ESF Plus-Richtlinie Fachkräftesicherungslotse
DE - Landesrecht Sachsen

Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zur Förderung von Projekten der Fachkräftesicherung im Rahmen des ESF Plus 2021–2027 (ESF Plus-Richtlinie Fachkräftesicherungslotse)

Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zur Förderung von Projekten der Fachkräftesicherung im Rahmen des ESF Plus 2021–2027 (ESF Plus-Richtlinie Fachkräftesicherungslotse)
Vom 27. Juni 2023

I. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.
Diese Förderrichtlinie regelt die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Vorhaben zur Hebung von Potenzialen sowie zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Fachkräftesicherung in Sachsen auf der Grundlage des Programms des Freistaates Sachsen für den Europäischen Sozialfonds Plus im Förderzeitraum 2021 bis 2027.
2.
Zur Sicherung des Fachkräftebedarfs im Freistaat Sachsen trägt das ESF Plus-Programm „Fachkräftesicherungslotse“ zur Erhöhung der Sichtbarkeit und Verbreitung von Unterstützungsangeboten, Analyse-Tools und nachhaltigen Instrumenten zur Fachkräftesicherung bei. Langfristig zielen die geförderten Maßnahmen auf die Verbesserung beschäftigungsfreundlicher Rahmenbedingungen zur Fachkräftegewinnung und -bindung ab. Weiterhin sollen die geförderten Maßnahmen zur Stärkung der Arbeitgeberattraktivität beispielsweise durch strategische Personalarbeit in Umsetzung der Fachkräftestrategie 2030 für den Freistaat Sachsen beitragen.
3.
Es gelten die Bestimmungen der
EU-Rahmenrichtlinie
vom 9. Mai 2023 (SächsABl. S. 576), in der jeweils geltenden Fassung, soweit in dieser Richtlinie keine abweichenden Regelungen getroffen werden.
4.
Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die Bewilligungsstelle auf Grund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

II. Gegenstand der Förderung

Gefördert wird die Bereitstellung eines Beratungsangebots zur Hebung von Potenzialen und zur Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zur Fachkräftesicherung in Sachsen (sogenannter Fachkräftesicherungslotse), das heißt:
a)
Bereitstellung und Durchführung von Erst- und Verweisberatungen für Unternehmen und Beschäftigtenvertretungen zu allen Themen der Fachkräftesicherung und Guter Arbeit, die sich an den Unternehmensbedarfen ausrichten, insbesondere zur
Implementierung und Ausbau von Instrumenten der strategischen Personalarbeit bei sächsischen Arbeitgebern,
Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität,
Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten für die Fachkräftegewinnung und Fachkräftebindung,
Einführung und Stärkung Guter Arbeit im Unternehmen (zu den Faktoren von Guter Arbeit gehören: Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung; angemessene Arbeitsbedingungen mit leistungsgerechter Entlohnung, insbesondere durch Stärkung der Tarifbindung; hohes Qualifikationsniveau, lebenslanges Lernen; moderner Arbeits- und Gesundheitsschutz, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Soziale Teilhabe und Chancen für alle) und
Unterstützung der Integration von Personen, die am ersten Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind, mit dem Ziel, diese Erwerbspersonenpotenziale für den sächsischen Arbeitsmarkt nutzbar zu machen (unter anderem Menschen mit Behinderung, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationsbiografie), sowie
b)
Anbahnung und Vorbereitung der Erst- und Verweisberatungen nach Ziffer II Buchstabe a.
Die Förderschwerpunkte a und b sind kumulativ. Eine Förderung von Projekten, die lediglich die Anbahnung und Vorbereitung der Erst- und Verweisberatungen abdecken, ist nicht vorgesehen.

III. Zuwendungsempfänger

Zuwendungsempfänger sind Träger, die vergleichbare Vorhaben bereits durchführen oder durchgeführt haben. Der Träger ist als juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts beziehungsweise natürliche Person mit Unternehmereigenschaft mit Sitz oder Niederlassung im Freistaat Sachsen organisiert. Kommunale Gebietskörperschaften sind nicht Zuwendungsempfänger im Sinne dieser Richtlinie.

IV. Zuwendungsvoraussetzungen

1.
Zielgruppe der Maßnahmen sind kleine und mittlere Unternehmen sowie Beschäftigtenvertretungen (im Sinne des
Betriebsverfassungsgesetzes
) in KMU. Hierbei entsprechen die zu beratenden Unternehmen gemäß der Empfehlung der Europäischen Kommission der zur Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG). Die zu beratenden Unternehmen haben ihren Sitz oder ihre Niederlassung im Freistaat Sachsen.
2.
Im Zuwendungsantrag hat der Antragstellende darzulegen, dass er dafür Sorge trägt, dass das für die Projektdurchführung vorgesehene Personal über hinreichende Qualifikationen und Kenntnisse verfügt.

V. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

1.
Die Zuwendung wird im Rahmen einer Projektförderung als Anteilfinanzierung in Form eines Zuschusses gewährt.
2.
Zuwendungsfähig sind Personal-, Sach- und Verwaltungsausgaben:
a)
Personalausgaben werden bei Eigenpersonal als personenbezogene Pauschale je Einsatzstunde oder Einsatzmonat (Kosten je Einheit) ausgereicht. Die Höhe der Pauschale richtet sich nach dem tatsächlich gezahlten Entgelt laut Lohn- beziehungsweise Gehaltsnachweis oder dem Arbeitsvertrag zuzüglich einer Pauschale für den Arbeitgeberanteil zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Zur Berechnung der Pauschale je Einsatzstunde wird eine Jahresstundenzahl von 1 720 Stunden zu Grunde gelegt. Die konkreten Regelungen sind auf der Internetseite der Bewilligungsstelle veröffentlicht (www.sab.sachsen.de).
b)
Die Sach- und Verwaltungsausgaben werden als Erstattung der tatsächlich beim Begünstigten entstandenen förderfähigen Ausgaben im Sinne des Artikels 53 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/1060 gewährt. Es gelten die Vorgaben zur Förderfähigkeit der Ausgaben und Kosten nach Anlage 2 der
EU-Rahmenrichtlinie
.
3.
Gefördert werden bis zu 95 Prozent der förderfähigen Ausgaben.

VI. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

1.
Die Beratungsgespräche sollen vorrangig bei den Beratungssuchenden vor Ort oder als Videokonferenzen durchgeführt werden.
2.
Im Zuge der Erst- und Verweisberatungen informieren die Berater und Beraterinnen über verschiedene Möglichkeiten zur Fachkräftesicherung und -gewinnung und beraten Unternehmen und Beschäftigtenvertretungen im Hinblick auf die Umsetzung konkreter Schritte.
3.
Die Erst- und Verweisberatungen sind entsprechend den Voraussetzungen und Bedarfen der jeweiligen Unternehmen beziehungsweise Beschäftigtenvertretungen so auszugestalten, dass sie
a)
Beratungssuchende für die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen insbesondere im Hinblick auf den demografischen, strukturellen und werteorientierten Wandel sensibilisieren,
b)
aktuelle Herausforderungen der Fachkräftesicherung adressieren,
c)
Auf- und Ausbau von Instrumenten strategischer Personalarbeit in Sachsen mittels der angebotenen Beratung unterstützen,
d)
Gute Arbeitsbedingungen in den Unternehmen fördern,
e)
Maßnahmen und Empfehlungen anhand der spezifischen Herausforderungen des beratungssuchenden Unternehmens entwickeln, die dem Unternehmen und dessen Beschäftigtenvertretungen Hilfe zur Selbsthilfe geben, bspw. zur Etablierung familienfreundlicher Strukturen und gleichberechtigter Teilhabe aller Geschlechter, zum Erhalt und zur Steigerung der Arbeitsfähigkeit und Arbeitgeberattraktivität oder strategischer Personalarbeit und strukturierter Personalentwicklung (Erstberatung) und
f)
Beratungssuchende zielgenau in weiterführende Unterstützungsangebote und Netzwerke vermitteln und hierfür den Kontakt bereitstellen (Verweisberatung).
4.
Die Inhalte und Ergebnisse der Beratungen werden jeweils mittels eines vorgegebenen Beratungsprotokolls dokumentiert.
5.
Die Anbahnung der Beratungsgespräche erfolgt insbesondere über das Webportal des Zentrums für Fachkräftesicherung und Gute Arbeit (ZEFAS). Der Vorhabenträger erhält Zugang zu diesem Portal des ZEFAS und bedient ein Kontaktsystem für Beratungssuchende, über das die Erst- und Verweisberatungen vorrangig ausgelöst werden. Weitere Formen der Zielgruppenansprache sind möglich.
6.
Die Gesamtbetreuungsdauer pro Förderfall pro KMU beziehungsweise pro Beschäftigtenvertretung beträgt bis zu vier Tagewerke beziehungsweise 32 Stunden.
7.
Die Beratung ist branchenoffen und barrierefrei zu gestalten.
8.
Die Laufzeit der jeweiligen Beratung beträgt in der Regel 6 Monate ab Kontaktaufnahme des beratungssuchenden Unternehmens/der beratungssuchenden Beschäftigtenvertretung. Wiederholte Beratungen zum gleichen Themenschwerpunkt sind ausgeschlossen.
9.
Der Bewilligungszeitraum kann bis zu 36 Monaten betragen. In begründeten Fällen kann in Abstimmung mit der Bewilligungsstelle die Bewilligungszeitraum mehr als 36 Monate umfassen.

VII. Verfahren

1.
Ansprechpartner für Beratung und Antragstellung sowie Bewilligungsstelle ist die
Sächsische Aufbaubank – Förderbank – (SAB)
Geschäftsadressen
Gerberstraße 5 04105 Leipzig Telefon: 0341 70292-0
Pirnaische Straße 9 01069 Dresden Telefon: 0351 4910-4930 Telefax: 0351 4919-1015
E-Mail: servicecenter_sf@sab.sachsen.de
Internet: www.sab.sachsen.de
2.
Antrags- und Bewilligungsverfahren
a)
Zur Einreichung von Anträgen wird mittels Bekanntmachung im Sächsischen Amtsblatt aufgefordert. Es werden Stichtage festgelegt, die auch auf der Internetseite der Bewilligungsstelle veröffentlicht werden. Nicht bis zum Stichtag oder ohne vorherige Aufforderung eingereichte Anträge werden im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt.
b)
Als Bestandteil des Antrags ist eine Projektskizze einzureichen, die die Zuwendungsvoraussetzungen nach Ziffer IV. sowie die sonstigen Zuwendungsbestimmungen nach Ziffer VI Nummer 1 bis 9 berücksichtigt. Weiterhin enthält die Projektskizze eine Darstellung des Bedarfs und der Zusätzlichkeit des Vorhabens gegenüber bestehenden Beratungsangeboten zur Fachkräftesicherung.
c)
Die Auswahl und Bewilligung der Vorhaben erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren.
Für das Auswahlverfahren ist bei der Bewilligungsstelle eine Projektskizze einzureichen. Die Vorgaben zu Struktur und Inhalt der Projektskizze sind der Bekanntmachung nach Buchstabe Ziffer VII Nummer 2 Buchstabe a zu entnehmen.
Nach Eingang der Projektskizze erfolgt eine formale Prüfung durch die Bewilligungsstelle.
Eine fachliche Stellungnahme und Auswahl der Projektskizzen erfolgt durch die Bewilligungsstelle und das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf der Grundlage einer Matrix zur fachlichen Bewertung. Die fachlichen Bewertungskriterien sind der Bekanntmachung nach Ziffer VII Nummer 2 Buchstabe a zu entnehmen.
Projektskizzen, die keine positive Auswahlentscheidung erhalten, können im weiteren Förderverfahren nicht berücksichtigt werden. Die Antragssteller werden schriftlich darüber durch die Bewilligungsstelle informiert.
Bei einer positiven Auswahlentscheidung werden die Antragssteller schriftlich durch die Bewilligungsstelle zur Einreichung eines förmlichen Förderantrages aufgefordert.
Die Form der Antragstellung und eine vollständige Aufstellung aller Unterlagen, die dem Antrag beizufügen sind, sind im Internet unter www.sab.sachsen.de veröffentlicht.
d)
Anstelle des Erstattungsprinzips nach Nummer 6.3.2 der
EU-Rahmenrichtlinie
findet das Vorauszahlungsprinzip nach Nummer 7.5 der
Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung
Anwendung.
3.
Verwendungsnachweisverfahren
a)
Der Zuwendungsempfänger hat einen Sach- und Evaluationsbericht auf der Grundlage der Nebenbestimmungen im Zuwendungsbescheid zu erstellen. Der Evaluationsbericht wertet die Beratungsprotokolle aus und enthält Angaben zu den Ergebnissen der Beratungen und den Beratungsgegenständen und ist mit dem Verwendungsnachweis der Bewilligungsstelle vorzulegen. Die Bewilligungsstelle kann die Beratungsprotokolle im Einzelfall anfordern.
b)
Abweichend von Nummer 6.1 der NBest-EU ist der Verwendungsnachweis zum Vorhabensende innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraums bei der Bewilligungsstelle einzureichen. Zwischennachweise sind zugelassen.
c)
Bei Förderung mittels Kosten je Einheit (Personalkostenpauschale) sind die tatsächlich erbrachten, im Zuwendungsbescheid definierten Bezugseinheiten nachzuweisen.

VIII. Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Diese Richtlinie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2030 außer Kraft.
Dresden, den 27. Juni 2023
Der Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Martin Dulig
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