Berufsordnung für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger im Lande Bremen
Berufsordnung für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger im Lande Bremen Vom 1. Oktober 2004
Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 10.06.2010 bis 28.02.2011
V aufgeh. durch § 11 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung vom 4. Februar 2011 (Brem.GBl. S. 69)
Stand: | letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 Abs. 40 des Gesetzes vom 25.05.2010 (Brem.GBl. S. 349) |
Auf Grund des
§ 29 Abs. 2 des Gesundheitsdienstgesetzes
vom 27. März 1995 (Brem.GBl. S.175, 366 - 2120-f-1), das zuletzt durch Artikel 2 § 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2002 (Brem.GBl. S. 605) geändert worden ist, wird verordnet:
Abschnitt 1 Allgemeines
§ 1 Ziel
(1) Diese Berufsordnung regelt die allgemeinen und speziellen Berufsaufgaben der Angehörigen der Kranken- und Kinderkrankenpflege (professionell Pflegende).
(2) Professionelle Pflege wird unter Berücksichtigung und ohne Bewertung von Nationalität, Glauben, politischer Einstellung, Hautfarbe, Alter, Geschlecht oder dem sozialen Rang ausgeführt. Voraussetzung für die Sicherstellung einer professionellen Pflege ist die Förderung einer qualitativ hochstehenden Pflege im Bereich der Praxis, der Aus,- Fort- und Weiterbildung, des Managements und der Pflegewissenschaft.
§ 2 Berufsbild
Pflege als Beruf ist eine abgrenzbare Disziplin von Wissen und Können im Gesundheitswesen. Sie stützt sich in der Ausübung des Berufes und in der Forschung auf pflegewissenschaftliche, medizinische und weitere bezugswissenschaftliche Erkenntnisse. Sie bedient sich der fachlichen, personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen, die zur Pflege von Menschen in unterschiedlichen Pflege- und Lebenssituationen sowie Lebensphasen erforderlich sind. Die Pflege im Sinne von Satz 1 bis 3 ist dabei unter Einbeziehung präventiver, kurativer, rehabilitativer und palliativer Maßnahmen auf die Wiedererlangung, Verbesserung, Erhaltung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der zu pflegenden Menschen auszurichten. Für sterbende Menschen ist die bestmögliche, würdevolle Begleitung zu gewährleisten. Die Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Menschen ist stets zu berücksichtigen.
Abschnitt 2 Aufgaben und Pflichten
§ 3 Allgemeine Berufsaufgaben
Die Aufgaben der professionell Pflegenden sind entweder eigenverantwortlich, im Rahmen der Mitwirkung oder interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen auszuüben.
1.
Folgende Aufgaben werden durch professionell Pflegende eigenverantwortlich ausgeführt:
a)
Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfes, Planung, Organisation, Durchführung und Dokumentation der Pflege,
b)
Evaluation der Pflege, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege,
c)
Beratung, Anleitung und Unterstützung von zu pflegenden Menschen und ihrer Bezugspersonen in der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit,
d)
Anleitung von Auszubildenden sowie von Hilfskräften.
2.
Folgende Aufgaben werden von professionell Pflegenden im Rahmen der Mitwirkung ausgeführt:
a)
eigenständige Durchführung ärztlich veranlasster Maßnahmen,
b)
Maßnahmen der Prävention, medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation.
3.
Professionell Pflegende arbeiten interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen zusammen und entwickeln dabei multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen von Gesundheitsproblemen.
§ 4 Spezielle Berufsaufgaben
Professionell Pflegende
1.
konzipieren, realisieren und evaluieren Pflegeleistungen in Absprache mit ihren Patienten und Patientinnen,
2.
unterstützen das Recht der Patientin oder des Patienten auf umfassende Information über ihren oder seinen Gesundheits- und Pflegezustand, um Mitwirkung und Mitentscheidung zu ermöglichen,
3.
entwickeln und überprüfen ihre Pflegetätigkeit aufgrund anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse,
4.
übernehmen im Team und in der Institution Verantwortung, indem sie sich an der Qualitätsentwicklung und -sicherung beteiligen,
5.
halten ihren Kompetenzbereich ein und achten den Kompetenzbereich anderer Berufsgruppen,
6.
arbeiten eng mit Angehörigen und Laien zusammen und leiten diese in der Pflege an.
§ 5 Berufspflichten
Professionell Pflegende haben folgende berufsrechtlichen Vorschriften zu beachten:
1.
Allgemeine Berufspflichten
Eine professionelle pflegerische Berufsausübung verlangt, dass die oder der professionell Pflegende beim Umgang mit Patientinnen und Patienten
a)
deren Würde und Selbstbestimmungsrecht respektiert sowie deren Privatsphäre achtet,
b)
über die beabsichtigten Pflegemaßnahmen, gegebenenfalls über deren Alternativen und über die Beurteilung des Pflegezustandes in für die Patientin oder den Patienten verständlicher und angemessener Weise informiert und insbesondere das Recht, empfohlene Pflegemaßnahmen abzulehnen, respektiert,
c)
Rücksicht auf die Gesamtsituation der Patientin oder des Patienten nimmt,
d)
den Mitteilungen der Patientin oder des Patienten gebührende Aufmerksamkeit entgegen bringt und einer Patientenkritik sachlich begegnet,
e)
rechtzeitig andere Pflegekräfte oder Ärztinnen oder Ärzte hinzuzieht, wenn die eigene Kompetenz zur Lösung der pflegerischen und therapeutischen Aufgabe nicht ausreicht.
2.
Spezielle Berufspflichten
a)
Schweigepflicht
Die professionell Pflegenden sind grundsätzlich zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse der ihnen anvertrauten Patientinnen und Patienten und deren Bezugspersonen verpflichtet.
b)
Auskunftspflicht
Die professionell Pflegenden sind angehalten, Patientinnen und Patienten die erforderlichen Auskünfte über die geplanten pflegerischen Maßnahmen zu erteilen. Darüber hinaus sollen sie an die am Behandlungs- und Betreuungsprozess beteiligten Angehörigen anderer Berufsgruppen die notwendigen Informationen weitergeben.
c)
Beratungspflicht
Die professionell Pflegenden sind gegenüber den Patientinnen und Patienten zur Beratung verpflichtet. Dies betrifft im Besonderen gesundheitsfördernde und gesundheitserhaltende Maßnahmen, Methoden und Verhaltensweisen und die Beratung zu alternativen Pflege- und Versorgungsformen.
d)
Dokumentationspflicht
Die professionell Pflegenden haben ihre eigenverantwortliche Pflegetätigkeit in strukturierter Form zu dokumentieren. Hierzu wird ein im Arbeitsbereich installiertes Dokumentationssystem verwendet. Die Dokumentationen erfolgen vollständig, zeit- und handlungsnah, leserlich und fälschungssicher signiert. Die Pflegedokumentation unterliegt dem Datenschutz.
e)
Verpflichtung zur Kompetenzerhaltung als Fortbildungspflicht nach Artikel 22 Buchstabe b der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EG Nr. L 255/22)
Professionell Pflegende sind verpflichtet, Maßnahmen zur beruflichen Kompetenzerhaltung zu ergreifen. Geeignete Maßnahmen zur Kompetenzerhaltung sind neben dem Studium der Fachliteratur unter anderem:
aa)
die Teilnahme an internen Qualifizierungsmaßnahmen,
bb)
die Teilnahme an externen Fortbildungsveranstaltungen bei anerkannten Fort- und Weiterbildungsträgern,
cc)
die Teilnahme an Qualitätssicherungsmaßnahmen sowie an fachlichen Hospitationen und Auditverfahren.
Professionell Pflegende haben in dem Umfang von den kompetenzerhaltenden Maßnahmen Gebrauch zu machen, wie dies zur Erhaltung und Entwicklung der zur Berufsausübung notwendigen Fachkenntnisse erforderlich ist. Professionell Pflegende müssen den Sätzen 1 und 2 entsprechende Maßnahmen gegenüber dem Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in geeigneter Form nachweisen können. Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales kann einmal jährlich den Nachweis über absolvierte kompetenzerhaltende Maßnahmen der professionell Pflegenden abfragen. In jedem Jahr sind Maßnahmen der Kompetenzerhaltung im Umfang von mindestens zehn Stunden neben dem Studium der Fachliteratur durch jede professionelle Pflegekraft verbindlich zu erbringen. Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales regelt das nähere Verfahren.
f)
Verpflichtung zur Qualitätssicherung
Die professionell Pflegenden sind verpflichtet, sich an Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen. Grundlage dafür sind insbesondere die aktuelle Gesundheitsgesetzgebung und landes- oder bundesrechtliche Vorschriften zur Qualitätssicherung.
§ 6 Annahme geldwerter Leistungen
Die Annahme geldwerter Leistungen, wie Geschenke, Geld, Sachmittel, Darlehen oder die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit sind mit dem berufsethischen Verständnis der professionell Pflegenden unvereinbar. Einzelheiten hierzu werden durch die Dienstanweisungen der Träger geregelt. Ausgenommen hiervon ist die Annahme geldwerter Leistungen im Bagatellbereich.
§ 7 Gutachterliche Tätigkeit
Das Ausstellen von Gutachten und Zeugnissen durch professionell Pflegende hat nach bestem Wissen und objektiven Beurteilungskriterien zu erfolgen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung professionell Pflegende verpflichtet sind, oder die sie auszustellen übernommen haben, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben.
§ 8 Freiberufliche Tätigkeiten
Freiberuflich tätige professionell Pflegende treffen folgende zusätzliche Pflichten:
1.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende sind im Rahmen der Aufsicht und Überwachung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nach den
§§ 27
und
28 des Gesundheitsdienstgesetzes
verpflichtet, dem Gesundheitsamt die hierfür notwendigen Auskünfte zu erteilen.
2.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende sowie deren Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich dieser Berufsordnung fallen, haben den Nachweis ihrer Kompetenzerhaltung analog
§ 5 Nr. 2 Buchstabe e
zu erbringen.
3.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende können auf ihre Tätigkeit unter Angabe der von ihnen angebotenen Leistungen hinweisen.
4.
Jede berufswidrige Werbung ist freiberuflich tätigen professionell Pflegenden untersagt.
5.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende haben die ihnen zustehenden Gebühren nach den einschlägigen bundes- und landesrechtlichen Gebührenverordnungen zu berechnen.
6.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende haben alle geltenden gesetzlichen Vorschriften, die ihren Bereich betreffen, zu befolgen. Auf der Grundlage der verschiedenen Bundes- und Landesgesetze beteiligen sie sich an Qualitätssicherungsmaßnahmen und weisen dies entsprechend den gesetzlichen Regelungen nach.
7.
Freiberuflich tätige professionell Pflegende sind verpflichtet, sich ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit zu versichern. Sie sind verpflichtet, gegenüber dem Gesundheitsamt auf Anforderung eine Erklärung über einen ausreichenden Deckungsschutz aus bestehender Berufshaftpflichtversicherung nach Satz 1 abzugeben.
Abschnitt 3 Ordnungswidrigkeiten
§ 9 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des
§ 38 Abs. 1 Nr. 9 des Gesundheitsdienstgesetzes
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
entgegen
§ 5 Nr. 1 Buchstabe e
nicht rechtzeitig andere Pflegekräfte oder Ärztinnen oder Ärzte hinzuzieht, wenn die eigene Kompetenz zur Lösung der pflegerischen und therapeutischen Aufgabe nicht ausreicht,
2.
entgegen
§ 5 Nr. 2 Buchstabe d
die eigenverantwortliche Pflegetätigkeit nicht, nicht vollständig oder nicht zeit- und handlungsnah dokumentiert,
3.
entgegen
§ 5 Nr. 2 Buchstabe e
nicht oder nicht in dem geforderten Umfang an kompetenzerhaltenden Maßnahmen teilnimmt, wie dies zur Erhaltung und Entwicklung der zur Berufsausübung notwendigen Fachkenntnisse und beruflichen Kompetenzen erforderlich ist,
4.
entgegen
§ 6
geldwerte Leistungen außerhalb des Bagatellbereichs im Zusammenhang mit der Berufstätigkeit annimmt,
5.
entgegen
§ 8 Nr. 4
berufswidrig wirbt,
6.
entgegen
§ 8 Nr. 7
sich nicht ausreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen der beruflichen Tätigkeit versichert.
Abschnitt 4 Schlussvorschrift
§ 10 In-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2005 in Kraft. Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.
Bremen, den 1. Oktober 2004
Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales
Feedback