Bremisches Gesetz über die Gewährung von Pflegegeld an Blinde und Schwerstbehinderte (Landespflegegeldgesetz)
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Bremisches Gesetz über die Gewährung von Pflegegeld an Blinde und Schwerstbehinderte (Landespflegegeldgesetz)

Bremisches Gesetz über die Gewährung von Pflegegeld an Blinde und Schwerstbehinderte (Landespflegegeldgesetz) in der Fassung vom 10. Januar 2013
Zum 17.10.2024 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe
Stand: letzte berücksichtigte Änderung: geändert durch Geschäftsverteilung des Senats vom 02.08.2016 (Brem.GBl. S. 434)

§ 1

(1) Blinde und schwerstbehinderte Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Lande Bremen haben und die das 1. Lebensjahr vollendet haben, erhalten ohne Rücksicht auf Einkommen oder Vermögen zum Ausgleich der durch ihre Behinderung bedingten Mehraufwendungen ein Pflegegeld. Pflegegeld erhalten auch blinde und schwerstbehinderte Menschen, die in einer stationären Einrichtung im übrigen Bundesgebiet leben und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung im Lande Bremen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. § 109 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet entsprechende Anwendung. Pflegegeld erhalten auch blinde und schwerstbehinderte Menschen ab Vollendung des 1. Lebensjahres, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Lande Bremen haben, die aber nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, ABl. L 200 vom 7. Juni 2004, S. 1; ABl. L 204 vom 4. August 2007, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22. Dezember 2010, S. 35) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind oder die Bürgerinnen oder Bürger der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz sind, wenn dieselben Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen, sind blinden Menschen gleichgestellt.
(3) Schwerstbehindert sind folgende Personen:
1.
Menschen mit Behinderungen der oberen Extremitäten, die dem Fehlen beider Hände gleichkommen (Ohnhänder) mit einer weiteren wesentlichen Behinderung;
2.
Personen mit Verlust beider Arme im Bereich der Oberarme;
3.
Personen mit Verlust dreier Gliedmaßen;
4.
Personen mit Lähmungen oder sonstigen Bewegungsbehinderungen, wenn die Behinderungen dem Verlust dreier Gliedmaßen gleichkommen;
5.
querschnittsgelähmte Menschen mit Blasen- und Mastdarmlähmungen;
6.
hirngeschädigte Menschen mit schweren physischen und psychischen Störungen und Gebrauchsbehinderung mehrerer Gliedmaßen;
7.
andere Personen, deren dauerndes Krankenlager erfordernder Leidenszustand oder deren Pflegebedürftigkeit so außergewöhnlich ist, dass ihre Behinderung der Behinderung in den Nummern 1 bis 6 genannten Personen vergleichbar ist.

§ 2

(1) Blinde und schwerstbehinderte Menschen erhalten nach Vollendung des 18. Lebensjahres Pflegegeld in Höhe von 369,52 Euro monatlich. Das Pflegegeld verändert sich jeweils um den Vomhundertsatz, um den sich die Blindenhilfe nach § 72 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch verändert. Haben sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, so wird Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert des Betrages nach Satz 1 gezahlt.
(2) Leben blinde und schwerstbehinderte Menschen in einer stationären Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts vollständig aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, erhalten sie Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert der Beträge nach Absatz 1. Das Pflegegeld wird zum Zwecke der individuellen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährt zur Ergänzung der Leistungen der Einrichtungsträger.
(3) Werden die Kosten des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung von dem blinden Menschen, dem schwerstbehinderten Menschen oder von nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen voll getragen, so wird das Pflegegeld nach Absatz 1 gezahlt. Bei anteiliger Kostentragung ruht das nach Absatz 1 zu zahlende Pflegegeld in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den vollen Aufenthaltskosten und dem Eigenanteil des Berechtigten. Pflegegeld ist jedoch mindestens in der in Absatz 2 geregelten Höhe zu zahlen.

§ 3

Der Anspruch auf Pflegegeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

§ 4

(1) Leistungen, die Berechtigte zum Ausgleich ihrer durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften, insbesondere nach den §§ 36 bis 39 und §§ 41 bis 43a des Elften Buches Sozialgesetzbuch erhalten oder erhalten haben, werden vollständig auf das Landespflegegeld angerechnet. Satz 1 gilt entsprechend für Pflegeleistungen aus einer privaten Pflegeversicherung oder aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften sowie für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten.
(2) Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, das an schwerstbehinderte Menschen gezahlt wird, die vor In-Kraft-Treten des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. April 1995 Landespflegegeld und Pflegegeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch bezogen haben, bleibt in Höhe eines monatlichen Betrages von 103,00 Euro anrechnungsfrei. Auf das Landespflegegeld sind künftige Erhöhungen der Pflegeversicherungsleistungen vollständig anzurechnen. Das gilt auch bei einer Änderung der Pflegestufe.
(3) Leben blinde und schwerstbehinderte Menschen in einer stationären Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts nach Anrechnung der Leistungen nach Absatz 1 teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, erhalten sie das Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert der Beträge nach

§ 2 Absatz 1

.

§ 5

(1) Die Aufwendungen für das Pflegegeld trägt das Land Bremen.
(2) Mit der Durchführung dieses Gesetzes werden in der Stadtgemeinde Bremen das Amt für Soziale Dienste, in der Stadtgemeinde Bremerhaven der Magistrat beauftragt.
(3) Die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport kann für die Durchführung Anweisungen erlassen.

§ 6

(1) Das Pflegegeld wird auf Antrag gewährt.
(2) Die Leistungsberechtigten sind verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung maßgebend sind, insbesondere Leistungen, die nach

§ 4

anzurechnen sind, oder die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, unverzüglich anzuzeigen. Sind Leistungsberechtigte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter.

§ 7

(1) Die Gewährung des Pflegegeldes beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens aber mit dem Ersten des Antragsmonats. Es wird monatlich im Voraus gezahlt. Für die Zahlung eines höheren Pflegegeldes gilt Satz 1 entsprechend.
(2) Pflegegeld nach

§ 2 Absatz 2 und 3

wird vom ersten Tag des zweiten Monats an gezahlt, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Pflegegeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach

§ 2 Absatz 1

gewährt, wenn die Abwesenheit länger als sechs zusammenhängende volle Tage dauert.
(3) Änderungen von Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Pflegegeldes bewirken, sind vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat ihres Eintritts folgt. Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt.
(4) Werden Leistungen nachgezahlt, die nach

§ 4

auf das Pflegegeld anzurechnen sind, so hat der Berechtigte die überzahlten Beträge des Pflegegeldes zu erstatten.
(5) Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der blinde oder schwerstbehinderte Mensch gestorben ist. § 118 Absatz 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch findet entsprechende Anwendung, wenn für die Zeit nach dem Sterbemonat Pflegegeld überwiesen wurde.

§ 8

Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht nicht, wenn der blinde oder schwerstbehinderte Mensch eine Freiheitsstrafe verbüßt, sich in Sicherungsverwahrung befindet oder auf Grund eines strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht ist.

§ 9

(1) Bei der Durchführung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Ersten und des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend anzuwenden.
(2) Für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes finden entsprechende Anwendung.
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