Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur berufsbegleitenden Weiterbildung auf dem Gebiet der Kindheitspädagogik (VwV Weiterbildung Kindheitspädagogik)
Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
zur berufsbegleitenden Weiterbildung auf dem Gebiet der Kindheitspädagogik
(VwV Weiterbildung Kindheitspädagogik)
Vom 1. Oktober 2016
[geändert durch VwV vom 9. August 2022 (SächsABl. S. 1020) mit Wirkung vom 2. September 2022]
I. Ziel
Ziel der berufsbegleitenden Weiterbildung auf Fachhochschulniveau ist die Befähigung und fachliche Fortbildung von Personen auf dem Gebiet der Kindheitspädagogik, damit sie in Kindertageseinrichtungen als pädagogische Fachkräfte für die Leitung und die Arbeit mit den Kindern im Sinne von § 12 Absatz 1 Satz 1 des
Gesetzes über Kindertageseinrichtungen
in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2009 (SächsGVBl. S. 225), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. April 2015 (SächsGVBl. S. 349) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, tätig werden können. Wenn eine Weiterbildung den Anforderungen dieser Verwaltungsvorschrift entspricht und deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer sie erfolgreich abgeschlossen haben, erhalten sie ein Zertifikat entsprechend dem Muster in Anlage 1.
II. Zulassungsvoraussetzungen
1.
Zur Weiterbildung können Personen zugelassen werden, die an einer Universität oder Pädagogischen Hochschule in Erziehungswissenschaft oder Pädagogik
a)
einen Magister-, Diplom-, Bachelor- oder Master-Abschluss,
b)
ein erstes oder zweites Staatsexamen Lehramt oder
c)
im Ausland einen Hochschulabschluss
erworben haben. Personen mit anderen als den in Satz 1 Buchstabe a genannten Magister-, Diplom-, Bachelor- oder Master-Abschlüssen können ebenfalls zugelassen werden, sofern deren Studieninhalte einen Bezug zu den Bereichen Pädagogik oder Erziehung aufweisen, die Altersgruppe der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder jedoch nicht umfasst oder nicht auf eine spätere praktische Tätigkeit in der Kindertagesbetreuung abgezielt haben.
2.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen während der Weiterbildung mit Zustimmung des Landesjugendamtes in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit einem öffentlichen oder freien Träger einer Kindertageseinrichtung im Freistaat Sachsen stehen.
III. Anmeldeunterlagen
Zukünftige Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben zur Anmeldung für die Weiterbildung beim Weiterbildungsträger mindestens folgende Unterlagen vorzulegen:
a)
amtlich beglaubigte Kopie der Urkunde und des Zeugnisses des Hochschulabschlusses, gegebenenfalls amtlich beglaubigte deutsche Übersetzung der Urkunde und des Zeugnisses des Hochschulabschlusses,
b)
ein Diploma Supplement oder ein entsprechender Nachweis über die in der früheren Ausbildung vermittelten Lerninhalte,
c)
eine schriftliche Erklärung des Trägers der Kindertageseinrichtung zur Begründung oder zum Bestehen des Arbeitsverhältnisses; die Erklärung muss spätestens bis zur fünften Woche nach Beginn der Weiterbildung nachgereicht werden,
d)
eine Einverständniserklärung des Trägers der Kindertageseinrichtung zur Teilnahme an der Weiterbildung und
e)
eine schriftliche Zustimmung des Landesjugendamtes, die durch den Träger der Kindertageseinrichtung eingeholt worden ist.
IV. Dauer, Umfang
Die Weiterbildung dauert in der Regel ein Jahr und umfasst folgende Teile:
1.
12 Module einschließlich Abschlusskolloquium, die sich jeweils aus der Präsenzzeit im Umfang von mindestens 400 Stunden beim Weiterbildungsträger, in der Regel abgehalten als eine Blockwoche im Monat, und der Selbststudienzeit im Umfang von mindestens 400 Stunden zusammensetzen (Theorieteil), sowie
2.
theoriebegleitende Praxis im Umfang von mindestens 800 Stunden angeleitete und reflektierte Tätigkeit im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses in einer Kindertageseinrichtung im Freistaat Sachsen (Praxisteil).
V. Inhaltliche Schwerpunkte
1.
Die Inhalte der Weiterbildung basieren auf dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16. September 2010 und der Jugend- und Familienministerkonferenz vom
14. Dezember 2010: Weiterentwicklung der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erzieherinnen und Erziehern – Gemeinsamer Orientierungsrahmen „Bildung und Erziehung in der Kindheit“
¹
und lehnen sich an den akkreditierten Bachelorstudiengang „Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit“ an. Die Weiterbildung schließt mit einem Abschlusskolloquium im Rahmen des 12. Moduls ab.
2.
Das Curriculum der Weiterbildung umfasst die folgenden 12 Module:
Modul | Inhalt |
---|---|
1. Modul | Einführung in das System der Kindertagesbetreuung, rechtliche Grundlagen |
2. Modul | Grundlagen der Kindheitspädagogik |
3. Modul | Entwicklungspsychologie der frühen Kindheit |
4. Modul | Didaktik der Kindheitspädagogik, Sächsischer Bildungsplan |
5. Modul | Pädagogische Diagnostik, Beobachtung und Dokumentation |
6. Modul | Kommunikation und Intervention mit Kindern und Erwachsenen |
7. Modul | Peer- und Gruppenbeziehungen |
8. Modul | Anthropologie und Ethik, Werte und Weltanschauungen |
9. Modul | Familie, soziale Netzwerke und Sozialraum, rechtliche Grundlagen |
10. Modul | Konzeptionsentwicklung und Qualitätssicherung |
11. Modul | Grundlagen professioneller Leitung, rechtliche Grundlagen |
12. Modul | Abschluss des Lernportfolios, Erarbeitung einer Abschlusspräsentation und -reflexion, Abschlusskolloquium |
Der Inhalt der Module des Theorieteils nach Satz 1 und der Inhalt des Praxisteils richten sich nach Anlage 2.
VI. Nachweis der erfolgreichen Teilnahme
1.
Das unter Ziffer I Satz 1 genannte Ziel wird durch die unmittelbare Theorie-Praxis-Verknüpfung gemäß Ziffer IV über den gesamten Zeitraum der Weiterbildung erreicht. Jedes der Module nach Ziffer V Nummer 2 Satz 1 muss mindestens zu drei Vierteln der Präsenzzeit besucht werden. Bei höheren Fehlzeiten wird von der Teilnehmerin oder dem Teilnehmer eine schriftliche Ausarbeitung und mündliche Reflexion zum Modulinhalt gefordert. Die Weiterbildung ist in Form eines Lernportfolios durch die Teilnehmerin oder den Teilnehmer zu dokumentieren.
2.
Die Weiterbildung schließt mit einem Abschlusskolloquium ab, das sich aus folgenden Teilen zusammensetzt:
a)
Vorlage des vollständigen Lernportfolios über alle Module,
b)
Abschlusspräsentation mit einer Dauer von 20 Minuten pro Teilnehmerin oder Teilnehmer zu einer praxisrelevanten Thematik der Kindheitspädagogik; eine Gruppenarbeit von bis zu drei Teilnehmerinnen oder Teilnehmern ist möglich,
c)
Reflexionsgespräch mit einer Dauer von 15 Minuten pro Teilnehmerin oder Teilnehmer.
3.
Das Abschlusskolloquium erfolgt vor einem Fachgremium von mindestens zwei Dozentinnen oder Dozenten der Weiterbildung und wird als „bestanden“ oder „nicht bestanden“ bewertet. Es kann einmal wiederholt werden.
4.
Bei regelmäßiger Teilnahme am Theorie- und Praxisteil der Weiterbildung sowie nachfolgender erfolgreicher Teilnahme am Abschlusskolloquium erhält die Teilnehmerin oder der Teilnehmer vom Weiterbildungsträger ein Zertifikat, das dem Muster gemäß Anlage 1 entsprechen muss. Vor Aushändigung des Zertifikats hat die Teilnehmerin oder der Teilnehmer dem Weiterbildungsträger nachzuweisen, dass der Praxisteil gemäß Ziffer IV Nummer 2 absolviert wurde..
VII. Durchführung der Weiterbildung, Anforderungen an den Weiterbildungsträger
1.
Zur Durchführung der Weiterbildung im Freistaat Sachsen bedarf der Weiterbildungsträger der Zustimmung des Staatsministeriums für Kultus zu seiner Weiterbildungskonzeption.
2.
Für den Weiterbildungsträger gelten folgende Anforderungen:
a)
Er muss mindestens die in dieser Verwaltungsvorschrift genannten Anforderungen an die Weiterbildung, insbesondere das Curriculum gemäß Ziffer V Nummer 2 Satz 1 und Anlage 2 auf Fachhochschulniveau, umsetzen.
b)
Er muss mehrjährige Erfahrung in der Aus-, Fort- oder Weiterbildung auf dem Gebiet der Kindheitspädagogik haben.
c)
Er muss die ausreichende Qualifikation der Dozentinnen und Dozenten nachweisen.
3.
Die Dozentinnen und Dozenten der Weiterbildung besitzen eine ausreichende Qualifikation im Sinne von Nummer 2 Buchstabe c, wenn sie
a)
einen dem unter Ziffer I Satz 1 genannten Ziel dienenden fachspezifischen Hochschulabschluss und
b)
einschlägige Lehrerfahrungen an einer Hochschule oder Berufsakademie oder mehrjährige berufliche Praxiserfahrungen in der Kindertagesbetreuung
vorweisen können.
VIII. Inkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Dresden, den 1. Oktober 2016
Die Staatsministerin für Kultus
Brunhild Kurth
Anlage 1 Muster
Anlage 2 (zu Ziffer V Nummer 2 Satz 1)
Curriculum der Weiterbildung auf dem Gebiet der Kindheitspädagogik
I.
Modulbeschreibungen (Theorieteil)
1.
Modul: Einführung in das System der Kindertagesbetreuung, rechtliche Grundlagen
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die
Teilnehmerinnen und Teilnehmer reflektieren in gruppendynamischen Prozessen ihre Motivations- und Ausgangslagen sowie Einstellungen zum Handlungsbereich der Kindertageseinrichtungen. Sie verstehen das gegenwärtige System der Kindertageseinrichtungen in seiner aktuellen Ausrichtung sowie in seinen rechtlichen Grundlagen. Insbesondere können sie Betreuung, Erziehung und Bildung als Aufgaben differenzieren und unter inhaltlichen wie rechtlichen Aspekten von familiären Aufgaben und Pflichten abgrenzen und sind mit Intention und Inhalten des sächsischen Bildungsplans vertraut.
b)
Modulinhalte
–
Reflexion der eigenen Person und alltagstheoretischer Einstellungen bezogen auf das Handlungsfeld
–
Inhaltliches und auf frühe Altersphasen bezogenes Verständnis grundlegender Begriffe wie Betreuung, Erziehung und Bildung
–
Zentrale rechtliche Zusammenhänge unter Beachtung der Normenpyramide und der Vereinbarkeit mit höherem Recht; insbesondere Bedeutung der UN-Menschenrechtscharta und Kinderrechtskonvention, von
Grundgesetz
und
SGB VIII
sowie der einschlägigen sächsischen Rechtsvorschriften, vor allem
Landesjugendhilfegesetz (LJHG)
,
Gesetz über Kindertageseinrichtungen (SächsKitaG)
und die zugehörigen Verordnungen
–
Pädagogische Ansätze
–
Grundlagen zum Bildungsverständnis und zum neuen Bild vom Kind gemäß Sächsischem Bildungsplan
2.
Modul: Grundlagen der Kindheitspädagogik
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ein differenziertes Verständnis erziehungswissenschaftlicher Grundbegriffe und Grundannahmen entwickelt. Sie verstehen Bildung und Erziehung in der Kindheit als historisch und soziokulturell determinierte Prozesse. Auf dieser Grundlage haben sie ein wissenschaftlich fundiertes Kategoriensystem zur Einordnung und kritischen Analyse aktueller erziehungswissenschaftlicher Diskurse über Bildung und Erziehung im Bereich der Kindheitspädagogik erarbeitet und sind in der Lage, diese hinsichtlich ihrer Relevanz für die pädagogische Praxis zu bewerten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verstehen Kindheitspädagogik als eine im Entstehen begriffene Profession und können ihre eigene Rolle in diesem Prozess einschätzen und den Prozess mitgestalten.
b)
Modulinhalte
–
Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft (insbesondere Bildung, Erziehung, Sozialisation, Enkulturation) aus der Perspektive der Pädagogik der (frühen) Kindheit
–
Entwicklungslinien erziehungswissenschaftlicher Diskurse über Bildung und Erziehung nach 1945 in beiden Teilen Deutschlands
–
Grundfragen aktueller Elementarpädagogik
–
Kindheitspädagogik als Profession im Kontext erziehungswissenschaftlicher Diskurse
3.
Modul: Entwicklungspsychologie der frühen Kindheit
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer überblicken die wichtigsten Ergebnisse der Entwicklungspsychologie des Säuglings- und Kleinkindalters und können auf dieser Grundlage individuelle Entwicklungsstände und spezifische Bedarfe zur pädagogischen Begleitung einschätzen.
b)
Modulinhalte
–
Entwicklung und Sozialisation; „Anlage und Umwelt“-Kontroverse; neuere Ergebnisse der Neurophysiologie und Hirnforschung
–
Entwicklungspsychologie des Säuglings- und Kleinkindalters; affektive und kognitive Entwicklung
–
Affektregulierung und Mentalisierung
–
Bindungstheorie und -forschung, Temperamentsforschung
–
Stufen der kognitiven Entwicklung (nach Piaget)
–
Domänenspezifische Entwicklung von Kindern
4.
Modul: Didaktik der Kindheitspädagogik, Sächsischer Bildungsplan
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ein Verständnis für grundlegende didaktische Theorien und Fragestellungen und sind in der Lage, diese aus der Perspektive der Pädagogik der frühen Kindheit kritisch reflektiert zu bewerten. Sie sind fähig, verschiedene Methoden begleitender Bildungsprozesse auszuwählen, anzuwenden und deren Relevanz für die Gestaltung pädagogischer Kontexte kritisch zu bewerten. Die Gestaltung der pädagogischen Umwelt wird von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Kontextbedingung gesehen und in didaktische Überlegungen einbezogen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Lage auffordernde Lernarrangements und Lernumwelten zu gestalten.
b)
Modulinhalte
–
Grundfragen der Didaktik; didaktische Theorien (Schwerpunkt: konstruktivistische Didaktik)
–
Konzept des exemplarischen Lehrens und Lernens
–
Lerntheorien: von linearen Lernmodellen (Behaviorismus, Modelllernen) zu konstruktivistischen Lerntheorien
–
Spiel und Beobachtung als zentrale Dimension elementarpädagogischer Didaktik; psychologische und soziologische Theorien des Spiels; Formen des Spiels
–
elementarpädagogische, systemisch-konstruktivistisch begründete Didaktik und Methodik der Lernbegleitung
–
Grundlagen der Gestaltung komplexer Lernangebote und anregender räumlich-struktureller, zeitlicher, materieller und personeller Kontexte
–
Der sächsische Bildungsplan – Grundverständnis, Bildungsbereiche und deren didaktische Implikationen
5.
Modul: Pädagogische Diagnostik, Beobachtung und Dokumentation
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen den Unterschied zwischen Wahrnehmung und Beobachtung. Auf dieser Grundlage können sie kindliche Entwicklungs- und Lernprozesse systematisch beobachten und dokumentieren sowie als wissenschaftlich fundierte Ausgangslage für die didaktisch-methodische Gestaltung und Begleitung von Entwicklungs- und Lernprozessen nutzen. Sie haben Basiswissen über pädagogisch-diagnostische Beobachtungsinstrumente, deren Funktion und Anwendungsbereiche. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen über eine grundlegende Kompetenz zur Nutzung moderner Medien, unter anderem als Dokumentationsform.
b)
Modulinhalte
–
Wahrnehmungsübungen „von der Wahrnehmung zur systematischen Beobachtung“
–
Grundlagen pädagogischer Diagnostik: Erfassen von kindlichen Entwicklungsständen, Lernbedürfnissen und Lernfortschritten
–
Ansätze und Konzepte prozessualer Beobachtung frühkindlicher Bildungs- und Entwicklungsbewegungen
–
Praxis der Bildungs- und Lerngeschichten im Elementarbereich und im Übergang zum Primarbereich: Übungen an Hand von videodokumentiertem Material von Lernsequenzen und Praxisprojekten; Relevanz der Bildungs- und Lerngeschichten im Kontext empirischer Praxisforschung
–
Dokumentationsformen (insbesondere Videografie, Fotografie, Portfolio) deren Funktion und exemplarische Anwendung, Umsetzungsbeispiele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
6.
Modul: Kommunikation und Intervention mit Kindern und Erwachsenen
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kennen die Grundlagen professioneller Kommunikation und sind insbesondere in der Lage, Gespräche mit Kindern und Erwachsenen (einzeln und in Gruppen) professionell zu gestalten und zu reflektieren. Sie sind in der Lage, kommunikative Alltagssituationen in ihren kulturellen Kontexten zu verstehen und angemessen mit den Kommunikationspartnern weiter zu entwickeln.
b)
Modulinhalte
–
Dimensionen und Axiome von Kommunikation und Partizipation als Grundlage partnerschaftlicher Interaktion
–
Sach- und Beziehungsdimension von Kommunikation; Nonverbale und verbale Kommunikation
–
Grundlagen der Gesprächsführung mit Rückgriff auf unterschiedliche Konzepte, zum Beispiel Inselmodell, Transaktionsanalyse, gewaltfreie Kommunikation (zum Beispiel Akzeptanz, Authentizität, Empathie, Übertragung, Ressourcenorientierung, zirkuläres Fragen, Reframing, Arbeit mit Geschichten, Feedback)
–
Besonderheiten der Kommunikation mit Kindern (einzeln und in Gruppen)
–
Schaffen eines Gesprächssettings
–
Gesprächsführung in Konfliktsituationen (Mediation)
–
Beobachtungsübungen und Interpretation von Kommunikationssequenzen auf der Grundlage von Videomaterial
7.
Modul: Peer- und Gruppenbeziehungen
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können die lernpsychologische Bedeutung unterschiedlicher Beziehungskonstellationen einschätzen. Insbesondere erweitern sie ihren Blick auf die sozialen Beziehungen unter Kindern (Peer- und Gruppenbeziehungen) und können hiervon ausgehend Fragen der sozialen und geschlechtlichen Entwicklung beurteilen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Lage, Gruppen in ihrer Dynamik und Struktur wahrzunehmen und in der Arbeit mit Kindergruppen eine Haltung einzunehmen, über die sie deren Eigendynamik und Selbstbildungspotentiale fördern.
b)
Modulinhalte
–
Lernen in symmetrischen und asymmetrischen Beziehungen nach Piaget, Vygotsky, Youniss und anderen
–
Bedeutung von Peerbeziehungen für Entwicklung und Lernen
–
Geschlechtsspezifische Entwicklung; frühe Geschlechtsorientierung
–
Entwicklung von Gruppenbezügen und Gruppenkompetenz im frühen Kindesalter
8.
Modul: Anthropologie und Ethik, Werte und Weltanschauungen
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können Bildungs- und Erziehungsprozesse unter anthropologischen, ethischen und religiösen Aspekten reflektieren und verfügen über Kenntnisse, um aus einer anthropologisch, ethisch und gegebenenfalls religiös begründeten Haltung professionelle Praxis zu gestalten und zu verantworten. Um Kindern kompetente Dialogpartner zu sein, setzen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den verfassungsmäßig formulierten Grund- und Menschenrechten, christlichen und anderen religiösen Weltanschauungen, Werten und Traditionen auseinander. Sie sind zur altersangemessenen Wahrnehmung von Religiosität und religiöser Bildung der Kinder in der Lage.
b)
Modulinhalte
–
anthropologische Grundlagen von Bildung und Erziehung
–
Aspekte der sozialwissenschaftlichen und religiösen Anthropologie; theoretische Grundlagen für eine Anthropologie in Bildung und Erziehung
–
ethische Grundlagen im Bildungsprozess: Prozess ethischer Urteilsbildung; humanistische, auf den verfassungsmäßig formulierten Grund- und Menschenrechten basierende Grundhaltung: Achtung vor sich und anderen, Genderaspekte, Inklusion, Gerechtigkeit, Ethik
–
Theoretische Grundlagen und Prinzipien für eine Ethik der frühen Bildung; Religionen als Aspekte im Bildungsgeschehen
–
Auseinandersetzung mit Erkenntnissen zur Entwicklung frühkindlicher Selbst- und Sinnverständigung und Moralentwicklung
–
Wahrnehmung und Analyse der Religiosität oder Nicht-Religiosität von Kindern; interkulturelle und interreligiöse Dimensionen im Prozess weltanschaulicher oder religiöser Bildung; Ansätze einer altersangemessenen religionspädagogischen Didaktik
–
Philosophieren mit Kindern
9.
Modul: Familie, soziale Netzwerke und Sozialraum, rechtliche Grundlagen
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verstehen Familie und soziale Netzwerke als soziale Mikrosysteme im Kontext des gesellschaftlichen und rechtlichen Wandels. Insbesondere können sie
–
den Stellenwert von Familie und sozialen Netzwerken als Mikrosysteme für die Sozialisation und die gesellschaftliche Integration beziehungsweise Inklusion bestimmen,
–
einen Zusammenhang zwischen besonderen familialen Konstellationen und möglichen Risiken beziehungsweise Auffälligkeiten herstellen,
–
die Ressourcen familiärer Systeme und sozialer Netzwerke identifizieren,
–
die Handlungsfelder der Bildung und Erziehung in der Kindheit in die Kinder- und Jugendhilfe einordnen und kennen wesentliche Rechtsgrundsätze und
–
die Möglichkeiten und Grenzen des Konzeptes Sozialraumorientierung im Kontext institutioneller Erziehung und Bildung einschätzen und auf die Praxis übertragen.
b)
Modulinhalte
–
Familien- und gemeindesoziologische Grundlagen der Familien- und Quartiersentwicklung
–
Lebenslagen-, Lebensweltkonzepte
–
Theoretische Grundlagen: Milieutheorien, sozialökologische Ansätze, Netzwerktheorien, Prinzipien der Sozialraumorientierung
–
fachliche und institutionelle Bezüge zwischen unterschiedlichen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe und anderen sozialen oder lebensweltlichen Handelnden
–
Rechtliche Grundlagen und ihre Einordnung in die verschiedenen Bereiche des Rechts, unter anderem Kinderschutz, Aufsichtspflicht, Datenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe, Sorge- und Umgangsrecht
10.
Modul: Konzeptionsentwicklung und Qualitätssicherung
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Lage, die professionelle Entwicklung von Leitbild und Konzeption einer Einrichtung zu initiieren. Sie können Qualitätsmerkmale und -standards in der Pädagogik der frühen Kindheit definieren, Prozesse des Qualitätsmanagements und der Leitbildentwicklung in der Perspektive ethischer Kriterien identifizieren, reflektieren und gestalten.
b)
Modulinhalte
–
inhaltliche und methodische Grundfragen von Qualität in Institutionen der Elementarpädagogik, Hortpädagogik und Sozialen Arbeit
–
Konzeptionsentwicklung
–
Entwickeln eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes
–
Verknüpfung der Konzeptionsentwicklung mit Methoden der Qualitätssicherung
–
Kriterien für Qualitätsstandards, Instrumentarien der Qualitätserfassung und Qualitätssicherung
–
Standards von Praxisevaluation und Qualitätskontrolle
–
ethische Dimensionen von Qualität und Qualitätsmanagement
–
Implementierung ethischer Instrumente und Standards
11.
Modul: Grundlagen professioneller Leitung, rechtliche Grundlagen
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind befähigt, eine Einrichtung unter dem Aspekt des Personalmanagements und der Finanzsicherung professionell zu leiten, kennen die entsprechenden Rechtsgrundlagen der Kinder- und Jugendhilfe sowie den aktuellen Stand des Diskurses, insbesondere im Bereich der Kindertagesbetreuung. Sie sind in der Lage, ein Team zu entwickeln und zu führen, sie können Prozesse der Führung und Organisationsentwicklung in der Perspektive ethischer Kriterien identifizieren und gestalten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben grundlegende Kenntnisse zu vertrags- und arbeitsrechtlichen Aspekten erworben.
b)
Modulinhalte
–
Rechtsgrundlagen (Betriebserlaubnis, Personal –
SGB VIII
, LJHG; Finanzierung – SächsKitaG und zugehörige Verordnungen)
–
Grundlagen und Aufgaben professioneller Einrichtungsleitung
–
Steuerung komplexer sozialer Systeme
–
Personalwirtschaft und -management: Personalauswahl; Personalentwicklung, Personalführung
–
Teamdynamik und Teamentwicklung, Umgang mit Teamkonflikten
–
Organisationskultur und „corporate identity“
–
ethische und gesellschaftsrechtliche Grundsätze von Organisationen
–
Ethik des Dissens- und Konfliktmanagements
–
Grundlagen zu arbeitsrechtlichen Aspekten und Vertragsrecht (unter anderem Einführung in Rechtsformen von Kindertagesbetreuung, Betreuungsvertrag, Tarif- und Arbeitsrecht)
12.
Modul: Abschluss des Lernportfolios, Erarbeitung einer Abschlusspräsentation und -reflexion, Abschlusskolloquium
a)
Kompetenzen und Qualifikationsziele
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Lage, Bildungsprozesse zu dokumentieren, zu analysieren, zu reflektieren und zu bewerten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können eine praxisnahe Problemstellung mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden und unter Einhaltung deren Standards bearbeiten, präsentieren und reflektieren.
b)
Modulinhalte
–
Arbeitsfeldanalyse
–
Analyse der organisatorischen Rahmenbedingungen
–
Erziehungs- und Bildungskonzepte, Bildungsphilosophie
–
didaktisch-methodische Konzepte
–
Planung und Gestaltung von Bildungssituationen in der pädagogischen Praxis
–
Begleitung von Lernprozessen
II.
Beschreibung der theoriebegleitenden Praxis (Praxisteil)
1.
Kompetenzen und Qualifikationsziele
a)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben grundlegendes Wissen über die pädagogische Institution Kindertageseinrichtung. Sie kennen pädagogisches Handeln in einem professionellen Kontext und entwickeln einen kritisch-reflexiven, wissenschaftlich fundierten Blick auf das Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Lage, sich selbst zum Gegenstand reflexiver Prozesse zu machen und wissen um die Bedeutung und Wirksamkeit der eigenen Person in pädagogischen Prozessen.
b)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen über eigene individuelle Bildungs- und Lernziele und können diese während der Weiterbildung im Rahmen praktischer Studien umsetzen. Sie sind in der Lage, Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern situationsangemessen zu dokumentieren, auf dieser Grundlage sicher didaktisch-methodisch zu agieren und sie aktiv sowie eigenverantwortlich in der Arbeit mit einzelnen Kindern und Kindergruppen umzusetzen.
c)
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen über das Wissen, um die in der beruflichen Praxis vorgefundenen didaktisch-methodischen Konzepte zu identifizieren, wissenschaftlich fundiert und kritisch zu analysieren sowie in Theorien der Bildung und Erziehung (einschließlich pädagogischer Ansätze) einzuordnen.
2.
Umsetzung
Die theoriebegleitende Praxis wird mit Supervision verbunden, die eine systematische Reflexion der Praxiserfahrungen in Gruppensupervisionen beinhaltet, insbesondere auch die Reflexion der
–
rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen,
–
Erziehungs- und Bildungskonzeption und Bildungsphilosophie,
–
vorgefundenen didaktisch-methodischen Konzepte und der
–
Erfahrungen bei der Begleitung von Lernprozessen einzelner Kinder und Kindergruppen.
1
Im Internet veröffentlicht auf
www.kmk.org
unter dem Dateinamen „2010_09_16-Ausbildung-Erzieher-KMK-JFMK.pdf“; abgerufen am 27. Juli 2022.
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