Wohnform leben,
einen jährlichen Mietzuschlag von 15 000 Franken für Alleinstehende und 22 500 Franken für Paare erhalten (Modell 1). Die Minderheit I
beantragte, den Anspruch auf den
jährlichen Mietzuschlag für
das betreute Wohnen nicht an die Hilflosenentschädigung leichten Grades zu knüpfen, sondern an einen ärztlich bescheinigten Assistenzbedarf. Zudem sollte den Kantonen die Möglichkeit eingeräumt werden, das Vermögen, wie bei Personen im Heim (Art. 11 Abs. 2 ELG), stärker anzurechnen (Modell 2). Die Minderheit II wollte das Modell 2 auf Rentnerinnen und Rentner der Invalidenversicherung (IV) ausdehnen (Modell 3). Die Minderheit III beantragte, das betreute Wohnen ganz in die Kompetenz der Kantone zu geben (Modell 4).
Der Nationalrat entschied sich für den Antrag der Minderheit III, also für das Modell 4.
Der Ständerat folgte dem Beschluss des Nationalrates nicht. Er vertrat die Ansicht, ohne Vernehmlassung bei den Kantonen dürfe eine Regelung, die so stark in die Kompetenz der Kantone eingreife, nicht beschlossen werden. ⁶ Nach diesem Entscheid wurde die Thematik im Rahmen der EL-Reform nicht mehr weiterverfolgt.
Motion 18.3716
Die SGK-N griff die Thematik des betreuten Wohnens mit der Motion 18.3716 «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» wieder auf. Die Motion wurde von beiden Kammern angenommen, vom Nationalrat am 6. März 2019, vom Ständerat am 12. Dezember 2019. Sie beauftragt den Bundesrat, dem Parlament eine Gesetzesänderung vorzulegen, welche die Finanzierung von betreutem Wohnen über EL zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) sicherstellt, sodass Heimeintritte für betagte Menschen verzögert oder vermieden werden können. Um dieses Ziel zu erreichen und Anreize für vorzeitiges betreutes Wohnen zu vermeiden, soll die Gesetzesanpassung ein auf die Bedürfnisse ausgerichtetes Angebot festlegen. Der Motion zufolge müssen dazu die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Anforderungen an die Anbieter von betreutem Wohnen definiert werden.
Die Motion stützt sich auf wichtige Feststellungen, wie ältere Menschen gegenwärtig betreut werden, und insbesondere darauf, dass ein Drittel der in einem Alters- oder Pflegeheim lebenden Personen weniger als eine Stunde Pflege pro Tag benötigt. ⁷ Das betreute Wohnen, also die Möglichkeit, im eigenen Zuhause gewisse Leistungen für Hilfe und Betreuung in Anspruch nehmen zu können, würde den Bedürfnissen und dem Wunsch dieser Personen, möglichst lange im eigenen Zuhause wohnen zu können und einen vorzeitigen Eintritt in ein Alters- oder Pflegeheim zu verhindern, besser entsprechen. Denn die grosse Mehrheit der älteren Menschen wünscht sich, im eigenen Zuhause leben zu können. Das geht klar aus Umfragen hervor und zeigt sich implizit darin, dass ältere Menschen meist erst dann in eine betreute Wohnform umziehen, wenn die Situation sie dazu zwingt. ⁸ Die Verzögerung oder die Vermeidung von Heimeintritten ermöglicht zudem Einsparungen, sowohl für die Betroffenen als auch für die öffentliche Hand. ⁹
Aus Sicht des Bundesrates ist es hauptsächlich Aufgabe der Kantone, die Inanspruchnahme des betreuten Wohnens zu fördern, da auch die Finanzierung der Heimkosten vorwiegend in kantonaler Zuständigkeit liegt und eine Lösung mit verzögerten oder verhinderten Heimeintritten insbesondere die Kantone finanziell entlasten würde. Zudem muss ein kostspieliger Ausbau des Pflegeangebots vermieden und der voraussichtlich starke Anstieg der Pflegekosten abgedämpft werden.
An ihrer Sitzung vom 29. Oktober 2021 sowie in ihrem an den Bundesrat gerichteten Schreiben vom 2. November 2021 hat die SGK-N darauf hingewiesen, dass der Begriff «betreutes Wohnen» im Zuge der Umsetzung der Motion breit auszulegen sei. Ihrer Ansicht nach sollen auch nicht institutionalisierte Formen des betreuten Wohnens wie die Betreuung zu Hause berücksichtigt und der Begriff unabhängig von der Wohnform verstanden werden.
¹ AS 2020 585
² SR 831.30
³ Bannwart, L., Künzi, K., Untersuchung zum betreuten Wohnen - Einsparpotential, Ausmass der Hilfsbedürftigkeit, Höhe des EL-Pauschalbetrages , März 2018, abrufbar unter:
www.buerobass.ch > kernbereiche > projekte > untersuchung-zum-betreuten-wohnen-im-alter > project-view.
⁴ AB 2018 N 438-451
⁵ AB N 2018 451
⁶ AB 2018 S 317
⁷ Bundesamt für Statistik (BFS), Statistik der sozialmedizinischen Institutionen 2020.
⁸ Höpflinger F., Einblicke und Ausblicke zum Wohnen im Alter , Age Report 2009, Zürich, Seismo, 2009.
⁹ Balthasar A., Bieri O., Gebhardt M., Ramsden A., Machbarkeitsstudie Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen, Grundlagen und konzeptionelle Überlegungen zuhanden der Sozialdirektion der Stadt Luzern , Politikstudien Forschung Beratung, Luzern, Februar 2017.

1.1.2 Weiterer Handlungsbedarf

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) hat den Bundesrat mit Brief vom 12. September 2022 ersucht, in den Ergänzungsleistungen einen Zuschlag für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für eine Nachtassistenz bei Personen mit einem Assistenzbeitrag und eine Änderung der Aufteilung des Rollstuhlzuschlags in Wohngemeinschaften in die vorliegende Gesetzesrevision aufzunehmen.
Im Rahmen der EL-Reform wurden die bei den Ergänzungsleistungen anrechenbaren Mietzinsmaxima für Wohngemeinschaften gesenkt und die Berücksichtigung des Zuschlags für den Rollstuhl geändert. Dies kann Personen, die in einer Wohngemeinschaft leben und auf einen Rollstuhl angewiesen sind, nach Ablauf der dreijährigen Übergangsfrist in Schwierigkeiten bringen. Um die damit verbundenen Anpassungen möglichst rasch umsetzen zu können, bietet sich die Aufnahme in diese Revision an.
Die Umsetzung eines Bundesgerichtsurteils, wonach der Krankenversicherer gegenüber den EL-Durchführungsstellen in Bezug auf unrechtmässig gewährte Beträge für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) nicht rückerstattungspflichtig ist, führt insbesondere für die Durchführungsstellen und Krankenversicherer zu einem grossen Aufwand, weil der Datenaustausch zwischen ihnen geändert werden müsste. Um die ursprüngliche Praxis fortführen zu können, bietet sich eine entsprechende Änderung des ELG in dieser Revision an.

1.1.3 Aktuelle Situation

Die Schweizer Bevölkerung wird älter und diese demografische Entwicklung wird sich in den nächsten zwei Jahrzehnten noch weiter beschleunigen. Der Anstieg des Altersquotienten, das heisst des Verhältnisses zwischen den 65-Jährigen und Älteren und den 20-64-Jährigen, veranschaulicht den demografischen Wandel und schlägt sich in höheren altersbedingten öffentlichen Ausgaben nieder, insbesondere in den Bereichen Rente, Gesundheit und Langzeitpflege. Je höher der Altersquotient, desto mehr Aufwand muss die Gesellschaft zur Sicherung des Wohlstands betreiben, da es mehr Ressourcen braucht, um die Bedürfnisse der älteren Menschen zu decken. Der Altersquotient ist von 20 Prozent im Jahr 1970 auf 30,7 Prozent im Jahr 2020 gestiegen. Gemäss Referenzszenario zur Bevölkerungsentwicklung wird er bis 2050 weiter stark ansteigen und einen Wert von 46,5 Prozent erreichen. 1⁰
Bis 2040 wird die Zahl der Personen, die 65 Jahre oder älter sind, voraussichtlich um die Hälfte zunehmen (+ 52 %), die Zunahme von Personen ab 80 Jahren dürfte sich fast verdoppeln (+ 88 %). 1¹ Diese rasche Zunahme stellt die Langzeitpflegeeinrichtungen vor grosse Herausforderungen. Neben institutionalisierten Lösungen muss aber auch die Betreuungspolitik angepasst werden, wobei der Bedarf an Begleitung und das Bedürfnis nach Autonomie zu berücksichtigen sind. Hier ist ein Wandel weg vom Altwerden in Heimen hin zum selbstständigen Altern zu Hause festzustellen. ¹2
In der Debatte rund um die Begleitung und Betreuung älterer Menschen umfasst der Begriff «betreutes Wohnen» mehr als die Betreuung im Heim. Das betreute Wohnen beginnt im eigenen Zuhause, sodass Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause nicht an eine bestimmte Wohnform geknüpft sein sollen. Es gibt verschiedene Projekte zur Lebensqualität im eigenen Zuhause, zur Unterstützung pflegender Angehöriger, zum Erhalt der Autonomie sowie zur Gestaltung des urbanen Raums, um das Zusammentreffen verschiedener Generationen zu fördern. Es entstehen innovative Dienstleistungen, beispielsweise der «Dienst für isolierte ältere Menschen» der Gemeinde Mendrisio. Zudem werden vermehrt Assistenzleistungen im eigenen Zuhause angeboten, oder es entstehen Generationenquartiere, wie etwa «Altersfreundliche Quartiere durch Quartierbegehungen» in Schaffhausen oder den solidarischen Quartieren im Kanton Waadt.
1⁰ BFS, Bevölkerungsszenarien. Ergebnisse des Referenzszenarios , Neuenburg, Mai 2020, abrufbar unter
www.bfs.admin.ch > Statistiken > Bevölkerung > zukünftige Entwicklung > Schweiz-Szenarien.
1¹ Pellegrini, S., Dutoit, L., Pahud, O., Dorn, M, Bedarf an Alters- und Langzeitpflege in der Schweiz. Prognosen bis 2040 , Obsan-Bericht 03/2022, Neuenburg: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium, 2022, abrufbar unter
www.obsan.admin.ch > Gesundheitsthemen > Alter und Langzeitpflege.
¹2 Vgl. insbesondere die untenstehenden Studien sowie die Referenzstudien im Bericht des Büro BASS: Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J., Gajta, P., Betreutes Wohnen - Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022.
www.bsv.admin.ch > Publikationen & Services > Forschung und Evalutation > Forschungspublikationen. Imhof, L., Mahrer-Imhof, R., Betreutes Wohnen in der Schweiz. Grundlagen eines Modells , im Auftrag von Curaviva Schweiz, Senesuisse, Pro Senectute Schweiz, Spitex Schweiz, Winterthur: Nursing Science & Care GmbH, 2018. Curaviva Schweiz, Das Wohn- und Pflegemodell 2030 von Curaviva Schweiz. Die Zukunft der Alterspflege, Mai 2016.

1.1.4 Geltendes Recht

Bereits heute werden Leistungen, die das betreute Wohnen unterstützen, auf der Grundlage verschiedener Gesetze finanziert. Bevor allfällige Lücken identifiziert und Lösungen zur Entwicklung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause gesucht werden, wird im Folgenden eine Übersicht über die bestehenden Leistungen erstellt.
Leistungen für Betreuung in den Sozialversicherungen
Finanzielle Leistungen, die die Betreuung unterstützen oder mitfinanzieren, finden sich in verschiedenen Bundesgesetzen, namentlich im Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 ¹3 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) oder im Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 ¹4 über die Invalidenversicherung (IVG). Das Bundesgesetz vom 18. März 1994 ¹5 über die Krankenversicherung (KVG) sieht einen Beitrag für Pflegeleistungen vor. Auch das hier im Fokus stehende ELG enthält entsprechende Bestimmungen. Diese sind überwiegend im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten geregelt, die in der Kompetenz der Kantone liegen und daher im nachfolgenden Abschnitt «Betreutes Wohnen in den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV» besprochen werden. Im Folgenden werden diejenigen Leistungen dargestellt, die mit den hier zu erschaffenden Leistungen eine Ähnlichkeit aufweisen:
Betreuungsgutschriften der AHV: Dabei handelt es sich um fiktive Guthaben, die die AHV-Renten von Personen erhöhen, die ihre Angehörigen
betreuen
. Die zu betreuenden Angehörigen müssen zumindest einen anerkannten Anspruch auf eine leichte Hilflosenentschädigung haben, damit ein Anspruch auf die Betreuungsgutschriften geltend gemacht werden kann (vgl. Art. 29septies AHVG).
Hilflosenentschädigung der AHV und IV: Diese Leistung wird an Personen mit Beeinträchtigungen bei den alltäglichen Lebensverrichtungen ausgerichtet (vgl. Art. 43bis AHVG und Art. 42 ff. IVG). Die alltäglichen Lebensverrichtungen sind in Randziffer 2020 des Kreisschreibens über Hilflosigkeit vom 1. Januar 2022
¹6
, Stand vom 1. Januar 2024, aufgeführt. Die Höhe der Entschädigung für Personen zu Hause beträgt in der IV doppelt so viel wie in der AHV. Die IV richtet zudem auch eine Hilflosenentschädigung, einen Intensivpflegezuschlag und einen Assistenzbeitrag für Minderjährige aus, was allerdings im Rahmen der Ergänzungsleistung nicht von Bedeutung ist. Die Hilflosenentschädigung erhalten Personen die in folgenden alltäglichen Verrichtungen Hilfe benötigen:
-
Ankleiden, Auskleiden;
-
Aufstehen, Absitzen, Abliegen, Position verändern;
-
Essen;
-
Körperpflege;
-
Verrichten der Notdurft;
-
Fortbewegung (drinnen und draussen, Pflege von Kontakten).
Es werden drei Grade der Hilflosigkeit unterschieden: leicht, mittel und schwer. Die IV richtet zudem auch eine Hilflosenentschädigung an Personen aus, die wegen der Beeinträchtigung der Gesundheit dauernd auf lebenspraktische Begleitung angewiesen sind (vgl. Art. 38 der Verordnung vom 17. Januar 1961 ¹7 über die Invalidenversicherung [IVV]). Ein Bedarf an lebenspraktischer Begleitung liegt vor, wenn eine Person ohne Begleitung einer Drittperson nicht selbstständig wohnen kann, für Verrichtungen und Kontakte ausserhalb der Wohnung auf Begleitung angewiesen ist oder ernsthaft gefährdet ist, sich dauernd von der Aussenwelt zu isolieren (vgl. Art. 42 Abs. 3 IVG und Art. 38 Abs. 1 IVV). Für die Gewährung der Hilflosenentschädigung besteht indes eine Karenzfrist. Im Rahmen der Änderung des AHVG vom 17. Dezember 2021 ¹8 (AHV 21), die in der Volksabstimmung vom 25. September 2022 angenommen wurde, wurde die
Karenzfrist
für die Hilflosenentschädigung der AHV von 12 auf 6 Monate verkürzt. Angeführt wurde insbesondere das Argument, die frühere Gewährung der Hilflosenentschädigung könne Heimeintritte hinauszögern.
Assistenzbeitrag der Invalidenversicherung (Art. 42quater-42octies IVG): Bezügerinnen und Bezüger einer Hilflosenentschädigung, die auf regelmässige Hilfe angewiesen sind, aber dennoch zu Hause leben möchten, können Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben. Damit können sie Assistenzleistungen finanzieren und so ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen. Personen mit einer AHV-Rente können keinen Anspruch auf einen Assistenzbeitrag erwerben. Ein Besitzstand gilt für Personen, die bereits vor dem Rentenalter einen Assistenzbeitrag der IV bezogen haben (vgl. Art. 43ter AHVG). Die Versicherung klärt den individuellen Bedarf ab und legt fest, wie viele Stunden Assistenz eine Person benötigt. Pro Stunde bezahlt die IV einen fixen Betrag. Eine notwendige Überwachung während der Nacht wird pauschal entschädigt. Im Assistenzbeitrag nicht berücksichtigt sind die Kosten für die Miete eines Zimmers für die Nachtassistenz . Die Betreuung, die über den Assistenzbeitrag entschädigt wird, darf nicht von nahen Verwandten übernommen werden und muss über die Anstellung von Betreuungspersonen geschehen.
Beitrag der Krankenversicherung an Pflegeleistungen : Die OKP leistet nach Artikel 25 a KVG einen Beitrag an die Pflegeleistungen, die aufgrund eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tages- oder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim erbracht werden. Die Pflegeleistungen nach dem KVG sind in der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 ¹9 (KLV) präzisiert. Dabei wird zwischen Leistungen der Abklärung, Beratung und Koordination, der Untersuchung und Behandlung sowie der Grundpflege unterschieden (Art. 7 Abs. 2 KLV). Leistungsdefinition und -umfang sind schweizweit einheitlich, unabhängig davon, in welchem Bereich (ambulant, stationär, Tages- und Nachtstrukturen) und von wem (Pflegefachpersonen, Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause [Spitex-Organisationen] oder Pflegeheime) die Leistung erbracht wird. Von den Pflegeleistungen nach dem KVG abzugrenzen sind weitere Leistungen wie die Betreuung, die nicht von der OKP übernommen werden.
Im ambulanten Bereich werden Pflegeleistungen nach einem Zeittarif abgegolten, dessen Ansatz von der Leistungsart (Abklärung, Beratung und Koordination; Untersuchung und Behandlung; Grundpflege) abhängt. An Pflegeleistungen im Pflegeheim leistet die OKP einen pauschalierten Beitrag, der vom Pflegebedarf der Pflegeheimbewohnerin oder des Pflegeheimbewohners abhängt. Die Regelung der Restfinanzierung sieht eine Begrenzung der von den Sozialversicherungen nicht gedeckten Pflegekosten zulasten der Versicherten auf höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festzulegenden Pflegebeitrags der OKP vor. Die Finanzierung der darüber hinaus gehenden Leistungen, insbesondere solche mit gemeinwirtschaftlichem Charakter wie Aufnahme- und Versorgungspflicht, wird von den Kantonen geregelt und ist durch diese selber oder allenfalls die Gemeinden zu übernehmen (vgl. dazu aber die Änderung des KVG vom 22. Dezember 2023 2⁰ [Einheitliche Finanzierung der Leistungen], mit der auch die Finanzierung der Pflege neu geregelt wird und über die nach dem Zustandekommen des Referendums die Stimmbevölkerung entscheiden wird).
Betreutes Wohnen in den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV
Im ELG besteht auf Bundesebene, also in den jährlichen Ergänzungsleistungen, keine explizite rechtliche Grundlage zur Finanzierung des betreuten Wohnens. Das geltende Recht sieht heute einen Zuschlag für eine rollstuhlgängige Wohnung vor, womit auch diese Wohnform unterstützt werden kann. Der Rollstuhlzuschlag erhöht den maximal anrechenbaren Mietzins für Personen, die eine rollstuhlgängige Wohnung benötigen um 6420 Franken pro Jahr (Art. 10 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 ELG). Er wird gewährt, wenn die EL-berechtigte Personen oder eine in die EL-Berechnung eingeschlossene Person die Voraussetzungen für einen Rollstuhl der AHV oder IV erfüllt. 2¹ Im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten werden die Kantone verpflichtet, Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause zu vergüten (Art. 14 Abs. 1 Bst. b ELG). Dies wird im Folgenden dargestellt.
Betreutes Wohnen in den Kantonen nach geltendem Recht
Das betreute Wohnen in einer Institution wird heute in einigen Kantonen über die Ergänzungsleistungen im Rahmen der Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten mitfinanziert. Die Finanzierung liegt allein bei den Kantonen - der Bund beteiligt sich nicht daran (Art. 16 ELG). Das ELG legt für die Vergütung der Krankheits- und Behinderungskosten einen Mindestbetrag fest. Dieser beträgt 25 000 Franken für alleinstehende Personen und 50 000 Franken für Ehepaare (Art. 14 Abs. 3 Bst. a ELG). Ab einer mittleren Hilflosenentschädigung werden diese Beträge erhöht (Art. 14 Abs. 4 ELG). Gleichzeitig bedeutet die kantonale Kompetenz in diesem Bereich, dass die Berücksichtigung des betreuten Wohnens je nach Kanton unterschiedlich ausfällt. Dies legt den nach geltendem Recht eingeschränkten Handlungsspielraum auf Bundesebene in diesem Bereich offen. Das betreute Wohnen ist aufgrund der geltenden Finanzordnung bei den Kantonen angesiedelt.
Die Kantone sind sehr unterschiedlich in die Steuerung, Regulierung und (Mit-)Finanzierung des betreuten Wohnens involviert. Rund die Hälfte der Kantone verfügt heute über rechtliche Grundlagen zur Regelung des Angebots an betreutem Wohnen (AI, BL, FR, GE, GR, JU, NE, SG, TG, TI, VD, VS). Dabei kann es sich um die Anerkennung des betreuten Wohnens handeln, wie Vorgaben bezüglich Bauvorschriften, Betriebskonzepten, Dienstleistungsangebot oder Organisationsformen, oder um eine rechtliche Basis für die Finanzierung des betreuten Wohnens im Sinne einer Objektfinanzierung. Ebenfalls rund die Hälfte der Kantone verfügt über spezifische Regelungen für die finanzielle Unterstützung von Bewohnerinnen und Bewohner in Angeboten des betreuten Wohnens. Diese Subjektfinanzierung erfolgt vielfach, aber nicht ausschliesslich, im Rahmen der Ergänzungsleistungen (AI, AR, BS, GR, JU, LU, NE, SG, TG, VD, VS).
Einige Kantone (AG, AI, AR, BS, GR, JU, LU, NE, SG, TG, VD, VS) finanzieren ausdrücklich das institutionalisierte betreute Wohnen über die Ergänzungsleistungen, ähnlich wie die Übernahme der Heimkosten. Dabei muss das betreute Wohnen vom Kanton anerkannt sein und bestimmte Standards baulicher Natur und auf Seiten des Angebots erfüllen.
Andere Kantone (BL, GE, NE, TI, VD) sehen eine Objektfinanzierung sowie eine von der Ergänzungsleistung unabhängige Subjektfinanzierung vor.
Die Kantone Aargau, Bern und Zürich unterscheiden nicht nach der Wohnform. In diesen Kantonen werden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause, unabhängig davon ob die Person zu Hause oder in einer Institution lebt, vergütet. Der Kanton Aargau richtet zudem an Personen, die selbstbestimmt «betreut» zu Hause leben oder in einer institutionalisierten betreuten Wohnform einen Zuschlag aus.
Steuerung des betreuten Wohnens in den Kantonen
Einige Kantone, vor allem in der Westschweiz, steuern das betreute Wohnen und weisen Strategien zur Förderung des Verbleibs zu Hause und des selbstbestimmten Wohnens auf (z. B. JU, GE, VD, NE). Die Steuerung erfolgt zum Beispiel über die Objektfinanzierung, bei der der Kanton den Bau und Betrieb betreuter
Wohnformen unterstützt, oder die Anerkennung der Anbieter. Eine weitere Möglichkeit der Steuerung kann über die Abklärung des Betreuungsbedarfs erfolgen, in dem
der Betreuungsbedarf der Personen vor dem Eintritt in ein Heim oder auch in eine betreute Wohnform abgeklärt wird.
Im Kanton Waadt ist zum einen die Anerkennung der Anbieter von betreutem Wohnen eine Voraussetzung. Damit hat der Kanton einen Überblick über das Angebot und kann auch eine gewisse Leistungsqualität garantieren. Zum andern müssen die Leistungsbezügerinnen und -bezüger einen von der Spitex-Organisation ausgestellten Bedarfsnachweis erbringen. Damit hat der Kanton Waadt Angebot und Nachfrage im Blick.
Der Kanton Jura hat eine kantonale Informations- und Beratungsstelle eingeführt (Réseau d’Information et d’Orientation de la personne âgée dans le canton du Jura [RIO] ²3 ), die die sozialmedizinische Situation älterer Menschen abklärt. Ausserdem können die beteiligten Akteure über ein zentrales Patientendossier Informationen zu den älteren Menschen abrufen. Objektfinanzierung, der Bau und Betrieb des betreuten Wohnens, wird von den Kantonen Genf und Waadt betrieben. Im Kanton Waadt werden Darlehen und Bürgschaften für den Bau oder die Renovation von Wohnungen für das betreute Wohnen vergeben, während im Kanton Genf die Mehrkosten für den Bau altersgerechter Wohnungen explizit von kantonalen Beihilfen ausgeschlossen sind. Um den Zugang zum betreuten Wohnen auch für Personen mit geringem Einkommen zu gewährleisten, nutzt der Kanton Genf jedoch die allgemeinen Instrumente der Wohnpolitik, das heisst in einem Teil der Wohnungen für das betreute Wohnen werden die Mieten in Form von degressiven Zuschüssen an die Eigentümer subventioniert. Ausserdem werden im Rahmen von Leistungsverträgen mit den Betreibern der Wohnungen für das betreute Wohnen Betriebskosten- und Investitionszuschüsse geleistet.
Die Steuerung kann, wie es in einigen Kantonen Praxis ist, über die Abklärung des Betreuungsbedarfs erfolgen. Wird die Abklärung zentral in einem Kanton vorgenommen, ist dieser über den Bedarf an entsprechendem Wohnraum (in einer Institution oder aber auch altersgerecht zu Hause) im Bilde. Aus den Interviews der BASS-Studie ging hervor, dass eine Abklärungsstelle unabhängig sein sollte und weder mit den Interessen der Leistungserbringer noch mit jenen der Versicherung in Verbindung stehen sollte. So werden beispielsweise die Abklärungsstellen der beiden Westschweizer Kantone (JU, VD) von den Anbietern als zu rigide eingestuft. ²4 Der Kanton St. Gallen wiederum verlangt keine Abklärung für den Eintritt in ein institutionalisiertes betreutes Wohnen.
Im Kanton Basel-Stadt findet vor jedem (Pflege-)Heimeintritt eine obligatorische Bedarfsabklärung statt, bei der auch Möglichkeiten einer ambulanten Betreuung aufgezeigt werden. ²5 Der Kanton Genf schreibt vor, dass Personen erst ab der Pflegestufe 4 in ein Heim eintreten können.
¹3 SR 831.10
¹4 SR 831.20
¹5 SR 832.10
¹6 Abrufbar unter https://sozialversicherungen.admin.ch
> IV > Grundlagen IV > Individuelle Leistungen > Kreisschreiben.
¹7 SR 831.201
¹8 AS 2023 92
¹9 SR 832.112.31
2⁰ BBl 2024 31
2¹ Wegleitung des BSV über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV, Version 18 vom 1. April 2011 (Stand 1. Januar 2024), Rz. 3234.01-03. Die Wegleitung ist abrufbar unter
www.bsv.admin.ch > Dokumente > EL > Weisungen EL > Versionen > Version 18.
2² Gemäss den Daten des Büro BASS und erwähnt in Kapitel 4 des Berichts Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022.
²3 RIO Jura: https://rio-jura.ch .
²4 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grund lagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 43.
²5 § 8 Abs. 1bis Gesundheitsgesetz BS, in Kraft seit 2018, SG 300.100, abrufbar unter
www.gesetzessammlung.bs.ch > Gesundheit > Gesundheit > Gesundheitsgesetz.

1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Für die Erarbeitung der vorliegenden Gesetzesrevision wurden unterschiedliche Möglichkeiten geprüft, wie das betreute Wohnen in den Ergänzungsleistungen künftig berücksichtigt werden könnte. Die geprüften Varianten unterscheiden sich bezüglich der zu vergütenden Leistungen nicht - sie unterscheiden sich lediglich in der Art und Weise, wie den einzelnen Leistungen im System der Ergänzungsleistungen Rechnung getragen werden kann.
Pauschale für Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in der jährlichen Ergänzungsleistung
Analog zum Rollstuhlzuschlag (Art. 10 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 ELG) wurde eine Pauschale für Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause geprüft. Mit dieser Variante würde das Mietzinsmaximum entsprechend der Pauschale bei Personen mit Betreuungsbedarf erhöht. In der EL-Berechnung würden die effektiv in Anspruch genommenen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause berücksichtigt.
Diese Variante wurde aus unterschiedlichen Gründen verworfen. Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sind vielfältig, sodass eine Definition der anerkannten Leistungen unverzichtbar wäre. Die Vergütung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause mittels einer Pauschale wäre neu im Bedarfsleistungssystem, nach dem heute nur die effektiven Kosten vergütet werden. Würde an der Vergütung der effektiven Kosten festgehalten, wäre dies wiederum mit den jährlichen Ergänzungsleistungen nicht kompatibel - da dies zu monatlich ändernden Berechnungen führen würde. Darüber hinaus würden Leistungen, die heute von den Kantonen finanziert werden (z. B. Haushalthilfe, Fahrdienste), zum Bund verschoben. Dies würde das Gleichgewicht des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen stören.
Betreutes Wohnen in der jährlichen Ergänzungsleistung
Bei dieser Variante würde ein Zuschlag für das institutionalisierte betreute Wohnen im Bereich der jährlichen Ergänzungsleistung festgelegt, der entsprechend der Finanzierungsregelung zu fünf Achteln vom Bund getragen würde (Art. 13 Abs. 1 ELG). Bei zu Hause lebenden Personen würden einzelne Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause (z. B. Notfallknopf, Wohnung für in der Mobilität eingeschränkte Personen, Integration) als Ausgaben anerkannt. Die Ausgestaltung des Zuschlags könnte unterschiedlich ausfallen:
-
Zuschlag für sämtliche Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause;
-
Erhöhung des Höchstbetrags für die Miete;
-
Erhöhung des allgemeinen Lebensbedarfs.
Würde die Berücksichtigung dieser Leistungen in den jährlichen Ergänzungsleistungen geregelt, so stellt sich dieselbe Problematik wie beim vorgängig erläuterten Modell.
Zuschlag für die Miete einer Wohnung für in der Mobilität eingeschränkte Personen in der jährlichen Ergänzungsleistung und Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in den Krankheits- und Behinderungskosten
Diese Variante besteht aus zwei Teilen:
-
einem (Miet-)Zuschlag für eine an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasste Wohnung in den jährlichen Ergänzungsleistungen; und
-
einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause, die im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten vergütet werden.
Beide Leistungen würden im angestammten Zuhause oder in einem institutionalisierten betreuten Wohnen ausgerichtet . Die Regelung eines Zuschlags, der das Mietzinsmaximum nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b ELG erhöht, passt systematisch besser in die jährlichen Ergänzungsleistungen - zum Höchstbetrag für die Miete. Der aufgrund der Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen erhöhte Anteil der Miete würde in den Mietverträgen nicht gesondert ausgewiesen, sodass diese Variante einfach umsetzbar wäre.
Die Förderung des Wohnens im angestammten Zuhause verzögert sodann Heimeintritte, was zu einer Senkung der Heimkosten führt. Aufgrund der Finanzierungsregel für Heimkosten in den Ergänzungsleistungen wären diese Einsparungen fast ausschliesslich bei den Kantonen zu verzeichnen: Der Bund beteiligt sich an den Heimkosten lediglich im Rahmen der Existenzsicherung. Das heisst, es wird für jede Person im Heim eine Ergänzungsleistung berechnet, als lebte sie zu Hause. Daran beteiligt sich der Bund zu fünf Achteln (Art. 13 Abs. 2 ELG). Da über die Ergänzungsleistungen nur ein Teil der Heimkosten finanziert wird, kommt die Bundesbeteiligung relativ spät zum Tragen, sodass sich auch die Einsparungen kaum niederschlagen würden. Der Bund würde sich folglich an einer Massnahme beteiligen, die insgesamt zu Einsparungen führt, könnte von diesen aber nicht profitieren. Auch in Anbetracht der äusserst angespannten Lage der Bundesfinanzen wurde von dieser Variante abgesehen.
Hilfe und Betreuung zu Hause in den Krankheits- und Behinderungskosten
Diese Variante regelt sämtliche zu vergütenden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause. Dazu gehört auch ein Zuschlag für die Miete einer Wohnung für in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen und die Vergütung der Wohnungsanpassung an diese Bedürfnisse im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten. Mit dieser Ausgestaltung würde die Finanzierung der Vorlage ausschliesslich den Kantonen zufallen. Für die betroffenen Personen würde sich nichts ändern, da dieselben Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause wie in der vorgängig vorgestellten Variante vergütet würden. Dass sich damit der Bund nicht an der Finanzierung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause beteiligt, ist insofern gerechtfertigt, als der Bund keine Einsparungen aus der Einführung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause zu erwarten hat. Die Förderung des Wohnens im angestammten Zuhause verzögert Heimeintritte, was zu einer Senkung der Heimkosten führt. Aufgrund der Finanzierungsregel für Heimkosten in den Ergänzungsleistungen würden sich die Einsparungen überwiegend bei den Kantonen auswirken. Der Bund beteiligt sich an den Heimkosten im Rahmen der Existenzsicherung. Das heisst, es wird für jede Person im Heim eine Ergänzungsleistung berechnet, als lebte sie zu Hause. Daran beteiligt sich der Bund zu fünf Achteln (Art. 13 Abs. 2 ELG).

1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ²6 zur Legislaturplanung 2023-2027 und im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ²7 über die Legislaturplanung 2023-2027 angekündigt.
²6 BBl 2024 525
²7 BBl 2024 1440

1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

1.4.1 Postulat 17.3268 SGK-S «Einbezug der Krankenkassenprämien in die EL-Berechnungen»

Im Rahmen der EL-Reform hat die SGK-S am 25. April 2017 das Postulat 17.3268 «Einbezug der Krankenkassenprämien in die EL-Berechnungen» eingereicht. Der Ständerat hat dieses Postulat am 31. Mai 2017 angenommen. Damit wurde der Bundesrat beauftragt zu prüfen, ob die Krankenkassenprämien nicht in die EL-Berechnungen einzubeziehen sind. Zu berücksichtigen seien dabei auch die Folgen für die Lastenverteilung zwischen Bund und Kantonen und allfällige Ausgleichsmassnahmen.
Seit dem Inkrafttreten der EL-Reform am 1. Januar 2021 sind die Kantone berechtigt, bei der EL-Berechnung die tatsächliche Prämie zu berücksichtigen, wenn diese tiefer ist als die kantonalen beziehungsweise regionalen Durchschnittsprämien für die OKP. Zuvor war auf einen Pauschalbetrag in der Höhe der regionalen Durchschnittsprämie abgestellt worden. Zudem wurden die Bestimmungen zur EL-Mindesthöhe dahingehend angepasst, dass sie dem Betrag der höchsten Prämienverbilligung für Personen ohne Anspruch auf EL und Sozialhilfe entspricht; die Höhe der EL soll dabei jedoch mindestens 60 Prozent des Pauschalbetrags für die OKP betragen. Die Anpassung der EL-Mindesthöhe und die Berücksichtigung der tatsächlichen Krankenversicherungsprämie werden für die Kantone im Jahr 2030 zu einer Kostenreduktion von 161 Millionen Franken führen.
Im Rahmen der EL-Reform wurden im Parlament mehrere Varianten zur Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämien in der EL-Berechnung analysiert und beraten. Die geprüften Lösungen, bei denen die tiefsten Krankenversicherungsprämien berücksichtigt worden wären, wurden allesamt verworfen, da sie zwar den Existenzbedarf decken, auf Ebene der Krankenversicherung aber mit unerwünschten Effekten wie der Konzentration von Risiken auf einzelne Versicherer verbunden wären. Letztlich entschied sich das Parlament für eine ausgewogene Lösung, die eine vollständige Deckung des Existenzbedarfs ermöglicht, ohne sich auf die Krankenversicherungen auszuwirken.
In Erfüllung des Postulats wurden zwei Varianten skizziert, die in den EL eine Entkoppelung von Prämienverbilligung und Berücksichtigung der Krankenkassenprämien ermöglichen.
Die erste Variante bestünde in einer vollständigen Integration der Krankenversicherungsprämien in die EL. Die Krankenversicherungsprämie von Bezügerinnen und Bezügern von EL würde vollständig durch die Ergänzungsleistung gedeckt und der EL-Mindestbetrag würde sich nach der niedrigsten Prämienverbilligung richten. Wie im Rahmen der jährlichen EL würde sich der Bund auch hier mit fünf Achteln an der Finanzierung der Krankenversicherungsprämie beteiligen. Das würde zu einer Kostenverlagerung von den Kantonen zum Bund führen und die Kantone würden doppelt für die Krankenversicherungsprämien der Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen entschädigt: einmal durch die neue Beteiligung des Bundes an den Prämien im Rahmen der EL und einmal durch den Bundesbeitrag an der Prämienverbilligung. Diese Anpassung hätte für den Bund eine Mehrbelastung in der Höhe von rund 1 Milliarde Franken und eine Entlastung der Kantone in derselben Höhe zur Folge. Um die Kostenverlagerung zu kompensieren und den Grundsatz des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen einzuhalten, müssten diese Mehrkosten zulasten des Bundes ausgeglichen und der Bundesbeitrag an die Prämienverbilligung entsprechend gesenkt werden. Dazu müsste die neue Bundesbeteiligung vom Bundesbeitrag an die Prämienverbilligung (Art. 66 KVG) abgezogen werden. Mit einem solchen Ausgleich wäre die Finanzierung sowohl für den Bund als auch für die Kantone kostenneutral.
Die zweite Variante würde vorsehen, die Ausgaben für die Krankenversicherungsprämien im EL-System überhaupt nicht mehr zu berücksichtigen, sondern diese ausschliesslich über die Prämienverbilligungen abzudecken. Um die Ausgaben weiterhin vollständig zu decken und eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen zu verhindern, bräuchte es eine schweizweit einheitliche Lösung. Schliesslich ist die Existenzsicherung der Versicherten über die Bundesverfassung (BV) ²8 gewährleistet. Deshalb müsste der Grundsatz, wonach Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen Anspruch auf volle Prämienverbilligung und volle Deckung ihrer Krankenversicherungsprämie haben, verankert werden. Dieser zu gewährleistende Betrag müsste der tatsächlichen Prämie, mindestens aber dem Pauschalbetrag gemäss der im Rahmen der EL-Reform gewählten Lösung entsprechen. Ohne eine solche Garantie könnte die Existenzsicherung der Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen gefährdet sein und eine Ungleichbehandlung je nach kantonaler Regelung geschaffen werden.
Im Rahmen der EL beteiligt sich der Bund nicht an den Kosten der Krankenversicherungsprämien für die Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen. Infolgedessen hätte die Ausklammerung der Krankenversicherungsprämien aus der EL-Berechnung keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, denn der Bundesbeitrag an die Prämienverbilligungen wird unabhängig von der Anzahl Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen festgelegt. Da der gesamte Betrag der Krankenversicherungsprämie übernommen werden müsste, könnten die Kantone keine Einsparungen erzielen. Die skizzierte Regelung würde allenfalls eine Vereinfachung und eine klarere Trennung zwischen EL-System und Prämienverbilligung bringen. Allerdings würde mit dieser Variante das Leistungsniveau für die Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen sinken. Denn Personen, deren EL-Anspruch sich aktuell auf der EL-Mindestgarantie gründet, würden diesen Anspruch vollständig verlieren und wären mit einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage konfrontiert. Überdies würden diese Versicherten auch die anderen Vorteile von Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen verlieren, wie beispielsweise die Befreiung von der Bezahlung von Radio- und Fernsehgebühren. Betroffen wären rund 20 Prozent der Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen.
Angesichts dieser Analyse ist eine Entkoppelung von Prämienverbilligung und Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämie in den EL nicht angezeigt. Eine Beurteilung der Auswirkungen der EL-Reform auf die Berücksichtigung der Krankenversicherungsprämie steht noch aus, kann aber erst nach einigen Umsetzungsjahren erfolgen. Insofern ist es sinnvoll, auf die Entkoppelung von Prämienverbilligung und Berücksichtigung der Krankenkassenprämie in den EL zu verzichten. Das Postulat 17.3268 kann daher abgeschrieben werden.
²8 SR 101

1.4.2 Motion 18.3716 SGK-N «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen»

Der vorliegende Entwurf setzt die Motion 18.3716 SGK-N «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» um und kann daher abgeschrieben werden.

2 Vernehmlassungsverfahren

Am 21. Juni 2023 wurde das Vernehmlassungsverfahren zum Vorentwurf (VE-ELG) und zum erläuternden Bericht eröffnet. Die Vernehmlassung dauerte bis zum 23. Oktober 2023. Die Kantone sowie die Konferenz der Kantonsregierungen, die 13 in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, 8 gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft sowie weitere Organisationen wurden zur Stellungnahme eingeladen.
Die Vorlage stiess auf grosses Interesse. Insgesamt gingen 131 Stellungnahmen ein. ²9
Zustimmung zur Stossrichtung der Vorlage - Ablehnung der unterbreiteten Form
Der VE-ELG führt im Rahmen der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten Leistungen ein, die das selbstständige Wohnen im angestammten Zuhause oder in einer betreuten Wohnform ermöglichen sollen.
Ausnahmslos alle Vernehmlassungsteilnehmenden begrüssen die Stossrichtung der Vorlage zum betreuten Wohnen - den Erhalt des selbstständigen Wohnens von Personen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Positiv hervorgehoben wird die wohnformunabhängige Vergütung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause, also im angestammten Zuhause oder in einem institutionalisierten betreuten Wohnen.
Die Vorlage wird allerdings von der überwiegenden Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden in der unterbreiteten Form abgelehnt: Zuallererst die Beschränkung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause auf Personen mit einer Altersrente, gefolgt vom starren Leistungskatalog in den Krankheits- und Behinderungskosten und der damit einhergehenden Vorfinanzierung durch die versicherten Personen und schliesslich die alleinige Finanzierung durch die Kantone.
Beschränkung des Anspruchs auf Personen mit einer Altersrente wird abgelehnt
Die im VE-ELG vorgesehenen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sind nur für die Ergänzungsleistungen zur AHV vorgesehen.
Die überwiegende Mehrheit fordert die Ausweitung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause auf Personen mit einer IV-Rente. Es gebe keinen sachlichen Grund, diese Leistungen nur für Personen mit einer Altersrente vorzusehen. Dieses Argument ist überzeugend, weshalb die neuen Leistungen im Gesetzesentwurf (E-ELG) gleichermassen auf die Ergänzungsleistungen zur IV ausgedehnt werden sollen. Anzumerken ist, dass sich die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause an den Bedürfnissen von Personen im Rentenalter orientieren.
Ablehnung eines Leistungskataloges und Vorfinanzierung durch die Bezügerinnen und Bezüger
Der VE-ELG sieht bestimmte Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause vor, die die Kantone nach Erhalt der Rechnung vergüten sollen. Sie können dafür Höchstbeträge vorsehen. Der im VE-ELG vorgesehene Mindestbetrag soll dabei allerdings nicht unterschritten werden.
Die überwiegende Mehrheit lehnt einzelne Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in der Ausgestaltung eines starren Leistungskataloges ab. Eine starre Vorgabe werde den vielfältigen Betreuungssituationen von Betroffenen nicht gerecht. Zudem sei die Abwicklung über die Krankheits- und Behinderungskosten administrativ aufwendig und die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause müssten von den Versicherten vorfinanziert werden. Die Mehrheit fordert daher eine (mehrstufige) Betreuungspauschale analog zur Hilflosenentschädigung in den jährlichen Ergänzungsleistungen. Diese liesse Spielraum für Veränderungen und fördere die Selbstbestimmung der Bezügerinnen und Bezüger. Herausgestrichen wird von fast allen Vernehmlassungsteilnehmenden die mangelhafte Abdeckung des psychosozialen Faktors der Betreuung im VE-ELG. Diesem könne mit einer Pauschale eher Rechnung getragen werden. Würden die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in den jährlichen EL eingeordnet, erübrige sich auch die Problematik der Vorfinanzierung durch die Versicherten.
Die Forderung, dass Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause nicht durch die Versicherten vorfinanziert werden sollen, soll berücksichtigt werden. Die Idee der Pauschale soll so weit aufgenommen werden, wie sie dem Bedarfssystem der Ergänzungsleistungen entspricht. Am Leistungskatalog soll festgehalten werden, da in einem Bedarfssystem wie den Ergänzungsleistungen der Bedarf nach einer bestimmten Leistung vorliegen muss. Besteht der Bedarf, so soll die Leistung aber in Form einer Pauschale vergütet werden.
Kantone fordern Mitfinanzierung durch den Bund
Die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sind im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten geregelt. Diese werden von den Kantonen finanziert (Art. 16 ELG).
Die Kantone lehnen die alleinige Finanzierung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause entschieden ab. Sie verweisen auf das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz, das damit verletzt werde. Sie fordern, dass mindestens der Zuschlag für die Miete einer Wohnung, die an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasst ist, in den jährlichen Ergänzungsleistungen geregelt werde und sich der Bund gemäss dem Verteilschlüssel zu fünf Achteln beteiligen würde.
Das Anliegen soll nicht aufgenommen werden. Gemäss der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen gehört die Übernahme der Kosten von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in die Kompetenz der Kantone. Entsprechend sind es auch die Kantone, die Einsparungen aus der Einführung dieser Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause zu erwarten haben.
Zuschlag für ein Zimmer für die Nachtassistenz
Der VE-ELG sieht einen Zuschlag für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für die Nachtassistenz bei Personen mit einem Assistenzbeitrag vor. Der Zuschlag entspricht dem Zuschlag auf dem Mietzinsmaximum für die zweite Person.
Die Einführung eines Zuschlags für ein Zimmer für die Nachtassistenz wird von allen Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu äussern, begrüsst. Allerdings seien die im VE-ELG vorgeschlagenen Beträge für das Zimmer für die Nachtassistenz unrealistisch tief angesetzt. Auf diese Kritik soll nicht eingegangen werden. Der Zuschlag für die zweite Person ist der höchste Zuschlag, der für weitere Personen gewährt wird. Es geht lediglich darum, ein zusätzliches Zimmer zu finanzieren, das den Betreuungspersonen eine Rückzugsmöglichkeit bietet.
Aufteilung der Zusatzbeträge (Rollstuhlzuschlag, Zimmer für Nachtassistenz)
Die vorgeschlagene Änderung bei der Aufteilung des Rollstuhlzuschlags wird von allen Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu äussern, begrüsst. Einigen geht sie zu wenig weit. So müsse der Rollstuhlzuschlag an die Person und nicht an die Wohnung geknüpft werden. Dieser Forderung soll nicht stattgegeben werden, weil der Zuschlag mit dem Bedarf einer rollstuhlgängigen Wohnung einhergeht und damit an die Wohnung gekoppelt ist.
Rückforderung der Krankenkassenprämie
Die Änderung betreffend die Rückforderung der Krankenkassenprämie soll eine gesetzliche Grundlage für Fortführung der heutigen Praxis schaffen. Sie wird im Grundsatz von den Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich dazu äussern, begrüsst. Angepasst werden soll hier die Frist für die Rückforderung von 5 auf 4 Jahre, damit die Regelung mit den Regelungen des Datenaustausches übereinstimmt.
²9 Die Vernehmlassungsunterlagen und der Ergebnisbericht sind abrufbar unter
www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > 2023 > Abgeschlossene Vernehmlassungen > EDI > 2023/48.

3 Rechtsvergleich

3.1 Projekte im Bereich betreutes Wohnen und Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause

In den Kantonen und Gemeinden bestehen zahlreiche Angebote und Projekte im Bereich Begleitung und Betreuung für ältere Menschen. Entsprechende Angebote für Menschen mit Behinderungen wurden aufgrund der Ausrichtung der Motion 18.3716 und des VE-ELG auf ältere Menschen hier nicht berücksichtigt. Die beiden nachfolgenden Beispiele illustrieren die Vielzahl an Leistungen und werden in den laufenden Überlegungen zu den verfügbaren Leistungen und zu einer allfälligen Anerkennung im Rahmen der EL aufgegriffen. Das Beispiel Liechtenstein zeigt, wie die Anerkennung der Betreuung älteren Menschen das Leben im eigenen Zuhause ermöglicht.

3.2 Pilotprojekt «Betreuungsgutsprachen» der Stadt Bern

Mit dem Pilotprojekt «Betreuungsgutsprachen» der Stadt Bern 3⁰ sollen Lücken in der heutigen Finanzierung der Betreuung im Alter gefüllt werden. Dabei werden Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen - ähnlich der EL-Bezügerinnen und -Bezüger - und mit einem geringen Betreuungsbedarf (bis max. leichte Hilflosenentschädigung) Leistungen vergütet. Diese werden im gleichen Umfang an Personen zu Hause wie auch im betreuten Wohnen ausgerichtet. Die Abklärung des Bedarfs wird von der Pro Senectute vorgenommen.
Anspruch können Personen haben mit einem steuerbaren Einkommen von 32 000 Franken bei Alleinstehenden und von 48 000 Frankenbei Ehepaare. Die Personen dürfen höchstens in leichtem Mass hilflos sein. Ab einem Anspruch auf eine mittlere Hilflosenentschädigung erlischt der Anspruch auf Betreuungsgutsprachen. Es werden folgende Leistungen mittels Betreuungsgutsprachen vergütet: kleine Wohnungsanpassungen (z. B. Rampen an Schwellen, Haltegriffe im Bad, Geländer), Dienstleistungen zur selbstständigen Haushaltsführung, Notrufsystem (Installation und Betrieb), Mahlzeitendienst, Besuchs- und Begleitdienste, soziale Aktivitäten, betreutes Wohnen (24-Stunden-Bereitschaftsdienst). Das Projekt wurde von der Berner Fachhochschule wissenschaftlich begleitet und evaluiert. 3¹
3⁰ Weitere Informationen dazu sind abrufbar unter: www.bern.ch > Themen > Gesundheit, Alter und- Soziales > Alter > Finanzen und Recht > Betreuungsgutsprachen > Informationen für Fachpersonen.
3¹ Soom Ammann, E., Blaser, R., Betreuungsgutsprachen in der Stadt Bern. Begleitforschung zum Pilotprojekt von Mai 2019 bis April 2022, Juni 2022, abrufbar unter
www.bfh.ch > Forschung + Dienstleistungen > Projekte > Betreuungsgutsprachen - Begleitforschung > Schlussbericht.

3.3 Projekt der Stadt Luzern - Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen

Mit den Gutscheinen für selbstbestimmtes Wohnen werden drei Hauptziele verfolgt: die Lebensqualität der betroffenen Personen erhöhen und damit verhindern, dass Personen aufgrund von fehlenden finanziellen Ressourcen in eine stationäre Einrichtung eintreten müssen, sowie pflegende Angehörige entlasten.
Anspruch auf die Gutscheine haben EL-Bezügerinnen und -Bezüger sowie Personen direkt oberhalb der Grenze für den Bezug von EL. Für die Vergabe der Gutscheine gibt es keine strikten Regeln, sondern lediglich grobe Leitlinien, insbesondere in Bezug auf die Subsidiarität; so wird nicht übernommen, was bereits durch die EL oder die Krankenversicherung abgedeckt ist. Auch sind Ausnahmen möglich, damit rasch und unbürokratisch Unterstützung geleistet werden kann. Priorität haben Leistungen wie Fahrdienste, Beiträge für die Verbesserung der Infrastruktur in der Wohnung (z. B. Sturzprävention), Kosten für ein Notrufsystem oder Bewegungsangebote. Ausserdem werden bei Personen mit finanziellen Ressourcen knapp oberhalb der EL-Grenze die Kosten für die Haus- oder Putzhilfe übernommen. Die Leistungen pro Person belaufen sich auf 250 Franken pro Monat und auf 3000 Franken pro Jahr.
Die Evaluation 3² des Projekts ergab Folgendes: Die insgesamt 191 vergebenen Gutscheine betrafen hauptsächlich den Bereich Vernetzung und Steigerung der Lebensqualität (46 % der Gutscheine). Darunter fielen vor allem Fahrdienste, Mittagessen in Restaurants oder Heimen sowie Freizeitaktivitäten. 21 Prozent der Gutscheine betrafen die Haus- und Putzhilfe sowie die Infrastruktur in der Wohnung (Sturzprävention). Dazu gehören zum Beispiel Beiträge an eine Haushilfe, für Anpassungen der Wohnungseinrichtung, an neue Möbel oder an eine externe administrative Unterstützung. Ebenfalls 21 Prozent der Gutscheine wurden für die Entlastung pflegender Angehöriger vergeben, insbesondere für Fahrdienste und Aufenthalte in Tagesstrukturen für Demenzerkrankte. 12 Prozent der Gutscheine wurden im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention gesprochen. Dazu gehören Beiträge an Therapien, Hallenbadeintritte oder Schuheinlagen. Die Höhe der gesprochenen Einzelbeiträge pro Person variierte zwischen 30 und 3170 Franken Die Personen, die die Gutscheine erhalten haben, waren zwischen 60 und 99 Jahre alt, das Durchschnittsalter lag bei 82 Jahren. Die Mehrheit der Bezügerinnen und Bezüger lebt in bescheidenen finanziellen Verhältnissen, mehr als die Hälfte von ihnen hat aber keinen Anspruch auf Ergänzungsleistungen zur AHV.
3² www.stadtluzern.ch > Aktuelles & Medien > News > Newsarchiv > Medienmitteilung vom 15. September 2022 «Evaluation Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen».

3.4 Liechtenstein

Das Betreuungs- und Pflegegeld für die häusliche Betreuung und Pflege wurde im Jahr 2010 eingeführt. Damit soll eine gleichwertige Betreuung und Pflege zu Hause im Vergleich zum stationären Aufenthalt in einem Pflegeheim ermöglicht werden. Das Betreuungs- und Pflegegeld dient als Beitrag an die finanziellen Ausgaben, die im Einzelfall für die gesundheitsbedingt notwendige häusliche Betreuung oder Pflege entstehen.
Anspruch haben Personen jeden Alters mit Wohnsitz im Fürstentum Liechtenstein, unabhängig von ihren wirtschaftlichen Verhältnissen. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Betreuung und Pflege finden im häuslichen Umfeld im Fürstentum Liechtenstein statt. Der Betreuungs- oder Pflegebedarf hält länger als drei Monate an. Im Durchschnitt liegt mehr als eine Stunde Unterstützungsbedarf pro Tag vor. Ein Betreuungs- und Pflegekonzept besteht. Durch die Betreuung oder Pflege entstehen Ausgaben.
Der Betreuungs- und Pflegebedarf muss vom behandelnden Arzt oder von der behandelnden Ärztin bestätigt werden. Der genaue Betreuungs- und Pflegebedarf wird im Einzelfall vor Ort durch die Fachstelle festgestellt. Diese klärt die Verhältnisse ab und erstellt in Absprache mit der betroffenen Person und allen Beteiligten ein Betreuungs- und Pflegekonzept.
Die Höhe des Betreuungs- und Pflegegeldes hängt ab vom Grad des Betreuungs- und Pflegebedarfs, welcher in verschiedene Leistungsstufen unterteilt ist. Diese umfassen Beiträge von 10 Franken bis maximal 180 Franken Betreuungs- und Pflegegeld pro Tag. Das Betreuungs- und Pflegegeld wird neben einer allfälligen Hilflosenentschädigung ausgerichtet.
Finanziert wird das Betreuungs- und Pflegegeld zu je 50 Prozent von Land und Gemeinden. Die administrative Abwicklung der als monatliche Vorschusszahlung ausgerichteten Betreuungs- und Pflegegelder führt die Liechtensteinische AHV-IV-FAK durch.

4 Grundzüge der Vorlage

4.1 Die beantragte Neuregelung

4.1.1 Regelungsbedarf

Angesichts der Entwicklungen bei der Betreuung älterer Menschen sollen die EL stärker an den Bedarf dieser Bevölkerungsgruppe im Bereich Begleitung und Betreuung angepasst werden. Diese Leistungen sollen auch für das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Ergänzungsleistungen zur IV zugänglich sein. Sie wurden allerdings nicht nach den Bedürfnissen von Personen mit einer IV-Rente ausgerichtet, sondern nach den Bedürfnissen älterer Menschen.
Wie in Ziffer 1.1.4 und im 3. Kapitel aufgezeigt, werden bereits heute unterschiedliche Dienstleistungen des betreuten Wohnens von den Kantonen finanziell unterstützt, sei es über die Objektfinanzierung oder die Ergänzungsleistungen als Subjektfinanzierung. So war zu klären, wo eine Anpassung der Gesetzgebung sinnvoll ist, wo das Bestehende ergänzt werden sollte und wo sich auch die Grenzen einer Regelung des betreuten Wohnens in den Ergänzungsleistungen zeigen. Nachfolgend werden verschiedene Problematiken im bestehenden Betreuungsangebot evaluiert:
Heterogenität des Leistungsangebots: Sämtliche Kantone vergüten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause über die Ergänzungsleistungen. Der Zugang zu den Leistungen und der Leistungskatalog sind allerdings sehr unterschiedlich ausgestaltet. So sind die Anspruchsvoraussetzungen je nach Kanton restriktiver oder grosszügiger ausgestaltet. Dies erschwert einen Kantonswechsel, da im Falle eines Umzugs in einen anderen Kanton keine Gewissheit bezüglich des Leistungszugangs und -angebots besteht.
Nicht beanspruchte Ergänzungsleistungen: Es gibt einen bedeutenden Teil an Personen, die ihren Anspruch auf Ergänzungsleistungen nicht geltend machen. So bringt eine Studie, die das Amt für Sozialbeiträge des Kantons Basel-Stadt bei der Berner Fachhochschule in Auftrag gegeben hatte, ans Licht, dass im Kanton Basel-Stadt 29 Prozent der Pensionierten, die einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben, diesen nicht geltend machen. 3³
Der Kanton Aargau, der auf den 1. Januar 2020 eine Pauschale für «Selbstbestimmtes Wohnen» in seinen Leistungskatalog für die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten aufgenommen hat, ³4 stellt fest, dass diese Leistung nur selten nachgefragt wird. Um die Zugänglichkeit zu vereinfachen, verlangt der Kanton Aargau per 1. Mai 2024 keine ärztliche Bescheinigung mehr, die den Betreuungsbedarf bestätigt. Zudem soll der Leistungskatalog ausgebaut werden; neu sollen insbesondere die administrative Unterstützung und Notrufdienste aufgenommen werden. ³5 Werden Leistungen nicht beantragt, kann der damit verfolgte Zweck, das Hinauszögern von Heimeintritten, bei der betroffenen Personengruppe verfehlt werden. Insofern ist die Frage, wer auf Ergänzungsleistungen verzichtet, auch in diesem Zusammenhang von Interesse.
Mietzinspauschale für die Miete einer an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepassten Wohnung: Gemäss der Befragung im Rahmen der BASS-Studie orten Experten und Expertinnen in den etwas höheren Mieten solcher Wohnungen eine Lücke im Leistungsangebot. Die Kosten für diese Wohnungen liegen rund 200 Franken über den üblichen Mieten. ³6
Lückenhafter Leistungskatalog: Bestimmte Leistungen wie niederschwellige Unterstützungsangebote und sozialbetreuerische Leistungen (z. B. Begleit- und Besuchsdienste, Fahrdienste zum Coiffeur, Einkauf oder Mittagstisch, Hilfe beim Kochen, Administration) werden nicht finanziert. Auch Kosten für einen Koordinationsaufwand werden nicht vergütet. Weiter vergüten nur einzelne Kantone sogenannte Vorhalteleistungen, wie Gemeinschaftsräume, Aktivitäten und Massnahmen gegen soziale Isolation Präsenz einer Ansprechperson und Notrufeinrichtungen, in Angeboten des institutionalisierten betreuten Wohnens. ³7
Ende 2021 hat das BSV bei den Kantonen eine Erhebung zu vergüteten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause über die Ergänzungsleistungen zur Altersrente durchgeführt. 19 Kantone haben geantwortet. Dabei haben sich die sehr unterschiedlichen Regelungen bestätigt. Im Rahmen der Umfrage hat sich gezeigt, dass Beiträge an Wohnungsanpassungen insbesondere zur Sturzprävention und Notrufsysteme ungenügend finanziert sind. Lediglich spärlich finanziert ist zudem die Entlastung pflegender Angehöriger. Je nach Kanton wird ein effektiver Erwerbsausfall bis zu einem jährlichen Maximalbetrag entschädigt.
Zu restriktive Anspruchsvoraussetzungen: Für die Vergütung bestimmter Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause wird der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung vorausgesetzt. Insbesondere die Einrichtung und die Miete eines Notfallsystems wird in den meisten Kantonen erst ab einem Anspruch auf eine leichte Hilflosenentschädigung vergütet. Diese Voraussetzung werde nicht allen Personen gerecht, da sich beispielsweise die Sicherheit beim Gehen und Treppensteigen nicht im Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung widerspiegelt. ³8
Grenzen des betreuten Wohnens: Die Grenzen manifestieren sich einerseits in wirtschaftlich-pflegerischer und andererseits in wirtschaftlich-psychosozialer Sicht. Wird Betreuung zu aufwendig, ist ein Heimaufenthalt günstiger als die Pflege durch eine Spitex-Organisation im betreuten Wohnen. Diese Grenze liegt bei einem Pflegebedarf ab 60 bis zu 120 Minuten pro Tag. Die Gründe dafür liegen in den Wegzeiten, den Planungskosten und dem Qualifikationsmix der Pflegenden. ³9
Wie es der Zweck der Betreuung (vgl. Ziff. 4.1.2) besagt, geht es vor allem bei älteren Menschen darum, eine bestehende Selbstständigkeit zu fördern und zu erhalten. Das bedingt, dass die Personen, die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause erhalten können, ein Mindestmass an Selbstständigkeit aufweisen. Für Personen mit demenziellen Erkrankungen, mit psychischen Problemen und mit Suchtthematiken erweist sich das betreute Wohnen in der Regel als ungeeignet, weil diese Personen ein stärker strukturiertes Setting benötigen. 4⁰
3³ Hümbelin, O., Richard, T., Schuwey, C., Luchsinger, L., Fluder, R., Nichtbezug von bedarfsabhängigen Sozialleistungen im Kanton BS - Ausmass und Beweggründe , Berner Fachhochschule, Oktober 2021.
³4 ELKV-AG § 18 SAR 831.315 https://gesetzessammlungen.ag.ch
> Systematische Sammlung > Systematik > Soziale Sicherheit > Sozialversicherungen > Alters- und Hinterlassenenversicherung - Invalidenversicherung > Verordnung über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen.
³5 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 43.
³6 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 49.
³7 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 43.
³8 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 41.
³9 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022, S. 28.
4⁰ Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 46.

4.1.2 Begriffe und Eckwerte

Bevor die vorgeschlagene Neuregelung aufgezeigt wird, sollen zum einen die für diese Vorlage relevanten Begriffe geklärt und zum andern die dieser Vorlage zugrundeliegenden Parameter diskutiert werden. Anhand dieser Diskussion soll aufgezeigt werden, wie diese in die Ausgestaltung der Vorlage einfliessen können.
Betreutes Wohnen
Eine bundesrechtliche oder schweizweit einheitliche Definition des betreuten Wohnens besteht nicht. Beim hier dargestellten geltenden kantonalen Recht in den Ergänzungsleistungen wird zwischen betreutem Wohnen zu Hause und institutionalisiertem betreuten Wohnen unterschieden - beides gilt im Bereich der Ergänzungsleistungen als «zu Hause lebend» im Unterschied zu «im Heim lebend» (Art. 10 ELG). Im vorliegenden Bericht umfasst der Begriff «betreutes Wohnen» beide Arten:
Institutionalisiertes betreutes Wohnen ist in der Regel das Wohnen im Teil eines Wohnkomplexes für in der Mobilität eingeschränkte Personen. Es ist oft angebunden an eine Trägerschaft, die die Wohnung zusammen mit einem Grundpaket an Dienstleistungen anbietet, die bei Bedarf beansprucht werden können. Diese sogenannten Vorhaltekosten (z. B. Notrufsystem, Mahlzeitenangebote, Ansprechperson) werden zusätzlich zur Miete pauschal abgegolten. Die Wohnungen sind hindernisfrei gebaut, mit einem Lift ausgestattet und verfügen in der Regel über einen Gemeinschaftsraum.
Beim betreuten Wohnen zu Hause lebt eine Person selbstständig bei sich zu Hause. Sie kauft Dienstleistungen oder Vorrichtungen, die das selbstständige Leben zu Hause ermöglichen, selber ein. Diese Form zeichnet sich vor allem durch die selbstständige und nicht professionelle Organisation der Betreuung aus.
Betreuung
Der Ausdruck «Betreuung» ist in der Gesetzgebung nicht definiert. Hingegen ist der Ausdruck «Pflege», der der Betreuung ähnlich ist, definiert, weshalb sich eine Definition auch in Abgrenzung zur Pflege anbietet. Pflege bezieht sich auf Hilfe in vier Bereichen: Trinken und Essen (Mahlzeiten eingeben), An- und Ausziehen (Kleider zu wechseln oder Kompressionsstrümpfe anziehen), Körperpflege und Hygiene (Hilfe beim Duschen, Toilettengang), Mobilisation und Lagern (Bewegungsübungen, Betten, Massnahmen zur Vermeidung von Dekubitus, Art. 7 Abs. 2 Bst. c Ziff. 1 und 2 KLV). Diese vier Bereiche entsprechen den alltäglichen Lebensverrichtungen der Hilflosenentschädigung (Kleiden; Essen; Körperpflege; Verrichten der Notdurft; Aufstehen, Absitzen, ins Bett gehen/Bett verlassen; Fortbewegung; vgl. Art. 37 IVV und Rz. 2020 ff. des Kreisschreibens über Hilflosigkeit vom 1. Januar 2022
, Stand vom 1. Januar 2024). Des Weiteren fallen unter die Grundpflege auch Massnahmen zur Überwachung und Unterstützung psychisch kranker Personen in der grundlegenden Alltagsbewältigung wie die Erarbeitung und Einübung einer angepassten Tagesstruktur, zielgerichtetes Training zur Gestaltung und Förderung sozialer Kontakte, die Unterstützung beim Einsatz von Orientierungshilfen und Sicherheitsmassnahmen.
Unter Betreuung fallen meist diejenigen Dienstleistungen, die Menschen in ihrem Alltag unterstützen, die auch eine soziale Komponente aufweisen und die nicht unter die Pflege fallen. Im Folgenden wird Betreuung so verstanden, dass sie das selbstständige Leben zu Hause oder in einem institutionalisierten betreuten Wohnen von Personen fördert und erhält.
Dabei kann es sich insbesondere um folgende Leistungen handeln:
-
Sicherheitssysteme (Notfallknopf);
-
Haushaltshilfe (Waschen, Putzen, Einkaufen, kleine Reparaturen);
-
Anpassungen der Wohnung wie Handläufe, Duschsitze, Haltegriffe;
-
Begleitung zur Ärztin, zum Coiffeur, zum Einkaufen, zu Bekannten, an kulturelle Anlässe;
-
Teilnahme an handwerklichen und musischen Angeboten sowie Bewegungsangebote;
-
Teilnahme an Mittagstischen, Mahlzeitenlieferungen nach Hause;
-
Soziale Aktivitäten;
-
Nutzung von digitalen Medien und Multimedia;
-
Administration.
Nachweis und Abklärung des Bedarfs an betreutem Wohnen
Damit das betreute Wohnen in den EL anerkannt und berücksichtigt wird, muss der Bedarf festgestellt werden. Nachstehend werden verschiedene bestehende Arten der Bedarfsabklärung aufgezeigt.
Zweck der Bedarfsabklärung: Die Bedarfsabklärung soll aus Sicht der Versicherung (EL) feststellen, welche Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause eine Person braucht. Damit soll vermieden werden, dass weder zu viele noch zu wenige Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause berücksichtigt werden. Gleichzeitig macht eine Bedarfsabklärung nicht bei jeder Betreuungsleistung gleichermassen Sinn. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause eher spät beantragt werden. So liegt das Alter beim Eintritt ins institutionalisierte betreute Wohnen im Durchschnitt bei 82 Jahren. 4² Das bestätigen auch die Zahlen aus dem Kanton Jura, in dem der Bedarf für das betreute Wohnen bereits heute abgeklärt wird. Der Eintritt liegt dort bei 83 Jahren. 4³ Damit liegt das Alter für den Eintritt in ein institutionalisiertes betreutes Wohnen ein bis zwei Jahre unter dem Durchschnittsalter von Personen, die in ein Pflegeheim eintreten. Dieses beträgt gemäss der Statistik der sozialmedizinischen Institutionen 2019 bei Frauen 84 und bei Männern 81 Jahre. 4⁴ Dasselbe wird auch im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause beobachtet. Die meisten Personen schätzen ihren eigenen Betreuungsbedarf geringer ein, als es die Ergebnisse der Bedarfsabklärungen zeigen, und beziehen auch deutlich weniger Leistungen, als ihnen empfohlen werden. Dies geht aus der Auswertung des Pilotprojekts der Stadt Bern 2021 hervor. ⁴5 Daraus kann geschlossen werden, dass Missbrauchspotenzial bei der Beantragung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause gering ist.
Des Weiteren hat eine Bedarfsabklärung bei einer Person zu Hause auch einen fürsorglichen Aspekt, weil mit der Abklärung die Alltagskompetenz, mögliche Verwahrlosungstendenzen und der Fragilisierungsgrad der betroffenen Person festgestellt werden können, worauf mit entsprechenden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause reagiert werden kann.
Darüber hinaus kann die Bedarfsabklärung, wenn sie wie im Kanton Basel-Stadt vor einem Eintritt in ein Pflegeheim für alle obligatorisch ist, auch der Steuerung des Angebots dienen. Damit ist ein Kanton über den Bedarf an Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause wie auch an Pflegeeinrichtungen im Bild und kann das Angebot entsprechend steuern.
Bedarfsabklärung und Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause: Der Bedarf an Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause ist sehr unterschiedlich und heterogen bezogen auf die jeweilige Leistung. Entsprechend schwierig ist es, für alle Leistungen zum Erhalt der Autonomie und zur Vermeidung von Heimeintritten eine einheitliche Liste mit objektivierbaren Kriterien und Voraussetzungen festzulegen. Werden die einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause betrachtet, so kann der Umzug in eine altersgerechte Wohnung durchaus bereits Sinn machen, wenn noch wenig oder kein Bedarf an Betreuung besteht. Erfolgt der Umzug zu einem Zeitpunkt, da die Unterstützung bereits notwendig ist, ist möglicherweise kein entsprechendes Angebot verfügbar. Hingegen erscheint es sinnvoll, den Bedarf einer Unterstützung im Haushalt abzuklären, und sei es auch nur um zu wissen, welche Arbeiten nicht mehr selbstständig ausgeführt werden können. Darüber hinaus sind bestimmte Bedürfnisse wie jenes nach Sicherheit äusserst subjektiv und können auch nicht von einer Abklärungsstelle objektiviert werden.
Bedarfsabklärung durch die EL-Stellen: Die EL-Stellen vergüten bereits heute im Rahmen der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause und klären auch den Bedarf ab. Je nach Kanton erfolgt dies in unterschiedlicher Art und Weise. Die Mehrheit der Kantone klärt den Bedarf ab, indem sie eine Bestätigung eines Arztes oder einer Ärztin mit einem Fragebogen kombiniert, der von der antragsstellenden Person auszufüllen ist. Die Kantone Jura und Waadt klären den Bedarf mit eigenen Zulassungsstellen ab (RIO, Fachkommission in VD). Im Kanton Jura ist die Triage über diese Stelle auch bei einem Heimeintritt für EL-Bezügerinnen und -Bezüger obligatorisch. Eine Pflegefachperson klärt den Bedarf mittels eines Standardfragebogens ab. Damit soll gewährleistet sein, dass die Wohnform den Bedürfnissen der Person entspricht.
Eignung der Hilflosenentschädigung für die Bedarfsabklärung: Die Hilflosenentschädigung als Voraussetzung für den Betreuungsbedarf wurde im Rahmen der ersten BASS-Studie ⁴6 zum betreuten Wohnen geprüft. Sie wurde als ungeeignete Voraussetzung für das betreute Wohnen eingestuft. Der niederschwellige Betreuungsbedarf (z. B. Überforderung mit dem Haushalt, stärkeres Sicherheitsbedürfnis) besteht in der Regel, bevor eine Person im Sinne des Gesetzes hilflos ist. Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollten also bereits vergütet werden, wenn die Personen noch nicht in dem Mass hilflos sind, dass sie eine Hilflosenentschädigung erhalten. Die Hilflosenentschädigung ist zu stark auf Alltagshandlungen mit einem kleinen Radius (An- und Ausziehen, Absitzen, Aufstehen, Körperpflege usw.) ausgerichtet und berücksichtigt beispielsweise ein Bedürfnis nach Sicherheit oder die fehlende Kraft für bestimmte Hausarbeiten zu wenig. Problematisch ist für den Anspruch auf Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause zudem auch die Wartefrist für die Hilflosenentschädigung. Sie wurde zwar im Rahmen der AHV 21 von 12 auf 6 Monate herabgesetzt; in der Invalidenversicherung beträgt sie weiterhin 12 Monate. Zudem ist der Nachweis nach einem anhaltenden Bedarf für die hier zu diskutierenden Leistungen kein Kriterium. Gemäss Aussagen von Expertinnen und Experten beziehen Personen beim Eintritt in ein betreutes Wohnen praktisch nie eine Hilflosenentschädigung. ⁴7
IV-Stelle als Abklärungsstelle: Die IV-Stelle klärt heute die Anforderungen an die Hilflosenentschädigung ab und verfügt insofern bereits über ein beträchtliches Knowhow im Bereich der Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen. Insofern könnte auf diese Institution auch für die Abklärung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in der EL zurückgegriffen werden. Allerdings besteht für die Abklärung altersspezifischer Bedürfnisse wenig Kompetenz oder Erfahrung. Hinzu kommt, dass es zu Überschneidungen und Vermischungen bei der Abklärung kommen könnte.
Unabhängiges Abklärungssystem: Im Rahmen der Interviews, welche das Büro BASS geführt hat, erachteten verschiedene Expertinnen und Experten es als sinnvoll, ein unabhängiges auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnittenes Abklärungssystem zu schaffen. Dieses solle auf bestehenden Instrumenten aufbauen, wie den Bedarfsabklärungen der Spitex-Organisation, dem Instrument des Pilotprojekts «Betreuungsgutsprachen» der Stadt Bern, geriatrischen Assessments ⁴8 , Instrumenten der Sozialberatung oder kantonalen Abklärungssystemen. Eine unabhängige Abklärungsstelle könnte bei Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause, die Vorteile der Fürsorge und der Steuerung des Angebotes mit sich bringen. Allerdings wären bei eine unabhängigen Abklärungsstelle eine Reihe von Fragen zu klären: Wie sind die Abklärungsstellen ins System der Ergänzungsleistungen eingeordnet? Welche Anforderungen wären an die Abklärungsstellen zu stellen? Wer würde eine solche unabhängige Stelle wie qualifizieren und garantieren? Wer würde diese Stelle beaufsichtigen? Wären die EL-Stellen an die Feststellung des Bedarfs gebunden? Wie müsste priorisiert werden, wenn der festgestellte Bedarf den Rahmen der Finanzierung übersteigt?
4¹ Abrufbar unter https://sozialversicherungen.admin.ch
> IV > Grundlagen IV > Individuelle Leistungen > Kreisschreiben.
4² Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen - Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 18. Hierbei handelt es sich um das Durchschnittsalter über alle Angebote hinweg.
4³ Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 19 .
4⁴ Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022., S. 19.
⁴5 Soom Ammann, E., Blaser, R., Betreuungsgutsprachen in der Stadt Bern. Begleitforschung zum Pilotprojekt von Mai 2019 bis April 2022, Juni 2022, Ziff. 6.4.2, abrufbar unter
www.bfh.ch > Forschung + Dienstleistungen > Projekte > Betreuungsgutsprachen - Begleitforschung > Schlussbericht.
⁴6 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022. , S. 32 sowie Ziff. 2.4.2.
⁴7 Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022, S. 48.
⁴8 Vgl. dazu zum Beispiel die Studie Inspire zur Durchführung und Evaluation eines koordinierten Versorgungsmodells für zu Hause lebende ältere Personen im Kanton Basel-Landschaft»,
http://www.inspire-bl.unibas.ch .

4.1.3 Vorgeschlagenes Modell

Die mit dem E-ELG vorgesehene Neuregelung soll zum einen neu zu vergütende Leistungen, die das betreute Wohnen fördern (Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause), in den Ergänzungsleistungen einführen und zum andern bestehende Leistungen zwischen den Kantonen harmonisieren. Zu diesen Leistungen sollen auch der Zuschlag für die Miete einer Wohnung, die an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasst ist, und die Vergütung der Wohnungsanpassung an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen gehören. Dabei handelt es sich nicht um Leistungen im Sinne einer Dienstleistung, die von einer Person erbracht werden, wie beispielsweise die Haushaltshilfe. Dennoch soll der Begriff «Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause» in dieser Gesetzesrevision der Einfachheit halber auch diese Leistungen umfassen. Das betreute Wohnen soll im Sinne der Motion 18.3716 breit interpretiert werden und Wohnen mit Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause im angestammten Zuhause und in einer Institution berücksichtigen. In Abweichung von der Motion sollen die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause allen Personen mit einem EL-Anspruch zustehen, wenn der Bedarf besteht. Allerdings orientiert sich das Leistungsangebot an den Bedürfnissen von Personen im Rentenalter. Der Zugang zu den Leistungen soll etwas erleichtert werden, indem auf das Vorliegen einer Hilflosenentschädigung für die Vergütung sämtlicher Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause verzichtet werden soll. Weiter sollen die Leistungen in Form einer Pauschale im Voraus ausgerichtet werden, wenn der Bedarf festgestellt worden ist. Auch damit soll die Hürde für den Zugang zu den Leistungen herabgesetzt werden. Ein Katalog an Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause macht eine Definition des Ausdrucks «Betreuung» im ELG denn auch unnötig, da sich Betreuung im Rahmen des ELG nach den Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause richtet. Schliesslich sollen die einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause von den Kantonen mit einem Maximalbetrag begrenzt werden können. Der Bund regelt daher einen Mindestbetrag über alle Leistungen hinweg, der in der Gesamtheit von Leistungen nicht unterschritten werden darf.
Die einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause, die Personen in ihrem angestammten Zuhause oder im Rahmen des institutionalisierten betreuten Wohnens vergütet werden sollen, sollen im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten geregelt werden. Wie weiter oben ausgeführt, vergüten die Kantone bereits heute in sehr unterschiedlicher Art und Weise Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause. Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollen mit dieser Regelung zwischen den Kantonen harmonisiert werden. Gleichzeitig kann die Regelung in einzelnen Kantonen auch zur Einführung einer neuen Leistung führen. Mit der Regelung im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten bleiben sie weiterhin in der Kompetenz der Kantone und sollen auch von diesen finanziert werden.
Folgende einzelne Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollen neu im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten aufgeführt werden:
-
ein Notrufsystem;
-
Hilfe im Haushalt;
-
Mahlzeitenangebote;
-
Begleit- und Fahrdienste;
-
Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen;
-
Zuschlag für die Miete einer Wohnung, die an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasst ist.
Nicht unter die hier vorgeschlagenen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause soll die Koordination von Hilfe und Betreuung fallen.
Bedarfsnachweis: Da die Kompetenz für die Anerkennung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause bei den Kantonen liegt, liegt bei ihnen auch die Kompetenz, den Bedarf für eine Betreuungsleistung festzulegen. Die Kantone richten bereits heute entsprechende Leistungen aus und führen die jeweiligen Abklärungen durch, insbesondere wenn es darum geht, Art und Umfang der hauswirtschaftlichen Leistungen für EL-Bezügerinnen und -Bezüger zu bestimmen, die eine private Dienstleistung oder eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen. Die Abklärung kann einfach anhand eines Antragsformulars erfolgen, das von einer Person mit einer entsprechenden Kompetenz (z. B. Ärztin, Fachperson der Spitex-Organisation) bestätigt wird. Denkbar und zu begrüssen sind aber auch umfassende Abklärungseinrichtungen, wie sie bereits in einzelnen Kantonen bestehen (z. B. BS, JU). Diese Kompetenz soll aber weiterhin den Kantonen belassen werden, allerdings soll eine Einschränkung festgelegt werden: Die Hilflosenentschädigung soll nicht Anspruchsvoraussetzung sein und damit auch nicht für den Bedarfsnachweis herangezogen werden dürfen. Wie weiter vorne aufgezeigt, besteht der Bedarf an niederschwelligen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause häufig bereits, bevor die Voraussetzungen für die Hilflosenentschädigung erfüllt sind. Würde die Hilflosenentschädigung als Voraussetzung eingeführt, würde dadurch die neue Regelung zu einem grossen Teil unterlaufen.
Die Auszahlung der benötigten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause soll in Form von Pauschalen zusammen mit der jährlichen Ergänzungsleistung monatlich erfolgen, ungeachtet der tatsächlich entstandenen Kosten. Damit sollen die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause den EL-Bezügerinnen und -Bezügern vorfinanziert werden. Der administrative Aufwand für die EL-Durchführungsstellen soll damit tief gehalten werden, weil nicht einzelne Rechnung vergütet werden müssen.
Die Festsetzung der Pauschale für die einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause obliegt den Kantonen. Sie müssen folglich für jede Leistung eine Pauschale festlegen, die auf die entsprechenden Angebote in ihrem Gebiet abgestimmt sind. Die Pauschalen aller Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollen zusammen den Betrag von 11 160 Franken (zur Herleitung des Betrags vgl. Erläuterungen zu Art. 14 a E-ELG) im Jahr nicht unterschreiten dürfen. Das kann dazu führen, dass die Pauschalen für die einzelnen Leistungen zwischen den Kantonen unterschiedlich hoch ausfallen. Dies ist allerdings eine Folge der Kompetenz der Kantone im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten, die sie auch allein finanzieren.
Koordination mit anderen Leistungen
Wenn neue Ausgaben und Vergütungen anerkannt werden sollen, müssen die neuen Leistungen den bereits bestehenden ähnlichen Leistungen gegenübergestellt werden, um eine Überentschädigung zu vermeiden. Die neu eingeführten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sind subsidiär zu sämtlichen anderen Versicherungsleistungen, namentlich der Rollstuhlzuschlag (Art. 10 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 ELG), die Hilflosenentschädigung (Art. 43bis AHVG und Art. 42 ff. IVG) und der Assistenzbeitrag (Art. 42quater ff. IVG und Art. 43ter AHVG). Die Subsidiarität der EL-Leistungen ist im Rahmen der Bedarfsabklärung festzustellen.
Rollstuhlzuschlag der EL: Benötigt eine Person eine rollstuhlgängige Wohnung, so wird das Mietzinsmaximum um einen Zuschlag erhöht. Eine rollstuhlgängige Wohnung deckt die Erfordernisse an eine an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasste barrierefreie Wohnung ab, weil sie hindernisfrei gebaut ist und damit auch für Personen mit Gehbeeinträchtigungen zugänglich ist. Die Anforderungen an eine barrierefreie Wohnung sind weniger hoch als an eine rollstuhlgängige Wohnung. Insbesondere muss nicht ausreichend Raum vorhanden sein, um einen Rollstuhl zu drehen. Insofern ist es offensichtlich, dass hier nicht beide Leistungen gleichzeitig berücksichtigt werden können, sondern nur die notwendige Leistung. Leben zwei Personen zusammen, die je einen Anspruch auf den jeweiligen Zuschlag haben, so geht der Zuschlag für die rollstuhlgängige Wohnung vor, weil dieser die Bedürfnisse beider Personen abdeckt (vgl. Erläuterung zu Art. 14 a Abs. 1 Bst. f).
Hilflosenentschädigung einschliesslich lebenspraktische Begleitung (Art. 42 Abs. 3 IVG) : Nach geltendem Recht wird die Hilflosenentschädigung in der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht als Einnahme angerechnet und steht folglich EL-Bezügerinnen und -Bezügern zur Begleichung von Hilfeleistungen zur Verfügung (Art. 11 Abs. 3 Bst. d ELG). Allerdings bestehen Abweichungen von diesem Grundsatz: Bei Personen, die zu Hause leben und eine mittlere oder schwere Hilflosenentschädigung zur IV oder zur AHV beziehen, wird die Hilflosenentschädigung zur Begleichung von Krankheitskosten herangezogen, wenn der vom Kanton festgelegte Höchstbetrag (25 000 Fr. für Alleinstehende und 50 000 Fr. für Ehepaare) überschritten wird. Ist auch die Hilflosenentschädigung ausgeschöpft, so wird der vom Kanton festgelegte Höchstbetrag je nach Schwere der Hilflosigkeit erhöht. Lebt eine Person, die EL bezieht, mit einer Hilflosenentschädigung in einem Heim, wird diese nur dann als Einnahme angerechnet, wenn die Kosten für die Pflege in der Tagestaxe enthalten sind (Art. 14 Abs. 4 ELG i.V.m. Art. 15 b der Verordnung vom 15. Januar 1971 ⁴9 über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung [ELV]).
Aufgrund der Besonderheiten bei der Berücksichtigung der Hilflosenentschädigung in der Berechnung der Ergänzungsleistungen ist auch im Falle eines Bezugs von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause die Frage zu klären, wie die Hilflosenentschädigung bei der Berechnung zu berücksichtigen ist. Die Hilflosenentschädigung bezweckt, dass sich die betroffenen Personen ihre Hilfe bei Hilflosigkeit finanzieren können. Die mit der Hilflosenentschädigung abgedeckten Leistungen unterscheiden sich von den mit dieser Gesetzesrevision einzuführenden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause. Sie ergänzen die neuen Leistungen, sind aber nicht deckungsgleich. Daher soll die Hilflosenentschädigung auch beim Bezug von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause zur freien Verfügung stehen.
Ist eine Person auf lebenspraktische Begleitung angewiesen, so besteht eine leichte Hilflosigkeit (Art. 42 Abs. 3 IVG). Ein Bedarf an lebenspraktischer Begleitung liegt vor, wenn eine Person nicht in einem Heim lebt und
-
ohne Begleitung nicht selbstständig wohnen kann;
-
für Verrichtungen und Kontakte ausserhalb der Wohnung auf Begleitung angewiesen ist; und
-
ernsthaft gefährdet ist, sich dauernd von der Aussenwelt zu isolieren.
Bei der «lebenspraktischen Begleitung» handelt es sich um ein zusätzliches und eigenständiges Institut der Hilfe. Sie beinhaltet nicht die «Hilfe bei den sechs alltäglichen Lebensverrichtungen» der Hilflosenentschädigung und auch keine «Pflege» oder «Überwachung». 5⁰ Auch der Anspruch auf die lebenspraktische Begleitung schliesst demnach einen Bedarf nach Leistungen für Hilfe und Pflege zu Hause nicht zum Vornherein aus, da damit andere Unterstützungsbedürfnisse abgedeckt werden.
Weil die Hilflosenentschädigung andere Bedürfnisse abdeckt als die Leistungen für Hilfe und Pflege zu Hause, soll sie nicht als Einnahme angerechnet werden dürfen, wenn eine Person Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause beansprucht. Gleichzeitig erhebt der hier vorgeschlagene Leistungskatalog keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird nicht jedem Einzelfall gerecht. So kann die Hilflosenentschädigung für ungedeckte Bedürfnisse verwendet werden (vgl. Erläuterung zu Art. 14 a Absatz 2).
Assistenzbeitrag: Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben Personen mit einer Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung, die zu Hause leben (Art. 42quater IVG). Erreichen diese Personen das ordentliche Rentenalter, so besteht ein Besitzstand auf dem Assistenzbeitrag, sodass dieser auch nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters noch bezogen werden kann (Art. 43ter AHVG). Aufgrund ihres Bedarfscharakters sind die Ergänzungsleistungen subsidiär zum Assistenzbeitrag und werden erst ausgerichtet, wenn dieser nicht ausreicht. Allerdings ist denkbar, dass eine Person, für die ein Assistenzbeitrag theoretisch in Frage kommen könnte, diesen aber nicht beansprucht, weil die damit verbundenen Arbeitgeberpflichten für sie eine zu hohe Hürde darstellen. In einem solchen Fall ist es möglich, dass eine solche Person Leistungen nach dem ELG beansprucht.
Berücksichtigung des Vermögens
Mit der Berücksichtigung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause im Rahmen der Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten werden zusätzliche Ausgaben berücksichtigt, was zu höheren Krankheitskosten und neuen anspruchsberechtigten Personen führt. Dabei stellt sich die Frage, ob sich - wie bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen von Personen in Heimen - eine stärkere Anrechnung des Vermögens rechtfertigt (vgl. Art. 11 Abs. 2 ELG). Davon betroffen wären nur Personen, die ein Vermögen über der Freigrenze von 30 000 Franken bei Alleinstehenden oder 50 000 Franken bei Ehepaaren haben (vgl. Art. 11 Abs. 1 Bst. c ELG). Von einer stärkeren Anrechnung des Vermögens soll abgesehen werden, da die neuen Leistungen nicht sehr umfangreich sind.
Anforderungen an Anbieter des institutionalisierten betreuten Wohnens
Die Anforderungen, die an die Anbieter von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause zu stellen sind - seien es Institutionen für betreutes Wohnen oder Anbieter von einzelnen Dienstleistungen - sind grundsätzlich von der Durchführungsstelle festzusetzen. Das bedeutet nicht, dass als Anbieter Privatpersonen zum Vornherein ausgeschlossen werden. Allerdings ist das Angebot vielfältig und es ist im Sinne der Leistungsbezügerinnen und -bezüger wie auch der Versicherung, dass die Angebote von guter Qualität sind und die Bedürfnisse angemessen befriedigen.
Es wird vorgeschlagen, dass das Angebot von den Kantonen geregelt und die Anerkennung der einzelnen Leistungsanbieter von diesen bestimmt werden soll. Die Kantone vergüten bereits heute entsprechende Leistungen, kennen das Angebot auf ihrem Gebiet und kommen auch für den überwiegenden Teil der Leistungen auf. Bei neuen Angeboten, insbesondere den altersgerechten Wohnungen, die nicht an eine Institution angegliedert ist, wird sich eine Praxis zur Prüfung des Angebots entwickeln müssen.
⁴9 SR 831.301
5⁰ Kreisschreiben über die Hilflosigkeit vom 1. Januar 2022, Stand 1. Januar 2024, Rz.2084 ff., abrufbar unter:
https://sozialversicherungen.admin.ch > IV > Grundlagen IV > Individuelle Leistungen > Kreisschreiben.

4.1.4 Zuschlag für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für die Nachtassistenz

Assistenzpersonen mit Nachtdiensten brauchen während ihrer Einsätze einen Ort, um sich zurückzuziehen und auszuruhen zu können. In den Ergänzungsleistungen soll dafür neu ein Zuschlag bei den Mietkosten berücksichtigt werden, damit für die Nachtassistenz ein Zimmer angeboten werden kann. Es ist für beide Seiten unzumutbar, dass die Assistenzperson in der Küche, auf dem Sofa oder im selben Zimmer schläft. Pro Haushalt soll daher neu ein Zimmer für eine Assistenzperson berücksichtigt werden können, die Nachtdienst leistet.
Zur Deckung der zusätzlichen Mietkosten soll ein Zuschlag vorgesehen werden, der dem Zuschlag für die zweite Person bei der Berücksichtigung des Mietzinses in der EL-Berechnung entspricht. Im Falle einer Anpassung der Beträge passt sich dieser mit an. Dieser Betrag ist insofern gerechtfertigt, als es sich beim Zimmer für die Nachtassistenz lediglich um eine Rückzugsmöglichkeit handelt. In diesem Zimmer braucht es ein Bett, eine Lampe und allenfalls eine Möglichkeit, wenige persönliche Dinge zu deponieren. Es handelt sich bei der Assistenzperson für den Nachtdienst nicht um eine Mitbewohnerin, die zusätzlichen Raum benötigt.

4.1.5 Aufteilung des Zuschlags für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung auf die Mitglieder des Haushaltes

Der Zuschlag für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung ist Teil des anerkannten Höchstbetrags pro Haushalt (Art. 10 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 ELG). Bei mehreren im gleichen Haushalt lebenden Personen wird der Höchstbetrag der anerkannten Mietkosten für jede anspruchsberechtigte oder in die gemeinsame Berechnung der Ergänzungsleistungen eingeschlossene Person einzeln festgesetzt und die Summe der anerkannten Beträge durch die Anzahl aller im Haushalt lebenden Personen geteilt (Art. 10 Abs. 1bis ELG). Damit knüpft der Zuschlag an die Wohnung an, sodass pro Wohnung ein Zuschlag gewährt wird, auch wenn mehr als eine Person im Haushalt auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Dies ist insofern sinnvoll, als dass die Anzahl Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, für die Mehrkosten für eine rollstuhlgängige Wohnung keine Rolle spielt. Die entsprechenden Vorkehrungen müssen unabhängig von der Anzahl der Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, vorgenommen werden (Lift, breitere Türen, Vorrichtungen in Bad und Küche usw.). Insofern ist die Aufteilung des Rollstuhlzuschlags auf diese Personen richtig. Der Zuschlag wird allerdings gemäss dem geltenden Recht auf alle Personen eines Haushalts aufgeteilt, also auch auf Personen, die keinen Rollstuhl benötigen. Dadurch werden Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind und in einer Wohngemeinschaft leben, benachteiligt, weil diese Anteile «verloren gehen». Der Zuschlag soll daher nur den Personen, die Anspruch auf den Zuschlag haben, gewährt werden. So können sie den ganzen Zuschlag für die wegen des Erfordernisses der Rollstuhlgängigkeit teureren Wohnung verwenden.

4.1.6 Rückforderung des EL-Betrags für die Krankenversicherungsprämie

Seit 2014 richten die Kantone die Prämienverbilligungen und die EL-Beträge für die Krankenversicherungsprämie direkt an den Krankenversicherer aus (Art. 65 Abs. 1 KVG und Art. 21 a Abs. 1 ELG). Unrechtmässig ausgerichtete EL fordern sie heute beim Krankenversicherer zurück. Letzterer erhebt in der Folge bei der versicherten Person die Prämien in der Höhe des weggefallenen EL-Betrags. Führt die Forderung zu einem Verlustschein, so vergütet der Kanton dem Krankenversicherer gemäss Artikel 64 a Absatz 4 KVG 85 Prozent davon. Aufgrund dieser Vorgehensweise muss nicht zwischen EL und Prämienverbilligung unterschieden werden, wodurch die Abläufe effizient gehalten werden können. Ausserdem erfahren die Krankenversicherer so nicht, welche ihrer Versicherten EL beziehen.
Im Urteil 9C_716/2020 vom 20. Juli 2021 5¹ hat das Bundesgericht entschieden, dass die Krankenversicherer gegenüber den EL-Durchführungsstellen nicht rückerstattungspflichtig sind und die EL-Beträge für die Krankenversicherungsprämie bei den EL-Bezügerinnen und -Bezügern zurückzufordern sind. Mit Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung zu Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 5² über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) und Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung vom 11. September 2002 5³ über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts stellte das Bundesgericht fest, dass der Krankenversicherer lediglich Zahlstelle ist. Damit muss er für diese Beträge nicht mehr das Inkasso durchführen und das Inkassorisiko tragen.
Die Umsetzung des Urteils führt insbesondere für die Durchführungsstellen und Krankenversicherer zu einem grossen Aufwand, weil der Datenaustausch zwischen ihnen geändert werden müsste. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung soll eine rechtliche Grundlage schaffen, damit die ursprüngliche Praxis fortgeführt werden kann.
5¹ BGE 147 V 369
5² SR 830.1
5³ SR 830.11

4.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Diese Revision enthält keine neuen Aufgaben, die dem Bund durch Erlass dieser Revision entstehen. Folglich hat der neue Erlass auch keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.

4.3 Umsetzungsfragen

Die Kantone klären bereits heute Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause ab und vergüten sie. Mit dieser Revision werden die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause harmonisiert. Es kann sein, dass für gewisse Kantone einzelne Leistungen hinzukommen. Für die Umsetzung stellen sich dabei allerdings keine grundsätzlichen neuen Fragen.

5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 10
Abs. 1 Bst. b Ziff. 4: Es wird ein neuer Zuschlag eingeführt, der das Mietzinsmaximum erhöht und einer Person oder mehreren zusammenlebenden Personen ermöglichen soll, ein zusätzliches Zimmer zu mieten, um einer Person, die sie während der Nacht betreut, eine Rückzugsmöglichkeit zu bieten. Damit dieser zusätzliche Betrag gewährt werden kann, muss die betreute Person einen Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben, aus dem der Bedarf für die Nachtassistenz hervorgeht. Gleichzeitig muss belegt sein, dass für die Nachtassistenz ein separates Zimmer zur Verfügung steht.
Abs. 1 bis erster Satz: Im italienischen Text wird ein Fehler im geltenden Recht korrigiert und der Ausdruck «prestazione transitoria» (Übergangsleistung) durch «prestazione complementaria» (Ergänzungsleistung) ersetzt
Abs. 1 bis zweiter Satz: Es wird ein Verweis auf die Zusatzbeträge nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 2 ELG eingefügt. Dies ist nötig zur Abgrenzung von den Zusatzbeträgen, auf die im neuen Absatz 1ter a verwiesen wird.
Abs. 1 ter a: Damit die Zusatzbeträge nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 3 und 4 E-ELG denjenigen Personen zugutekommen, die sie benötigen, sollen sie von der Regelung, wonach die Summe der Zusatzbeträge auf alle im Haushalt lebenden Personen aufgeteilt werden muss, ausgenommen werden.
Es soll pro Wohnung ein Zuschlag gewährt werden. Leben mehrere Personen, die Anspruch darauf haben, zusammen, soll der Zuschlag auf diese Personen aufgeteilt werden. Leben sie mit einer Person zusammen, die keinen Anspruch auf den Zuschlag hat, soll der Zuschlag nur denjenigen Personen zustehen, die Anspruch auf den jeweiligen Zuschlag hat (Art. 16 c ELV).
Art. 11
Abs. 1 Bst. i: Die Prämie für die OKP wird in der EL-Berechnung als Ausgabe anerkannt (Art. 10 Abs. 3 Bst. d ELG). Im Zeitpunkt der EL-Anmeldung beziehen viele Personen bereits eine Prämienverbilligung. Um zu verhindern, dass die Kosten für die Krankenversicherungsprämie für den Zeitraum der EL-Nachzahlung doppelt bezahlt werden, wurde mit der EL-Reform Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe i ELG eingeführt. Demnach wird die Prämienverbilligung für die Zeitspanne, für die rückwirkend eine jährliche EL ausgerichtet wird, als Einnahme angerechnet. Mit dieser Bestimmung sollte verhindert werden, dass die Kosten für die Krankenversicherungsprämie für den Zeitraum der EL-Nachzahlung doppelt bezahlt werden. Dabei wurde jedoch übersehen, dass die Kantone seit 2014 verpflichtet sind, sowohl die Prämienverbilligung wie auch den Pauschalbetrag für die Krankenpflegeversicherung nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe d direkt an den Krankenversicherer auszurichten. Davon betroffen sind auch rückwirkend ausgerichtete Leistungen.
Hat eine Person für den Zeitraum, für den sie rückwirkend eine EL erhält, bereits eine Prämienverbilligung erhalten, so wird diese in der Praxis beim Krankenversicherer zurückgefordert und mit der EL-Nachzahlung verrechnet (Art. 22 Abs. 5 ELV). Die Umsetzung von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe i würde umfassende und kostspielige Anpassungen an den Inkassosystemen der EL-Durchführungsstellen und am Datenaustausch zwischen den Prämienverbilligungsstellen und den Krankenversicherern erfordern, ohne dass sich daraus ein Nutzen ziehen liesse. Die Bestimmung soll deshalb wieder aufgehoben werden. Auf die mit der EL-Reform angekündigte Aufhebung von Artikel 22 Absatz 5 ELV soll verzichtet werden.
Art. 14
Sachüberschrift: Die Sachüberschrift wird angepasst, da die Krankheits- und Behinderungskosten neu sowohl in Artikel 14 (Grundsatz) als auch in Artikel 14 a (besondere Bestimmungen für Hilfe und Betreuung zu Hause) geregelt werden sollen.
Abs. 1 Einleitungssatz: Dieser Artikel hält den Grundsatz fest, dass die Kantone Krankheits- und Behinderungskosten vergüten. Die neuen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause (Art. 14 a E-ELG) sollen auch unter die Krankheits- und Behinderungskosten fallen und führen die Bestimmung in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b ELG aus. Entsprechend gelten die Bestimmungen von Artikel 14 auch für die neuen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause.
Gemäss Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b ELG vergüten die Kantone Kosten für Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause sowie in Tagesstrukturen. Der neue Artikel 14 a E-ELG präzisiert einen Teil davon, nämlich die Hilfe und Betreuung zu Hause (vgl. Erläuterungen zu Art. 14 a ) Diese Leistungen sollen in Form einer Pauschale vergütet werden. Die bisherige Regel in Artikel 14 Absatz 1 ELG, wonach nur ausgewiesene Kosten vergütet werden dürfen, steht dazu im Widerspruch und soll daher in Artikel 15 Absatz 1 E-ELG (Vergütung) verschoben werden.
Abs. 1 Bst. h: Bei der Vergütung der Kosten für die Anpassung einer Wohnung an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen soll das Zuhause möglichst nach deren Bedürfnissen eingerichtet werden. Dabei kann es sich um die Anpassung der Wohnung im Aussenbereich (z. B. eine Rampe zur Haustüre, Handläufe bei Treppenstufen, Türöffner) oder der Sanitärräume (z. B. Haltegriffe in Bad und WC) oder um Türschwellenrampen handeln. Diese Vergütung eignet sich insbesondere für Personen mit Wohneigentum. Mit der Einwilligung des Vermieters oder der Vermieterin ist sie aber auch im Mietverhältnis denkbar. Bei dieser Leistung werden die effektiv entstandenen Kosten bis zum vom Kanton festgelegten Betrag vergütet. Der Zuschlag für die Miete einer Wohnung, die an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasst ist, soll das Mietzinsmaximum nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b ELG erhöhen. Der Zuschlag soll die Miete einer Wohnung ermöglichen, die aufgrund der Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen teurer ist als eine herkömmliche Wohnung. Der Zuschlag soll das Mietzinsmaximum nur dann erhöhen, wenn es sich um die Miete einer entsprechenden Wohnung handelt. Kriterien insbesondere für Wohnungen von in der Mobilität eingeschränkten Personen können sein: die Zugänglichkeit mittels eines Lifts bei mehreren Stockwerken, möglichst keine, niedrige oder mit Rampen versehene Schwellen, Handläufe (auch im Flur) oder Haltegriffe in Bad und WC. 5⁴ Es kann sich dabei um eine betreute Wohnung, die an eine Institution angebunden ist (institutionalisierte betreute Wohnung), oder um eine Wohnung ohne Anbindung an eine Institution (angestammte Wohnung) handeln. Selbstverständlich kann es sich auch um ein gemietetes Haus handeln. Letztlich liegt es in der Kompetenz der Kantone zu beurteilen, ob eine Wohnung die notwendigen Anforderungen erfüllt.
Es wird der effektive Mietzins vergütet. Der Betrag, der die Miete aufgrund der angepassten Wohnung erhöht, wird in der Regel nicht explizit ausgewiesen sein. Daher soll über den Zuschlag der Teil der Miete vergütet werden, der die Höchstbeträge nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 1 und 2 ELG übersteigt. Um eine Überversicherung zu vermeiden, sollen nicht zwei verschiedene Zuschläge für dieselbe Wohnung gewährt werden können. Daher soll der Zuschlag für eine rollstuhlgängige Wohnung (Art. 10 Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 ELG) vorgehen, wenn Anspruch auf beide Zuschläge besteht.
Es werden entweder die Kosten der Anpassung einer herkömmlichen Wohnung vergütet oder die höhere Miete, die aus der Anpassung resultiert. Bei beiden Leistungen werden die effektiven Kosten vergütet. Daher sind sie in Artikel 14 E-ELG eingeordnet.
Abs. 2 bis : Es soll pro Wohnung ein Zuschlag gewährt werden. Leben mehrere Personen, die Anspruch haben, zusammen, so soll der Zuschlag auf diese Personen aufgeteilt werden. Leben sie mit einer Person zusammen, die keinen Anspruch auf den Zuschlag hat, so soll der Zuschlag nur denjenigen Personen zustehen, die Anspruch auf den jeweiligen Zuschlag hat (Art. 16 c ELV).
Abs. 7: Der geltende Absatz 7 wird neu zu Artikel 15 Absatz 2 E-ELG.
Art. 14a
Krankheits- und Behinderungskosten: Besondere Bestimmungen für Hilfe und Betreuung zu Hause
Abs. 1: Diese Artikel enthält besondere Bestimmungen zur Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten für Personen, die Hilfe und Betreuung zu Hause brauchen. Weil es sich um die Präzisierung von Hilfe und Betreuung nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b ELG handelt, soll für diese Leistungen entsprechend dieser Terminologie der Begriff «Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause» verwendet werden. In dieser Terminologie entspricht «zu Hause leben» der Definition von Artikel 10 Absatz 1 Einleitungssatz, wonach darunter «nicht dauernd und nicht länger als drei Monate in einem Heim oder Spital leben» zu verstehen ist. Damit wird auch deutlich, dass darunter das Wohnen im angestammten zu Hause und das betreute Wohnen fällt - soweit die betreffende Institution nicht vom Kanton als Heim anerkannt ist (Art. 25 a Abs. 1 ELV).
Die Auswahl der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause orientiert sich am Bedürfnis von Personen im Rentenalter, steht aber bei entsprechendem Bedarf auch Personen mit Ergänzungsleistungen zur Invalidenversicherung oder zur Hinterlassenenversicherung zu. Wie in Ziffer 4.1.3 ausgeführt, sind die Leistungen für Hilfe und Betreuung als Teil der EL (Art. 3 Abs. 1 Bst. b ELG) subsidiär zu anderen Versicherungsleistungen, insbesondere zu Leistungen der Invalidenversicherung, der Unfallversicherung und der Krankenversicherung. Die Bestimmung enthält zu vergütende Leistungen, die die Kantone zum Teil bereits heute vergüten. Andere sind neu. Insbesondere Kosten für Hilfe im Haushalt werden heute in fast allen Kantonen vergütet. Hingegen sind Begleit- und Fahrdienste, die über einen Arztbesuch hinausgehen, für die meisten Kantone neu. Die Wahl der hier aufgeführten Leistungen für Hilfe und Betreuung basiert auf der für diese Gesetzesänderung beim Büro BASS in Auftrag gegebene Studie 5⁵ , dem Pilotprojekt der Stadt Bern ⁵6 und einer Umfrage des BSV bei den kantonalen EL-Stellen. Ausführende Regelungen bezüglich des Bedarfsnachweises, der Anbieter und des Leistungsumfangs der einzelnen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sollen die Kantone selber vornehmen können.
Die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sind Personen zu vergüten, die einen Anspruch auf die jährlichen Ergänzungsleistungen haben, oder welchen die Vergütung aufgrund von Artikel 14 Absatz 6 ELG zusteht. Diese Leistungen werden Personen zu Hause oder auch in einer institutionalisierten betreuten Wohnung vergütet. Sie werden folglich nicht Personen, die im Heim leben und für die eine Heimberechnung vorgenommen wird, vergütet. Ein Heimeintritt führt demnach zu einem Ende auf den Anspruch (vgl. Erläuterung zu Absatz 2).
Bst. a: Das Notrufsystem hat sich als eine der wichtigsten Leistungen für Hilfe und Betreuung erwiesen, obschon nur wenige Kantone diese Dienstleistung berücksichtigen. Insbesondere mit zunehmendem Alter nimmt die Unsicherheit und damit das subjektive Sicherheitsbedürfnis zu, auch wenn dies unter Umständen (noch) nicht an etwas Konkretem (z. B. frühere Stürze, Schwindel) festgemacht werden kann. Das Notrufsystem erhöht auch das Sicherheitsempfinden der Angehörigen, was ebenfalls dazu beiträgt, dass die betroffene Person länger selbstständig im eigenen Zuhause bleiben kann. Daher sollte für diese Leistung ein Gefühl der Unsicherheit als Bedarfsnachweis ausreichen und nicht bereits ein Ereignis eingetreten sein, das die Leistung notwendig macht. Vergütet werden soll die Miete eines Notrufsystems.
Bst. b: Die Haushaltshilfe wird von allen an der Befragung des BSV beteiligten Kantonen bereits heute vergütet und erweist sich als zentrale und unverzichtbare Hilfe für Personen, die zunehmend Schwierigkeiten haben bei der Erledigung der Hausarbeit. Den Bedarf für die Haushalthilfe klären die meisten Durchführungsstellen aufgrund eines Arztzeugnisses. Die Abklärung des Bedarfes soll weiterhin in der Kompetenz der Kantone liegen.
Bst. c : Mahlzeitenangebote sollen Personen, denen das Kochen schwerfällt oder die es nicht können, eine warme Mahlzeit ermöglichen. Diese ist wichtig für das Wohlergehen dieser Personen. Darunter können Mahlzeitenlieferungen nach Hause oder auch Mittagstischangebote fallen. Ein Mittagstisch, so denn ein entsprechendes Angebot erreichbar ist, stellt eine vergleichsweise preiswerte Möglichkeit einer warmen Mahlzeit dar und zudem den Kontakt mit Personen her. Zu bedenken ist bei dieser Leistung, dass die Ausgaben für das Essen bereits im allgemeinen Lebensbedarf berücksichtigt sind. Diese Leistungen für Hilfe und Betreuung sollen vor allem die mit der Lieferung und dem Aufwärmen der Mahlzeit sowie dem Mittagstisch verbundenen Mehrkosten abdecken.
Bst. d: Die Fahr- und Begleitdienste weisen eine wichtige soziale Komponente auf. Diese sollen beispielsweise für den Besuch von Bekannten oder auch für einen Coiffeurbesuch in Anspruch genommen werden können und schützen auch vor Einsamkeit. Gleichzeitig entsteht bereits bei der Fahrt ein Kontakt mit der Fahrerin oder dem Fahrer. Begleit- und Fahrdienste stellen darüber hinaus eine Entlastung der betreuenden Angehörigen dar.
Abs. 2: Dieser Absatz regelt den Beginn und das Ende des Anspruchs. Der Beginn richtet sich einerseits nach dem Zeitpunkt der Beantragung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause und zum andern nach dem tatsächlichen Vorliegen des Bedarfs. Bestand der Bedarf bereits vor der Antragsstellung, so soll der Anspruch zeitlich nicht vor der Anmeldung festgesetzt werden können, auch wenn der Bedarf bereits vor der Antragsstellung bestand. Hat eine Person Leistungen für Hilfe und Betreuung beantragt und die Bedarfsabklärung verzögert sich, so entsteht der Anspruch ab dem Monat, in dem die Person die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause beantragt hat. Der Anspruch erlischt, wenn der Bedarf wegfällt, so zum Beispiel bei einem Heimeintritt.
Abs. 3: Die Hilflosenentschädigung soll keine Voraussetzung für die Vergütung von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause sein. Wie in Ziffer 4.1.3 ausgeführt, eignet sich die Hilflosenentschädigung nicht als Voraussetzung für Leistungen für Hilfe und Betreuung. Bei den zu vergütenden Leistungen für Hilfe und Betreuung handelt es sich um eine niederschwellige Unterstützung, die in der Regel bereits benötigt wird, bevor eine Person hilflos ist. Darüber hinaus wird für die Hilflosenentschädigung eine Wartezeit verlangt. Diese wurde zwar im Rahmen der AHV 21 herabgesetzt, würde aber für Hilfe und Betreuung zu Hause dennoch eine Hürde darstellen für Personen, die lediglich niederschwellige Unterstützung benötigen.
Die Hilflosenentschädigung soll auch kein Ausschlussgrund sein, und zwar unabhängig vom Schweregrad der Hilflosigkeit. Die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause ergänzen die Hilflosenentschädigung, sodass es möglich ist, dass bei einer Person mit einer schweren Hilflosigkeit Leistungen wie Transporte zu Bekannten noch möglich sein können.
Die Hilflosenentschädigung soll zudem nicht als Einnahme berücksichtigt werden. Die ausgewählten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause werden als die wichtigsten betrachtet, haben aber nicht den Anspruch, sämtliche individuellen Bedürfnisse zu decken. Für diese individuellen Lücken soll die Hilflosenentschädigung als Finanzierungsquelle für die betroffenen Personen herangezogen werden können.
Abs. 4: Für jede der angeführten Leistungen für Hilfe und Betreuung in Absatz 1 soll vom Kanton eine Pauschale festgesetzt werden. Diese soll sich nach den Angeboten in der jeweiligen Region oder des jeweiligen Kantons richten. Die Höhe des Betrags soll den Bezug der entsprechenden Leistungen auch tatsächlich ermöglichen. Die vom Kanton festgelegten Pauschalen der in Absatz 1 aufgeführten Leistungen dürfen allerdings in der Summe nicht tiefer sein als 11 160 Franken. Dadurch haben die Kantone einen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der einzelnen Pauschalen. Weil es sich bei Artikel 14 a E-ELG um eine besondere Bestimmung zu Artikel 14 handelt, gelten zusätzlich auch die Mindestbeträge nach Artikel 14 Absatz 3. Diese werden durch den Mindestbetrag nach Artikel 14 a nicht erhöht. Das bedeutet auch, dass die Mindestbeträge nach Artikel 14 Absatz 3 vorgehen und den Mindestbetrag nach Artikel 14 a E-ELG begrenzen, wenn sie tiefer sind als dieser. Dies trifft insbesondere beim Mindestbetrag für Vollwaisen zu.
Der Mindestbetrag von 11 160 Franken leitet sich aus nachstehenden, jährlichen Richtwerten für die einzelnen Leistungen ab. Die Richtwerte lehnen sich an die Betreuungsgutsprachen der Stadt Bern an (vgl. Ziff. 3.2), wurden aber nicht vollständig übernommen:
-
Notrufsystem: 840 Fr. für Miete und Betrieb;
-
Hilfe im Haushalt: 6720 Fr. (4 Stunden à 35 Fr. pro Woche; 560 Fr. pro Monat);
-
Mahlzeitenangebote: 2400 Fr. (10 Mahlzeiten à 20 Fr. pro Monat);
-
Begleit- und Fahrdienste: 1200 Fr. (100 Fr. pro Monat).
Art. 15
Vergütung
Sachüberschrift: Da mit dieser Gesetzesänderung neue Bestimmungen zur Vergütung hinzukommen, wie die unterschiedliche Art der Vergütung der Kosten von Artikel 14 und 14 a E-ELG, erhält Artikel 15 eine neue Sachüberschrift, die die subsumierten Regelungen besser abdeckt.
Abs. 1: Die für die Kosten nach Artikel 14 geltende Regelung, wonach die ausgewiesenen und im laufenden Jahr entstandenen Kosten vergütet werden, werden neu in Artikel 15 eingeordnet. Die Kosten nach Artikel 14 sollen also weiterhin aufgrund von Belegen und im laufenden Jahr vergütet werden. An der bestehenden Praxis soll sich demnach nichts ändern.
Abs. 2: Hierbei handelt es sich um den bisherigen Artikel 14 Absatz 7, der die Vergütung von noch nicht bezahlten, aber in Rechnung gestellten Kosten regelt. Dieser wird aus systematischen Gründen verschoben.
Abs. 3: Ist der Bedarf nach Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause festgestellt, so soll die entsprechende Pauschale ausgerichtet werden. Zeigt sich beispielsweise bei einer Person, dass sie nicht mehr kocht und Mühe bekundet, den Haushalt zu verrichten, werden ihr die Pauschalen für die Mahlzeitenangebote und für die Hilfe im Haushalt zugesprochen. Die Auszahlung soll monatlich zusammen mit der jährlichen Ergänzungsleistung erfolgen, sofern nicht ein Anspruch nach Artikel 14 Absatz 6 ELG besteht. Die Auszahlung der Pauschale soll wenn möglich innerhalb von 14 Tagen nach der Bedarfsfeststellung erfolgen. Damit besteht Gewähr, dass die EL-Bezügerinnen und -Bezüger die Leistungen für Hilfe und Betreuung nicht vorfinanzieren müssen. Danach soll nicht geprüft werden, ob die Bezügerinnen und Bezüger die zugesprochene Leistung auch tatsächlich für den festgestellten Bedarf verwenden. Damit soll der Zugang zu den Leistungen niederschwellig bleiben und der administrative Aufwand klein gehalten werden. Mit dieser Regelung wird das Risiko in Kauf genommen, dass der Bedarf nach einer bestimmten Leistung zwar festgestellt worden ist und die entsprechende Pauschale ausgerichtet wird, diese dann aber nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet wird. Die erwähnten Vorteile dieser Regelung wiegen diesen Nachteil allerdings auf.
Art. 16
Finanzierung
Damit klar ist, dass auch die neu eingeführten Leistungen für Hilfe und Betreuung in von den Kantonen finanziert werden, wurde die Bestimmung auf den ganzen Abschnitt ausgedehnt.
Art. 19
Anpassung der Leistungen
Neben bereits heute bestehenden Anpassungen soll der Bundesrat auch Anpassungen der Mindestbeträge nach 14 a Absatz 4 vornehmen können.
Art. 21a
Sachüberschrift: Ursprünglich war in diesem Artikel ausschliesslich die Auszahlung des Betrags für die OKP geregelt. Seit dem 1. Januar 2021 ist die EL-Reform in Kraft. In diesem Rahmen wurde Artikel 21 a durch einen neuen Absatz 3 ergänzt, der die Auszahlung des EL-Betrags für den Aufenthalt in Heimen und Spitälern regelt. Dabei wurde es unterlassen, die Sachüberschrift anzupassen. Dies soll nun nachgeholt werden.
Abs. 1: Um die Direktauszahlung der Prämienverbilligung und des EL-Betrags an den Krankenversicherer umzusetzen, wurde ein Datenaustausch zwischen den Kantonen und den Krankenversicherern eingeführt. Dieser Datenaustausch ist gemäss dem «Konzept Datenaustausch Prämienverbilligung» vom 25. März 2020 ⁵7 , das gestützt auf Artikel 54 a Absatz 5 ELV in Verbindung mit Artikel 106 d Absatz 2 der Verordnung vom 27. Juni 1995 ⁵8 über die Krankenversicherung und Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung des EDI vom 13. November 2012 ⁵9 über den Datenaustausch für die Prämienverbilligung erlassen wurde, auf das laufende und die vier vorangegangenen Kalenderjahre begrenzt. EL-Nachzahlungen, die einen weiter zurückliegenden Zeitraum betreffen, müssen von den Prämienverbilligungsstellen und den Krankenversicherern manuell bearbeitet werden, was sehr aufwendig ist. Der vorliegende Absatz 1 wird deshalb dahingehend angepasst, dass Nachzahlungen von EL-Beträgen für die Krankenversicherungsprämie nur noch dann direkt an den Krankenversicherer ausbezahlt werden, wenn sie das laufende und die vier vorangegangenen Kalenderjahre betreffen. Nachzahlungen, die einen weiter zurückliegenden Zeitraum betreffen, werden an die EL-Bezügerin oder den EL-Bezüger ausgerichtet.
Art. 21b
Rückforderung von Beträgen für die obligatorische Krankenpflegeversicherung
Abs. 1: Diese Bestimmung regelt, dass der Krankenversicherer EL-Beträge, die ihm direkt - jedoch zu Unrecht - ausbezahlt worden sind, dem Kanton zurückerstatten muss. Dem Krankenversicherer werden nur EL-Beträge ausgerichtet, die das laufende und die vier vorangegangenen Kalenderjahre betreffen. Dementsprechend beschränkt sich auch die Rückerstattungspflicht des Krankenversicherers auf diesen Zeitraum. EL-Rückforderungen, die einen weiter zurückliegenden Zeitraum betreffen, werden gemäss Artikel 25 Absatz 1 ATSG bei der EL-Bezügerin oder dem EL-Bezüger geltend gemacht.
Gestützt auf die Artikel 52 Absatz 1 und 56 Absatz 1 ATSG hat die Person, die Ergänzungsleistungen bezieht, die Möglichkeit, Einsprache gegen die Rückforderungsverfügung zu erheben und den Einspracheentscheid gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies gilt auch in Bezug auf den EL-Betrag, der beim Krankenversicherer zurückgefordert wird. Gemäss Artikel 49 Absatz 5 ATSG darf einer Einsprache oder Beschwerde, die sich gegen eine Verfügung über die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen richtet, die aufschiebende Wirkung nicht entzogen werden. Die Rückforderung wird somit erst vollstreckbar, wenn die zugrundeliegende Verfügung in Rechtskraft erwachsen ist. Dementsprechend wird die Rückforderung dem Krankenversicherer erst angezeigt, wenn die Rückforderungsverfügung rechtskräftig ist und über ein allfälliges Erlassgesuch rechtskräftig entschieden worden ist.
Der Krankenversicherer fordert die bei ihm entstandenen Prämienausstände bei der EL-Bezügerin oder dem EL-Bezüger zurück. Falls diese oder dieser die Rechnung nicht begleicht, übernimmt der Kanton 85 Prozent der Forderung (Art. 64 a Abs. 4 KVG).
Abs. 2: Die Rückforderung unrechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen kann erlassen werden, wenn die betroffene Person die Leistungen in gutem Glauben empfangen hat und eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 ATSG). Die Krankenversicherer können sich jedoch nicht auf die grosse Härte berufen (Art. 4 Abs. 3 ATSV). Gemäss dieser Regelung könnte der EL-Betrag für die Krankenversicherungsprämie nicht erlassen werden, weil das Erfordernis der grossen Härte nicht erfüllt ist. Die Krankenversicherer würden somit auch in Fällen, in denen die EL-Bezügerin oder der EL-Bezüger die beiden Kriterien für den Erlass der Rückforderung erfüllt, den EL-Betrag für die Krankenversicherungsprämie zurückerstatten und bei der versicherten Person eine Nachforderung im Umfang des weggefallenen EL-Betrags geltend machen. Für diese nachträglich eingeforderten Prämien gibt es keine Erlassmöglichkeit. Indirekt müsste die Bezügerin oder der Bezüger die EL-Rückforderung trotz der Erfüllung der Erlasskriterien letztlich begleichen. Um dies zu verhindern und die Rechte der betroffenen Personen zu wahren, sieht die vorliegende Bestimmung vor, dass der Erlass der Rückforderung auch denjenigen EL-Betrag betrifft, der an den Krankenversicherer ausgerichtet worden ist.
Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
Art. 20
Abs. 2 Bst. b bis : Die Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose sollen wie die Ergänzungsleistungen mit fälligen Leistungen verrechnet werden können. Diese Regelung wurde mit der Einführung des Bundesgesetzes vom 19. Juni 2020 6⁰ über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose nicht aufgenommen. Dies soll hiermit nachgeholt werden.
5⁴ Vgl. dazu auch Curaviva, Wohnformen im Alter, eine terminologische Klärung , Herbst 2014, und Bundesamt für Wohnungswesen, Gestaltung von altersgerechten Wohnbauten , Merkblatt, Juli 2013, abrufbar unter
www.bwo.admin.ch > Wie wir wohnen > Wohnen im Alter > Dokumente.
5⁵ Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022.
⁵6 www.bern.ch > Themen > Gesundheit, Alter und- Soziales > Alter > Finanzen und Recht > Betreuungsgutsprachen > Informationen für Fachpersonen.
⁵7 Das Konzept ist abrufbar unter www.bag.admin.ch
> Versicherungen > Krankenversicherung > Versicherer und Aufsicht > Datenaustausch für die Prämienverbilligung zwischen Versicherern und Kantonen > Dokumente.
⁵8 SR 832.102
⁵9 SR 832.102.2
6⁰ SR 837.2

6 Auswirkungen

6.1 Finanzielle Auswirkungen

6.1.1 Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause

Bund
Durch die Regelung des betreuten Wohnens im Rahmen der Krankheits- und Behinderungskosten, die in der Kompetenz der Kantone liegen, entstehen dem Bund keine Kosten.
Kantone
Schätzung der Zahl der Begünstigten mit einer Ergänzungsleistung zur AHV
Grundlage für die Schätzung der Begünstigtenzahl bildet die Höchstzahl der Personen, die potenziell Anspruch auf die neu eingeführten Leistungen haben. Letztlich werden nicht alle Personen der Zielbevölkerung die Leistungen in Anspruch nehmen. Der genaue Anteil kann zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht vorhergesagt werden. Mit dem für diese Schätzung gewählten Ansatz kann jedoch eine Obergrenze für die finanziellen Auswirkungen festgelegt und eine Einschätzung zur Kosteneffizienz der Massnahme insgesamt abgegeben werden.
Es wird davon ausgegangen, dass die Menschen im eigenen Zuhause leben und Umzüge vermeiden möchten. In diesem Zusammenhang erwähnt die BASS-Studie, dass die Nachfrage nach kostengünstigen altersgerechten Wohnungen möglicherweise ansteigen könnte. 6¹ Es wird davon ausgegangen, dass alle Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen über 80 Jahren, die bereits Pflege zu Hause durch eine Spitex-Organisation in Anspruch nehmen, Leistungen für Hilfe und Betreuung beziehen werden. Bei den über 80-Jährigen nehmen insgesamt 176 400 Personen Pflegeleistungen zu Hause in Anspruch. 22 400 Personen, also 12,7 Prozent dieser Altersgruppe, beziehen EL zur AHV. Ausserdem ist anzunehmen, dass Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen im Heim, die pro Tag weniger als 60 Minuten Pflege erhalten, im eigenen Zuhause bleiben werden. 6² Gestützt auf die EL-Statistik per 31. Dezember 2021 würde dies rund 9500 Personen betreffen. Nimmt man die EL-Bezügerinnen und -Bezüger im eigenen Zuhause und im Heim dazu, beläuft sich die Zahl der potenziellen Bezügerinnen und Bezüger von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause auf rund 31 900 Personen.
Tabelle 6-1
Potenzielle Bezügerinnen und Bezüger von Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause
Tabelle vergrössern
open_with
Anzahl Fälle Massnahme Definition
22 400 Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause Anzahl EL-Fälle mit Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause
9 500 Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause Anzahl im Heim lebender EL-Fälle mit höchstens 60 Min. Pflege pro Tag, deren Heimeintritt sich mit der neuen Massnahme verzögern würde.
Die Annahmen zu den Bevölkerungsgruppen mit Anspruch auf die neuen Massnahmen müssen mit einer Einschätzung dazu ergänzt werden, wie lange es dauert, bis die neu eingeführten Massnahmen die Zielgruppen erreichen. Folgende Hypothese wurde dabei zugrunde gelegt: Im ersten Jahr beansprucht ein Viertel der Zielgruppe die neuen Massnahmen, im zweiten Jahr die Hälfte und im dritten Jahr drei Viertel. Erst ab dem vierten Jahr beansprucht die gesamte Zielgruppe die neuen Massnahmen.
Schätzung der Zahl der Begünstigten mit einer Ergänzungsleistung zur IV
Für die Schätzung der Mehrkosten aufgrund einer Ausweitung des Anspruchs auf Personen mit einer EL zur IV besteht keine genügende Datengrundlage. Aufgrund der Subsidiarität der EL würden Personen mit einem Assistenzbeitrag sicherlich ausser Betracht fallen. In Frage kämen somit Personen während des Wartejahrs zur Hilflosenentschädigung und solche, die nur eine Hilflosenentschädigung beziehen. Es ist also mit 30 000 Personen zu rechnen.
Mehrkosten in den Ergänzungsleistungen zur AHV
Für die Schätzung der Kosten für die Vergütung der neuen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause wurden zwei Varianten erstellt: Die Variante Maximum entspricht der Grössenordnung der Summe der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause (inkl. dem Zuschlag für die Miete einer Wohnung, die an die Bedürfnisse von in der Mobilität eingeschränkten Personen angepasst ist; vgl. Erläuterung zu Art. 14 a Abs. 4 E-ELG), also einem Betrag von 13 000 Franken. Bei der Variante tief wurde von der Hälfte dieses Betrags ausgegangen. Die Fallzahl wird in den ersten vier Jahren nach der Einführung der Massnahme kontinuierlich zunehmen. Ein Viertel der 31 900 Personen mit Ergänzungsleistungen zur AHV entspricht im Jahr 2026 gerundet 9000 Fällen (vgl. Tabelle 6-2) auch unter Berücksichtigung der Zunahme der EL-Fälle, die in der demografischen Entwicklung begründet ist.
Einzelne Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause (z. B. Haushaltshilfe) werden bereits von den Kantonen vergütet. Die Umfrage des BSV zu den vergüteten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause bei 19 Kantonen im Jahr 2021 ergab, dass die Kantone bereits Leistungen im Umfang von 48 Millionen Franken vergüten. Diese Ausgaben sind wurden bei der Berechnung der Kosten bereits abgezogen, sind also in den angeführten Kosten nicht enthalten.
Tabelle 6-2
Mehrkosten und Anzahl Fälle AHV [Betrag in Mio. Franken, zu effektiven Preisen 2023]
Tabelle vergrössern
open_with
Jahr Variante tief Variante Max. Anzahl Fälle
2026 50 110 9 000
2027 100 220 19 000
2028 160 340 29 000
2029 210 460 40 000
2030 210 470 41 000
Mehrkosten in den Ergänzungsleistungen zur IV
Die Kostenschätzung für die Vergütung der neuen Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause erfolgt nach demselben Vorgehen wie in der AHV mit einer Variante Maximum und einer Variante tief, die der Hälfte der Variante Maximum entspricht. Ausgegangen wird auch hier von der Summe aller neu zu gewährenden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause in der Grössenordnung von 13 000 Franken. Weil die IV Leistungen für das selbstbestimmte Wohnen ausrichtet, wird angenommen, dass von Personen mit Ergänzungsleistungen zur IV weniger Leistungen bezogen werden, weshalb die Berechnungen mit tieferen Beträgen erfolgten. Der Betrag für die Variante Maximum entspricht demnach 8500 Franken, für die Variante tief 4250 Franken.
Tabelle 6-3
Mehrkosten und Anzahl Fälle IV [Beträge in Mio. Franken, zu effektiven Preisen 2023]
Tabelle vergrössern
open_with
Jahr Variante tief Variante Max. Anzahl Fälle
2026 30 60 8 000
2027 60 130 15 000
2028 90 190 23 000
2029 120 260 32 000
2030 120 260 33 000
Einsparungen durch verzögerten Heimeintritt bei Altersrentnerinnen und -rentnern
Die Kosteneinsparungen hängen von der Anzahl der Begünstigten ab, deren Heimeintritt aufgrund der Beanspruchung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause später erfolgt. Die Prognosen stützen sich auf die Anzahl Fälle per Ende 2021 gemäss EL-Register. Das sind wie in der Tabelle 6-1 angegeben 9500 Fälle. Nach fünf Jahren stabilisiert sich der Anteil Personen, deren Heimeintritt sich verzögert, während die absolute Bezügerzahl aufgrund der demografischen Entwicklung weiter ansteigt. Erste Einsparungen ergeben sich frühestens nach einem Jahr, da es unwahrscheinlich ist, dass EL-Bezügerinnen und -Bezüger, die bereits in einem Heim leben, durch die Massnahmen in ihr Zuhause zurückkehren.
Im Bereich der Invalidenversicherung ist nicht mit Einsparungen aufgrund einer Verzögerung von Heimeintritten zu rechnen. Bei Personen mit einer Ergänzungsleistung zur IV ist vielmehr zu erwarten, dass es zu Austritten aus dem Heim kommt.
Tabelle 6-4
Einsparungen durch den Verbleib im eigenen Zuhause (statt Heimeintritt) sowie Anzahl Fälle [Beträge in Mio. Fr., zu effektiven Preisen 2023]
Tabelle vergrössern
open_with
Jahr Kantone Anzahl Fälle
2026 0 0
2027 -70 2 700
2028 -140 5 500
2029 -210 8 500
2030 -280 11 700
6¹ Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen - Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022, S. 16.
6² Bannwart, L., Künzi, K., Jäggi, J. & Gajta, P., Betreutes Wohnen- Aktualisierte Grundlagen [im Auftrag des BSV], Bern, Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS, Februar 2022, S. 28.

6.1.2 Zuschlag für die Miete eines zusätzlichen Zimmers für die Nachtassistenz und der Aufteilung des Zuschlags für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung für Bund und Kantone

Die finanziellen Auswirkungen sind minimal. 2021 benötigten insgesamt 338 EL- und Assistenzbeitragsbezügerinnen und -bezüger eine Nachtassistenz. Der Zuschlag entspricht dem Betrag für die zweite Person bei der Berücksichtigung des Mietzinses in der EL-Berechnung, was Kosten in der Höhe von rund 1 Million Franken (rund 0,6 Mio. Fr. für den Bund und 0,4 Mio. Fr. für die Kantone) pro Jahr nach sich zieht.
Die Änderung betreffend die Aufteilung des Zuschlags für eine rollstuhlgängige Wohnung hat keine bedeutenden finanziellen Auswirkungen.

6.1.3 Anpassung betreffend die Rückforderung des EL-Betrags für die Krankenversicherungsprämie

Diese Gesetzesänderung soll eine Grundlage für die Fortführung der bestehenden Praxis schaffen. Insofern hat sie weder im Bereich der Ergänzungsleistungen noch in Bezug auf deren Umsetzung finanzielle Auswirkungen.

6.2 Personelle Auswirkungen auf den Bund und die Kantone

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand des Bundes. Es ist davon auszugehen, dass auch der Personalbestand der Kantone nur in geringem Ausmass durch die Änderungen tangiert wird, weil die Kantone bereits heute Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause vergüten.

6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die vorgeschlagenen Änderungen haben nur geringe Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die über die Ergänzungsleistungen finanzierten Massnahmen sollen den Existenzbedarf sichern. Die neu zu vergütenden Leistungen erweitern zwar die zu vergütenden Kosten im Bereich der Krankheits- und Behinderungskosten, verändern aber die von den Kantonen festzulegenden Höchstbeträge nicht. Da sie auf das Nötigste beschränkt sind, ist davon auszugehen, dass sie die Wirtschaft kaum beeinflussen.

6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Betreuung insbesondere von älteren Menschen ist angesichts der demografischen Entwicklung ein zentrales Thema in der aktuellen gesellschaftlichen Debatte. Die Anerkennung des betreuten Wohnens im Rahmen der EL ermöglicht es, die Bedürfnisse der EL-Bezügerinnen und -Bezüger nach sozialer Unterstützung und nach Betreuung unabhängig von der Wohnform besser zu berücksichtigen. Die vorgeschlagene Änderung des ELG wird einen Einfluss auf die Lebensqualität im eigenen Zuhause, auf den Erhalt der Autonomie sowie - über die anerkannten Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause - indirekt auf die Unterstützung pflegender Angehöriger haben. Sie stellt somit einen Beitrag für die aktuelle Herausforderung dar, Lebensformen und Räume für Menschen mit Einschränkungen zu unterstützen und trägt damit zur sozialen Kohäsion bei.

6.5 Auswirkungen auf die Umwelt und andere Auswirkungen

Es ist offensichtlich, dass im Bereich der Umwelt keine Auswirkungen zu erwarten sind. Auch andere Auswirkungen sind nicht zu erwarten. Die entsprechenden Fragen wurden daher nicht detailliert untersucht.

7 Rechtliche Aspekte

7.1 Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 112 a BV, wonach die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Ergänzungsleistungen Sache des Bundes ist.
Die Bestimmungen des ATSG sind auf die Leistungen nach dem 2. Kapitel des ELG anwendbar, soweit dieses nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen tangieren die Bestimmungen des ATSG nicht und stehen daher in Einklang mit diesem.

7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

7.2.1 Instrumente der internationalen Organisationen

Die Schweiz hat das Übereinkommen vom 13. Dezember 2006 6³ über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UNO-Behindertenrechtskonvention) ratifiziert. Mit der Ausweitung des Anspruchskreises der neu einzuführenden Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause auf Menschen mit Ergänzungsleistungen zur IV oder mit Hilflosenentschädigung wird die Autonomie und das selbstbestimmte Wohnen von Menschen mit Behinderungen unterstützt. In dem Sinne entspricht die Gesetzesrevision den Zielen der UNO-Behindertenrechtskonvention und im Besonderen der Allgemeinen Bemerkung Nr. 5 des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen über die unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft (Art. 19 UNO-Behindertenkonvention) vom 31. August 2017 6⁴ .
6³ SR 0.109
6⁴ Die allgemeine Bemerkung ist auf Französisch abrufbar unter:
www.ohchr.org/fr > Instruments et mécanismes > Organes conventionnels > Comité des droits des personnes handicapées > Observations générales > Observation générale no 5. Article 19: autonomie de vie.

7.2.2 Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über den freien Personenverkehr und EFTA-Übereinkommen

Die EU hat zwecks Erleichterung der Personenfreizügigkeit Regelungen zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit geschaffen. Die Schweiz nimmt seit dem Inkrafttreten des Abkommens vom 21. Juni 1999 6⁵ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA) am 1. Juni 2002 an diesem Koordinierungssystem teil. Das EU-Recht sieht keine Harmonisierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unter Beachtung der europarechtlichen Koordinierungsgrundsätze selber festlegen. Dies gilt aufgrund des revidierten Übereinkommens vom 4. Januar 1960 6⁶ zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (EFTA-Übereinkommen) auch in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten.
Die Schweiz wendet aufgrund des FZA mit der EU sowie des revidierten EFTA-Übereinkommens und gestützt auf Artikel 32 ELG die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ⁶7 und die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 ⁶8 an. Diese beiden Verordnungen bezwecken einzig die Koordinierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit und stützen sich auf die entsprechenden internationalen Koordinationsgrundsätze, insbesondere die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen anderer Vertragsparteien mit den eigenen Staatsangehörigen, die Aufrechterhaltung der erworbenen Ansprüche und die Auszahlung von Leistungen im ganzen europäischen Raum (Export von Leistungen).
Die Ergänzungsleistungen gemäss schweizerischer Gesetzgebung (ELG) fallen in den sachlichen Geltungsbereich der bereits genannten Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Es handelt sich um «besondere beitragsunabhängige Geldleistungen», die in Anhang X der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Anhang II zum FZA eingetragen sind. Diese Leistungen weisen sowohl Merkmale der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch Merkmale der Sozialhilfe auf. Die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 sieht vor, dass die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen vom Grundsatz des Leistungsexports ins Ausland ausgeschlossen sind. Trotz des Grundsatzes der Gleichbehandlung haben somit nur Personen mit Wohnsitz in der Schweiz Anspruch auf Ergänzungsleistungen.
Die Vorlage stellt daher in Bezug auf das Koordinationsrecht mit der EU kein Problem dar und ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.
6⁵ SR 0.142.112.681
6⁶ SR 0.632.31
⁶7 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der für die Schweiz gemäss Anhang II FZA jeweils verbindlichen Fassung (eine unverbindliche, konsolidierte Fassung dieser Verordnung ist veröffentlicht in SR 0.831.109.268.1 ) sowie in der für die Schweiz gemäss Anlage 2 Anhang K des EFTA-Übereinkommens jeweils verbindlichen Fassung.
⁶8 Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der für die Schweiz gemäss Anhang II FZA jeweils verbindlichen Fassung (eine unverbindliche, konsolidierte Fassung dieser Verordnung ist veröffentlicht in SR 0.831.109.268.11 ) sowie in der für die Schweiz gemäss Anlage 2 Anhang K des EFTA-Übereinkommens jeweils verbindlichen Fassung.

7.3 Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Diese Änderung untersteht als solche auch dem Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV).

7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss aktuellen Schätzungen zieht der neue Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 4 E-ELG Mehrbelastungen für den Bund von unter 1 Million Franken pro Jahr nach sich (vgl. Ziff. 6.1.2). Es ist möglich, dass es zu einer Zunahme der Nachfrage nach dem Zusatzbetrag für ein zusätzliches Zimmer für Nachtassistenzen kommen könnte. Allerdings werden diese neuen wiederkehrenden Ausgaben kaum mehr als 2 Millionen Franken zur Folge haben. Deshalb ist Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 4 ELG nicht der Ausgabenbremse zu unterstellen.

7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Die Regelung der Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause belässt den Kantonen in der Umsetzung der neuen Leistungen einen Ermessenspielraum, zum einen in der Festlegung des Höchstbetrags der einzelnen Pauschalen und zum andern bei der Feststellung des Bedarfs, der zum Anspruch auf die Leistung berechtigt. Des Weiteren wurden die mit der Pauschale abgegoltenen Leistungen festgelegt. Damit ist das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz beachtet. Gleichzeitig gilt das Prinzip der Subsidiarität in den Ergänzungsleistungen, sodass die Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause erst zum Tragen kommen, wenn sämtliche andere Leistungsansprüche ausgeschöpft sind.

7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Dieser Gesetzesentwurf sieht keine Delegationen von Rechtsetzungsbefugnissen vor.

7.7 Datenschutz

Die vorgeschlagenen Änderungen haben keine Auswirkungen auf den Datenschutz.
Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Leistungen für Hilfe und Betreuung zu Hause)
Markierungen
Leseansicht