VwV – Unterbringung
DE - Landesrecht Sachsen

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Mindestempfehlungen zu Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften (VwV – Unterbringung)

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über die Mindestempfehlungen zu Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften
(VwV – Unterbringung)
Vom 24. April 2015

Allgemeines

Gemeinschaftsunterkünfte nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des
Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes
vom 25. Juni 2007 (SächsGVBl. S. 190), das zuletzt durch Artikel 19 des Gesetzes vom 13. Dezember 2012 (SächsGVBl. S. 725) geändert worden ist, beherbergen Menschen, die sich in unsicheren Lebensumständen befinden und in der Regel nicht auf ein vorübergehendes Leben in Deutschland vorbereitet sind. In den Unterkünften soll ein vertrauensvolles und am Gemeinwohl orientiertes Klima gegenseitiger Achtung, Toleranz und Akzeptanz der Bewohner sowohl innerhalb der Gemeinschaftsunterkunft als auch zum sozialen Umfeld der Gemeinschaftsunterkunft gefördert werden. Das Staatsministerium des Innern empfiehlt bei der Ausstattung und dem Betrieb der Gemeinschaftsunterkünfte bestimmte Grundsätze zu berücksichtigen.

I. Art, Größe und Ausstattung von Gemeinschaftsunterkünften

Die Gemeinschaftsunterkünfte müssen den bau-, gesundheits- und unfallschutzrechtlichen Vorschriften entsprechen.
1.
Sicherheitstechnische Ausstattung
a)
Die Gemeinschaftsunterkünfte müssen über technische Voraussetzungen verfügen, die eine sofortige Alarmierung der zuständigen Polizeidienststelle, der Feuerwehr, des Notarztes und der unteren Unterbringungsbehörde ermöglichen. Sie sollen des Weiteren durch bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen gegen unbefugtes Eindringen von außen geschützt sein.
b)
Vor Inbetriebnahme der Gemeinschaftsunterkunft soll die Unterbringungsbehörde mit der zuständigen Polizeidienststelle ein Sicherheitskonzept erstellen, das beispielsweise die Sicherheitsmaßnahmen wie Einsatz von geeignetem Wachpersonal, Telefonanschluss, Meldewege bei Angriffen, bauliche und technische Sicherheitsmaßnahmen sowie die polizeilichen Präventions- und Schutzmaßnahmen festlegt.
c)
Die Unterbringungsbehörde hat die Bewohner über die Einzelheiten der Buchstaben a und b in geeigneter Weise zu informieren. Ein mehrsprachiger Aushang des Fluchtweges oder eine Darstellung des Fluchtweges mittels genormter Piktogramme muss vorhanden sein. Des Weiteren müssen Brandschutz- und Wohnheimordnung mehrsprachig vorliegen. Mehrsprachig bedeutet, dass die von den Heimbewohnern beherrschten Sprachen berücksichtigt werden.
2.
Heimleiter
a)
Die untere Unterbringungsbehörde oder der Betreiber der Einrichtung hat im Einvernehmen mit der unteren Unterbringungsbehörde eine Person als Heimleiter zu benennen, die den Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft verantwortlich leitet. Sie soll entsprechende Erfahrung besitzen.
b)
Der Heimleiter ist Ansprechpartner der Behörden und der Bewohner; er hat die Bedürfnisse der Bewohner im Rahmen der Möglichkeiten zu berücksichtigen. Die Erteilung von Auskünften wie beispielsweise Anzahl und Herkunft der Heimbewohner zum Beispiel gegenüber den Medien obliegt der unteren Unterbringungsbehörde.
c)
Der Heimleiter hat Aufzeichnungen über den Betrieb der Gemeinschaftsunterkunft anzufertigen, aus denen insbesondere die Anzahl der belegten Plätze, das vorhandene Inventar sowie die Dienstplanung ersichtlich sind. Er hat die untere Unterbringungsbehörde unaufgefordert über besondere Vorfälle zu unterrichten.
d)
Der Heimleiter übt in Abstimmung mit der unteren Unterbringungsbehörde das Hausrecht aus.
e)
Zur Optimierung der sozialen Betreuung soll der Heimleiter der unteren Unterbringungsbehörde für befristete Zeiträume ein Konzept vorlegen. Der Heimleiter sucht dazu das Benehmen mit dem Kommunalen Ausländerbeauftragten. Die untere Unterbringungsbehörde hat die Umsetzung des Konzeptes zu überprüfen.
3.
Empfehlungen des Staatsministeriums des Innern
a)
Individueller Wohnbereich
aa)
Zum individuellen Wohnbereich zählen die Wohn- und Schlafräume. Pro Bewohner soll die Wohn- und Schlafraumfläche von sechs Quadratmetern nicht unterschritten werden.
bb)
In einem Raum sollen nicht mehr als fünf Bewohner untergebracht werden. Handelt es sich nicht um eine Familie, sind die Bewohner nach Geschlechtern getrennt unterzubringen. Nach Möglichkeit sind Nationalitäten, Religionen sowie Alters- und Familienstrukturen zu berücksichtigen. Kinderbetten sollen in ausreichender Zahl bereitgestellt werden können.
cc)
Der Raum soll auf geeignete Weise vor Sonne und Einsicht geschützt werden können. Er muss belüft- und abschließbar sein.
dd)
Zur Grundausstattung eines Raumes soll für jeden Bewohner bereitgestellt werden können: eine geeignete und separate Schlafgelegenheit entsprechend den hygienischen und orthopädischen Mindeststandards, ein Tischplatz, ein abschließbarer Schrank oder Schrankteil, eine Kühleinrichtung von mindestens 30 Litern (Kühlschrank/Gefrierschrank), wenn sie nicht in anderen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt wird, Grundausstattung, gegebenenfalls leihweise, mit Küchenutensilien, insbesondere mit Geschirr, Besteck, Töpfen und Pfannen, sowie Mülleimer und die notwendigen Reinigungsgeräte.
b)
Sanitäreinrichtungen
aa)
Sanitärräume, wie Dusche und Toilette, müssen auf geeignete Weise vor Einsicht geschützt sein.
bb)
Verfügt die Gemeinschaftsunterkunft nicht oder nur teilweise über abgeschlossene Wohnbereiche, die mit eigenen Nasszellen ausgestattet sind, sollen Gemeinschaftswasch- und Duschräume sowie Gemeinschaftstoiletten für männliche und weibliche Bewohner getrennt und abschließbar eingerichtet werden. Dabei sollen mindestens ein Waschbecken je fünf Bewohner, ein Duschplatz je zehn Bewohner, ein Toilettenplatz je zehn weibliche Bewohner, ein Toilettenplatz und ein Urinalbecken je 15 männliche Bewohner sowie Zubehör für Wasch- und Toilettenräume vorgesehen sein. Die Sanitäreinrichtungen in abgeschlossenen Wohnbereichen sind zahlenmäßig in Ansatz zu bringen.
cc)
Die Sanitäreinrichtungen sollen ausreichende Ablagemöglichkeiten für persönliche Körperpflegemittel, Hand- und Badetücher sowie für die Bekleidung ausweisen.
dd)
Die Be- und Entlüftung der Sanitärräume soll nach Möglichkeit direkt über Fenster erfolgen. Fußböden und Wände sollen leicht und feucht zu reinigen sein.
c)
Gemeinschaftsküchen
aa)
Stehen für die Verpflegung keine oder nur teilweise separate Kochgelegenheiten, wie zum Beispiel in abgeschlossenen Wohneinheiten, zur Verfügung, müssen Gemeinschaftsküchen, also Etagen- und Teeküchen, eingerichtet werden.
bb)
Für die Ausstattung einer Etagenküche sollen mindestens vorgesehen sein: ein Herd mit einer Backröhre und vier Kochstellen für je acht Bewohner, eine Kühleinrichtung (Kühlschrank/Gefrierschrank) von 30 Litern je Bewohner, wenn sie nicht in einem anderen Raum zur Verfügung gestellt wird, Arbeitsplatten zur Nahrungs- und Getränkezubereitung in ausreichender Größe, Abwasch- und Spültische mit Warm- und Kaltwasseranschluss einschließlich Abstellmöglichkeiten, Funktionsschränke, insbesondere zur Aufbewahrung von Geschirr und Reinigungsmitteln.
cc)
Für die Ausstattung einer Teeküche sollen mindestens vorgesehen sein: eine Kochstelle mit Kochplatte oder Wasserkocher für 20 Bewohner, Arbeitsplatten zur Nahrungs- und Getränkezubereitung, Abwasch- und Spültische mit Warm- und Kaltwasseranschluss einschließlich Abstellmöglichkeiten sowie Funktionsschränke, insbesondere zur Aufbewahrung von Reinigungsmitteln.
d)
Gemeinschaftsräume und Außenanlagen zur Freizeitgestaltung
aa)
Die Gemeinschaftsunterkünfte sollen mit ausreichenden, der tatsächlichen Belegung entsprechenden Gemeinschaftsräumen und, soweit die örtlichen Verhältnisse es zulassen, mit Außenanlagen zur Freizeitgestaltung ausgestattet sein. Die Gemeinschaftsräume sollen während der üblichen Benutzungszeiten allgemein zugänglich sein.
bb)
Die Gemeinschaftsräume können unter anderem als Fernseh-, Schulungs-, Sport- und Spielzimmer oder mit Ausnahme des Spielzimmers kombiniert für zwei oder mehrere der vorgenannten Nutzungen ausgestattet sein. Bei Bedarf soll ein Gebetsraum eingerichtet werden. Eine Doppelnutzung des Gemeinschaftsraumes soll mit den Bedürfnissen der Bewohner abgestimmt sein.
cc)
Sofern Kinder in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, soll zusätzlich mindestens ein Spielzimmer in ausreichender Größe und mit entsprechender Ausstattung eingerichtet werden, das bei Bedarf auch zur Erledigung der Hausaufgaben von Schulkindern zur Verfügung steht.
dd)
Die Außenanlagen zur Freizeitgestaltung sollen Freiflächen für Sport und Spiel sowie zur Erholung ausweisen; Angebote für Sport und Erholung sollen nach Bedarf bereitgestellt werden.
ee)
Bei der Einrichtung der unter Doppelbuchstabe aa bis dd benannten Räumen und Anlagen soll sich die Heimleitung an den entsprechenden Bedürfnissen der Bewohner orientieren.
e)
Funktionsräume für die Bewohner
aa)
In den Gemeinschaftsunterkünften müssen Räume für das Waschen, Trocknen und Bügeln der Kleidungsstücke der Bewohner mit entsprechender Ausstattung vorgehalten werden. Räume, die dem Waschen und Trocknen dienen, sollen ausreichend belüftbar sein.
bb)
Zur kurzzeitigen Unterbringung erkrankter Bewohner soll ein Krankenzimmer mit entsprechender Ausstattung vorgehalten werden.
f)
Sonstiges
aa)
Es soll gewährleistet sein, dass die Post bei Anwesenheit des Empfängers direkt oder bei rechtmäßiger Abwesenheit bei der Heimleitung zugestellt werden kann. Anstelle einer direkten Postzustellung kann auch der Weg gewählt werden, dass der Heimleiter oder der diensthabende Mitarbeiter des Heimleiters die Post insgesamt übernimmt, sie in das Postbuch einträgt und gegen Unterschrift an den Empfänger aushändigt.
bb)
Die Gemeinschaftsunterkunft soll durch das öffentliche Verkehrsnetz an größere Ortschaften mit Behörden, Ärzten, kulturellen Einrichtungen und Ähnlichen angebunden sein.

II. Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die
VwV – Unterbringung und soziale Betreuung
vom 26. Juni 2009 (SächsABl. S. 1154), die durch Ziffer XVII der Verwaltungsvorschrift vom 1. März 2012 (SächsABl. S. 336) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 6. Dezember 2013 (SächsABl. SDr. S. S 808), außer Kraft.
Dresden, den 24. April 2015
Der Staatsminister des Innern Markus Ulbig
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