Kapitalertragsteuer Erstattung des Zinsabschlages zur Vermeidung sachlicher Härten und Wegfall des § 44 c Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 2003
Kapitalertragsteuer Erstattung des Zinsabschlages zur Vermeidung sachlicher Härten und Wegfall des § 44 c Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 2003
vom 3. März 2004
Aus gegebenem Anlass weise ich auf Nachfolgendes hin:
Änderungen durch das StÄndG 2003
Durch das Steueränderungsgesetz 2003 - StÄndG 2003 ( BStBl I
2003 S.
710) ist § 44 c EStG aufgehoben worden. Die Vorschrift regelte die Erstattung von KapSt durch das Bundesamt für Finanzen für bestimmte juristische Personen. Für die betroffenen Fälle wurden neue Regelungen zur Abstandnahme vom Steuerabzug in § 44 a Abs.
7 und 8 EStG aufgenommen.
Die Neuregelungen in § 44 a Abs. 7 und 8 EStG sehen zusätzlich zu den bisherigen Kapitalerträgen für folgende weitere Kapitalerträge die Möglichkeit zur Abstandnahme vom Steuerabzug vor:
Absatz 7:
Ist der Gläubiger der Kapitalerträge ist eine inländische
Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG
(gemeinnützige/mildtätige/kirchliche Körperschaften) oder
Stiftung des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient oder
juristische Person des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken dient,
so ist der Steuerabzug bei Kapitalerträgen i. S. d.
§ 43 Abs. 1 Nr.
7a bis 7c EStG (Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 und 10 Buchst.
a und b EStG) nicht vorzunehmen.
Der Steuerabzug vom Kapitalertrag ist bei diesen Gläubigern außerdem nicht vorzunehmen bei
Kapitalerträgen aus GmbH
-Anteilen i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG,
Zinsen aus Teilschuldverschreibungen i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn die die Kapitalerträge auszahlende Stelle nicht sammelantragsberechtigt i. S. d. § 45 b EStG ist,
Kapitalerträgen aus einer typischen stillen Beteiligung an einem Handelsgewerbe oder aus einem partiarischen Darlehen i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug vom Kapitalertrag ist die Vorlage einer NV-Bescheinigung durch den Gläubiger.
Absatz 8:
Ist der Gläubiger der Kapitalerträge eine
nach § 5 Abs. 1 mit Ausnahme der Nummer 9 KStG oder nach anderen Gesetzen von der KSt
befreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder
inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht in § 44 a Abs. 7 EStG genannt ist,
so ist der Steuerabzug nur hälftig vorzunehmen bei
Kapitalerträgen aus GmbH-Anteilen i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG,
Kapitalerträgen gem.
§ 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG (Gewinnausschüttungsähnliche Erträge, die von Versicherungsvereinen aG, von rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts geleistet werden) i. S. d. § 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG.
Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist auch hier die Vorlage einer NV-Bescheinigung.
Die Neuregelungen gelten für Ausschüttungen, die nach dem 31.12.2003 erfolgen (§ 52 Abs. 55a EStG i. d. F.
des StÄndG 2003).
2. Erstattung des Zinsabschlages zur Vermeidung sachlicher Härten
Ist in den o. g.
Fällen ein Steuerabzug vom Kapitalertrag einbehalten worden, weil dem Schuldner der Kapitalerträge oder der auszahlenden Stelle die NV-Bescheinigung nicht vorlag und der Schuldner oder die auszahlende Stelle von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch macht, habe ich keine Bedenken, auch in diesen Fällen die KapSt in Form des Zinsabschlages in analoger Anwendung der Rdn. 36, 37 des BMF
-Schreibens vom 05.11.2002 (BStBl I 2002 S. 1346) zu erstatten.
Die Erstattung des Zinsabschlages (zuzüglich des ggf.
hierauf erhobenen SolZ) erfolgt auf Antrag der betroffen Organisation von dem für sie zuständigen Betriebsfinanzamt.
Für die Erstattung des Zinsabschlags in besonderen Fällen ist auf die allgemeinen Grundsätze über die Zahlungsverjährung (§§ 228 ff.
AO
) abzustellen. Hierzu gilt Folgendes:
Gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Zahlungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist.
Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich gem. § 220 Abs. 1 AO grundsätzlich nach den Vorschriften der Steuergesetze. Fehlt es - wie für den Fall der antragsgebundenen Erstattung des Zinsabschlags im Billigkeitsweg - an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Erstattungsanspruch mit seiner Entstehung fällig (§ 220 Abs. 2 Satz 1 AO).
Der Erstattungsanspruch entsteht - wie auch in den Fällen der Erstattung bereits entrichteter Beträge durch Erlass gem. § 227 AO - mit Zugang der stattgebenden behördlichen Entscheidung beim Antragsteller (Inhaltsadressaten). Die Zahlungsverjährung beginnt mit Ablauf des betreffenden Jahres (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 228 Satz 2 AO).
Der Antrag auf Erstattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen ist weder nach dem Gesetz noch nach dem BMF-Schreiben vom 5.11.2002, IV C 1 - S 2400 - 27/02 ( a. a. O.
) fristgebunden. Die Ablehnung eines solchen Antrags kann jedoch rechtmäßig sein, wenn er mit Rücksicht auf den Zeitablauf zwischen Zahlung des Zinsabschlags und Antragstellung unverhältnismäßig spät gestellt worden ist. Anhaltspunkte für die Unverhältnismäßigkeit dieses Zeitraums können den gesetzlichen Fristen entnommen werden, deren Versäumung zu Rechtsverlusten führt ( BFH
-Urteil vom 8.10.1980, BStBl 1981 II S. 82 ; vom 17.3.1987, BFH/NV 1987 S. 620). Bei der Bemessung des Zeitraums, bis zu dessen Ablauf der Antrag gestellt werden kann, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller insoweit nicht besser gestellt werden darf, als eine steuerpflichtige Körperschaft, bei der die Erstattung des Zinsabschlags nur durch Anrechnung auf die festzusetzende Steuer möglich wäre (§§ 31 KStG, 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG), wobei der Erstattungsanspruch gem. § 38 AO mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstehen würde (BFH-Urteil vom 6.2.1996, BStBl 1996 II S. 557).
Beispiel:
Das Kreditinstitut behält von den Kapitalerträgen, die einer steuerbefreiten inländischen Körperschaft am 31.12.2001 zufließen, Zinsabschlag i. H. v.
7.000 € ein, da die Körperschaft keine Bescheinigung gem. § 44 a Abs. 4 Satz 3 EStG vorgelegt hat. Am 01.05.2009 beantragt die Körperschaft die Erstattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen.
Lösung:
Wäre die Körperschaft nicht von der KSt befreit, wäre sie gem. § 149 Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. §§ 31 KStG, 25 Abs. 2 Satz 1 EStG verpflichtet, für das Jahr 2001 eine KSt-Erklärung abzugeben. Die gesetzliche Abgabefrist für diese Erklärung würde gem. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO mit Ablauf des 31.5.2002 enden. Da die Körperschaft üblicher Weise von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertreten wird, endet die Abgabefrist am 30.09.2002. Die Festsetzungsfrist würde frühestens gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31.12.2002 beginnen und gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.2006 enden.
Zugunsten des Antragstellers ist davon auszugehen, dass der KSt-Bescheid im Jahr 2003 bekannt geben werden würde. Der aus der Anrechnung des Zinsabschlags auf die festzusetzende KSt sich ergebende Erstattungsanspruch wäre gem. § 31 KStG i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG der Körperschaft „nach Bekanntgabe des Steuerbescheids auszuzahlen”, er würde also mit der Bekanntgabe des Bescheids erstmals fällig ( vgl.
BFH, Urteil vom 6.2.1990, BStBl II
1990 S. 523).
Die Zahlungsverjährung würde dann mit Ablauf des 31.12.2003 beginnen (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO) und gem. § 228 Satz 2 AO nach Ablauf von fünf Jahren enden. Fristende wäre somit der 31.12.2008. Durch die Verjährung erlischt der Anspruch (des Stpfl.) aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 232 AO). Der Antrag vom 01.05.2009 ist nach Eintritt der fiktiven Zahlungsverjährung gestellt worden. Es wäre daher ermessensgerecht, ihn abzulehnen.
Die Zahlungsverjährung wird gem. § 231 Abs. 1 Satz 1 AO unterbrochen, wenn der Antrag auf Erstattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen vor Eintritt der Verjährung gestellt wird. Die Unterbrechung der Verjährung endet dann nicht, bevor über den Antrag rechtskräftig entschieden worden ist (§ 231 Abs. 2 Satz 2 AO).
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