Richtlinie der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport zur Förderung der Sozialen Trainingskurse gemäß § 29 SGB VIII; § 10 Abs. 1 Nr. 6 JGG
DE - Landesrecht Bremen

Richtlinie der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport zur Förderung der Sozialen Trainingskurse gemäß § 29 SGB VIII; § 10 Abs. 1 Nr. 6 JGG

Richtlinie der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport zur Förderung der Sozialen Trainingskurse gemäß § 29 SGB VIII; § 10 Abs. 1 Nr. 6 JGG

Richtlinie der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport zur Förderung der Sozialen Trainingskurse gemäß § 29 SGB VIII; § 10 Abs. 1 Nr. 6 JGG

Vom 9. März 2023

1.

Zuwendungszweck/Rechtsgrundlagen

1.1.
Zuwendungszweck
Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport fördert die Umsetzung der Sozialen Trainingskurse als jugendgerichtliche Weisung gemäß § 10 Absatz 1 Nummer 6 Jugendgerichtsgesetz (JGG) und leistet damit einen wichtigen Beitrag für eine sozialpädagogische Reaktion im Kontext jugendstrafrechtlicher Verfahren. Diese ambulanten Angebote dienen der Vermeidung von (freiheitsentziehenden) Sanktionen und zielen auf eine Legalbewährung der Betroffenen ab.
1.2.
Zuwendungszweck
Soziale Trainingskurse sind Hilfen zur Erziehung für Jugendliche gemäß § 29 Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII) bzw. Hilfen für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII in Verbindung mit § 29 SGB VIII, sofern die Teilnehmenden bei Beginn der Maßnahme das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Bei älteren Teilnehmenden werden Soziale Trainingskurse als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gemäß § 67 SGB XII gewährt. Die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs schließt die Inanspruchnahme weiterer erzieherischer Hilfen nicht aus. Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport gewährt die Zuwendungen nach Maßgabe dieser Richtlinie, der

§§ 23

und
44 der Landeshaushaltsordnung
(LHO) und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften (
VV
) in aktuellster Fassung.

2.

Gegenstand der Förderung

Soziale Trainingskurse sind eine intensive Betreuungsform auf der Grundlage des Jugendgerichtsgesetzes, die sich an junge Menschen richtet, deren Straftaten auf einen Mangel an sozialer Handlungskompetenz beruhen und bei der Gestaltung ihres Lebens einer problemklärenden und Perspektiven entwickelnden sozialpädagogischen Hilfe bedürfen. Ziele der sozialen Trainingskurse sind die Verbesserung der Lebenslagen und die Stärkung sozialer Kompetenzen zur Vermeidung erneuter strafrechtlicher Auffälligkeit durch Lernen in der Gruppe.

3.

Zuwendungsempfänger

Zuwendungsempfänger nach dieser Richtlinie sind Träger der freien Jugendhilfe, die Angebote und Maßnahmen nach Punkt 1.1 dieser Richtlinie durchführen.

4.

Zuwendungsvoraussetzungen

4.1.
Voraussetzungen für die Förderung der Maßnahme
Zuwendungsempfänger müssen bei der Entwicklung ihrer Konzepte und bei der späteren Bewilligung bzw. Umsetzung die folgenden Voraussetzungen für lokale Maßnahmen beachten.
4.1.1.
Turnus
Ein sozialer Trainingskurs besteht aus fortlaufenden Gruppensitzungen, die von Einzelarbeit/Einzelgesprächen begleitet werden.
4.1.2.
Laufzeit
Die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs sollte in der Regel 6 Monate nicht überschreiten. Eine einmalige Wiederholung des Kurses ist möglich. Die Entscheidung über die Laufzeit der Weisung obliegt dem Jugendgericht (§ 11 JGG). Wenn ein Kurs über sechs Monate hinaus verlängert wird, bedarf es deswegen einer schriftlichen Bestätigung durch das Jugendgericht. Diese Bestätigung wird in der Fallabrechnung analog einer Zuweisungsentscheidung gezählt. Einzelne Nachholtermine sind von dieser Regelung nicht betroffen.
4.1.3.
Gruppenarbeit/Einzelfallhilfe
Bei der didaktischen Gestaltung der sozialen Trainingskurse sind die soziale Gruppenarbeit und Einzelfallhilfe gleichermaßen zu berücksichtigen und unter der Prämisse einer Handlungs- und Projektorientierung zu entwickeln. Der Umfang der Einzelfallhilfe beträgt durchschnittlich 20 % der gesamten Kursarbeit. Er kann im Einzelfall nach Problem- und Bedarfslagen der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedürfnisorientiert variieren. Um der Kernausrichtung der Maßnahme als Gruppenarbeit gerecht zu werden, soll darauf geachtet werden, dass auch im konkreten Fall der Anteil der Einzelfallhilfe den Anteil der Arbeit in der Gruppe nicht übersteigt. Isolierte Einzelfallhilfe ist aus rechtlichen Gründen kein Bestandteil des Sozialen Trainingskurses.
4.1.4.
Teilnehmerzahl
Die durchschnittliche Anzahl der Teilnehmenden pro Kurs beträgt 6 Personen. Die maximale Anzahl beträgt 10 Personen. Der Soziale Trainingskurs kann in festen Gruppen oder fortlaufend und modular durchgeführt werden. In beiden Fällen soll eine Mindestzahl von 5 Teilnehmenden nicht unterschritten werden.
4.2.
Ablauf der Maßnahme
4.2.1.
Zugang
Bei einer Weisung gemäß § 10 JGG aufgrund einer richterlichen Entscheidung unter Beteiligung der Jugendhilfe im Strafverfahren sind die Voraussetzungen für die Aufnahme in einen sozialen Trainingskurs als gegeben anzusehen. Die Zuweisung in einen Kurs, die Fortsetzung und Beendigung der Teilnahme erfolgt immer über die fallführende Fachkraft. In anderen Fällen entscheidet das Amt für Soziale Dienste gemäß des Kernprozesses Diversion im Vorverfahren über die Aufnahme eines jungen Menschen in die Maßnahme.
4.2.2.
Umgang mit Fehlzeiten
Bei Verhinderung sind Klientinnen und Klienten verpflichtet, einen Kurstermin 24 Stunden vorher abzusagen und die Absage ist nachvollziehbar zu begründen. Kurzfristigere Ausfälle (z.B. wegen Krankheit) sind dem Träger zu belegen (ärztliches Attest). Ein rechtzeitig abgesagter Termin gilt als entschuldigt. Kommt es zu unentschuldigten Fehlzeiten ist folgendermaßen zu verfahren:
-
Erscheint eine Klientin oder ein Klient unentschuldigt nicht zu einem Termin, ist die oder der Betreffende vom Maßnahmeträger zu kontaktieren.
-
Fehlt die Klientin oder der Klient ein zweites Mal unentschuldigt, führt der Maßnahmeträger einen Hausbesuch durch und informiert die Jugendhilfe im Strafverfahren.
-
Fehlt die Klientin oder der Klient ein drittes Mal unentschuldigt, ist die Jugendhilfe im Strafverfahren erneut zu informieren. Die Jugendhilfe im Strafverfahren führt ein persönliches Gespräch mit der Klientin oder dem Klienten.
-
Erweist sich das persönliche Gespräch als erfolglos, ist nach dem nächsten Fehltermin das Jugendgericht zu informieren. Sodann entscheidet das Jugendgericht über die Fortsetzung der Maßnahme.
4.2.3.
Ende der Maßnahme
Die Maßnahme endet mit der Mitteilung des erfolgreichen Abschlusses durch den Träger an die Jugendhilfe im Strafverfahren oder durch die Abmeldung der oder des Betreffenden durch die Jugendhilfe im Strafverfahren beim Maßnahmeträger.
4.3.
Begleitung der Maßnahme
Für die Begleitung und Auswertung der sozialen Trainingskurse unter dem Aspekt der konzeptionellen Weiterentwicklung sowie zur Überprüfung der Ausstattungsstandards wird bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport ein Fachbeirat eingerichtet. Dem Beirat gehören Vertreterinnen und Vertreter der freien Träger, des Amtes für Soziale Dienste, der Jugendgerichte, des Senators für Justiz und Verfassung sowie der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport an.

5.

Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Mit der Maßnahme „Soziale Trainingskurse“ sind ausschließlich Träger mit Erfahrungen in der Durchführung erzieherischer Jugendhilfe zu beauftragen. Bei der Förderung nach dieser Förderrichtlinie handelt es sich um eine Projektförderung, die als Fehlbedarfsfinanzierung bewilligt wird.

6.

Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P). Die Mittel werden im Anforderungsverfahren bereitgestellt. Über Ausnahmen von dieser Richtlinie entscheidet die zuwendungsgebende Stelle.

7.

Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Zu Beginn des letzten Quartals eines jeden Kalenderjahres legt der Träger der freien Jugendhilfe der zuwendungsgebenden Stelle einen Projektantrag vor. Der Projektantrag enthält ein aktuelles Kurskonzept und Angaben zur Anzahl der geplanten Kurse, sowie eine Berechnung der kalkulierten Personal- und Sachausgaben (im Rahmen der Vorgaben durch Ziffer 8 – Finanzausstattung). Die zuwendungsgebende Stelle prüft den Antrag und finanziert das Angebot nach den Regelungen bzw. Vorschriften aus den

§§ 23

,
44 Landeshaushaltsordnung (LHO)
und der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (
VV-LHO
) nebst Anlagen (Allgemeine Nebenbestimmunen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) in der aktuellsten Fassung. Der Jahresbericht (Sachbericht über die Durchführung der Kurse) unter Beifügung der Nachweise über die Teilnahme und Belegung der Kurse in Form von Buchstabe a Weisungen durch den Jugendrichter oder Buchstabe b Zuweisungen im Rahmen der Diversion im Vorverfahren der zuwendungsgebenden Stelle vorzulegen.

8.

Finanzausstattung

Für die Zuwendung gelten die

§§ 23

,
44 Landeshaushaltsordnung (LHO)
und die dazugehörigen
VV-LHO
nebst Anlagen (ANBest-P) in der jeweils aktuellsten Fassung. Als Zuwendungsart wird die Projektförderung festgeschrieben. Die Finanzierungsart ist die Fehlbedarfsfinanzierung.
8.1.
Bemessungsgrundlage / Zuschussrelevanz
Die nachfolgenden Ausgabenhöhen setzen hinsichtlich der Kurskapazität voraus, dass pro Kurs durchschnittlich sechs Personen mit Ansprüchen nach SGB VIII/JGG nach den Voraussetzungen der o.g. Richtlinie betreut werden. Zuschussrelevant sind nur die Ausgaben die unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (

§ 7 LHO

) entstanden sind. Unterschreitet die Teilnehmendenzahl wegen unentschuldigter Fehlzeiten in einem Kurs die Mindestanzahl von fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmern besteht für den Träger eine anteilige am Personalschlüssel orientierte Erstattungspflicht. Von dieser Erstattungspflicht nicht umfasst sind maßnahmenbezogene Personalausgaben sowie Sachausgaben, soweit es sich bei diesen um Kosten für Miete und Gebäude (ohne Abschreibungen) sowie deren Finanzierungskosten handelt. Reduziert sich die Zahl der Teilnehmenden auf unter 3 Personen, ist das Angebot in der Kursform nicht mehr durchführbar. Der Kurs wird dann beendet und die verbliebenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden bis zur Beendigung der Weisung in einen anderen Kurs oder in eine Einzelfallhilfe umgeleitet. Auch hier gilt, dass sich die Erstattungspflicht nicht auf maßnahmenbezogene Personalausgaben sowie Sachausgaben bezieht, soweit es sich bei diesen um Kosten für Miete und Gebäude (ohne Abschreibungen) sowie deren Finanzierungskosten handelt.
8.2.
Maßnahmenbezogene Personalausgaben
8.2.1.
Ausgaben für Betreuungspersonal
Soziale Trainingskurse werden von sozialpädagogischen Fachkräften (abgeschlossenes sozialpädagogisches Fachhochschulstudium) durchgeführt. Aufgrund der anfallenden Aufgaben und Arbeitsabläufe wird eine Eingruppierung nach max. TV L S12 (Sozialarbeiterin oder Sozialarbeiter in schwieriger Tätigkeit) als ausgabenrelevant anerkannt.
1
Pro Kurs werden Betreuungskosten in Höhe eines halben Beschäftigungsvolumens (BV) p.A. - maximal 35 000 € als ausgabenrelevant anerkannt. Über Mehrbedarfe entscheidet die Bewilligungsbehörde nach Maßgabe der Landeshaushaltsordnung und der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Bei der Beschäftigung von Honorar- oder Ersatzkräften werden lediglich die Kosten bis zur Höhe eingesparter Personalausgaben durch nicht besetzte Stellen anerkannt. In Absprache mit der Fachabteilung kann – sofern im Haushaltsjahr ausreichend Mittel zur Verfügung stehen - die Beschäftigung einer Fachkraft im Anerkennungsjahr refinanziert werden. Die Besetzung der Stelle erfolgt dann unter den Trägern im Rotationsprinzip. Diese Maßnahme dient der Fachkräftegewinnung.
8.2.2.
Betreuungsschlüssel
Der Betreuungsschlüssel beträgt 1:6. Das bedeutet, dass für sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Ansprüchen nach dem SGB VIII/ JGG eine sozialpädagogische Fachkraft anerkannt wird.
8.3.
Personelle und sächliche Regie- und Overheadausgaben
Als Ausgaben für den Overhead werden auf Nachweis pro Kurs bis zu 7 500 € anerkannt.
8.4.
Maßnahmenbezogene Sachausgaben
Pro Kurs werden bis zu 10 000 € als Sachausgaben anerkannt. Hierunter fallen folgende Ausgaben: Verwaltungsarbeiten, Reinigungsausgaben, Programmausgaben (enthalten sind hier Fahrkosten solange sie dem Transport der Klientinnen und Klienten dienen), programmbezogene Ausstattungsausgaben, Ausgaben für Miete, Ausgaben für Gebäude, Finanzierungsausgaben sowie Miet- und Gebäudeausgaben (ohne Abschreibungen/Tilgung), Versicherungsbeiträge (für anzuerkennende Risikoabdeckungen und Haftpflichtversicherung gegenüber Dritten) sowie die Ausgaben für Fortbildung und Supervision. Ausgaben für Verpflegung können anerkannt werden, soweit im Kurskonzept das Thema Ernährung enthalten ist.
8.5.
Nachweis über die Ausgaben
Der Zuwendungsempfänger hat bis zum 30. Juni eines jeden Jahres einen Verwendungsnachweis nach den Vorgaben der Landeshaushaltsordnung (insbesondere der AnBest-P) bei der bewilligenden Stelle einzureichen. Der Verwendungsnachweis besteht aus einem Sachbericht und dem zahlenmäßigen Nachweis und wird u.a. nach den Regeln zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (

§ 7 LHO

) geprüft.

9.

Geltungsdauer

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Sie gilt zunächst für die Dauer von 5 Jahren. Gleichzeitig tritt die Förderrichtlinie für die Durchführung der sozialen Trainingskurse vom 22. Juni 2000 außer Kraft.
Bremen, den 9. März 2023
Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport
Fußnoten
1)
Für Altverträge wird eine Eingruppierung nach max. TVL S14 anerkannt.
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