Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft zur Förderung von Maßnahmen zur privaten Hochwassereigenvorsorge (Förderrichtlinie private Hochwassereigenvorsorge – FRL pHWEV/2021)
Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft zur Förderung von Maßnahmen zur privaten Hochwassereigenvorsorge (Förderrichtlinie private Hochwassereigenvorsorge – FRL pHWEV/2021)
Vom 2. November 2021
1.
Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
Der Freistaat Sachsen gewährt Zuwendungen für Maßnahmen der privaten Vorsorge zur Reduzierung des Schadenspotenzials bei Extremereignissen wie Hochwasser, Starkregen/Sturzfluten an Wohngebäuden, die insbesondere in Gebieten liegen, die nicht oder nicht ausreichend durch öffentliche Hochwasserschutzmaßnahmen geschützt werden.
Der Freistaat Sachsen gewährt finanzielle Unterstützungen nach Maßgabe dieser Richtlinie und unter Berücksichtigung folgender Grundlagen in der jeweils geltenden Fassung:
1.1
Grundsätzlich gelten:
a)
die
Sächsische Haushaltsordnung
in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Mai 2021 (SächsGVBl. S. 578) geändert worden ist,
b)
die
Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Sächsischen Haushaltsordnung
vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 226), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 16. April 2021 (SächsABl. S. 434) geändert worden sind, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2019 (SächsABl. SDr. S. S 352),
c)
das
Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen
vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), das durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 503) geändert worden ist, in Verbindung mit dem
Verwaltungsverfahrensgesetz
in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist.
1.2
Beihilfenrecht
Soweit es sich bei den Zuwendungen um staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 1) handelt, werden diese nach Maßgabe und unter Einhaltung der Voraussetzungen der folgenden beihilferechtlichen Bestimmungen sowie deren Nachfolgebestimmungen in der jeweils geltenden Fassung gewährt:
–
Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/972 der Kommission vom 2. Juli 2020 (ABl. L 251 vom 7.7.2020, S. 3) geändert worden ist,
–
Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 9), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/316 der Kommission vom 21. Februar 2019 (ABl. L 51I vom 22.2.2019, S. 1) geändert worden ist,
–
Verordnung (EU) Nr. 717/2014 der Kommission vom 27. Juni 2014 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (ABl. L 190 vom 28.6.2014, S. 45), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2020 (ABl. L 414 vom 9.12.2020, S. 15) geändert worden ist.
1.3
Ein Rechtsanspruch auf eine Förderung besteht nicht. Über die Gewährung von Zuwendungen entscheidet die Bewilligungsstelle aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach Maßgabe dieser Richtlinie.
2.
Gegenstand der Förderung
2.1
Investive Maßnahmen
Maßnahmen zur Minderung des Schadenspotenzials an Bestandsgebäuden auf Grundlage eines schriftlichen Gutachtens nach Nummer 2.2.
2.2
Nichtinvestive Maßnahmen
Erstellung eines schriftlichen Gutachtens zur Ermittlung des gebäudespezifischen Überflutungsrisikos mit konkreten Maßnahmenvorschlägen zur Erreichung einer signifikanten Minderung des Schadenspotenzials mit den in der Anlage 1 aufgeführten Mindestanforderungen.
3.
Begünstigte
Eigentümer sowie Erbbauberechtigte eines Grundstücks mit Bestandsgebäude.
4.
Zuwendungsvoraussetzungen
4.1
Werden Zuwendungen aus Finanzierungsquellen mit besonderen Zweckbestimmungen oder Zuwendungsbedingungen finanziert, so sind die dafür gültigen Fördergrundsätze, Gebietskulissen und Verfahrensbestimmungen vorrangig oder zusätzlich zu beachten, soweit diese strengere Anforderungen vorsehen. Insofern sind Abweichungen von dieser Richtlinie zugelassen.
4.2
Investive Maßnahmen nach Nummer 2.1 können nur gefördert werden, wenn sie auf Grundlage eines Gutachtens mit den in der Anlage 1 aufgeführten Mindestanforderungen bezogen auf ein in dem Gutachten empfohlenes Schutzziel vollständig umgesetzt werden.
Investive Maßnahmen im Sinne von Nummer 2.1 können auch gefördert werden, wenn das Gutachten nach Nummer 2.2 bereits vor Inkrafttreten dieser Förderrichtlinie erstellt wurde.
4.3
Maßnahmen können nur gefördert werden, wenn das Gebäude überwiegend zu Wohnzwecken genutzt wird und sich auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen befindet.
4.4
Nicht förderfähig sind Maßnahmen an
–
Ferien- beziehungsweise Wochenendhäusern,
–
Gebäuden, die ohne eine erforderliche Genehmigung oder Anzeige des Bauvorhabens errichtet wurden,
–
Gebäuden, mit deren Bau nach Inkrafttreten dieser Richtlinie begonnen wurde,
–
Gebäuden, die nach dem 20. Oktober 2004 in mit Rechtsverordnung oder gemäß gesetzlicher Festsetzung nach dem Sächsischen Wassergesetz vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl. S. 503), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juli 2016 (SächsGVBl. S. 287) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, festgesetzten Überschwemmungsgebieten errichtet oder mit notwendiger Baugenehmigung grundhaft saniert oder erweitert wurden, es sei denn, es handelte sich dabei um einen städtebaulich erwünschten Lückenschluss innerhalb historisch gewachsener Gemeindegebiete. Dies ist von der Gemeinde zu bestätigen.
5.
Art, Umfang und Höhe der Zuwendung
5.1
Zuwendungs- und Finanzierungsart
Die Zuwendung wird im Rahmen einer Projektförderung als Zuschuss in Form einer Anteilfinanzierung gewährt. Die Zuwendung ist bei der Bewilligung auf einen Höchstbetrag zu begrenzen.
5.2
Höhe der Zuwendung
5.2.1
Die Höhe der Zuwendung für Maßnahmen nach Nummer 2.1 beträgt bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Die Zuwendung wird begrenzt auf 20.000 Euro je Gebäude.
5.2.2
Die Höhe der Zuwendung für Maßnahmen nach Nummer 2.2 beträgt bis zu 80 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben. Die Zuwendung wird begrenzt auf 1.200 Euro je Gebäude.
5.2.3
Abweichend zu Nummer 1.2 der
Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung
können die Maßnahmen nach Nummer 2.2 ab einer Mindestzuwendungssumme von 500 Euro gefördert werden.
5.3
Bemessungsgrundlage
5.3.1
Zuwendungsfähige Ausgaben
Zuwendungsfähig sind Ausgaben für:
a)
Baumaßnahmen (einschließlich erforderlicher Planungsleistungen) und technische Ausstattungen bei Nummer 2.1,
b)
die Erstellung des Gutachtens bei Nummer 2.2.
5.3.2
Nicht zuwendungsfähig sind Ausgaben für:
a)
Eigenleistungen,
b)
Versicherungsbeiträge,
c)
Rechts-, Steuer- und sonstige Beratungsleistungen einschließlich Besichtigungsreisen,
d)
Kapitalbeschaffung und Zwischenfinanzierung, einschließlich Zinsen,
e)
Abschreibungen,
f)
laufende Unterhaltung und Instandhaltung,
g)
Grundstücke und Grundstückserwerb,
h)
Kosten für behördliche Genehmigungen.
6.
Sonstige Zuwendungsbestimmungen
6.1
Es gilt ergänzend zu den Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (
ANBest-P
, Anlage 2 zur Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung) beziehungsweise Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (
ANBest-K
, Anlage 3a zur Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung) folgende Nebenbestimmung:
Die Begünstigten haben die notwendigen rechtlichen Genehmigungen einzuholen.
6.2
Eine Förderung nach dieser Richtlinie kann durch andere Förderprogramme der Gemeinde, des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union ergänzt werden, sofern dies die Fördervorschriften der anderen Programme zulassen und die Gesamtsumme aller Fördermittel die Summe der förderfähigen Gesamtausgaben nicht übersteigt.
7.
Verfahren
7.1
Antragsverfahren
Die Anträge für die Maßnahmen nach den Nummern 2.1 und 2.2 sind jeweils bei der Sächsischen Aufbaubank – Förderbank – (SAB) als der zuständigen Bewilligungsstelle unter Verwendung des zur Verfügung gestellten Antragsverfahrens einzureichen (
www.sab.sachsen.de
). Dem Antrag sind die erforderlichen Unterlagen vollständig beizufügen.
Die Bewilligungsstelle kann weitere Unterlagen von den antragstellenden Personen anfordern, sofern diese zur Beurteilung der Förderfähigkeit der Maßnahme erforderlich sind.
7.2
Bewilligungsverfahren
Die Bewilligung erfolgt durch die SAB.
Soll im Einzelfall von Bestimmungen in Nummer 4 abgewichen werden, unterbreitet die Bewilligungsstelle dem Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft einen begründeten Entscheidungsvorschlag. Das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft kann Abweichungen zulassen, soweit dies unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles in Abwägung mit den Förderzielen und sonstigen Bestimmungen der Richtlinie zu gleichwertigen Ergebnissen führt.
7.3
Auszahlungsverfahren
Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt nach Abschluss der (Teil-) Verwendungsnachweisprüfung auf der Grundlage der endgültig festgesetzten zuwendungsfähigen Ausgaben. Teilauszahlungen können insbesondere für die Umsetzung einzelner Schutzziele im Sinne von Nummer 4.2 zugelassen werden. Der Auszahlungsantrag ist formgebunden bei der Bewilligungsstelle einzureichen. Die Unterlagen sind unter
www.sab.sachsen.de
veröffentlicht.
7.4
Verwendungsnachweisverfahren
Bei Maßnahmen nach Nummer 2.1 ist mit dem Verwendungsnachweis die schriftliche Bestätigung eines Gutachters vorzulegen, dass die Schutzziele der bewilligten Maßnahmen umgesetzt wurden.
Bei Maßnahmen nach Nummer 2.2 besteht der Verwendungsnachweis aus dem erstellten Gutachten, der Rechnung des Gutachters und dem Zahlungsnachweis.
7.5
Zu beachtende Vorschriften
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten im Übrigen die
Verwaltungsvorschriften zu §§ 44, 44a der Sächsischen Haushaltsordnung
, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.
8.
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt mit Unterzeichnung in Kraft.
Dresden, den 2. November 2021
Der Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Wolfram Günther
Anlage (zu Nummer 2)
I.
Das Gutachten nach Nummer 2 muss die folgenden Kriterien erfüllen:
1.
Ermittlung der ortsspezifischen Gegebenheiten mit mindestens einer nachweislich durchgeführten Ortsbegehung durch den Gutachter,
2.
es muss eine Bewertung der Überflutungsgefährdung infolge Starkregen und Hochwasser vorliegen,
3.
es muss eine systematische Betrachtung der potenziellen Wassereintrittspunkte erfolgen,
4.
die objektive Bewertung der Schadensanfälligkeit (Baukonstruktion, Gebäudetechnik, Nutzungsart) muss nach eindeutigen Kriterien im Ausgangszustand erkennbar sein,
5.
unter Beachtung der örtlichen und konstruktiven Randbedingungen muss die gemeinsame Festlegung eines Schutzziels (zum Beispiel Wasserstandhöhe mit Auftretenswahrscheinlichkeit) erfolgen,
6.
es muss ein objektkonkretes, ganzheitliches Bauvorsorgekonzept des Gutachters bestehen,
7.
die Wirksamkeit der Vorsorgemaßnahmen im Zielzustand muss nachweisbar sein.
Wenn dies technisch möglich und umsetzbar ist, sollten
•
die Maßnahmen wirtschaftlich vertretbar sein,
•
technisch tragfähige und nachhaltige Lösungen angestrebt werden,
•
sowie der Klimawandel beachtet werden.
II.
Der Gutachter muss die folgenden Kriterien/Voraussetzungen im Gutachten prüfen:
1.
das Gebäude liegt innerhalb oder außerhalb eines rechtskräftig festgesetzten Überschwemmungsgebietes,
2.
Bestätigungen nach Nummer 4.3.
III.
Voraussetzungen für die Erstellung des Gutachtens:
Die Erstellung des Gutachtens muss durch entsprechend qualifiziertes Fachpersonal erfolgen. Dieses sollte ein Studium mit ingenieurtechnischer Ausrichtung (Bauingenieurwesen, Siedlungswasserwirtschaft) und entsprechender Spezialisierung oder einen Abschluss als Meister oder Umwelttechniker mit entsprechender Berufserfahrung vorweisen können.
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