Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über die Gewährung von Reiseentschädigungen
Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums
der Justiz und für Europa
über die Gewährung von Reiseentschädigungen
Vom 16. Mai 2006
[Geändert durch
VwV vom 30. November 2009
(SächsJMBl. S. 380) und durch
VwV vom 17. Oktober 2014
(SächsJMBl. S. 93)
mit Wirkung vom 1. November 2014]
I.
1.
Mittellosen Parteien, Beschuldigten oder anderen Beteiligten können auf Antrag Mittel für die Reise zum Ort einer Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung und für die Rückreise gewährt werden. Hierauf soll in der Ladung oder in anderer geeigneter Weise hingewiesen werden. Die gewährten Mittel gehören zu den Kosten des Verfahrens (vergleiche Nummer 9008 Nr. 2 und Nummer 9015 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2
GKG
, Nummer 2007 Nr. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2
FamGKG
, Nummer 31008 Nr. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2
GNotKG
). Als mittellos im Sinne dieser Vorschrift sind Personen anzusehen, die nicht in der Lage sind, die Kosten der Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Vorschriften über die Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bleiben unberührt.
a)
Über die Bewilligung entscheidet das Gericht, bei staatsanwaltschaftlichen Verhandlungen, Vernehmungen oder Untersuchungen die Staatsanwaltschaft. Nach Bewilligung verfährt die Geschäftsstelle, soweit in der Bewilligung nichts anderes bestimmt ist, wie folgt:
aa)
Die Reiseentschädigung wird durch die für den Erlass der Auszahlungsanordnung zuständige Anweisungsstelle zur Zahlung angewiesen.
bb)
Die Reiseentschädigung ist so zu bemessen, dass sie die notwendigen Kosten der Hin- und Rückreise deckt. Zu den Reisekosten gehören entsprechend den Vorschriften des
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes
(JVEG) neben den Fahrtkosten gegebenenfalls auch unvermeidbare Tagegelder (entsprechend § 6 Abs. 1
JVEG
) und Übernachtungskosten (entsprechend § 6 Abs. 2
JVEG
), ferner gegebenenfalls Reisekosten für eine notwendige Begleitperson sowie Kosten für eine notwendige Vertretung (entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 2
JVEG
). Eine Erstattung von Verdienstausfall kommt nicht in Betracht.
cc)
Regelmäßig sind Fahrkarten der zweiten Wagenklasse der Deutschen Bahn oder eines anderen Anbieters im öffentlichen Personenverkehr zur Verfügung zu stellen. Eine Auszahlung kommt nur im Ausnahmefall in Betracht.
dd)
Eine Durchschrift der Kassenanordnung oder ein Nachweis über die Gewährung von Reiseentschädigung ist zu den Sachakten zu geben. Auf der Kassenanordnung ist dies zu bescheinigen.
ee)
Wird eine Reiseentschädigung bewilligt, bevor die Ladung abgesandt worden ist, ist dies nach der Art und, soweit möglich, auch nach der Höhe in auffallender Form in der Ladung zu vermerken. Wird schon vor dem Termin eine Kassenanordnung vorbereitet, ist der Betrag, sofern er aktenkundig ist, auffällig zu vermerken.
ff)
Fällt der Grund der Reise weg oder erscheint der Antragsteller nicht zu dem Termin, ist die zur Verfügung gestellte Fahrkarte oder die Reiseentschädigung zurückzufordern. Gegebenenfalls ist dafür zu sorgen, dass der Fahrpreis für nicht benutzte Fahrkarten erstattet wird.
b)
Ist in Eilfällen die Übermittlung einer Fahrkarte oder die Auszahlung des Betrages an die Antragstellerin oder den Antragsteller durch die zuständige Anweisungsstelle nicht mehr möglich, kann die Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Antragsteller aufhält, ersucht werden, die Beschaffung der Fahrkarte oder die Auszahlung des Betrages für die Hin- und Rückreise zu veranlassen. Die gewährte Reiseentschädigung ist auf der Ladung auffällig zu vermerken. Die ladende Stelle ist unverzüglich von der Gewährung der Reiseentschädigung zu benachrichtigen.
c)
Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten nach der Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung geltend gemacht wird.
2.
Ist es in Eilfällen nicht möglich, die Entscheidung des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Staatsanwaltschaft einzuholen, kann der Präsident oder der Direktor des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Antragsteller aufhält, im Verwaltungsweg eine Reiseentschädigung bewilligen. Ziffer I Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa bis cc und ff gilt entsprechend. Die gewährte Reiseentschädigung ist auf der Ladung auffällig zu vermerken; die ladende Stelle ist unverzüglich von der Bewilligung und der Gewährung der Reiseentschädigung zu benachrichtigen.
3.
Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern, ehrenamtlichen Richtern und Dritten ist nach § 3
JVEG
auf Antrag ein Vorschuss für Reiseentschädigungen zu bewilligen, wenn der berechtigten Person voraussichtlich erhebliche Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen entstehen werden. Hierauf soll in der Ladung oder in anderer geeigneter Weise hingewiesen werden.
a)
Für die Bewilligung und Anweisung gelten folgende Bestimmungen:
aa)
Die Vorschüsse werden von der zum Erlass der Auszahlungsanordnung zuständigen Anweisungsstelle bewilligt und zur Zahlung angewiesen.
bb)
Ziffer I Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb bis ff gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass Fahrtkosten bis zur Höhe der Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse gewährt werden können.
cc)
Bei der Vorbereitung der Anweisung für die Entschädigung von Zeugen, ehrenamtlichen Richtern und Dritten sowie für die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern vor dem Termin ist die Vorschusszahlung, sofern sie aktenkundig ist, in auffälliger Weise zu vermerken. Wird die Berechnung der Entschädigung oder Vergütung nicht schriftlich eingereicht, sind die Antragsteller in jedem Falle zu befragen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie Vorschüsse erhalten haben, um deren Anrechnung sicherzustellen. Die Befragung ist in der Auszahlungsanordnung zu vermerken.
b)
Ist in Eilfällen die Übermittlung einer Fahrkarte oder die Auszahlung des Betrages nicht mehr möglich, kann auch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Antragsteller aufhält, einen Vorschuss nach § 3
JVEG
bewilligen und zur Zahlung anweisen. Ist ein Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Vorschusses gestellt oder wird eine Festsetzung für angemessen erachtet, kann in dringenden Fällen auf Ersuchen des für die Entscheidung nach § 4 Abs. 1
JVEG
zuständigen Gerichts eine Fahrkarte für ein bestimmtes Beförderungsmittel zur Verfügung gestellt oder ein festgesetzter Vorschuss ausgezahlt werden. Die Auszahlung des Vorschusses ist in der Ladung auffällig zu vermerken. Die ladende Stelle ist von der Gewährung des Vorschusses unverzüglich zu benachrichtigen.
II.
Ergänzend zu den vorgenannten Bestimmungen wird Folgendes bestimmt:Zur Vermeidung der Vorführung kann der Vollstreckungsleiter (Ziffer I der Richtlinien zu den §§ 82-85
JGG
[
Anlage 4 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über die Inkraftsetzung von zwischen den Bundesländern abgestimmten Regelungen zum Jugendgerichtsgesetz und zur Vollstreckung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
]) mittellosen Verurteilten, die sich auf freiem Fuße befinden und zum Vollzug eines Jugendarrests in eine mehr als zehn Kilometer von ihrem Wohnort entfernte Jugendarrestanstalt eingewiesen werden, für die Fahrt zur Jugendarrestanstalt durch die Geschäftsstelle eine Fahrkarte aushändigen lassen.
III.
Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Juni 2006 in Kraft. Gleichzeitig treten außer Kraft:
1.
die
Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zur Gewährung von Reiseentschädigungen an mittellose Personen und Vorschußzahlungen an Zeugen und Sachverständige
vom 19. Dezember 1991 (SächsABl. 1992 S. 4), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 6. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 780), sowie
2.
die
Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zur Gewährung von Reiseentschädigungen an mittellose Personen und Vorschußzahlungen an Zeugen und Sachverständige in Verfahren vor den Fachgerichten
vom 24. Juli 1992 (SächsABl. S. 1129), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 6. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 780).
Dresden, den 16. Mai 2006
Der Staatsminister der Justiz
Geert Mackenroth
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