Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Beseitigung von Schäden an Wohngebäuden vom Hochwasser im August 2010 (RL Hochwasserschäden Wohngebäude 2010)
Richtlinie
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
zur Beseitigung von Schäden an Wohngebäuden vom Hochwasser im August 2010
(RL Hochwasserschäden Wohngebäude 2010)
Vom 18. August 2010
[Geändert durch
Ziffer I der VwV vom 7. Januar 2011
(SächsABl. S. 168)
mit Wirkung vom 1. Januar 2011]
I. Rechtsgrundlage, Zuwendungszweck
1.
Der Freistaat Sachsen gewährt im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach den §§ 23 und 44 der Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (Sächsische Haushaltsordnung –
SäHO
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 866) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und den Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Sächsischen Haushaltsordnung (
VwV-SäHO
) vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 225), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Juli 2010 (SächsABl. S. 1111), in der jeweils geltenden Fassung, auf Antrag Zuwendungen nach Maßgabe dieser Richtlinie.
2.
Zuwendungszweck ist die Beseitigung von Schäden an Wohngebäuden, Wohnungen und Wohngrundstücken, die vom Hochwasser im August 2010 entstanden sind. Dies schließt auch Schäden von wild abfließendem Wasser, Sturzflut, aufsteigendem Grundwasser, überlaufender Regenwasser- und Mischkanalisation sowie Hangrutsch ein.
3.
Die Zuwendung ist mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar (Artikel 107 Abs. 2 Buchst. b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Bis zur Bestätigung der Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt durch die europäische Kommission erfolgt die Förderung auf der beihilferechtlichen Grundlage der Bundesregelung Kleinbeihilfen.
4.
Ein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht nicht. Die Bewilligungsstelle entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
II. Gegenstand der Förderung
1.
Gefördert werden Maßnahmen zur Wiederherstellung oder zur Neuerrichtung von beschädigten beziehungsweise zerstörten Wohngebäuden, Wohnungen und Wohngrundstücken, soweit diese nicht von für diesen Zweck gebundene Versicherungsleistungen und Spenden abgedeckt werden. Auf Ziffer IV Nr. 1 wird verwiesen.
2.
Nicht gefördert werden Wohngebäude, Wohnungen und Wohngrundstücke,
a)
die zum Zeitpunkt des Hochwassers nicht bewohnbar waren, ausgenommen Gebäude, die sich bei Schadenseintritt noch im Rohbaustadium oder in der Rekonstruktion befanden und aus diesem Grund nicht bewohnt waren,
b)
soweit sie zum Rückbau vorgesehen waren oder vorgesehen sind.
3.
Nicht förderfähig sind insbesondere Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden an
a)
Wochenendhäusern, Altenpflege-, Studentenwohn-, Asylbewerber- und Obdachlosenheimen,
b)
Nebengebäuden, Schuppen und Garagen, soweit sie nicht für die Funktionsfähigkeit des Wohngebäudes notwendig sind.
III. Zuwendungsempfänger
Empfänger der Zuwendung ist der Eigentümer des beschädigten Wohngebäudes oder der beschädigten Wohnung. Die Zuwendung ist nicht übertragbar.
IV. Zuwendungsvoraussetzungen
1.
Der betroffene Eigentümer muss gegen das eingetretene Schadensereignis einen Versicherungsschutz haben. Der Antragsteller muss die Schäden bereits gemeldet und einen Anspruch auf Versicherungsleistung geltend gemacht haben. Die Versicherungsgesellschaft muss bestätigt haben, dass für das geschädigte Objekt im Zeitpunkt des Schadenseintritts Versicherungsschutz für das eingetretene Schadensereignis bestand. Die Verwendung der für diesen Zweck gebundenen Versicherungsleistung für nicht förderfähige Ausgaben ist nicht zulässig. Besteht kein Versicherungsschutz für das Schadensereignis, wird eine Förderung gewährt, sofern der Antragsteller mit Bestätigung einer Versicherungsgesellschaft nachweist, dass die Versicherung des betreffenden Objektes abgelehnt worden ist.
2.
Die Förderung setzt die Bestätigung der zuständigen Gemeindeverwaltung über die Beschädigung des Wohngebäudes durch Hochwasser im August 2010 voraus.
3.
Unter Wohngebäude sind Gebäude zu verstehen, die nach ihrer Zweckbestimmung überwiegend dem Wohnen dienen.
4.
Die Förderung setzt voraus, dass nach der Sächsischen Bauordnung (
SächsBO
) vom 28. Mai 2004 (SächsGVBl. S. 200), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 8 des Gesetzes vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142, 143), in der jeweils geltenden Fassung
a)
eine Baugenehmigung nach § 63
SächsBO
erteilt ist oder
b)
nach § 62
SächsBO
genehmigungsfrei mit dem Vorhaben begonnen werden darf.
5.
Die Vorgaben der Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (
Energieeinsparverordnung
–
EnEV
) vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), die durch Verordnung vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 954) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sind einzuhalten.
6.
Der Eigenanteil beträgt 1 000 EUR.
7.
Die Gesamtbelastung aus der Finanzierung und den sonstigen Aufwendungen muss auf Dauer tragbar erscheinen.
8.
Dem Vorhaben dürfen öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
V. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung, Bemessungsgrundlage
1.
Zuwendungsart:
Projektförderung
2.
Finanzierungsart:
Anteilfinanzierung
3.
Form der Zuwendung:
öffentliches Darlehen als Ratendarlehen
4.
Höhe der Zuwendung:
Die Höhe des Zuwendung ergibt sich aus den geplanten Ausgaben für die Beseitigung der Schäden abzüglich der Versicherungsleistungen, Spenden und Zuwendungen Dritter. Die Ausgaben für die Beseitigung der Schäden müssen durch einen unabhängigen Dritten, zum Beispiel Architekten, Bauleiter, Bausachverständigen oder sonstigen Sachverständigen der Versicherung, bestätigt werden. Bei einem selbstgenutzten Ersatzneubau beträgt die Höhe der Zuwendung maximal 50 000 EUR. Für jedes zum Haushalt gehörende Kind erhöht sich die maximale Zuwendungshöhe um 35 000 EUR. Für die Errichtung einer Einliegerwohnung, sofern diese von Angehörigen genutzt wird und bereits vor Eintritt des Schadensereignisses von diesen genutzt wurde, erhöht sich die maximale Zuwendungshöhe um 35 000 EUR. Die Mindestdarlehenshöhe beträgt 2 000 EUR.
5.
Zinsen:
1,5 Prozent pro Jahr
6.
Laufzeit:
20 Jahre. Im Einzelfall ist eine Verlängerung der Laufzeit auf insgesamt 30 Jahre möglich. Die Bewilligungsstelle entscheidet in Absprache mit dem Staatsministerium des Innern. Im 20. Jahr wird der Zins für die Restlaufzeit zu Marktkonditionen von der Bewilligungsstelle neu festgelegt.
7.
Tilgungsfreie Zeit:
bis zu 1 Jahr ab Bewilligung
8.
Auszahlung:
100 Prozent des Darlehensbetrages
9.
Bei der Ermittlung der Zuwendungshöhe werden die Kinder angerechnet, für die der Zuwendungsempfänger Kindergeld erhält.
10.
Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt in gleich großen Tilgungsraten. Die Zahlweise ist monatlich. Es kann einmal jährlich mit einer Ankündigung von 10 Bankarbeitstagen zum Fälligkeitstermin der nächsten Rate eine vorzeitige teilweise Rückzahlung des Darlehens ohne Vorfälligkeitsentschädigung erfolgen. Der Sondertilgungsbetrag sollte mindestens 2 000 EUR betragen. Eine komplette Rückzahlung des Darlehens kann ebenfalls mit einer Ankündigung von 10 Bankarbeitstagen zum Fälligkeitstermin der nächsten Rate ohne Vorfälligkeitsentschädigung erfolgen.
11.
Die Abruffrist beträgt 12 Monate nach Bewilligung. Eine Verlängerung der Abruffrist ist grundsätzlich nicht möglich. Bei Nichtabnahme eines bewilligten Darlehens können für die Bereitstellung des Darlehens Bereitstellungszinsen erhoben werden.
VI. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
1.
Vorhabensbeginn
a)
Eine Zuwendung kann grundsätzlich nur gewährt werden, wenn das Vorhaben noch nicht begonnen worden ist. Als Vorhabensbeginn ist grundsätzlich der Baubeginn oder der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrages oder eines notariellen Kaufvertrages zu werten. Ist in einem auf die Ausführung bezogenen Vertrag oder im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht für den Fall vereinbart, dass Zuwendungen nicht gewährt werden, gilt erst die Zahlungsansprüche auslösende Tätigkeit eines Auftragnehmers für Leistungen, die nicht der Baufreimachung zuzurechnen sind, als Baubeginn im Sinne der Nummer 1.3 der
VwV zu § 44 SäHO
. Ein bereits erfolgter Vorhabensbeginn insbesondere zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit oder zur Herstellung der Standsicherheit ist nicht förderschädlich, wenn ein Antrag auf Förderung nach dieser Richtlinie bis zum 30. November 2010 gestellt wurde.
b)
Bei den nach dieser Richtlinie förderfähigen Baumaßnahmen gelten Planung und Baugrunduntersuchung nicht als Beginn des Vorhabens. Die Durchführung und Finanzierung dieser Arbeiten bereits vor Beantragung der Zuwendung steht einer Anerkennung als zuwendungsfähige Ausgaben nicht entgegen.
c)
Die Bewilligungsstelle kann im Ausnahmefall einen vorzeitigen förderunschädlichen Vorhabensbeginn genehmigen, wenn die sachliche Prüfung der Zuwendungsvoraussetzungen mit positivem Ergebnis abgeschlossen wurde und die Finanzierung gesichert erscheint. Mit der Genehmigung wird bescheinigt, dass die Ausführung des Projektes einer eventuellen späteren Förderung nicht entgegensteht. Der Zuwendungsempfänger trägt das Finanzierungsrisiko. In der Genehmigung zum vorzeitigen förderunschädlichen Beginn ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass aus ihr kein Rechtsanspruch auf eine Förderung abgeleitet werden kann, dass sie keine Zusicherung auf Bewilligung einer Zuwendung darstellt und dass eine spätere Förderung grundsätzlich nach den dann geltenden Richtlinien erfolgt.
2.
Für die Zuwendungen gelten die „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung“ (
ANBest-P
; Anlage 2 zur VwV zu § 44 SäHO). Auf die Einhaltung von Nummer 3 ANBest-P wird insbesondere für Maßnahmen zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit oder zur Herstellung der Standsicherheit verzichtet, wenn diese bis zum 30. November 2010 beauftragt worden sind.
3.
Für ab 1. Dezember 2010 beauftragte Maßnahmen ist in Abweichung von Nummer 3 ANBest-P bei Zuwendungen ab 50 000 EUR bis zu 300 000 EUR die Einholung von mindestens drei vergleichbaren Angeboten fachkundiger und leistungsfähiger Anbieter und eine entsprechende Begründung der Entscheidung ausreichend, wenn
a)
dadurch dokumentiert wird, dass die Vergabe nach Wettbewerbsgesichtspunkten und wirtschaftlichen Bedingungen erfolgt ist,
b)
Zuwendungsempfänger eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine juristische Person des privaten Rechts ist und
c)
kein Fall des § 98 Nr. 2 bis 6 des
Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(
GWB
) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114, 2009 I S. 3850), das zuletzt durch Artikel 13 Abs. 21 des Gesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl. I S. 1102, 1136) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung vorliegt. Sofern im Ausnahmefall weniger als drei Angebote eingeholt werden sollen, bedarf dies der vorherigen Bestätigung durch die Bewilligungsstelle.
4.
Bei Förderdarlehen über 50 000 EUR ist das gesamte Darlehen im Grundbuch an rangbereiter Stelle zu Gunsten der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – (SAB) dinglich zu sichern. Es können im Einzelfall zusätzliche Sicherheiten verlangt werden.
5.
Der Bauherr ist verpflichtet, für jede geförderte Baumaßnahme eine Baurechnung zu führen und auf Anforderung vorzulegen. Die Baurechnung besteht aus
a)
den Einnahmen und Ausgaben entsprechend der Obergruppen der DIN 276, Kosten im Hochbau, jeweils mit Rechnungsbelegen, ihrem Grunde nach bezeichnet, geordnet und getrennt von anderen Buchungen,
b)
der Baugenehmigung, Abweichungsentscheidungen nach § 67
SächsBO
und der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, soweit für das jeweilige Vorhaben erforderlich,
c)
dem Bewilligungsbescheid mit seinen Nebenbestimmungen,
d)
den dem Vorhaben zugrunde gelegten Bauvorlagen.
6.
Der geförderte Wohnraum darf innerhalb von 20 Jahren keiner anderen Nutzung als zu Wohnzwecken zugeführt und nicht zurückgebaut werden.
7.
Eine Förderung nach dieser Richtlinie kann durch andere Förderprogramme des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union ergänzt werden, sofern dies die Fördervorschriften der anderen Programme zulassen und die Gesamtsumme der Fördermittel sowie der Versicherungsleistungen und Spenden die Gesamtkosten nicht übersteigt.
VII. Verfahren
1.
Der Antrag für die Förderung ist bei der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – (SAB), Pirnaische Straße 9, 01069 Dresden auf den dafür vorgesehenen Vordrucken bis spätestens 30. Juni 2011 zu stellen. Die Vordrucke sind bei der SAB erhältlich.
2.
Bewilligungsstelle ist die SAB. Die Bearbeitung erfolgt erst nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen. Widerspruchsbehörde für Verwaltungsakte der Bewilligungsstelle ist die SAB.
3.
Die Auszahlung erfolgt nach Baufortschritt auf Antrag des Zuwendungsempfängers mittels der dafür vorgesehenen Vordrucke der SAB.
4.
Die Verwendungsnachweisführung ist auf den dafür vorgesehenen Vordrucken zu erbringen und mit der Beantragung der Schlussauszahlung vorzulegen. Sie besteht aus:
a)
dem Sachbericht,
b)
dem Finanzierungsplan,
c)
der Baurechnung ohne die Belege,
d)
der Bestätigung durch einen unabhängigen Dritten, zum Beispiel Architekten, Bauleiter, Bausachverständigen oder sonstigen Sachverständigen der Versicherung, dass die geförderten Maßnahmen entsprechend der Bewilligung durchgeführt wurden.
5.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gilt die
VwV zu § 44 SäHO
, soweit nicht in dieser Förderrichtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
VIII. Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am Tag der Unterzeichnung in Kraft.
Dresden, den 18. August 2010
Der Staatsminister des Innern
Markus Ulbig
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