SQV
DE - Landesrecht Brandenburg

Verordnung über die Anforderungen an die Strukturqualität in Einrichtungen und ihnen gleichgestellten Wohnformen nach dem Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetz (Strukturqualitätsverordnung - SQV)

Verordnung über die Anforderungen an die Strukturqualität in Einrichtungen und ihnen gleichgestellten Wohnformen nach dem Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetz (Strukturqualitätsverordnung - SQV)
vom 28. Oktober 2010 ( GVBl.II/10, [Nr. 74] )
Auf Grund des § 9 Absatz 3 Nummer 1 und 2 des Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetzes
vom 8. Juli 2009 (GVBl. I S. 298) verordnet der Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie im
Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen:
Inhaltsübersicht
§ 1 Allgemeine Grundsätze § 2 Leitung
§ 3 Beschäftigte und sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
§ 4 Fachkräfte § 5 Anwesenheit von Fachkräften
§ 6 Fort- und Weiterbildung § 7 Persönliche
Ausschlussgründe § 8 Wohnflächen und Ausstattung
§ 9 Räume zur besonderen Nutzung § 10 Bewegungsfreiheit
§ 11 Sanitäre Ausstattung § 12 Zugang zu
Kommunikations- und Informationsmedien § 13 Ordnungswidrigkeiten
§ 14 Übergangsvorschriften § 15 Inkrafttreten

§ 1 Allgemeine Grundsätze

Einrichtungen und den Einrichtungen gleichgestellte Wohnformen nach § 4 des Brandenburgischen Pflege-
und Betreuungswohngesetzes müssen baulich, sächlich und personell so
ausgestattet sein, dass den Bewohnerinnen und Bewohnern ein selbstbestimmtes
Leben und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht wird. Die
Ausstattung muss die erforderliche Unterstützung sichern und der Wahrung und
Verwirklichung der Persönlichkeitsrechte der Bewohnerinnen und Bewohner und
ihrem Bedarf nach autonomer Lebensführung förderlich sein.

§ 2 Leitung

(1) Der Leistungsanbieter hat die kompetente und zuverlässige Leitung der Einrichtung
durch fachlich und persönlich geeignetes Personal mit entsprechenden
Führungskompetenzen sicherzustellen.
(2) Die Verantwortungsbereiche und die Entscheidungsbefugnisse der Leitung umfassen
insbesondere
die Koordinierung und die Kontrolle der die Einrichtung betreffenden übergreifenden Betriebsabläufe wie
Verwaltung, Wirtschaft, Personalführung und Vertretung der Einrichtung nach außen
sowie
die Steuerung und Kontrolle der Pflege- und Betreuungsprozesse.
Es ist sicherzustellen, dass die nötigen Leitungsentscheidungen in räumlicher und zeitlicher Nähe getroffen
werden können. Hierfür ist eine der Größe, der Betriebsorganisation und der
Lebenswirklichkeit der Bewohnerinnen und Bewohner angepasste Anwesenheit und
Erreichbarkeit der Leitung für Bewohnerinnen und Bewohner, Beschäftigte,
Angehörige und Dritte zu gewährleisten.
(3) Zur Wahrnehmung von Leitungsaufgaben nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist fachlich
geeignet, wer
eine mindestens dreijährige berufliche Qualifikation mit staatlich anerkanntem Abschluss in einem Pflegeberuf oder
in einem sozialen Beruf mit sozialpflegerischer Ausrichtung und jeweils eine
betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikation,
eine mindestens dreijährige berufliche Qualifikation mit staatlich anerkanntem Abschluss in einem kaufmännischen
Beruf oder in einem Beruf der öffentlichen Verwaltung und jeweils eine
sozialpflegerische Zusatzqualifikation oder
einen zumindest mit dem Bachelor-Grad abgeschlossenen, akkreditierten oder staatlich anerkannten Studiengang mit
gesundheits-, pflege- oder sozialwirtschaftlichem Schwerpunkt
nachweisen kann und über Führungskompetenzen verfügt. Führungskompetenzen werden durch eine mindestens
zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in vergleichbaren Einrichtungen
oder durch den Abschluss einer Zusatzqualifikation mit einem Umfang von
mindestens 720 Stunden erworben, sofern hierbei die für die Leitung
erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden.
(4) Zur Wahrnehmung von Leitungsaufgaben nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 ist fachlich
geeignet, wer eine Ausbildung zur Fachkraft im Gesundheits- oder Sozialwesen mit
staatlich anerkanntem Abschluss nachweisen kann und über Führungskompetenzen
durch eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit verfügt.
(5) Leben in der Einrichtung mehr als 80 Bewohnerinnen und Bewohner ist die gleichzeitige
Wahrnehmung von Aufgaben nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 unzulässig. In
Einrichtungen für pflegebedürftige Menschen sind in diesem Fall die Aufgaben
nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 durch eine vollzeitbeschäftigte Person
wahrzunehmen, die über einen Hochschulabschluss im Bereich der Pflege mit
pflegerischem Grundberuf verfügt.

§ 3 Beschäftigte und sonstige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

(1) Der Leistungsanbieter muss dafür sorgen, dass die Beschäftigten und die sonstigen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die erforderliche persönliche und fachliche
Eignung für die von ihnen ausgeübte Funktion und Tätigkeit besitzen. Er hat
sicherzustellen, dass sie die körperliche Unversehrtheit, die Würde, das
Eigentum und die persönliche Integrität der Bewohnerinnen und Bewohner achten
und deren geschlechtliche, ethnische, religiöse und sexuelle Identität
respektieren.
(2) Die Pflichterfüllung nach Absatz 1 wird vermutet, wenn vor der Einstellung von
Beschäftigten die persönlichen Ausschlussgründe nach § 7 durch den
Leistungsanbieter überprüft wurden sowie durch Handlungsanweisungen und
fortlaufende Fortbildung der Beschäftigten die Voraussetzungen für eine kultur-
und geschlechtssensible Betreuung sowie für den sicheren Umgang mit
Patientenverfügungen, Vollmachten und den Einsatz freiheitsentziehender
Maßnahmen gesichert werden.
(3) Die Beschäftigten und die sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen die für
den sicheren Betrieb der Einrichtung erforderlichen Kenntnisse, insbesondere
über das Brandschutzkonzept der Einrichtung haben. Sollten die erforderlichen
Kenntnisse nicht vorliegen, hat der Leistungsanbieter für entsprechende
Schulungen Sorge zu tragen.

§ 4 Fachkräfte

(1) Pflegende und betreuende Tätigkeiten dürfen nur durch Fachkräfte oder unter angemessener
Beteiligung von Fachkräften geleistet werden. Fachkräfte im Sinne dieser
Verordnung müssen über den staatlich anerkannten Abschluss einer einschlägigen
Berufsausbildung verfügen, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur selbstständigen
und eigenverantwortlichen Wahrnehmung der von ihnen ausgeübten Funktion und
Tätigkeit vermittelt. Die einschlägigen Berufsabschlüsse werden durch Erlass des
für Soziales zuständigen Mitglieds der Landesregierung benannt.
(2) Ausschließlich von Fachkräften wahrzunehmende Aufgaben sind:
die Festlegung von Zielen und Maßnahmen in Pflege- und Betreuungsprozessen sowie die Evaluation durchgeführter Pflege-
und Betreuungsmaßnahmen,
die Beratung der Bewohnerinnen und Bewohner über fachlich begründete Maßnahmen zur Sicherung der gesundheitlichen und
psychosozialen Versorgung sowie die Mitwirkung bei Entscheidungen über deren
Anwendung,
die Überwachung der Erforderlichkeit und Angemessenheit zulässiger freiheitsentziehender Maßnahmen,
die Weitergabe personenbezogener Informationen über Bewohnerinnen und Bewohner an weiter- oder nachbetreuende
Dienste oder Einrichtungen und
die Anleitung, Aufsicht und Kontrolle von Hilfskräften und der sonstigen Beschäftigten oder Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter.
(3) Absatz 1 Satz 1 gilt als eingehalten, wenn mindestens 50 Prozent der mit pflegenden oder
betreuenden Tätigkeiten Beschäftigten Fachkräfte im Sinne dieser Verordnung sind
und qualifikationsgerecht eingesetzt werden, sofern nicht ein außerordentlicher
Pflege- oder Betreuungsbedarf eine darüber hinausgehende Beteiligung von
Fachkräften erforderlich macht. Die Berechnung erfolgt anhand der
Vollzeitäquivalente. Zusätzliches Betreuungspersonal im Sinne des § 87b Absatz 1
Satz 2 Nummer 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und Beschäftigte, die
ausschließlich Leistungen nach § 45b Absatz 1 Satz 6 Nummer 3 des Elften Buches
Sozialgesetzbuch erbringen, bleiben bei der Berechnung unberücksichtigt.
(4) Bei Abweichungen von der Annahme des Absatzes 3 muss der Leistungsanbieter jederzeit
nachweisen können, dass die Gestaltung und Umsetzung von Pflege- und
Betreuungsprozessen nach dem anerkannten Stand der Erkenntnisse unter Beachtung
der Anforderungen des Absatzes 2 sichergestellt ist. Hierfür ist die Planung und
Umsetzung eines nach Qualifikation und Funktion differenzierten
Personaleinsatzes nachzuweisen. Der Einsatz von Schülerinnen und Schülern, die
sich im dritten Ausbildungsjahr eines zur Fachkraft qualifizierenden Berufes
befinden, kann dabei angemessen berücksichtigt werden.

§ 5 Anwesenheit von Fachkräften

(1) Durch die Anwesenheit von Fachkräften muss sichergestellt sein, dass Bewohnerinnen und
Bewohner zu jeder Tages- und Nachtzeit krankheits- oder behinderungsbedingt
erforderlich werdende Hilfe und Unterstützung erhalten.
(2) Hierfür muss in Einrichtungen, in denen sich die Bewohnerinnen und Bewohner rund um die
Uhr aufhalten, auch nachts mindestens eine Fachkraft anwesend sein.
(3) Die Erfüllung der Anforderung des Absatzes 1 kann auch durch den Nachweis erfolgen,
dass nach dem tatsächlichen Pflege- oder Betreuungsbedarf die unverzügliche
Herbeiholung einer Fachkraft in Notfallsituationen ausreicht und gewährleistet
ist.

§ 6 Fort- und Weiterbildung

(1) Der Leistungsanbieter ist verpflichtet, den Beschäftigten den Besuch von Fort- und
Weiterbildungen, die sie zur Ausübung der Pflege und Betreuung nach dem aktuell
anerkannten Stand der Erkenntnisse benötigen, zu ermöglichen.
(2) Eine ausreichende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit wird vermutet, wenn ein Fort-
und Weiterbildungskonzept mit folgenden Themen und Tätigkeitsfeldern
nachgewiesen wird:
laufende berufsspezifische Fortbildungen der Beschäftigten; in Einrichtungen, in denen Pflegeleistungen erbracht werden
insbesondere zu den Qualitätsanforderungen an eine aktivierende Pflege nach
dem Elften Buch Sozialgesetzbuch und zu den Grundsätzen der
gerontopsychiatrischen Pflege,
Grundsätze der Umsetzung des Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte
von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13.
Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008 (BGBl. II S. 1419) sowie
der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen,
Reflexion von Pflege- und Betreuungsbeziehungen,
Würde, Persönlichkeitsrechte und Interessen pflegebedürftiger und behinderter Menschen in Krisensituationen,
insbesondere im Umgang mit Sterben und Tod sowie mit Notlagen bei
psychischen Erkrankungen und seelischen Behinderungen,
Umgang mit Sexualität im Alter oder bei Behinderung,
Umgang mit Patientenverfügungen,
Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen,
Hygiene und Infektionsschutz sowie
Umgang mit Medikamenten.
(3) Beschäftigten in Einrichtungen, in denen alt gewordene oder pflegebedürftig gewordene Menschen
mit Behinderungen leben, ist Gelegenheit zu einer altenpflegerischen
Qualifizierung einzuräumen.

§ 7 Persönliche Ausschlussgründe

Bei den in der Einrichtung tätigen Personen dürfen keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme
rechtfertigen, dass sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit persönlich ungeeignet
sind. Persönlich ungeeignet ist insbesondere,
wer
wegen eines Verbrechens oder wegen einer Straftat gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung oder die
persönliche Freiheit, wegen vorsätzlicher Körperverletzung, wegen
Diebstahls, Unterschlagung, Raubes, Erpressung, Hehlerei, Betrugs,
Untreue, wegen einer gemeingefährlichen Straftat oder wegen einer
Straftat nach den §§ 29 bis 30b des Betäubungsmittelgesetzes oder
als Leitung der Einrichtung tätig ist oder tätig werden möchte und wegen Urkundenfälschung oder wegen einer
Insolvenzstraftat
zu einer Freiheitsstrafe von drei oder mehr Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist und die
Tilgung im Zentralregister noch nicht erledigt ist,
das Leitungspersonal, gegen das wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 25 des Brandenburgischen Pflege- und
Betreuungswohngesetzes mehr als zweimal eine Geldbuße rechtskräftig
festgesetzt worden ist, soweit nicht fünf Jahre seit Rechtskraft des letzten
Bußgeldbescheids vergangen sind.

§ 8 Wohnflächen und Ausstattung

(1) Der Leistungsanbieter hat dafür Sorge zu tragen, dass Größe und Ausstattung des
unmittelbaren Wohnumfeldes und der gemeinschaftlichen Wohnflächen eine
selbstständige Lebensführung der Bewohnerinnen und Bewohner ermöglichen und sich
diese in ihrer Privatsphäre frei entfalten können.
(2) Das unmittelbare Wohnumfeld soll grundsätzlich einer Bewohnerin oder einem Bewohner
zur Verfügung stehen. Die Nutzung durch mehr als zwei Personen ist unzulässig.
Durchgangszimmer dürfen nicht als unmittelbares Wohnumfeld genutzt werden. Die
Mitnahme persönlicher Gegenstände und Möbel zur Ausstattung des unmittelbaren
Wohnumfeldes darf nicht untersagt werden, soweit berechtigte Interessen der
Mitbewohnerin oder des Mitbewohners oder Sicherheitsbelange in der Einrichtung
nicht entgegenstehen. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen die Beleuchtung und
die Raumtemperatur in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld selbst regulieren können.
(3) Das unmittelbare Wohnumfeld muss mindestens eine Größe aufweisen, die ausreichend
Platz für ein Bett, einen Kleiderschrank, Möbel zur Mediennutzung und
Sitzgelegenheiten mit Tisch sowie genügend Fläche zur Fortbewegung entsprechend
dem persönlichen Bedarf bietet. Das wird vermutet, wenn die Wohnfläche 14
Quadratmeter, bei zwei Personen 24 Quadratmeter nicht unterschreitet und dabei
ausreichend Stellfläche für die Unterbringung persönlicher Gegenstände und Möbel
zur Verfügung steht.
(4) Gemeinschaftliche Wohnflächen sind Wohnküchen, Speiseräume, Terrassen, Balkone, Funktionsräume,
Räume zur Tagesstrukturierung und sonstige zum gemeinsamen Aufenthalt geeignete
Flächen. Ihre Ausstattung muss eine individuelle Nutzung durch die Bewohnerinnen
und Bewohner zulassen. Dazu gehören insbesondere Kochgelegenheiten und
ausreichend Stellfläche für die Unterbringung von Gegenständen zur
hauswirtschaftlichen Versorgung und zur eigenen Wäscheversorgung.
(5) Die gemeinschaftlichen Wohnflächen müssen zusammen eine Größe aufweisen, dass alle
Bewohnerinnen und Bewohner, deren unmittelbares Wohnumfeld im räumlichen und
organisatorischen Zusammenhang zu den gemeinschaftlichen Wohnflächen steht,
diese gleichzeitig nutzen können. Das wird vermutet, wenn die Wohnfläche
mindestens fünf Quadratmeter pro Person bemisst.
(6) In Räumen, die durch Bewohnerinnen und Bewohner genutzt werden, ist eine
angemessene Temperatur durch allgemein übliche Vorkehrungen sicherzustellen.
(7) Abweichungen von der Annahme des Absatzes 3 Satz 2 oder des Absatzes 5 Satz 2 sind
insbesondere bei kleinteilig ausgelegten Einrichtungen möglich, wenn sie in
Wohnungen oder im sonstigen baulichen Bestand, der durch seine Lage eine
Teilnahme am Leben in der örtlichen Gemeinschaft in besonderem Maße
gewährleistet, errichtet worden sind.

§ 9 Räume zur besonderen Nutzung

(1) Die Einrichtung muss baulich so ausgestattet sein, dass die Würde, die Privatsphäre
und das Selbstbestimmungsrecht der Bewohnerinnen und Bewohner insbesondere in
krankheitsbedingten Krisensituationen und im Sterben gewahrt bleiben.
(2) Die Anforderungen des Absatzes 1 sind in der Regel erfüllt, wenn
gewährleistet ist, dass Bewohnerinnen und Bewohnern, denen das unmittelbare Wohnumfeld nicht allein zur Verfügung
steht, in Krisenfällen einen für Wohn- und Betreuungszwecke geeigneten Raum
vorübergehend nutzen können; die Nutzungsmöglichkeit ist den Bewohnerinnen
und Bewohnern auf geeignete Weise bekannt zu geben,
für Bewohnerinnen und Bewohner, die auf ärztliche Versorgung in der Einrichtung angewiesen sind, die Gelegenheit für
eine ungestörte ärztliche Untersuchung und Behandlung gegeben ist und
in Einrichtungen der Pflege ein Verabschiedungs- und Totenraum vorhanden ist, sofern nicht im unmittelbaren
Wohnumfeld eine Aufbahrung möglich ist.

§ 10 Bewegungsfreiheit

(1) Die bauliche Ausstattung muss den Bewohnerinnen und Bewohnern eine Bewegungsfreiheit
ermöglichen, die ihren Fähigkeiten entspricht.
(2) Bauliche Einschränkungen des Zugangs zum öffentlichen Raum sind nicht zulässig.
(3) Die Anforderung des Absatzes 1 ist in der Regel erfüllt, wenn
der Zugang sowie die individuell und gemeinschaftlich genutzten Wohnflächen barrierefrei sind,
Flure und Treppen an beiden Seiten mit festen Handläufen versehen sind und
für Bewohnerinnen und Bewohner mit beeinträchtigten kognitiven Fähigkeiten oder Sehbehinderung angemessene
Orientierungshilfen vorgehalten werden.
(4) Von den Regelanforderungen nach Absatz 3 kann abgewichen werden, wenn
Einschränkungen der Mobilität bei dem aufgenommenen Personenkreis typischerweise
nicht zu erwarten sind und die Abweichung ausdrücklich mit den Bewohnerinnen und
Bewohnern vereinbart worden ist.

§ 11 Sanitäre Ausstattung

(1) Der Leistungsanbieter hat sicherzustellen, dass den Bewohnerinnen und Bewohnern in
unmittelbarer Nähe zu ihrem Wohnumfeld ausreichend Gelegenheiten zur
Körperhygiene zur Verfügung stehen und diese individuell unter Wahrung der
Intimsphäre genutzt werden können.
(2) Pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohnern ist Gelegenheit zur Nutzung einer ihren körperlichen
Beeinträchtigungen angemessen ausgestatteten Badewanne innerhalb der Einrichtung
zu geben. § 8 Absatz 7 findet mit der Maßgabe, dass die Abweichung mit den
Bewohnerinnen und Bewohnern ausdrücklich vereinbart worden ist, entsprechende
Anwendung.

§ 12 Zugang zu Kommunikations- und Informationsmedien

(1) Die Ausstattung der Einrichtung muss den Kontakt der Bewohnerinnen und Bewohner zu
ihren Mitmenschen und den uneingeschränkten Zugang zu Informationen
sicherstellen.
(2) Im unmittelbaren Wohnumfeld sind die technischen Voraussetzungen vorzuhalten, so
dass die Bewohnerinnen und Bewohner Rundfunk, Fernsehen, Internet und Telefon
durch vorhandene oder eigene Geräte individuell nutzen können. Eine durch Dritte
ungestörte Nutzung von Internet und Telefon ist zu ermöglichen.

§ 13 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Absatz 3 Nummer 1 des Brandenburgischen Pflege- und Betreuungswohngesetzes
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
entgegen § 2 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Personen mit Leitungsaufgaben betraut,
Personen beschäftigt, die nach § 7 persönlich ungeeignet sind,
Tätigkeiten entgegen § 4 Absatz 2 nicht durch Fachkräfte oder entgegen § 4 Absatz 1 Satz 1 nicht unter Anleitung
oder angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrnehmen lässt oder
eine Einrichtung betreibt, in der
entgegen § 8 Absatz 2 Satz 2 mehr als zwei Personen ein unmittelbares Wohnumfeld nutzen,
entgegen § 8 Absatz 2 Satz 4 die Mitnahme persönlicher Gegenstände oder eigener Möbel untersagt wird,
entgegen § 10 Absatz 2 der Zugang zum öffentlichen Raum baulich eingeschränkt ist oder
entgegen § 11 Absatz 1 die Mindestanforderungen an die sanitäre Ausstattung nicht vorgehalten
werden.

§ 14 Übergangsvorschriften

(1) Die Anforderungen nach § 2 Absatz 3, 4 und 5 Satz 2 gelten nicht für Personen, die
bei Inkrafttreten dieser Verordnung
Leitungsaufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 wahrnehmen und die Anforderungen des § 2
Absatz 2 der Heimpersonalverordnung vom 19. Juli 1993 (BGBl. I S. 1205), die durch Artikel 1 der Verordnung vom
22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1506) geändert worden ist, erfüllen oder
Leitungsaufgaben nach § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 wahrnehmen und die Anforderungen des § 4 Absatz 2 der
Heimpersonalverordnung erfüllen.
(2) Erfüllt eine Einrichtung, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung im Betrieb, im Bau
oder im baureifen Planungsstadium ist, die Mindestanforderungen des § 8 Absatz 2
Satz 1, 2 oder Satz 5, Absatz 3, 4 Satz 2 und 3, Absatz 5, 6 oder § 9 Absatz 2
Nummer 1 oder Nummer 2 nicht und sind Ausnahmen oder Abweichungen nicht
statthaft, so hat die zuständige Behörde zur Angleichung an die einzelnen
Anforderungen eine angemessene Frist einzuräumen. Die Frist darf zehn Jahre
nicht übersteigen. Sie kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes verlängert
werden.

§ 15 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Juli 2010 in Kraft.
Potsdam, den 28. Oktober 2010
Der Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie
Günter Baaske
Markierungen
Leseansicht