Allgemeine Verfügung der Senatorin für Justiz und Verfassung zur Änderung der Gerichtsvollzieherordnung (GVO)
Allgemeine Verfügung der Senatorin für Justiz und Verfassung zur Änderung der Gerichtsvollzieherordnung (GVO)
Allgemeine Verfügung der Senatorin für Justiz und Verfassung zur Änderung der Gerichtsvollzieherordnung (GVO) - 2344/001 -
Vom 4. März 2024
I.
Die Landesjustizverwaltungen haben bundeseinheitliche Änderungen der Gerichtsvollzieherordnung (GVO) vereinbart.
1.
In dem Inhaltsverzeichnis wird nach der Angabe „§ 30 Geschäftszimmer“ die Angabe „§ 30a Daten- und Informationssicherheit im Geschäftsbetrieb“ eingefügt.
2.
In § 6 Absatz 1 Nummer 5 wird die Angabe „§ 30 Absatz 2 Satz 6 GVO“ durch die Angabe „§ 30a Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5“ ersetzt.
3.
§ 30 erhält folgende Fassung:
„§ 30
Geschäftszimmer
(1) Der Gerichtsvollzieher muss an seinem Amtssitz ein Geschäftszimmer auf eigene Kosten unterhalten. Der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) kann dem Gerichtsvollzieher gestatten, das Geschäftszimmer an einem anderen Ort als dem des Amtssitzes zu unterhalten, wenn das Geschäftszimmer verkehrsgünstig in der Nähe des Amtssitzes eingerichtet wird, eine Internetanbindung gewährleistet ist und die ordnungsmäßige Erledigung der Dienstgeschäfte und die Belange der Parteien nicht beeinträchtigt werden, insbesondere dem Land und den Parteien keine Mehrkosten entstehen. In diesem Fall kann der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) dem Gerichtsvollzieher gestatten, an seinem Amtssitz zusätzlich einen Raum zur Abhaltung von Sprechstunden (Sprechzimmer) zu unterhalten. Mehrere Gerichtsvollzieher können sich zu einer Bürogemeinschaft zusammenschließen.
(2) Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, das Geschäftszimmer durch ein an der Außenseite des Hauses in der Nähe des Hauseingangs anzubringendes Schild kenntlich zu machen, das den Namen des Gerichtsvollziehers und die Aufschrift „Gerichtsvollzieher“ enthalten muss. Ist eine Anbringung an der Außenseite des Hauses nicht möglich, genügt auch, dass das Schild in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Gebäude steht. Das Schild beschafft der Gerichtsvollzieher auf eigene Kosten. Das Schild einer Bürogemeinschaft muss neben der Aufschrift „Gerichtsvollzieher“ die Namen sämtlicher Gerichtsvollzieher, die Mitglieder der Bürogemeinschaft sind, enthalten. Am Eingang zum Geschäftszimmer oder in dem für eine Briefkastenanlage vorgesehenen Eingangs- oder Außenbereich des Gebäudes muss sich ein Briefeinwurf oder Briefkasten befinden. Der Gerichtsvollzieher hat mindestens ein elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach oder ein anderes nach dem OSCI-Standard eingerichtetes Postfach zu unterhalten. Die Vorrichtungen für Briefeinwürfe sowie das elektronische Postfach oder die elektronischen Postfächer sind mindestens einmal arbeitstäglich zu leeren bzw. abzurufen.
(3) Das Geschäftszimmer des Gerichtsvollziehers muss abschließbar sein und von dessen privaten Räumlichkeiten getrennt, vor dem Zutritt Unbefugter geschützt und – sofern es für Sprechstunden genutzt wird – für den Publikumsverkehr geeignet sein. Ein vorhandener Zugang zu Gesetzes- und Entscheidungsdatenbanken steht der Ausstattung mit Gesetzen und Dienstvorschriften gleich. Weitere Räume, in denen sich Akten zur Lagerung oder Komponenten der IT-Systeme, insbesondere für Zwecke der Datensicherung und Netzwerkverbindung, befinden, müssen ebenfalls abschließbar sein und vor dem Zugriff Unbefugter geschützt werden.
(4) Der Gerichtsvollzieher hat durch Einsatz geeigneter elektronischer Kommunikationsmittel sicherzustellen, dass er täglich während der Geschäftszeiten des Amtsgerichts für Nachrichten der Verteilungsstelle und der Dienstaufsicht telefonisch und über sein IT-System, gegebenenfalls per Telefax, empfangsbereit ist und zeitnah auf Rückfragen antworten kann.
(5) Der Gerichtsvollzieher hat Vorsorge zu treffen, dass eilige Aufträge unverzüglich an seinen Vertreter oder die Dienstbehörde gelangen können, falls er abwesend oder sonst an der Erledigung der Aufträge verhindert ist.
(6) Der Gerichtsvollzieher hat mindestens zweimal in der Woche an unterschiedlichen Tagen Sprechstunden abzuhalten, während derer er sich in seinem Geschäftszimmer oder Sprechzimmer aufhalten muss. Die Sprechstunden sind nach § 2 Satz 4 bekannt zu machen.“
4.
Nach § 30 wird folgender § 30a eingefügt:
„§ 30a
Daten - und Informationssicherheit im Geschäftsbetrieb
(1) Der Gerichtsvollzieher regelt den Geschäftsbetrieb unter Beachtung der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) sowie der einschlägigen bundes- und landesrechtlichen Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten und trifft geeignete technische und organisatorische Maßnahmen, um sicherzustellen und nachweisen zu können, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit diesen Vorschriften erfolgt.
(2) Das Geschäftszimmer ist so einzurichten, dass bei Publikumsverkehr personenbezogene Daten Dritter nicht offengelegt werden. Akten, Register, Kassenbücher und sonstige dienstliche Unterlagen sowie für dienstliche Zwecke genutzte IT-Systeme und Datenträger dürfen ausschließlich in Räumen, die den Anforderungen des § 30 Absatz 3 entsprechen, aufbewahrt und betrieben werden. Entsprechendes gilt für Unterlagen, die nach Landesrecht für die Geschäftsprüfung vorzuhalten sind. Der Gerichtsvollzieher hat dafür Sorge zu tragen, dass zu Zwecken der Dienstaufsicht der Zugang zu dem Geschäftszimmer und dem Sprechzimmer sowie ein Zugriff auf sämtliche dienstlichen Unterlagen, die vom Gerichtsvollzieher genutzte Fachanwendung, Archivräume, Briefkästen, IT-Systeme und Datenträger sowie eingerichtete elektronische Postfächer gewährleistet ist.
(3) Die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit der verarbeiteten Daten ist durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Die verwendeten IT-Anlagen sowie die darauf verwendeten Softwareprogramme, die Telekommunikationseinrichtungen und Datenträger sind insbesondere
1.
gegen den physischen Zugriff Dritter sowie gegen physische Gefährdungen zu schützen;
2.
gegen unbefugte digitale Zugriffe und Gefährdungen zu schützen, u. a. durch
a)
eine Firewall und eine Antivirensoftware, die regelmäßig zu aktualisieren sind, und
b)
die Verwendung von Kennwörtern oder Codes, die den Anforderungen von Absatz 5 entsprechen;
3.
zum Schutz ihrer Integrität arbeitstäglich durch eine zu dokumentierende Anfertigung von Sicherungskopien der dienstlichen Daten so zu sichern, dass eine vollständige Wiederherstellung der Daten zum Sicherungszeitpunkt möglich ist; eine angefertigte Sicherungskopie darf erst dann überschrieben oder gelöscht werden, wenn eine neue Sicherungskopie gefertigt und in ihrer Eignung zur vollständigen Wiederherstellung verifiziert worden ist.
Die für die Datensicherung nach Satz 2 Nummer 3 genutzten Sicherungsdatenträger sind eindeutig zu kennzeichnen, vor unberechtigtem Zugriff und zufälliger Zerstörung zu schützen und sollen vom IT-System räumlich getrennt aufbewahrt werden. Die verwendeten Programme und die programmierte Kurzbezeichnung der Register und Kassenbücher dürfen nicht verändert werden; ausgenommen sind Veränderungen durch Software-Updates. Bei Wartungs- oder Reparaturarbeiten an IT-Systemen wählt der Gerichtsvollzieher erforderliche Dienstleistungsunternehmen sorgfältig aus und trifft erforderlichenfalls Vereinbarungen über Auftragsverarbeitungen nach Artikel 28 der Datenschutz-Grundverordnung.
(4) Die elektronische Kommunikation hat, soweit darin personenbezogene oder solche Daten verarbeitet werden, die unter die amtliche Verschwiegenheitspflicht fallen, in verschlüsselter Form zu erfolgen, soweit sie nicht innerhalb der geschlossenen Kommunikationsnetze des Landes oder des Bundes erfolgt. Richtet der Gerichtsvollzieher elektronische Postfächer selbst ein, verfährt er mit den Zugangsdaten nach Absatz 5.
(5) Kennwörter, Codes und andere Zugangsdaten zu den Einrichtungen und Geräten nach Absatz 2 bis 4 dürfen nicht identisch und müssen ausreichend lang und komplex sein. Anlassbezogen, insbesondere bei dem Verdacht auf Kompromittierung des Zugangs, ist eine Änderung von Kennwörtern, Codes und anderen Zugangsdaten vorzunehmen. Sie sind zum Zwecke der Dienstaufsicht in einem vom Gerichtsvollzieher versiegelten Umschlag bei der Dienstbehörde zu hinterlegen. Im Falle der Änderung der Zugangsdaten sind die geänderten Daten in gleicher Weise zu hinterlegen. Der zuvor hinterlegte versiegelte Umschlag wird zurückgegeben. Die Übergabe nach Satz 1 bis 4 ist durch die Dienstbehörde jeweils in einem schriftlich oder elektronisch geführten Register zu protokollieren.
(6) Kommt es zu einer Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten, hat der Gerichtsvollzieher unverzüglich seinen unmittelbaren Dienstvorgesetzten und den Datenschutzbeauftragten seiner Dienstbehörde zu benachrichtigen. Der nach Landesrecht Verantwortliche im Sinne des Artikels 4 Nummer 7 der Datenschutz-Grundverordnung hat die Artikel 33 und 34 der Datenschutz-Grundverordnung zu beachten.“
5.
§ 52 erhält folgende Fassung:
„§ 52
Zahlungsverkehr
(1) Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, für den dienstlichen Zahlungsverkehr ein Dienstkonto bei einer öffentlichen Sparkasse, einem privaten Kreditinstitut, das dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. angehört, oder bei einer Genossenschaftsbank, die der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. angehört (Kreditinstitut), zu unterhalten. Das Dienstkonto ist bei einem Kreditinstitut einzurichten, das eine Niederlassung oder Filiale innerhalb des Landgerichtsbezirks, in dem der Gerichtsvollzieher beschäftigt ist, oder innerhalb des zugeschlagenen Bezirks eingerichtet hat und das auch außerhalb seiner Geschäftszeiten die Ablieferung von Bargeld ermöglichen sollte. Der Präsident des Landgerichts (Amtsgerichts) kann dem Gerichtsvollzieher gestatten, sein Dienstkonto bei einem Kreditinstitut einzurichten, das außerhalb der in Satz 2 genannten Bezirke eine Niederlassung eingerichtet hat, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen und Belange der Dienstaufsicht nicht entgegenstehen. Der Gerichtsvollzieher kann ein weiteres Dienstkonto bei einem Kreditinstitut einrichten, das nicht über eine Niederlassung innerhalb der in Satz 2 genannten Bezirke verfügen muss. Für die Einrichtung jedes Dienstkontos hat der Gerichtsvollzieher eine Einwilligung des unmittelbaren Dienstvorgesetzten einzuholen. Hierfür hat der Gerichtsvollzieher den Entwurf der Vertragsunterlagen vorzulegen. Die Einwilligung zur Kontoeröffnung setzt voraus, dass die Anforderungen nach Satz 8 bis 11 erfüllt sind bzw. ein Abweichen davon zwischen dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten und dem Gerichtsvollzieher vereinbart und dokumentiert wird. Das für den dienstlichen Zahlungsverkehr bestimmte Konto sollte mit dem Zusatz „Dienstkonto“ geführt werden. Der Gerichtsvollzieher bevollmächtigt bis zu drei von seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten zu bestimmende Beamte (Kontobevollmächtigte) zur jeweils alleinigen Verfügung über sein Dienstkonto, wobei das Online-Banking einzubeziehen ist. Die Bevollmächtigung muss über seinen Tod hinaus gelten und die Möglichkeit umfassen, einer weiteren Person Untervollmacht zu erteilen (z. B. bei Vertretung oder Verhinderung des Gerichtsvollziehers). Ein Widerruf oder eine Änderung der Vollmacht bedarf der Einwilligung des unmittelbaren Dienstvorgesetzten.
(2) Das Dienstkonto darf nur für den dienstlichen Zahlungsverkehr des Gerichtsvollziehers benutzt werden; dazu gehören beispielsweise nicht die Zahlungen von Dienstbezügen durch die gehaltszahlende Stelle. Das Dienstkonto darf nicht überzogen werden.
(3) Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, in seinem Schriftverkehr die IBAN und den SWIFT-BIC mit dem Zusatz „Dienstkonto“ anzugeben. Er darf sein privates Konto im dienstlichen Schriftverkehr nicht angeben.
(4) Der dienstliche Zahlungsverkehr ist über das Dienstkonto abzuwickeln. Auszahlungen durch Übergabe von Zahlungsmitteln dürfen nur geleistet werden, wenn der Empfänger kein Girokonto bei einem Kreditinstitut hat. Einzugsermächtigungen für Abbuchungen vom Dienstkonto dürfen nicht erteilt werden. Dies gilt nicht, soweit Kosten der Kontoführung nicht anders geleistet werden können. Geht eine für das Dienstkonto bestimmte Zahlung auf dem Privatkonto des Gerichtsvollziehers ein, so ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, den Betrag unverzüglich auf das Dienstkonto zu überweisen. Auf dem Dienstkonto eingegangene Zahlungen, die für das Privatkonto bestimmt sind, kann der Gerichtsvollzieher auf sein Privatkonto überweisen. Entnahmen der dem Gerichtsvollzieher zustehenden Gelder (Gebührenanteile und Auslagen) vom Dienstkonto des Gerichtsvollziehers sind bar oder durch Überweisung zulässig, nachdem der Gerichtsvollzieher einen aufzubewahrenden Kassensturz erstellt hat. Auf dem Kassensturz sind Grund, Datum und Betrag der Entnahme zu vermerken. Er ist vom Gerichtsvollzieher zu unterschreiben.
(5) Über das Guthaben auf dem Dienstkonto dürfen nur der Gerichtsvollzieher und, falls er verhindert ist (zum Beispiel Urlaub, Erkrankung, Dienstunfall, Amtsenthebung, Tod), die nach Absatz 1 Satz 9 bestimmten Kontobevollmächtigten verfügen. Der Gerichtsvollzieher ist nicht befugt, seine Büroangestellten oder andere Personen zur Verfügung über das Dienstkonto zu bevollmächtigen und deren Unterschriftsproben beim Kreditinstitut zu hinterlegen.
(6) Aufträge für mehrere Empfänger in Sammelaufträgen (mit Überweisungen, Zahlungsanweisungen oder Zahlungsanweisungen zur Verrechnung) sind zulässig. Der Kontoauszug allein oder in Verbindung mit der ausgeführten Sammelliste der Online-Banking-Software muss den Inhalt der Sammelaufträge (Einzelbeträge und Einzelempfänger mit Empfängerkonto) vollständig und zweifelsfrei erkennen lassen.
(7) Die zum Kontoauszug gehörenden Belege sind entsprechend der Regelung des § 53 Absatz 5 unterzubringen.
(8) Die Kontoauszüge und Sammellisten sind jahrgangsweise, vollständig, chronologisch geordnet zu sammeln und nach Ablauf des Jahres der Buchung noch fünf Jahre aufzubewahren, wenn sich nicht aus anderen Rechtsvorschriften, etwa solcher des Umsatzsteuerrechts, längere Aufbewahrungsfristen ergeben. Auf den Kontoauszügen ist neben den einzelnen Buchungsposten die Nummer des Kassenbuches oder des Dienstregisters I anzugeben. Bei Sammelüberweisungen ist neben dem ausgewiesenen Gesamtbetrag die Nummer der ausgeführten Sammelliste der Online-Banking-Software anzugeben, aus der sich die Nummer des Kassenbuches oder des Dienstregisters I der Einzelabbuchungen ergibt. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Kontoauszüge zu vernichten; § 43 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.“
6.
In § 74 Absatz 1 Nummer 7 wird die Angabe „§ 52 Absatz 5“ durch die Angabe „§ 52 Absatz 4“ ersetzt.
II.
Diese Allgemeinverfügung tritt am 1. Mai 2024 in Kraft.
Bremen, den 4. März 2024
Die Senatorin für Justiz und Verfassung
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