Richtlinien zum Verkauf von Grundstücken des Landes und der Stadtgemeinde Bremen
Richtlinien zum Verkauf von Grundstücken des Landes und der Stadtgemeinde Bremen
Die Senatorin für Finanzen | Bremen, den 07.11.2008 |
Richtlinien zum Verkauf von Grundstücken des Landes und der Stadtgemeinde Bremen
1.)
Anwendungsbereich der Richtlinien
Die nachfolgenden Richtlinien sind bei allen Grundstücksverkäufen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen anzuwenden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen den Verfahren bei Grundstücksverkäufen ohne einen öffentlichen Bauauftrag / eine öffentliche Baukonzession und den Verfahren bei Grundstücksverkäufen mit einem öffentlichen Bauauftrag / einer öffentlichen Baukonzession.
2.)
Allgemeine Grundsätze für Grundstücksverkäufe
2.1) Nach den Vorschriften der
§§ 63
,
64 LHO
dürfen Grundstücke auf der Grundlage einer Wertermittlung nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Die Verwertung kann entweder auf dem Wege einer öffentlichen Ausschreibung, einer beschränkten Ausschreibung oder eines freihändigen Verkaufs erfolgen
1
. Im Falle einer Verknüpfung mit einem öffentlichen Bauauftrag / einer öffentlichen Baukonzession
2
erfolgt die Verwertung entsprechend den Bestimmungen der VOB Teil A. Über das angemessene Verkaufsverfahren entscheiden grundsätzlich die im Grundstücksverkehr handelnden Einheiten unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls, vorbehaltlich einer Weisung des für das Sondervermögen bzw. Grundstück zuständigen Fachressorts.
Der Senat wird eine ressortübergreifende Immobilienkommission einberufen, die bei der Vergabe von Grundstücken, die wegen ihrer besonderen städtebaulichen Bedeutung oder aufgrund von Beschlüssen des Senats oder der Bürgerschaft von besonderer Bedeutung für die Stadtentwicklung sind, in Konfliktfällen Lösungen sucht und ggf. gegenüber den entscheidenden Gremien Empfehlungen abgibt. Die Kommission berät nicht über Grundstücke in Hafengebieten und reguläre Gewerbeflächen in Gewerbegebieten. Näheres zu Zusammensetzung, Kompetenzen und Verfahren regelt der Senat bei Einsetzung des Gremiums.
Für die Verkaufsentscheidung können sowohl ein Höchstgebot, ein Mindestgebot oder ein Festpreis als auch städtebauliche oder konzeptionelle Aspekte ausschlaggebend sein. Möglich sind auch Mischformen aus städtebaulichen, konzeptionellen und finanziellen Aspekten. Ortspolitische Interessen bezüglich der Entwicklung und Sicherung der sozialen Infrastruktur sind entsprechend den Bestimmungen des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter zu berücksichtigen.
Das für das jeweilige Sondervermögen bzw. Grundstück zuständige Ressort kann im Interesse der vorgenannten Aspekte spezielle Verfahrensregelungen zum Verkauf vorgeben, die es mit den für diese Aspekte fachlich zuständigen Ressorts abstimmt.. Sie bedürfen im Rahmen der jeweiligen Kompetenzen der Zustimmung der Senatorin für Finanzen oder des Haushalts- und Finanzausschusses.
Sofern der Immobilienverkauf mit einer Leistungserbringung gemäß den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers (z.B. städtebaulicher oder konzeptioneller Art) an das Bauvorhaben verknüpft ist, die über die rein rechtlichen Festsetzungen hinausgeht, handelt es sich um einen Beschaffungsvorgang entsprechend der VOB Teil A. In diesen Fällen sind daher die Bestimmungen der VOB Teil A anzuwenden, insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung des Wettbewerbs, der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Verfahrenstreue.
Sofern das mit dem Bauvorhaben ausgelöste Investitionsvolumen den jeweils gültigen EU-rechtlichen Schwellenwert (z.Zt. 5,15 Mio. €) der Richtlinie 2004/18/EG überschreitet, muss der Verkauf mit Bauverpflichtung EU-weit bekannt gegeben werden. Im übrigen ist die VOB Teil A anzuwenden.
Weiterhin ist das Vergabegesetz des Landes Bremen zu beachten, wenn der dort jeweils festgesetzte Schwellenwert überschritten wird.
Verfahrensregelungen für Grundstücksverkäufe ohne öffentlichen Bauauftrag oder ohne öffentliche Baukonzession (2.2 bis 2.5)
2.2)
Öffentliche Ausschreibung
Sofern eine öffentliche Ausschreibung zum Höchstgebot, zum Mindestgebot oder zum Festpreis durchgeführt wird, sind dabei die folgenden Grundsätze anzuwenden:
a)
Der Verkauf erfolgt nach Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung in der regionalen ggf. auch überregionalen Presse. Die Möglichkeiten neuer Medien (Internet) sind einzubeziehen. In der Anzeige sind die relevanten Angaben zur Immobilie wie z.B.
•
die Lage und Größe des Grundstückes
•
die Nutzungsmöglichkeit
•
der Umfang der Ausnutzbarkeit
aufzunehmen.
b)
In der Anzeige ist ein Termin zu nennen, bis zu dem Angebote entgegen genommen werden (Angebotsfrist). Es werden nur schriftliche Gebote berücksichtigt.
c)
Gebote, die keine exakte Kaufpreissumme, sondern lediglich ein Mehrgebot gegenüber dem jeweiligen Höchstgebot enthalten, sind auszuschließen.
d)
Für Grundstücke, an deren Verkauf besondere planerische, bauordnungsrechtliche oder sonstige Bedingungen geknüpft sind, ist vor der Ausschreibung eine umfassende Akquisitionsunterlage zu erstellen. Die darin enthaltenen Bedingungen sind mit den jeweils betroffenen Fachbehörden abzustimmen.
e)
Soweit der Inhalt der Akquisitionsunterlage wegen seines Umfanges nicht in die Anzeige aufgenommen werden kann oder dies aus anderen Gründen unzweckmäßig ist, ist in die Anzeige zusätzlich aufzunehmen, dass nur solche Gebote berücksichtigt werden, in denen bestätigt wird, dass sie in Kenntnis der Akquisitionsunterlagen abgegeben worden sind.
Die jeweiligen Kriterien, die für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen, sind mit der Veröffentlichung bekannt zu geben. Gleiches gilt für deren Gewichtung, wenn es sich um mehrere Kriterien handelt.
2.3)
Beschränkte Ausschreibung
Bei Durchführung einer beschränkten Ausschreibung werden den potenziellen Investoren die Akquisitionsunterlagen zur Verfügung gestellt, aus denen sich die relevanten Angaben zur Immobilie (z.B. Lage und Größe des Grundstückes sowie Art und Umfang der Nutzungsmöglichkeit) ergeben.
2.4)
Freihändiger Verkauf
Bei einem freihändigen Verkauf können dem potenziellen Erwerber Akquisitionsunterlagen entsprechend Nr. 2.2.d ausgehändigt werden; im Regelfall wird darauf aber verzichtet, da die wesentlichen Grundstücksdaten/-informationen bei den Akquisitionsgesprächen vermittelt werden.
Bei dem Verkauf von Gewerbegrundstücken hat Bremen neben dem Interesse an der Erzielung eines dem Wert des Grundstücks entsprechenden Kaufpreises ein hohes Interesse, auf die Art des ansiedelnden Gewerbes Einfluß zu nehmen, um die Struktur des Gewerbegebietes aktiv zu gestalten. Die Vermarktung von Grundstücken für gewerbliche Zwecke in Gewerbegebieten erfolgt deshalb grundsätzlich im Wege eines freihändigen Verkaufs nach Akquisition. Eine gesonderte Begründung nach Nr. 2.5 dieser Richtlinien ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
2.5) Die Gründe für die Durchführung eines Grundstücksverkaufs auf dem Wege einer beschränkten Ausschreibung oder eines freihändigen Verkaufs sind in den Entscheidungsvorlagen oder Aktenvermerken zu dokumentieren.
2.6)
Kompetenzregelung bei Verkaufsentscheidungen
Entsprechend den Entscheidungen der Bremischen Bürgerschaft bzw. des Haushalts- und Finanzausschusses sind die Kompetenzen zu Entscheidungen über Grundsstücksgeschäfte wie folgt gestaffelt:
Bei Geschäften bis zu unter 500.000 € entscheiden die handelnden Einheiten, denen eine entsprechende Vollmacht erteilt wurde.
Bei Geschäften ab 500.000 € bis zu unter 1.000.000 € entscheidet die Senatorin für Finanzen.
Bei Geschäften ab 1.000.000 € entscheidet der Haushalts- und Finanzausschuss.
2.6.1
bei öffentlicher Ausschreibung
Sofern das im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung eingegangene höchste Kaufangebot den Verkehrswert der Immobilie unterschreitet, kann im Rahmen einer Toleranzgrenze von 10 v.H. durch die handelnden Einheiten, die Senatorin für Finanzen oder den Haushalts- und Finanzausschuss im Rahmen der jeweiligen Kompetenzen eine Verkaufsentscheidung getroffen werden.
Sofern das höchste Kaufangebot die Toleranzgrenze um mehr als 10 v.H. unterschreitet, aber dennoch ein Verkauf erfolgen soll, ist bei Verkehrswerten bis unter 1.000.000,-- € eine Entscheidung der Senatorin für Finanzen und bei Verkehrswerten ab 1.000.000,-- € eine Entscheidung des Haushalts- und Finanzausschusses einzuholen.
2.6.2
bei beschränkter Ausschreibung / freihändigem Verkauf
Sofern das im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung / eines freihändigen Verkaufs eingegangene (höchste) Kaufangebot den Verkehrswert der Immobilie unterschreitet, kann im Rahmen einer Toleranzgrenze von 5 v.H. durch die handelnden Einheiten, die Senatorin für Finanzen oder den Haushalts- und Finanzausschuss im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen eine Verkaufsentscheidung getroffen werden.
2.7)
Kompetenzregelung bei Nachverhandlungen
(Hinweis: Nachverhandlungen sind nur bei Verkäufen ohne öffentlichen Bauauftrag / öffentliche Baukonzession möglich)
Sofern sich nach erfolgter Zustimmung der Senatorin für Finanzen oder des Haushalts- und Finanzausschusses zu einem Verkauf und vor Abschluss des rechtsverbindlichen Kaufvertrages aufgrund von Nachverhandlungen mit dem Erwerber Reduzierungen des Kaufpreises ergeben, so entscheidet darüber bei einer Reduzierung um bis zu 10 v.H. die Senatorin für Finanzen und bei allen höheren Reduzierungen sowie Reduzierungen in einem Umfang von mehr als 1 Mio. € (siehe Nr. 2.6) der Haushalts- und Finanzausschuss.
2.8)
EU-Recht
Bei allen Verkaufsentscheidungen sind die als Anlage beigefügten Grundsätze der
Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand; 97/C 209/03
zu beachten.
3.)
Verkauf von Grundstücken für eine Einfamilienhausbebauung
3.1) Abweichend von dem Verkauf nach dem unter Nr. 2.2 geregelten Verfahren können nach Zustimmung der Sondervermögen im Rahmen des Programms „Bauen in Bremen“ Grundstücke der Sondervermögen für die Bebauung mit freistehenden Einfamilienhäusern auch zu einem Festpreis - in der Regel zum unteren Wert der Verkehrswertempfehlung - angeboten werden.
Diese Regelung gilt für Modellvorhaben des bauträgerfreien Bauens auch bei Grundstücken, für die eine andere Bauform vorgesehen ist, wie z.B. bei einer Reihenhausbebauung.
Der Erwerber / die Erwerberin muss sich vertraglich verpflichten, mit dem Bau innerhalb von 10 Monaten ab dem Zeitpunkt der Lieferung zu beginnen, das Bauvorhaben innerhalb von 18 Monaten nach Erteilung der Baugenehmigung/Baufreigabe fertig zu stellen und es selbst zu beziehen.
Ist der Baubeginn innerhalb von 10 Monaten nach Lieferung nicht möglich, weil
•
die Erschließung nicht rechtzeitig gesichert wird,
•
der zugrundeliegende Bebauungsplan nicht beschlossen oder durch Gerichtsentscheid aufgehoben wurde,
ist die Frist zur Erfüllung der Bauverpflichtung angemessen zu verlängern.
Bei Verstoß gegen die Bauverpflichtung hat die Stadtgemeinde Bremen das Recht, die Rückauflassung der Grundstücke an sich zu verlangen. Diese bedingte Rückauflassung kann durch eine Vormerkung grundbuchlich gesichert werden.
3.2 Sofern mehrere Interessenten sich für ein Grundstück bewerben, soll der Verkauf nach folgenden Prioritäten erfolgen:
1.
Familien mit Kindern aus dem Stadtteil
2.
Familien mit Kindern
3.
Andere Bewerber
Schwerbehinderte genießen in den zuvor genannten Kategorien eine Priorität. Die Vorschriften der VOB Teil A sind ggfs. zu beachten.
4.)
Verkauf von Grundstücken für Projekte gemeinschaftlichen Wohnens / gemeinschaftlicher Nutzung
Für Baugemeinschaften mit dem Ziel gemeinschaftlichen Wohnens / gemeinschaftlicher Nutzung sind die Verkaufsverfahren der öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung - ggfs. unter Berücksichtigung der VOB Teil A - anzuwenden. Es können sowohl ein Höchstgebot, ein Mindestgebot oder ein Festpreis zugrunde gelegt werden. Wenn mehrere Kriterien für die Vergabeentscheidung relevant sein sollen, sind diese zusammen mit ihrer Gewichtung in der Ausschreibung zu benennen.
Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Baugemeinschaften und der damit verbundenen Schwierigkeiten, ein Nutzungs,- Bebauungs- oder Finanzierungskonzept abzustimmen, kann die Vergabeentscheidung bis zu 12 Monate nach erfolgter Ausschreibung getroffen werden.
5.)
Aufhebung der bisherigen Richtlinien
Die Richtlinien zum Verkauf von Grundstücken vom 1. Juni 2005 werden hiermit aufgehoben.
Fußnoten
1)
Die hier verwandten Begriffe öffentliche Ausschreibung, beschränkte Ausschreibung sowie freihändiger Verkauf sind bei Verkäufen ohne öffentlichen Bauauftrag / ohne öffentliche Baukonzession gebräuchlich, aber nicht identisch mit gleichlautenden Begriffen aus dem Vergaberecht.
2)
Definitionen der EU-Vergabekoordinierungsrichtlinie: „Öffentliche Bauaufträge“ sind öffentliche Aufträge über entweder die Ausführung oder gleichzeitig die Planung und die Ausführung von Bauvorhaben im Zusammenhang mit einer der im Anhang 1 der EU-Vergabekoordinierungsrichtlinie genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerks oder die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen. „Öffentliche Baukonzessionen“ sind Verträge, die von öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.
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