Ertragsteuerliche Behandlung von Zahlungen an sogenannte Erziehungs- und Familienhelfer
Ertragsteuerliche Behandlung von Zahlungen an sogenannte Erziehungs- und Familienhelfer
vom 21. Februar 2001
Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 ff.
SGB VIII
werden sog.
Erziehungs- und Familienhelfer eingesetzt, die das Kind oder den Jugendlichen (§ 30 SGB VIII) oder die Familie (§ 31 SGB VIII) durch pädagogische und therapeutische Hilfen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen oder bei der Erfüllung von Erziehungsaufgaben unterstützen sollen. Hierfür werden die Erziehungs- und Familienhelfer von den Trägern der Jugendhilfe beauftragt und bezahlt. Aufgrund der bei der Jugendhilfe anzutreffenden Vielfalt von Trägern mit unterschiedlichsten Wertorientierungen werden die Erziehungs- und Familienhelfer teils im Rahmen von Dienstverhältnissen als Arbeitnehmer, teils im Rahmen von sog. Honorarverträgen als freie Mitarbeiter beschäftigt.
In diesem Zusammenhang bin ich gefragt worden, wie die von den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe gewährten Vergütungen an selbständig tätige Erziehungs- und Familienhelfer ertragsteuerlich zu behandeln sind.
Hierzu nehme ich wie folgt Stellung:
1. Abgrenzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit gegenüber den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Ob der Erziehungs- und Familienhelfer nichtselbständig oder selbständig tätig ist, richtet sich nach den von der Rechtsprechung aufgestellten und in H 67 LStH 2000 (Allgemeines) zusammengestellten Grundsätzen. Danach sind die für oder gegen ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale ihrer Bedeutung entsprechend gegeneinander abzuwägen. Wird der Erziehungs- und Familienhelfer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Rahmen eines Dienstverhältnisses tätig, haben die Träger der Jugendhilfe die Arbeitgeberpflichten - insbesondere den Lohnsteuerabzug - zu beachten; unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitslohn auch steuerfrei bleiben (§ 3 Nr.
39 EStG
) oder pauschal versteuert werden (§ 40 a EStG).
2. Einkünfte aus selbständiger Arbeit
Liegt der Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers kein Dienstverhältnis zu Grunde, gilt folgendes:
2.1 Zahlungen durch einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe
Bezüge aus öffentlichen Mitteln sind nach § 3 Nr. 11 EStG u. a.
dann steuerfrei, wenn sie als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern. Hierbei setzt der Begriff der öffentlich-rechtlichen Beihilfe eine uneigennützige gewährte Unterstützungsleistung voraus. Werden Leistungen im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht, können sie nicht als Beihilfe qualifiziert werden ( BFH
, Urteil vom 23.09.1998, XI R 11/98, BStBl II
1999, S. 133).
Die Voraussetzungen für die Behandlung der Bezüge als Beihilfe sind bei den Zahlungen an die Erziehungs- und Familienpfleger regelmäßig nicht gegeben. Denn den Erziehungs- und Familienpflegern werden durch die Zahlungen aus öffentlichen Mitteln regelmäßig nicht nur die im Zusammenhang mit der Tätigkeit entstehenden Kosten in angemessenem Umfang erstattet, sondern auch Tätigkeitsvergütungen gewährt, die den Aufwand an Zeit und die Arbeitsleistung abgelten sollen. Demzufolge unterliegen die gesamten Zahlungen - einschließlich einer ggf.
gewährten Auslagenpauschale - der Einkommensteuerpflicht.
Die Zahlungen sind den Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. d.
§ 18 Abs.
1 Nr. 3 EStG zuzuordnen ( vgl.
das inzwischen durch das BMF
, Schreiben vom 07.02.1990, BStBl I
1990, S. 109 ¹ überholte BMF, Schreiben vom 16.11.1982, BStBl I 1984, S. 133 zur einkommensteuerlichen Behandlung des aus öffentlichen Kassen gezahlten Pflegegeldes und Erziehungsbeitrags [Erziehungsgeldes] für Kinder in Familienpflege).
2.2 Vergütungen durch einen Träger der freien Jugendhilfe ( z. B.
durch einen Verein)
In Ermangelung einer dem § 3 Nr. 11 EStG entsprechenden Steuerbefreiungsvorschrift für Zahlungen aus privaten Mitteln unterliegen die gesamten Zahlungen - einschließlich einer ggf. gewährten Auslagenpauschale - der Einkommensteuerpflicht.
Die Zahlungen sind den Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen (vgl. BMF, Schreiben vom 20.01.1984, BStBl I 1984, S. 134, zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder ² ).
2.3 Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit stehen
Die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit als Erziehungs- und Familienhelfer stehenden Aufwendungen (z. B. Fahrtkosten, Fortbildungskosten und Telefongebühren) sind als Betriebsausgaben abzugsfähig. Da dem Erziehungs- und Familienhelfer i. d. R.
keine Aufwendungen für den Lebensbedarf und die Betreuung des Kindes bzw.
des Jugendlichen oder der Familie entstehen (Betreuung findet regelmäßig in der Familienwohnung statt) und die als Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen regelmäßig leicht nachweisbar sind, scheidet die Gewährung einer Betriebsausgabenpauschale - vergleichbar den Regelungen zur einkommensteuerlichen Behandlung der von privater Seite gezahlten Pflegegelder - aus.
3. Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG
Nimmt die Tätigkeit des Erziehungs- und Familienhelfers nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch und wird die einem Erzieher vergleichbare Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Rahmen der freien Jugendhilfe im Dienst oder Auftrag einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 AO
) ausgeübt, sind die hierfür gewährten Entgelte bis zur Höhe von 3.600 DM
im Jahr steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG). Die neben der eigentlichen Hauptaufgabe zusätzlich zu erbringende hauswirtschaftliche praktische Versorgung der in Not geratenen Familie oder einer Einzelperson kann insoweit vernachlässigt werden. Der bisher in § 3 Nr. 26 EStG festgeschriebene Betrag von 2.400 DM ist durch das StBereinG 1999 vom 22.12.1999 ³ auf 3.600 DM jährlich erhöht worden. Die Steuerbefreiung bezieht sich nunmehr ausdrücklich auf jegliche Einnahmen aus den unter § 3 Nr. 26 EStG bezeichneten Tätigkeiten, nicht mehr auf die Erstattung entstandener Kosten (Aufwandsentschädigung).
Sind die Einnahmen aufgrund der Regelung in § 3 Nr. 26 EStG bis zum maßgebenden Jahresbetrag steuerbefreit, dürfen die mit diesen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Ausgaben nur insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, als sie die steuerfreie Aufwandsentschädigung von 2.400 DM bzw. den Betrag der steuerfrei belassenen Einnahmen von 3.600 DM übersteigen (§ 3 Nr. 26 Satz 2 EStG).
¹ EStG-Kartei Brandenburg Nr. 7 zu § 18 EStG
² EStG-Kartei Brandenburg Nr. 4 zu § 18 EStG
³ BStBl 2000 I S. 13
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