Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Kommunales über die übergangsweise Anwendung der Beurteilungsrichtlinie im Lichte des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2...
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Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Kommunales über die übergangsweise Anwendung der Beurteilungsrichtlinie im Lichte des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2021 (Az. 2 C 2.21, 3. Leitsatz des Urteils) zur Bildung eines Gesamturteils bei dienstlichen Beurteilungen

Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern und für Kommunales über die übergangsweise Anwendung der Beurteilungsrichtlinie im Lichte des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2021 (Az. 2 C 2.21, 3. Leitsatz des Urteils) zur Bildung eines Gesamturteils bei dienstlichen Beurteilungen
vom 4. April 2022 ( ABl./22, [Nr. 18] , S.490)
Auf Grund des § 132 in Verbindung mit § 19 des Landesbeamtengesetzes vom 3. April 2009 ( GVBl. I
S.
26), von denen § 132 durch Artikel 1 Nummer 30 des Gesetzes vom 5. Dezember 2013 (GVBl. I Nr.
36) und § 19 durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2018 (GVBl. I Nr. 17) geändert worden ist, erlässt das Ministerium des Innern und für Kommunales folgende Verwaltungsvorschrift:
I. Einleitende Erwägungen
Mit seiner Entscheidung vom 7. Juli 2021 ( Az.
2 C 2.21) hat das Bundesverwaltungsgericht seine Spruchpraxis zum Wesentlichkeitsgrundsatz im Beurteilungswesen bekräftigt.
Es hat erneut klargestellt, dass es die Regelungen zu den dienstlichen Beurteilungen - wegen ihrer entscheidenden Bedeutung für Auswahlentscheidungen nach Maßgabe des Artikels 33 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) - als so wesentlich erachtet, dass sie vom Gesetzgeber getroffen werden müssen. Bloße Verwaltungsvorschriften genügen nicht.
So seien für eine dienstliche Beurteilung wesentlich im oben genannten Sinne die Entscheidung über das Beurteilungssystem und die Vorgabe der Bildung des abschließenden Gesamturteils unter Würdigung aller Einzelmerkmale.
Mit dem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht damit ausdrücklich seine bisherige Spruchpraxis zur Bildung eines Gesamturteils bei dienstlichen Beurteilungen aufge­geben, nach der sich die Befähigungsmerkmale noch einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe entzögen (Urteil vom 19. März 2015, Az. 2 C 12.14, BVerwGE
151, 333, Rn.
44). Nunmehr muss nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine dienstliche Beurteilung ausdrücklich mit einem Gesamturteil abschließen, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Artikels 33 Absatz 2 GG einfließen. Dazu zählen nun auch die Einzelmerkmale der Eignung und Befähigung. Dies sei notwendig, um die Funktion der dienstlichen Beurteilung im Bereich von Auswahlentscheidungen nach Artikel 33 Absatz 2 GG erfüllen zu können.
Diese Kehrtwende in der Rechtsprechung ist insofern problematisch, als dass noch im Jahr 2019 die Beurteilungsrichtlinie vom 16. November 2010 ( ABl.
S. 2065), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 28. Januar 2019 (ABl. S. 211) geändert worden ist, dahin­gehend geändert worden ist, dass die Befähigungsmerkmale aus der bis dahin vorgesehenen Gesamtbeurteilung herausgenommen worden sind, um die damals noch vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Auffassung umzusetzen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 7. Juli 2021 zwar einerseits explizit erklärt, dass der Zustand der unzureichenden normativen Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen für einen Übergangszeitraum hinzunehmen sei, um einen der verfassungsgemäßen Ordnung noch „ferneren“ Zustand zu vermeiden. Denn ohne die vorübergehende Weitergeltung der auf Grund der landesrechtlichen Regelungen erlassenen Verwaltungsvorschriften könnten die für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung wichtigen Auswahlentscheidungen nicht getroffen werden.
Andererseits stellt es für den dort entschiedenen Fall klar, dass es Aufgabe des Dienstherrn sei, eine neue dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Auffassung des Senats - das heißt mit einem abschließenden Gesamturteil, bei dem sowohl die Leistungs- als auch Befähigungsmerkmale zu berücksichtigen sind - zu erstellen.
Derzeit wird an einem Gesetzentwurf gearbeitet, um insbesondere der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wesentlichkeitsgrundsatz und zugleich den Anforderungen an die Bildung des Gesamt­urteils Rechnung zu tragen und das Beurteilungswesen damit langfristig auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen. Ein solches Rechtssetzungsvorhaben wird jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Da die geltende Beurteilungsrichtlinie das vom Bundesverwaltungsgericht geforderte abschließende Gesamt­urteil gerade nicht mehr vorsieht, bedarf es bis zum Erlass entsprechender gesetzlicher Regelungen kurzfristig verbindlicher Vorgaben, wie der Forderung nach einem solchen Gesamturteil in Anwendung der geltenden Rechts­lage entsprochen werden kann ( vgl.
Oberverwaltungs­gericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Dezember 2021, Az. 4 S 27/21, juris).
Ohne der abschließenden Entscheidung durch den Gesetzgeber vorzugreifen, geht es darum, übergangsweise bis zum Inkrafttreten der entsprechenden Rechtsgrund­lagen eine einheitliche Berücksichtigung der Anforderungen an die Bildung eines abschließenden Gesamturteils bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen in Anwendung der - nach dem bisherigen Verständnis von der Ermächtigung durch den Gesetzgeber gedeckten - Regelungen in der Beurteilungsrichtlinie zu gewährleisten.
Dabei ist, soweit es das in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch angesprochene Kriterium der Eignung betrifft, auch zu berücksichtigen, dass sich in der geltenden Beurteilungsrichtlinie unter den Leistungs- und Befähigungsmerkmalen auch solche finden, die gegebenenfalls auch Aufschluss über die Eignung geben können.
II. Übergangsweise Anwendung der Regelungen der Beurteilungsrichtlinie in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bildung eines Gesamturteils bei dienstlichen Beurteilungen
Eine dienstliche Beurteilung muss mit einem Gesamturteil abschließen, in das sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Artikels 33 Absatz 2 GG einfließen. Dazu zählen auch die Einzelmerkmale der Befähigung (Aufgabe von BVerwG, Urteil vom 19. März 2015, Az. 2 C 12.14, BVerwGE 151, 333, Rn. 44). Daher ist künftig unter Würdigung der jeweiligen Einzelbewertungen bei den Leistungs- und Befähigungsmerkmalen und des Gesamtbildes der Leistung und Befähigung zusätzlich ein abschließendes Gesamturteil zu bilden, das damit zugleich Auskunft über die Eignung für das innegehaltene Statusamt gibt. Hierbei sind die Einstufungen 1 bis 10 (Nummer 5.2.3 der Beurteilungsrichtlinie) heranzuziehen. Das Gesamturteil ist zu begründen. Bei den Leistungsmerkmalen ist die Gewichtung und Bedeutung der einzelnen Beurteilungsmerkmale für das jeweilige Statusamt zu berücksichtigen. Die Einbeziehung der Befähigungsmerkmale in das Gesamturteil erfolgt dahingehend, dass das Gesamtbild der Befähigung wie ein höhergewichtiges Leistungsmerkmal (besonders prägendes Merkmal) berücksichtigt wird. Das Gesamtbild der Befähigung kann dabei dergestalt übersetzt werden, dass der „Ausprägungsgrad I“ den Benotungsstufen 9 beziehungsweise 10, der „Ausprägungsgrad II“ den Benotungsstufen 7 beziehungsweise 8, der „Ausprägungsgrad III“ den Benotungsstufen 5 beziehungsweise 6, der „Ausprägungsgrad IV“ den Benotungsstufen 3 beziehungsweise 4 sowie der „Ausprägungsgrad V“ den Benotungsstufen 1 beziehungsweise 2 zugeordnet wird.
Die Ausweisung des Gesamturteils erfolgt in einem Beiblatt nach der Anlage. Dieses Beiblatt ist in der dienst­lichen Beurteilung nach Nummer V. einzufügen.
III. Inkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt für Brandenburg in Kraft.
Anlage
Beiblatt zur Ausweisung eines abschließenden Gesamturteils *
Abschließendes Gesamturteil und Begründung
Das Gesamturteil ist aus den Einzelbewertungen der Leistungs- und Befähigungsmerkmale und dem Gesamtbild der Leistung und Befähigung zu bilden; es gibt damit zugleich Auskunft über die Eignung für das innegehabte Amt. Hierbei sind die Einstufungen 1 bis 10 (Nummer 5.2.3 der Beurteilungsrichtlinie) heranzuziehen. Das Gesamturteil ist zu begründen.
Bei den Leistungsmerkmalen ist die Gewichtung und Bedeutung der einzelnen Beurteilungsmerkmale für das jeweilige Statusamt zu berücksichtigen. Die Einbeziehung der Befähigungsmerkmale in das Gesamturteil erfolgt dahingehend, dass das Gesamtbild der Befähigung wie ein höhergewichtiges Leistungsmerkmal (besonders prägendes Merkmal) berücksichtigt wird. Das Gesamtbild der Befähigung kann dabei dahingehend übersetzt werden, dass der „Ausprägungsgrad I“ den Benotungsstufen 9 beziehungsweise 10, der „Ausprägungsgrad II“ den Benotungsstufen 7 beziehungsweise 8, der „Ausprägungsgrad III“ den Benotungsstufen 5 beziehungsweise 6, der „Ausprägungsgrad IV“ den Benotungsstufen 3 beziehungsweise 4 sowie der „Ausprägungsgrad V“ den Benotungsstufen 1 beziehungsweise 2 zugeordnet wird.
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Begründung des abschließenden Gesamturteils
* Mit dem Beiblatt werden die Vorgaben des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2021, Az. 2 C 2.21 (3. Leitsatz des Urteils), umgesetzt.
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