Richtlinie Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen
Richtlinie Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen
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Richtlinie
Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen
Vom 14. Februar 2007
1.
Nach § 15d der Verfassung für die Stadt Bremerhaven sollen Kinder und Jugendliche bei Planungen und Vorhaben der Stadt, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise über die in dieser Verfassung vorgesehene Beteiligung der Einwohner hinaus beteiligt werden.
Bereits nach § 8 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes sind Kinder und Jugendliche entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen.
Nach dem Bremischen Kinder-, Jugend- und Familienförderungsgesetz sind junge Menschen über alle sie unmittelbar betreffenden Planungen, Entscheidungen und Maßnahmen im Bereich der Jugendhilfe auf angemessene Weise und rechtzeitig zu informieren und an ihrer Durchführung zu beteiligen.
Der Begriff „Kinder und Jugendliche“ wird im Grundsatz nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) definiert. Danach ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist und Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. Kinder sollen allerdings wegen der eigenen Meinungsbildung als Untergrenze in der Regel mindestens 7 Jahre alt sein.
2.
Die Beteiligung ist nicht davon abhängig, dass sich ein bestimmtes kommunalpolitisches Vorhaben ausschließlich an Kinder und Jugendliche wendet; auch wenn ihre Interessen nur „mitberührt“ werden, ist die Beteiligung notwendig, wenn ihr wegen der Bedeutsamkeit eine gesteigerte Intensität zukommt.
Nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 27.03.2003 sollen folgende Formen der Beteiligung gewählt werden:
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Projektorientierte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen:
Dezentrale, kleinräumige und projektorientierte Modelle der Beteiligung haben Vorrang vor anderen Beteiligungsmodellen. Die Stadtverordnetenversammlung ermuntert die Vereine, Verbände und Institutionen, stärker als bisher Kinder und Jugendliche durch projektorientierte Beteiligungsformen in die konkrete Ausgestaltung der Arbeit einzubeziehen.
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Offene Form der Beteiligung:
Um verstärkt junge Menschen an der Gestaltung ihres Lebensalltags und Lebensumfeldes zu beteiligen, sollen offene Beteiligungsmodelle wie Kinder- und Jugendforen, Stadtteilversammlungen oder Nutzerversammlungen in Freizeiteinrichtungen weiterentwickelt werden. Offene Beteiligungsformen sollen von ehrenamtlichen, qualifizierten Moderatoren/innen durchgeführt werden.
Typische Fälle der Beteiligung sind die Errichtung oder die Änderung von Einrichtungen für Kinder und Jugendliche - wie z. B. Kinderspielplätze und Kindertagesstätten, Bolzplätze, Sporteinrichtungen, Jugendbegegnungsstätten, Schulen, Schulhilfe, Badeplätze, Fahrradwege, Jugendfeuerwehr, Turnhallen, Schwimmbäder etc. Beteiligung hat auch bei entsprechenden Planungen zu erfolgen, was insbesondere bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen ist.
3.
Die Vorschrift in der Verfassung verlangt eine Beteiligung in „angemessener Weise“. Sinnvoll ist insoweit eine Einbeziehung der in der Stadt Bremerhaven vorhandenen Kinder- und Jugendorganisationen.
Im Beteiligungsverfahren sind die nachfolgenden Grundsätze zu beachten:
4.
Mit dem Begriff „Planungen und Vorhaben“ macht die Stadtverfassung eine Anleihe im Bauplanungsrecht. Daher kommen auch Anwendungsfälle - insbesondere bei baulichen Planungen und Vorhaben - in Frage. Regelmäßig sind Kinder und Jugendliche daher bei der Errichtung, Herstellung und Änderung baulicher Vorhaben sowie sonstiger Einrichtungen, die vorwiegend Kindern und Jugendlichen zu dienen bestimmt sind, zu beteiligen. Dabei bezieht sich allerdings die Beteiligungspflicht nur auf Selbstverwaltungsaufgaben.
5.
Die Beteiligung muss in „angemessener Weise“ stattfinden. Somit wird vor der Beteiligung eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit verlangt. Mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen kann ein Aufwand in finanzieller und verwaltungstechnischer Hinsicht entstehen. Arbeitsfähigkeit und Effektivität muss gewahrt bleiben.
Eine Beteiligung kann aber nur in allen unmittelbar Interessen berührenden Angelegenheiten stattfinden.
6.
Planungen und Vorhaben der Stadt, die das Interesse von Kindern und Jugendlichen berühren, sind von den beteiligten Ämtern und städtischen Gesellschaften der Stadt dem Amt für Jugend und Familie so rechtzeitig vorher anzuzeigen, dass ausreichend Zeit für eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen möglich ist.
Wird die Beteiligung direkt von Ämtern und städtischen Gesellschaften eigenständig durchgeführt, haben sie dieses in dem später zu fassenden Beschluss darzustellen. In diesen Fällen reicht die nachrichtliche Information an die nachstehend aufgeführten Gremien.
7.
Das Amt für Jugend und Familie entscheidet - sofern nicht eigenständig von anderen Ämtern und städtischen Gesellschaften die Kinder und Jugendlichen bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, beteiligt wurden -, entweder
eigenständig über die angemessene Weise der Beteiligung oder legt die Planung/das Vorhaben dem Unterausschuss „Kinder- und Jugendrechte“ zur Beschlussfassung oder dem Jugendhilfeausschuss vor.
Unabhängig davon können sich Kinder und Jugendliche bei Planungen und Vorhaben jederzeit an die Kinder-Beauftragte des Amtes für Jugend und Familie wenden, die in vorgenannter Weise zu verfahren hat.
8.
Hinsichtlich der Beteiligung besteht die Möglichkeit, Workshops, Moderation oder Projektbeteiligung einzuschalten. Sofern dadurch von den Ämtern und städtischen Gesellschaften Haushaltsmittel benötigt werden, steht dieses unter Haushaltsvorbehalt.
9.
Kinder und Jugendliche haben weiterhin eigenständig das Recht, ihre Interessen zu Beginn einer jeden Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorzutragen.
10.
Dem Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses steht das Recht zu, über eine Entscheidung des Jugendhilfeausschusses nach § 4 der Geschäftsordnung für den Jugendhilfeausschuss, den Ausschusses für Jugend und Familie der Stadtverordnetenversammlung zu informieren.
11.
Unterbleibt eine Beteiligung oder wird diese nicht in geeigneter Form dargelegt, so wird die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Maßnahme nicht berührt. Es handelt sich um einen Verfahrensmangel, der nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechtes in aller Regel heilbar ist.
Diese Richtlinie begründet insbesondere keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Ergebnisse eines Beteiligungsverfahrens von den zuständigen Organen umgesetzt werden.
Ausnahmen von der Beteiligungspflicht werden insbesondere bei eilbedürftigen Entscheidungen zugelassen.
12.
Diese Richtlinie wurde vom Magistrat in seiner Sitzung am 12.07.2006 und von der Stadtverordnetenversammlung gemäß § 18 Abs. 1 Buchstabe a) der Verfassung für die Stadt Bremerhaven
1
in ihrer heutigen Sitzung beschlossen. Sie tritt an dem Tage in Kraft, an dem das Ortsgesetz zur Änderung der Verfassung für die Stadt Bremerhaven mit dem ergänzten § 15c in Kraft tritt.
Bremerhaven, den 14. Februar 2007
Magistrat
der Stadt Bremerhaven
Fußnoten
1)
Jetzt: § 18 Abs. 2 Nr. 1 VerfBrhv.
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