VwV Kulturdenkmallisten
DE - Landesrecht Sachsen

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern für die Erfassung von Kulturdenkmalen in öffentlichen Verzeichnissen (VwV Kulturdenkmallisten)

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
für die Erfassung von Kulturdenkmalen in öffentlichen Verzeichnissen
(VwV Kulturdenkmallisten)
Vom 8. September 2016

I.
Anwendungsbereich
1.
Diese Verwaltungsvorschrift regelt die nachrichtliche Erfassung von Kulturdenkmalen in öffentlichen Verzeichnissen (Kulturdenkmallisten) gemäß § 10 des
Sächsischen Denkmalschutzgesetzes
vom 3. März 1993 (SächsGVBl. S. 229), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 2. April 2014 (SächsGVBl. S. 234) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
2.
Das Landesamt für Denkmalpflege und das Landesamt für Archäologie Sachsen führen jeweils eine Kulturdenkmalliste, in die mit Ausnahme von Nummer 3 alle Kulturdenkmale gemäß § 2 Absatz 1 des
Sächsischen Denkmalschutzgesetzes
aufgenommen werden sollen.
3.
Bewegliche Kulturdenkmale, die zu einer staatlichen oder kommunalen Sammlung gehören, werden in der Regel nicht in die Kulturdenkmallisten aufgenommen.
4.
Die Erfassung von Kulturdenkmalen, die sowohl durch das Landesamt für Denkmalpflege als auch durch das Landesamt für Archäologie Sachsen betreut werden, wird einvernehmlich zwischen dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Landesamt für Archäologie Sachsen geregelt. Eine Erfassung von Kulturdenkmalen, die Zuständigkeiten beider Fachbehörden berühren (zum Beispiel Burganlagen, Kirchen), ist in beiden Erfassungssystemen möglich.

II.
Ermittlung der Kulturdenkmaleigenschaft
1.
Die Ermittlung der Kulturdenkmaleigenschaft erfolgt im Einzelfall durch Feststellung der gesetzlichen Tatbestände anhand objektiver Merkmale. Voraussetzung für die Denkmaleigenschaft eines Objektes ist dessen Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit.
2.
Denkmalfähigkeit bedeutet, dass das Objekt mindestens eine geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche, städtebauliche oder landschaftsgestaltende Bedeutung haben muss. Ein denkmalfähiges Objekt ist denkmalwürdig, wenn ein öffentliches Erhaltungsinteresse an ihm besteht.
3.
Die Denkmalwürdigkeit von Bauwerken mit geschichtlicher Bedeutung hängt nicht von vorrangig ästhetischen Gesichtspunkten, sondern vom Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Erhaltung des im Schutzobjekt verkörperten besonderen Aussagewerts, Erinnerungswerts oder Assoziationswerts ab. Eine geschichtliche Bedeutungskategorie ist nicht allein auf übergeordnete oder besonders bedeutsame Entwicklungen oder Verhältnisse beschränkt, sondern sie umfasst vielmehr auch Gegenstände des Denkmalschutzes, die nur für die regionale, Heimat- oder Stadtgeschichte von Bedeutung sind und diese dokumentieren. Der Schutzgrund der künstlerischen Bedeutung erfordert ein gesteigertes Maß an ästhetischer oder gestalterischer Qualität. Für den Schutzgrund der städtebaulichen Bedeutung ist es nicht ausreichend, wenn ein Gebäude die Gliederung und das Erscheinungsbild eines Ortskerns oder Stadtkerns, eines Ortsteils oder Stadtteils, einer Straße oder eines Platzes oder die ländliche Siedlungsstruktur (mit)prägt. Städtebauliche Gründe sind nur gegeben, wenn das Objekt zu einer stadtgeschichtlichen oder stadtentwicklungsgeschichtlichen Unverwechselbarkeit führt, die entweder auf eine einheitliche Planung zurückzuführen oder aus anderen Gründen im Laufe der Zeit zustande gekommen ist.
4.
Die Denkmalwürdigkeit ist ein Korrektiv zur Denkmalfähigkeit. Aus der Vielzahl grundsätzlich denkmalfähiger Objekte sollen nur diejenigen ausgewählt werden, die auch denkmalwürdig sind. Dabei gilt der Kenntnis- und Wissensstand eines sachverständigen Fachmannes als Beurteilungsmaßstab. Um rein individuelle Vorlieben oder private Interessen für oder gegen die Denkmaleigenschaft abzugrenzen, ist deshalb Voraussetzung, dass die Denkmaleigenschaft einer Sache und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen ist oder mindestens von einem breiten Kreis von Sachverständigen geteilt wird. Gesichtspunkte können dabei insbesondere sein:
a)
Seltenheitswert,
b)
Alter,
c)
dokumentarischer und exemplarischer Wert,
d)
Maß der Originalität und Integrität. Hierbei ist zu beachten, dass im Laufe der Zeit eingetretene Veränderungen selbst von denkmalpflegerischem Wert sein können.
5.
Ohne Belang für die Ermittlung der Kulturdenkmaleigenschaft sind:
a)
Erhaltungszustand (zum Beispiel vernachlässigtes Gebäude),
b)
Erhaltungsmöglichkeit, zum Beispiel aufgrund eines Konflikts mit anderen Interessen (zum Beispiel Verkehrsplanung),
c)
Bereitstehen von Finanzmitteln für die Erhaltung des Kulturdenkmales.

III.
Gliederung und Inhalt der Kulturdenkmallisten
1.
Die Kulturdenkmallisten werden für jede Gemeinde gesondert angelegt.
2.
Sie bestehen jeweils aus den unbeweglichen Kulturdenkmalen (Teil 1) sowie den beweglichen Kulturdenkmalen (Teil 2). Im Zweifel ist ein Kulturdenkmal in Teil 1 zu erfassen (Auffangtatbestand).
3.
Die Kulturdenkmallisten sind nach folgender Gliederung zu erstellen:
a)
Benennung von Landkreis/Kreisfreier Stadt, Gemeinde und gegebenenfalls Ortsteil,
b)
Ausgewiesene oder zur Ausweisung vorgeschlagene Denkmalschutzgebiete, Grabungsschutzgebiete und archäologische Reservate,
c)
Teil 1 Unbewegliche Kulturdenkmale,
d)
Teil 2 Bewegliche Kulturdenkmale.
4.
Teil 1 und Teil 2 der Kulturdenkmalliste des Landesamtes für Denkmalpflege sind jeweils wie folgt zu untergliedern:
a)
Lagebeschreibung (in der Regel Straße und Hausnummer, gegebenenfalls Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer),
b)
Bezeichnung des Objektes (gegebenenfalls Bauwerksname),
c)
Angaben über etwaigen zusätzlichen Schutz (gegebenenfalls Sachgesamtheit),
d)
Kurzcharakteristik und Denkmaltext (fachlich-konservatorische Begründung),
e)
Kartierung auf Grundlage der automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) oder anderer geeigneter Geobasisdaten des Freistaates Sachsen.
5.
Teil 1 der Kulturdenkmalliste des Landesamtes für Archäologie Sachsen ist wie folgt zu untergliedern:
a)
Lagebeschreibung (gegebenenfalls Straße, Hausnummer, Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer, geographische Lagekoordinaten),
b)
Bezeichnung des Objektes (gegebenenfalls Denkmalname),
c)
Angaben über etwaigen zusätzlichen Schutz (gegebenenfalls Sachgesamtheit),
d)
Kurzcharakteristik und Denkmaltext (fachlich-konservatorische Begründung),
e)
Kartierung auf Grundlage der automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) oder anderer geeigneter Geobasisdaten des Freistaates Sachsen.
6.
Teil 2 der Kulturdenkmalliste des Landesamtes für Archäologie Sachsen ist wie folgt zu untergliedern:
a)
Angabe über Besitzer (Name, Adresse) und Aufbewahrungsort (Sammlung/Museum),
b)
Fundstelle, wenn bekannt (Lagebezeichnung, geographische Lagekoordinaten),
c)
Bezeichnung des Objektes oder der Sachgesamtheit,
d)
Angaben über etwaigen zusätzlichen Schutz (gegebenenfalls Kulturgutschutz),
e)
Kurzcharakteristik und Denkmaltext (Inventar-/Sammlungsnummer oder Sammlungsbezeichnung, fachlich-konservatorische Begründung).
7.
Bei der fachlich-konservatorischen Begründung sind die wesentlichen bisher bekannten Merkmale des jeweiligen Objektes oder der Sachgesamtheit zu nennen, die zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Kulturdenkmalbegriffes erforderlich sind. Hierbei können Kurzbeschreibungen und Abkürzungen verwendet werden. Eine ausschließliche Wiederholung von Gesetzesbegriffen ist zu vermeiden.

IV.
Verfahren
1.
Das zuständige Landesamt erarbeitet einen Entwurf der Kulturdenkmalliste einschließlich fachlich-konservatorischer Begründungen. Das zuständige Landesamt für Denkmalpflege stützt sich dabei insbesondere auf Beobachtungen, auf bereits erfolgte Untersuchungen und Dokumentationen, auf Begehungen, auf Fachliteratur und auf Nachforschungen in Archiven. An den Begehungen können weitere Personen, insbesondere Behördenmitarbeiter, teilnehmen. Das zuständige Landesamt wirkt auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Denkmaleigentümer hin.
2.
Über die Aufnahme eines Kulturdenkmals in den Entwurf der Kulturdenkmalliste entscheidet das zuständige Landesamt im Benehmen mit der Gemeinde, in der sich das Kulturdenkmal befindet.
3.
Das zuständige Landesamt leitet die im Benehmen mit der Gemeinde abgestimmte Kulturdenkmalliste der unteren Denkmalschutzbehörde zu.
4.
Die Kulturdenkmallisten sind fortzuschreiben. Die unteren Denkmalschutzbehörden wirken daran mit.

V.
Bekanntmachung der Kulturdenkmallisten
1.
Über die Aufnahme eines Objektes in eine der Kulturdenkmallisten ist der Eigentümer von der unteren Denkmalschutzbehörde schriftlich zu benachrichtigen, wenn die Anschrift des Eigentümers der Behörde bekannt ist oder von ihr mit vertretbarem Aufwand festgestellt werden kann.
2.
Die Benachrichtigung ist kein Verwaltungsakt und daher entsprechend formlos zu gestalten. Der Eigentümer ist unter Hinweis auf § 10 des
Sächsischen Denkmalschutzgesetzes
darüber zu informieren, dass
a)
die Kulturdenkmalliste beim zuständigen Landesamt, bei der unteren Denkmalschutzbehörde oder bei der Gemeinde eingesehen werden kann, Eintragungen über bewegliche Kulturdenkmale jedoch nur die Eigentümer und sonstigen dinglich Berechtigten sowie die von ihnen ermächtigten Personen einsehen dürfen,
b)
die Eintragung von Amts wegen erfolgt ist durch das zuständige Landesamt im Benehmen mit der Gemeinde, in der das Kulturdenkmal gelegen ist,
c)
der Denkmalschutz nach dem Sächsischen Denkmalschutzgesetz nicht von der Aufnahme eines Kulturdenkmals in die Kulturdenkmalliste abhängig ist und
d)
die Denkmalschutzbehörde auf Antrag des Eigentümers durch Verwaltungsakt über die Eigenschaft als Kulturdenkmal zu entscheiden hat.
3.
Die untere Denkmalschutzbehörde übersendet die Kulturdenkmallisten auf Anfrage gemeindeweise zusammengestellt den betroffenen Behörden und Stellen, insbesondere
a)
der oberen Denkmalschutzbehörde,
b)
den Gemeinden,
c)
dem Landesamt für Steuern und Finanzen,
d)
dem Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement,
e)
dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie,
f)
dem Staatsbetrieb Sachsenforst,
g)
dem Staatsbetrieb Landestalsperrenverwaltung,
h)
dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr,
i)
dem Sächsischen Oberbergamt,
j)
dem Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen sowie
k)
den oberen Kirchenbehörden und entsprechenden Stellen der anderen Religionsgemeinschaften, soweit Kulturdenkmale in deren Eigentum stehen.
Das Landesamt für Denkmalpflege und das Landesamt für Archäologie Sachsen informieren sich bei Bedarf gegenseitig über ihre jeweiligen Kulturdenkmallisten.
4.
Nach Übersendung gemäß Nummer 3 macht die Gemeinde die Kulturdenkmalliste des Landesamtes für Denkmalpflege unverzüglich ortsüblich bekannt. Für die Bekanntmachung gilt Nummer 2 entsprechend.

VI.
Elektronisches Datenverarbeitungssystem
1.
Das zuständige Landesamt führt die Kulturdenkmalliste in einem elektronischen Datenverarbeitungssystem. Verantwortlichkeiten und Arbeitsprozesse bei der Erstellung, Nutzung und Aktualisierung von Inhalten sind schriftlich festzulegen.
2.
Den Denkmalschutzbehörden kann ein Zugriff auf die digitalen Kulturdenkmalkarten und die Kulturdenkmallisten gewährt werden. Neben den unteren Denkmalschutzbehörden kann dieser Zugriff auch den unteren Naturschutzbehörden gewährt werden, wenn dies für denkmalpflegerische Belange in Planungsverfahren relevant ist. Die Zahl der Nutzer ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Der Abruf von Daten durch die unteren Denkmalschutz- und Naturschutzbehörden ist auf die Daten der Kulturdenkmale ihres eigenen Zuständigkeitsbereichs beschränkt.
3.
Für die Nutzung ist ein Login mit Anmelde- und Passwort der berechtigten Personen einzurichten.
4.
Die Pflege der digitalen Kulturdenkmalkarten und Kulturdenkmallisten ist dem zuständigen Landesamt vorbehalten. Die untere Denkmalschutzbehörde ist verpflichtet, die Kulturdenkmalliste ihres Zuständigkeitsbereiches in einem festgelegten Aktualisierungsrhythmus zu kontrollieren. Sie übermittelt ergänzende oder zu korrigierende Daten bezüglich der in ihrem Zuständigkeitsbereich gelegenen Kulturdenkmale dem zuständigen Landesamt.
5.
Den Behörden gemäß Ziffer V Nummer 3 Buchstabe a und c bis j kann der Zugriff auf die digitalen Kulturdenkmalkarten und Kulturdenkmallisten über das Internet gestattet werden, sobald hierfür die erforderlichen technischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen geschaffen sind. Nummer 2 Satz 2 und 3 sowie Nummer 3 gelten entsprechend. Bei einer Gestattung der Nutzung kann auf eine Übersendung der Kulturdenkmalliste gemäß Ziffer V Nummer 3 verzichtet werden.
6.
Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Sachsen sind zu beachten. Stellen außerhalb der Landesverwaltung, die die digitalen Kulturdenkmalkarten und Kulturdenkmallisten nutzen können, sind auf die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Freistaates Sachsen zu verpflichten.
7.
Das zuständige Landesamt soll jeder Person Einblick in die Kulturdenkmalliste über öffentlich zugängliche Netze anbieten. Im Übrigen wird auf die Vorschriften des
Sächsischen E-Government-Gesetzes
vom 9. Juli 2014 (SächsGVBl. S. 398), das durch die Verordnung vom 4. April 2015 (SächsGVBl. S. 374) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, verwiesen.

VII.
Übergangsbestimmung
Mit der Übersendung der Kulturdenkmalliste nach Ziffer V Nummer 3 an die Gemeinde tritt diese an die Stelle der vorläufigen Kulturdenkmalverzeichnisse nach § 38 Absatz 1 des
Sächsischen Denkmalschutzgesetzes
.

VIII.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt die
VwV Kulturdenkmallisten
vom 15. September 1993 (SächsABl. 1994 S. 6), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 348), außer Kraft.
Dresden, den 8. September 2016
Der Staatsminister des Innern Markus Ulbig
Markierungen
Leseansicht