Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (AB NGefAG)
Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (AB NGefAG)
RdErl. d. MI v. 16.7.1998 - 21.1-12002/11.1 -
Vom 16. Juli 1998 (Nds. MBl. S. 1078)
- VORIS 21011 10 00 00 060 -
Bezug:
RdErl. v. 10.6.1994 (Nds. MBl. S. 996), zuletzt geändert durch RdErl. v. 15.7.1996 (Nds. MBl. S. 1199) - VORIS 21011 10 00 00 049 -
Vorbemerkung
Die Nummernfolge der AB entspricht der Paragrafenfolge und der Absatz- oder Nummernfolge des NGefAG vom 20.2.1998 (Nds. GVBl. S. 101).
Allgemeiner Teil
Soweit Befugnisregelungen bestimmte Eingriffe nur zulassen, wenn "Tatsachen" vorliegen, müssen diese Tatsachen immer einen konkreten Bezug zum jeweiligen Sachverhalt aufweisen. Allgemeine Erfahrungssätze ohne konkreten Bezug zum Sachverhalt und bloße Vermutungen sind keine Tatsachen. Ist weitere Voraussetzung, dass die Tatsachen eine bestimmte Annahme rechtfertigen, so muss der aus den Tatsachen zu ziehende Schluss hinreichend wahrscheinlich sein.
Behördenleitung der Polizeibehörden i. S. der gesetzlichen Anordnungsvorbehalte sind die Direktorin oder der Direktor des Landeskriminalamts, die Regierungspräsidentin oder der Regierungspräsident, die Polizeipräsidentin oder der Polizeipräsident, die ständige Vertreterin oder der ständige Vertreter einer dieser Personen und eine nach der Geschäftsordnung sonst noch unter bestimmten Voraussetzungen zur Vertretung einer dieser Personen berufene Person.
Der Begriff "Dienststellenleitung" ist wie der Begriff "Behördenleitung" funktionsbezogen.
Soweit Maßnahmen nach dem NGefAG der Anordnung durch die Behördenleitung bedürfen und die Delegation dieser Befugnisse auf Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter oder Bedienstete des höheren Dienstes eingeräumt wird, ist sicherzustellen, dass in der Sache ermittelnde Beamtinnen und Beamte nicht selbst die Anordnung treffen (Wahrung des Vieraugenprinzips).
Für die datenschutzrechtlichen Begriffe gelten die Begriffsbestimmungen des § 3 NDSG .
Auf Verwaltungsakte, die der Gefahrenabwehr dienen, finden nach § 1 Abs. 1 NVwVfG die Vorschriften des VwVfG Anwendung, soweit nicht das NGefAG inhaltsgleiche oder entgegenstehende Vorschriften enthält (z. B. die §§ 27 und 28 Abs. 2 ).
Redaktionelle Inhaltsübersicht | Abschnitt |
---|---|
Zu § 1 - Aufgaben der Verwaltungsbehörden und der Polizei - | 1 |
Zu § 2 - Begriffsbestimmungen - | 2 |
Zu § 3 - Geltungsbereich - | 3 |
Zu § 5 - Ermessen; Wahl der Mittel - | 5 |
Zu § 6 - Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen - | 6 |
Zu § 7 - Verantwortlichkeit für Gefahren, die von Tieren ausgehen, oder für den Zustand von Sachen - | 7 |
Zu § 8 - Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen - | 8 |
Zu § 9 - Verantwortlichkeit nach anderen Vorschriften - | 9 |
Zu § 12 - Befragung und Auskunftspflicht - | 12 |
Zu § 13 - Identitätsfeststellung, Prüfung von Berechtigungsscheinen - | 13 |
Zu § 14 - Kontrollstellen - | 14 |
Zu § 15 - Erkennungsdienstliche Maßnahmen - | 15 |
Zu § 16 - Vorladung - | 16 |
Zu § 17 - Platzverweisung - | 17 |
Zu § 18 - Gewahrsam - | 18 |
Zu § 19 - Richterliche Entscheidung - | 19 |
Zu § 20 - Behandlung fest gehaltener Personen - | 20 |
Zu § 22 - Durchsuchung von Personen - | 22 |
Zu § 23 - Durchsuchung von Sachen - | 23 |
Zu § 24 - Betreten und Durchsuchung von Wohnungen - | 24 |
Zu § 25 - Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen - | 25 |
Zu § 26 - Sicherstellung - | 26 |
Zu § 27 - Verwahrung - | 27 |
Zu § 28 - Verwertung, Vernichtung - | 28 |
Zu § 29 - Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses; Kosten - | 29 |
Zu § 30 - Grundsätze der Datenerhebung - | 30 |
Zu § 31 - Datenerhebung - | 31 |
Zu § 32 - Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, an besonders gefährdeten Objekten sowie auf öffentlichen Flächen - | 32 |
Zu § 33 - Aufzeichnung von Fernmeldedaten - | 33 |
Zu § 34 - Datenerhebung durch längerfristige Observation - | 34 |
Zu § 35 - Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel - | 35 |
Zu § 36 - Datenerhebung durch die Verwendung von Vertrauenspersonen - | 36 |
Zu § 36a - Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittlerinnen oder Verdeckter Ermittler - | 36a |
Zu § 37 - Kontrollmeldung - | 37 |
Zu § 38 - Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten, Zweckbindung - | 38 |
Zu § 39 - Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zu anderen Zwecken - | 39 |
Zu § 40 - Allgemeine Regeln der Datenübermittlung - | 40 |
Zu § 41 - Datenübermittlung zwischen Verwaltungs- und Polizeibehörden - | 41 |
Zu § 42 - Automatisiertes Abrufverfahren und regelmäßige Datenübermittlung - | 42 |
Zu § 43 - Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen - | 43 |
Zu § 44 - Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs, Bekanntgabe an die Öffentlichkeit - | 44 |
Zu § 45 - Datenabgleich - | 45 |
Zu § 46 - Dateibeschreibung - | 46 |
Zu § 47 - Prüffristen - | 47 |
Zu § 51 - Vollzugshilfe - | 51 |
Zu § 54 - Anwendung - | 54 |
Zu § 55- Verordnungsermächtigung - | 55 |
Zu § 58 - Formvorschriften - | 58 |
Zu § 61 - Geltungsdauer - | 61 |
Zu § 62 - Beteiligung anderer Behörden und Dienststellen; Änderung und Au$tebung von Verordnungen - | 62 |
Zu § 64 - Zulässigkeit, Zuständigkeit, Wirkung von Rechtsbehelfen - | 64 |
Zu § 66 - Ersatzvornahme - | 66 |
Zu § 68 - Ersatzzwangshaft - | 68 |
Zu § 69 - Unmittelbarer Zwang - | 69 |
Zu § 70 - Androhung der Zwangsmittel - | 70 |
Zu § 71 - Rechtliche Grundlagen - | 71 |
Zu § 72 - Handeln auf Anordnung - | 72 |
Zu § 74 - Androhung unmittelbaren Zwangs - | 74 |
Zu § 75 - Fesselung von Personen - | 75 |
Zu § 76 - Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch - | 76 |
Zu § 77 - Schusswaffengebrauch gegen Personen - | 77 |
Zu § 78 - Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge - | 78 |
Zu § 80 - Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände - | 80 |
Zu § 83 - Verjährung des Ausgleichsanspruchs - | 83 |
Zu § 98 - Aufsicht über die Verwaltungsbehörden - | 98 |
Zu § 100 - Örtliche Zuständigkeit, außerordentliche örtliche Zuständigkeit - | 100 |
Zu § 102 - Außerordentliche sachliche Zuständigkeit - | 102 |
Zu § 103 - Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten anderer Länder und des Bundes sowie von Bediensteten ausländischer Staaten - | 103 |
Zu § 104 - Amtshandlungen von niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Landes Niedersachsen - | 104 |
Zu § 106 - Sachleistungen - | 106 |
Zu § 107 - Entschädigung für Sachleistungen - | 107 |
In-Kraft-Treten | 108 |
Abschnitt 1 AB NGefAG - Zu § 1 - Aufgaben der Verwaltungsbehörden und der Polizei -
1.1 Die Vorbereitung auf die Abwehr künftiger Gefahren, die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten und die Verhütung von Straftaten sind lediglich Teilbereiche der umfassenden Aufgabe der Gefahrenabwehr.
1.2 Für Maßnahmen und sonstige Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr, die nicht die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten oder die Verhütung von Straftaten zum Ziel haben, sind vorrangig die Verwaltungsbehörden zuständig. Die Polizei wird in diesen Fällen nur tätig, wenn die Verwaltungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig tätig werden kann. Für die Beurteilung der Sachlage kommt es auf den Zeitpunkt des Eingreifens durch die Polizei an.
Für die Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr gilt das Subsidiaritätsprinzip grundsätzlich nicht, weil es erforderlich ist, dass sich sowohl die Verwaltungsbehörden als auch die Polizei auf mögliche künftige Gefahrensituationen im Rahmen der Zuständigkeit einstellen.
Durch § 1 Abs. 1 Satz 3 wird klargestellt, dass die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten und die Verhütung von Straftaten von der Aufgabe Gefahrenabwehr begrifflich umfasst wird. Zugleich wird durch die Formulierung "insbesondere" die besondere Stellung der Polizei in diesem Teilbereich der Gefahrenabwehr verdeutlicht. Die Polizei wird hier vorrangig tätig, weil ihr bestimmte Befugnisse zur Erkenntnisgewinnung vorbehalten sind und nur sie aus ihrer strafverfolgenden Tätigkeit über spezifisches Erfahrungswissen verfügt, um kriminellen Gefahren wirksam entgegentreten zu können. Die Ausnahme von der (Regel-) Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden greift immer dann, wenn und soweit diese besonderen Voraussetzungen vorliegen. Die Verwaltungsbehörden sind wiederum zuständig, wenn "einfaches" ordnungsbehördliches Eingreifen zur Verhütung einer Straftat ausreicht (z. B. Platzverweis, Sicherstellung) oder verwaltungsmäßige Bearbeitungsformen - ggf. neben oder ergänzend zu polizeilichen Maßnahmen - erforderlich sind (z. B. schriftliches Aufenthaltsverbot, Zwangsgeld, Ersatzzwangshaft usw.) oder ein enger Zusammenhang zu anderen ihnen obliegenden Aufgaben gegeben ist (z. B. Einrichtung eines Präventionsrates).
1.3 Die Vorschrift schränkt die gefahrenabwehrende Tätigkeit zum Schutz privater Rechte ein, soweit sie ausschließlich zum Schutz privater Rechte dient. Die Regelung gilt deshalb nicht, wenn zugleich eine Gefahr für andere Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit besteht (z. B. Verletzung von Strafrechtsnormen wie Hausfriedensbruch, § 123 StGB ). Eines Antrags der oder des Betroffenen zum Schutz privater Rechte bedarf es nicht.
Abschnitt 2 AB NGefAG - Zu § 2 - Begriffsbestimmungen -
2.1 Die "hinreichende Wahrscheinlichkeit" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Je schwerer
der Schaden ist, der einzutreten droht, umso geringere Anforderungen sind an den Grad
der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen.
§ 2 Nr. 1 Buchst. a erfasst auch Sachlagen, die bei verständiger Betrachtung objektiv den Verdacht oder den Anschein einer Gefahr erwecken. Besteht lediglich der Verdacht einer Gefahr, so sind in der Regel nur solche Maßnahmen zulässig, die aufklären sollen, ob tatsächlich eine Gefahr vorliegt.
2.3 "Andere Eingriffe" sind in der Regel Verwaltungsrealakte (wie z. B. verdeckte Datenerhebungen und Vorbereitungshandlungen zum Zweck der Ingewahrsamnahme einer Person oder der Sicherstellung einer Sache), die zum Erlass eines Verwaltungsakts führen können. Sie müssen nicht selbst Verwaltungsakte i. S. des § 35 VwVfG sein, bedürfen jedoch, da sie Eingriffe darstellen, ebenfalls einer gesetzlichen Grundlage.
2.6 Allgemein ermächtigt zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben sind die zu Beamtinnen oder Beamten auf Lebenszeit und die zu Beamtinnen oder Beamten auf Probe ernannten Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten mit Ausnahme der nach § 21 PolNLVO vom 7.8.1979 (Nds. GVBl. S. 236), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8.5.1996 (Nds. GVBl. S. 237), eingestellten Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten des höheren Dienstes. Diese sind zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben allgemein ermächtigt, wenn die oder der Dienstvorgesetzte festgestellt hat, dass sie über die hierzu erforderlichen theoretischen und praktischen Fähigkeiten verfügen. Die Feststellung ist der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen und aktenkundig zu machen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die bei dem NLfV und dem diesbezüglichen Aufsichtsreferat des MI tätigen Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten.
Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte, die sich in der Ausbildung befinden, können im Einzelfall durch die ausbildende Stelle zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ermächtigt werden, soweit es im Rahmen der Ausbildung erforderlich ist und ihre theoretischen und praktischen Fähigkeiten dies zulassen.
2.9 Der Begriff "Straftat" entspricht der strafrechtlichen Legaldefinition einer rechtswidrigen Tat i. S. des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB . Die Definition bewirkt insbesondere, dass Schuldunfähige in den Anwendungsbereichen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Erkennungsdienstliche Behandlung) und § 39 Abs. 3 Satz 1 (Führung von Kriminalakten) einbezogen sind.
2.10 Die Aufzählung der Vergehenstatbestände ist nicht abschließend, sodass Änderungen von Strafvorschriften, Erscheinungsformen der Kriminalität oder Bildung krimineller Schwerpunkte berücksichtigt werden können. Kriterien für die Vergleichbarkeit. nicht in Buchstabe b aufgeführter Vergehen (bereits normierte und künftige) sind die geschützten Rechtsgüter und die Strafandrohung. Andere, als die geschützten Rechtsgüter, müssen diesen zumindest gleichwertig sein. Die Strafandrohung ist dann vergleichbar, wenn der Strafrahmen mindestens Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Dieser Strafrahmen bietet die Gewähr dafür, dass die Straftat mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung zu beeinträchtigen. Die Aufzählung der Vergehen im Katalog schließt die Vergleichbarkeit weiterer, bereits geltender Strafvorschriften aus den gleichen Deliktsgruppen nicht aus. Die Einordnung als Straftat von erheblicher Bedeutung kann aus den vorgenannten Kriterien gerechtfertigt sein, z. B. bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wie Verstöße gegen § 179 StGB (Sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger) oder § 182 StGB (Sexueller Missbrauch Jugendlicher). Vergleichbar könnte aber auch ein Verstoß gegen § 315 Abs. 1 und 2 StGB (Gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr) sein.
Straftat von erheblicher Bedeutung. ist jedes banden- oder gewerbsmäßig begangene Vergehen, unabhängig von dem zu Grunde liegenden Delikt oder der Erweiterung als Qualifikationsmerkmal. Die banden- oder gewerbsmäßige Begehung ist in den Fällen des Buchstaben c zusätzlich Tatbestandsmerkmal, es sei denn, der genannte Straftatbestand setzt dieses bereits voraus (z. B. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB ). Bandenmäßige Begehung liegt vor, wenn sich mindestens zwei Personen zur Begehung mehrerer selbstständiger, im einzelnen noch ungewisser Taten verbunden haben. Eine gewerbsmäßige Begehung liegt vor, wenn sich eine Person aus wiederholter oder fortgesetzter Begehung von Straftaten eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu schaffen sucht.
2.11 Für die Einordnung einer Person als Kontakt- oder Begleitperson i. S. dieser Begriffsbestimmung ist nicht maßgeblich, wie eng die persönliche, berufliche, geschäftliche oder sonstige Verbindung zwischen dieser und der verdächtigen Person ist. Unter Umständen reicht also auch ein flüchtiger sozialer Kontakt aus. Entscheidend ist, ob die Weise der Verbindung auf der Grundlage des Gesamtsachverhalts die Annahme rechtfertigt, durch die andere Person können Hinweise über die angenommene Straftat gewonnen werden. Eine umfassende Ausforschung der Kontakt- und Begleitpersonen allein und um ihrer selbst willen ist nicht zulässig.
Abschnitt 3 AB NGefAG - Zu § 3 - Geltungsbereich -
3.1 Spezialgesetze der Gefahrenabwehr enthalten nur dann abschließende Regelungen, wenn sie keine Lücken aufweisen, d.h., es müssen insbesondere Vorschriften über die Zuständigkeit, die verantwortlichen Personen, die Verarbeitung personenbezogener Daten, die Vollzugshilfe und die Zwangsmittel vorhanden sein. Besondere Vorschriften, die zu Eingriffen in Grundrechte ermächtigen, regeln Art und Intensität der zu dem speziellen Zweck zulässigen Maßnahmen grundsätzlich abschließend. Deshalb ist die Frage, ob neben der Eingriffsermächtigung eines Spezialgesetzes die Befugnisse des Dritten Teils (ergänzend) Anwendung finden können, in diesen Fällen immer besonders zu prüfen.
3.2 Das Strafverfahrensrecht und das Ordnungswidrigkeitenrecht enthalten grundsätzlich abschließende Regelungen. Nach Absatz 2 sind deshalb abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 für die Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nur die hier genannten Vorschriften ergänzend anzuwenden.
Abschnitt 5 AB NGefAG - Zu § 5 - Ermessen; Wahl der Mittel -
5.1 Die Verwaltungsbehörden und die Polizei entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen (Opportunitätsprinzip), ob (Entschließungsermessen) und wie (Auswahlermessen) sie tätig werden und welche von mehreren zulässigen Maßnahmen, sie wählen. Sie haben ferner die Auswahlmöglichkeit unter mehreren Verantwortlichen ( §§ 6 und 7 ). Das Opportunitätsprinzip soll sicherstellen, dass die Verwaltungsbehörden und die Polizei ihre Aufgaben wirksam und zweckmäßig erfüllen. Es darf nicht zur Vernachlässigung der Aufgabenerfüllung missbraucht werden.
Deshalb darf von Maßnahmen in der Regel nur abgesehen werden, wenn
a)
mehrere Gefahren gleichzeitig abzuwehren sind und die vorhandenen Kräfte und Mittel nicht zur Abwehr aller Gefahren ausreichen,
b)
die Gefahrenabwehr auf andere Weise gesichert ist oder
c)
es sich offensichtlich um Bagatellfälle handelt.
Handelt es sich um erhebliche Gefahren oder liegen sonst besondere Umstände vor (z. B. besondere Hartnäckigkeit oder Häufigkeit), so sind die Verwaltungsbehörden und die Polizei grundsätzlich zum Einschreiten verpflichtet.
5.2 Das Angebot eines geeigneten Austauschmittels darf nicht abgelehnt werden, auch wenn es den Betroffenen stärker belastet.
Abschnitt 6 AB NGefAG - Zu § 6 - Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen -
6.1 Die Vorschrift setzt voraus, dass eine Person unmittelbar durch ihr Verhalten oder ihren Zustand die Gefahr, den Verdacht oder den Anschein einer Gefahr hervorgerufen hat. Ein Unterlassen steht dem Handeln gleich, wenn die oder der Betroffene rechtlich zum Tätigwerden verpflichtet ist. Auch wer durch sein Verhalten eine Situation herbeiführt, in der zwangsläufig von Dritten eine Gefahr ausgeht, verursacht eine Gefahr (Zweckveranlasser). Auf Verschulden oder ein bestimmtes Mindestalter kommt es nicht an.
Sind zugleich mehrere Personen nach § 6 oder 7 verantwortlich, so ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche oder welcher Verantwortliche in Anspruch zu nehmen ist. In der Regel ist diejenige Person in Anspruch zu nehmen, die die Gefahr am sichersten und schnellsten abwenden kann.
Eingriffsmaßnahmen gegen Hoheitsträger in deren hoheitlichen Tätigkeitsbereich sind grundsätzlich unzulässig. In diesen Fällen haben sich die Verwaltungsbehörden und die Polizei darauf zu beschränken, den Hoheitsträger auf die Gefahr hinzuweisen. Erforderlichenfalls ist die Aufsichtsbehörde des Hoheitsträgers zu unterrichten.
6.3 Eine Verantwortlichkeit nach dieser Vorschrift besteht nur für Handlungen in Ausführung des Auftrags, nicht jedoch bei Gelegenheit der Verrichtung.
Abschnitt 7 AB NGefAG - Zu § 7 - Verantwortlichkeit für Gefahren, die von Tieren ausgehen, oder für den Zustand von Sachen -
7.1 Unter dem Begriff "Sache" ist jeder bewegliche oder unbewegliche Gegenstand zu verstehen. Sachen sind auch Grundstücke, Wohnungen, Flüssigkeiten, gasförmige Stoffe und Sachgesamtheiten (z. B. Warenlager). Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist diejenige Person, die die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache hat. Unerheblich ist, ob sie dazu berechtigt ist.
Die Gefahr kann von der dauernden oder vorübergehenden Beschaffenheit einer Sache ausgehen, aber auch von der Lage, in der sich eine an sich ungefährliche Sache befindet. Auf ein Verschulden oder Veranlassen kommt es nicht an.
Die Verantwortlichkeit nach Absatz 1 entfällt, wenn die tatsächliche Sachherrschaft endet.
7.2 Die Vorschrift setzt voraus, dass andere als die Inhaberin oder der Inhaber der tatsächlichen Gewalt an der Sache berechtigt sind. Die Berechtigung kann dinglicher Natur (z. B. Eigentum, Nießbrauch) oder schuldrechtlicher Art (z. B. Miete, Pacht, Verwahrung, Auftrag) sein.
Abschnitt 8 AB NGefAG - Zu § 8 - Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen -
8.1 Eine erhebliche eigene Gefährdung i. S. von Nr. 4 liegt insbesondere dann vor, wenn durch die Maßnahme Leben oder Gesundheit der nichtverantwortlichen Person gefährdet würde. Eine Gefahr für das Vermögen der oder des Nichtverantwortlichen ist nur dann erheblich, wenn es sich um nichtersetzbare Vermögensgegenstände handelt oder die Vermögensgefährdung im Einzelfall außer Verhältnis zu der abzuwehrenden Gefahr steht. Ob eine Pflicht höherwertig ist, richtet sich nach den Rechtsgütern, deren Schutz die Pflicht dient.
Abschnitt 9 AB NGefAG - Zu § 9 - Verantwortlichkeit nach anderen Vorschriften -
9.0 Die §§ 6 bis 8 bestimmen, gegen welche Personen Maßnahmen grundsätzlich zu richten sind. Sie gelten stets bei Eingriffen auf Grund der Befugnisgeneralklausel ( § 11 ). Die besonderen Befugnisregelungen des Dritten Teils lassen demgegenüber bestimmte Maßnahmen unter den dort genannten Voraussetzungen auch gegen andere Personen zu (z. B. gegen Personen, die sachdienliche Angaben machen können, die sich an einem bestimmten Ort aufhalten, die in eine Kontrollstelle geraten oder bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie künftig Straftaten begehen oder Opfer einer Straftat werden). Die §§ 6 bis 8 sind in diesen Fällen nicht anzuwenden. Auch Eingriffshandlungen nach den besonderen Befugnisregelungen des Dritten Teils sind jedoch nach Möglichkeit in erster Linie gegen Verantwortliche zu richten.
Abschnitt 12 AB NGefAG - Zu § 12 - Befragung und Auskunftspflicht -
12.0 Werden nach § 12 Abs. 1 bis 3 und 5 personenbezogene Daten erhoben, sind zusätzlich die Vorschriften über die Befugnisse über die Datenverarbeitung ( §§ 30 bis 48 ) zu beachten.
12.1 Eine Befragung ist erforderlich, wenn ohne Kenntnis der zu erfragenden Informationen die Aufgabe nicht oder nicht zeit- oder sachgerecht wahrgenommen werden kann. Die Befragung setzt immer einen bestimmten Anlass voraus und darf nicht einer allgemeinen Ausforschung dienen. Der zulässige Umfang der Befragung hängt nicht davon ab, ob und inwieweit die befragte Person auskunftspflichtig ist.
12.2 Die genannten Angaben zur Person sollen nur erfragt werden, wenn Gründe vorliegen, die die Notwendigkeit einer späteren Kontaktaufnahme möglich erscheinen lassen, oder wenn die Kenntnis dieser Angaben zur Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Auskunft erforderlich ist. Die Vorschrift ermächtigt nicht zu einer Identitätsfeststellung wie nach § 13 . Verweigert eine Person die Angaben, so kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 111 OWiG vorliegen und deshalb kann eine Identitätsfeststellung gemäß § 46 OWiG i. V. m. § 163b StPO erforderlich sein.
12.5 Die Verwendungsbeschränkung nach Satz 3 gilt auch für den Fall, dass eine zur Auskunftsverweigerung berechtigte Person freiwillig Auskunft erteilt. Zulässig ist aber die Nutzung als Ermittlungsansatz in einem strafprozessualen Verfahren.
12.6 Die Vorschrift erlaubt Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum zum Zweck der Bekämpfung von Kriminalität mit internationalem Bezug. Die Kontrolle ist bereits im Vorfeld der konkreten Gefahr und unabhängig von einem bestimmten sonstigen Anlass zulässig (so genannte verdachts- und ereignisunabhänige Kontrolle).
Ort und Art der Kontrollen müssen nach kriminalistischer Erfahrung oder anhand kriminalistischer Lagebilder hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Tatsachen oder tatsächliche Anhaltspunkte sind nicht erforderlich. Der örtliche Anwendungsbereich ist nicht auf bestimmte Regionen (z. B. das Grenzgebiet oder Durchgangsstraßen) begrenzt, sondern gilt entsprechend kriminalistischer Erfolgsaussicht landesweit.
Der internationale Bezug von Straftaten kann sich z. B. daraus ergeben, dass
die Straftat unmittelbar durch den Grenzübertritt begangen wird,
Tatbeteiligte im Ausland wohnen und zur Tatbegehung in die Bundesrepublik Deutschland
einreisen oder vom Ausland aus an der Tatbegehung mitwirken,
Tatbeteiligte in der Bundesrepublik Deutschland wohnen und zur Tatbegehung ins Ausland
reisen oder von der Bundesrepublik Deutschland aus an der Tatbegehung im Ausland mitwirken,
deliktisch erlangte Sachen illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt oder ins Ausland verbracht werden.
Straftaten von erheblicher Bedeutung mit internationalem Bezug sind daher z. B. Kraftfahrzeugverschiebung, Waffen- und Rauschgifthandel, illegale Einfuhr und Ausfuhr von nuklearem Material, Falschgeld-, Dokumenten-, Arzneimittel-, Kunstschmuggel, Abfallverschiebung, Schleusungskriminalität und der Menschenhandel.
Erlaubt ist lediglich eine Kontrolle zur Sachverhaltsaufklärung, d.h. mitgeführte Ausweispapiere dürfen kontrolliert, mitgeführte Gegenstände in Augenschein genommen werden. Die Kontrolle der Ausweispapiere umfasst deren Aushändigung an die Polizeibeamtin oder den Polizeibeamten sowie die Überprüfung auf Authentizität oder Fälschung. Die Inaugenscheinnahme umfasst z. B. auch das Öffnen mitgeführter Behältnisse sowie der Kofferräume oder Ladeflächen von Kraftfahrzeugen. Dabei dürfen Gegenstände angesehen - nicht durchsucht - werden, auch wenn diese abgedeckt sind. Eine weiter gehende Identitätsfeststellung oder eine Durchsuchung von Personen und Sachen ist nur unter den Voraussetzungen des § 13 oder der §§ 22 bis 24 zulässig.
Für die Verarbeitung der nach Absatz 6 erhobenen personenbezogenen Daten sind die Vorschriften des Dritten Teils, 2. Abschnitt, anzuwenden.
Abschnitt 13 AB NGefAG - Zu § 13 - Identitätsfeststellung, Prüfung von Berechtigungsscheinen -
13.0 Die Befugnis zur Identitätsfeststellung schließt - insbesondere in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 - auch die Befugnis zur Durchführung von so genannten Razzien ein. Wegen der Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf eine große Anzahl von Unbeteiligten ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderem Maße zu beachten. Als unbeteiligt erkannte Personen dürfen in die im Rahmen einer Razzia zu treffenden Maßnahmen nicht oder nicht mehr einbezogen werden.
Für die Polizei dürfen Razzien außer bei Gefahr im Verzug nur durch die Dienststellenleiterin oder den Dienststellenleiter oder eine übergeordnete Dienststelle oder Behörde angeordnet werden.
§ 13 Abs. 1 und 2 lässt die Erhebung personenbezogener Daten zu.
Die Vorschriften des Dritten Teils, 2. Abschnitt, über die Befugnisse zur Datenverarbeitung sind deshalb anzuwenden. Besondere Regelungen über die weitere Verarbeitung der zum Zweck der Identitätsfeststellung über eine Person erhobenen Daten enthalten § 14 Abs. 3 für Identitätsfeststellungen an Kontrollstellen und § 15 Abs. 2 für Identitätsfeststellungen mit Hilfe erkennungsdienstlicher Maßnahmen.
13.1 Nr. 2 Buchst. a erfasst unter den dort genannten Voraussetzungen auch Orte, an denen Personen der Prostitution nachgehen.
Nr. 3 (so genannte gefährdete Objekte) setzt nicht voraus, dass sich die Tatsachen gerade auf das Objekt beziehen, das geschützt werden soll. Es genügt vielmehr, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Objekt "dieser Art" gefährdet ist, ohne dass schon erkennbar sein muss, welchem einzelnen Objekt eine Gefahr droht. Die Straftat muss gegen das Objekt selbst oder gegen Personen in diesem Objekt oder in dessen unmittelbarer Nähe gerichtet sein. Personen, von denen erkennbar keine Gefahr ausgeht, sind - wie der letzte Satzteil der Nr. 3 speziell für diesen Fall noch einmal klarstellt - von der Befugnis, ihre Identität festzustellen, ausgenommen.
13.2 Satz 1 begründet keine Verpflichtung, Ausweispapiere mit sich zu führen. Eine solche Verpflichtung kann sich jedoch aus anderen Rechtsvorschriften ergeben (z. B. § 4 Abs. 2 Satz 2 StVZO ).
Die Identität kann i. S. des Satzes 2 "auf andere Weise" nicht festgestellt werden, wenn die betroffene Person die erforderlichen Angaben verweigert oder nicht machen kann, über hinreichende Ausweise nicht verfügt oder Zweifel an der Echtheit oder Gültigkeit der Ausweise bestehen und wenn vertrauenswürdige Gewährspersonen oder andere zuverlässige Anhaltspunkte nicht gegeben sind. "Erhebliche Schwierigkeiten" liegen insbesondere dann vor, wenn Zahl, Ausrüstung oder körperliche Stärke der angehaltenen Personen, die Behinderung der Amtshandlung durch andere Personen oder Besonderheiten des Ortes die Identitätsfeststellung erschweren.
Personen, deren Identität festgestellt werden soll, dürfen unter den Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 zur Eigensicherung nach Waffen, anderen gefährlichen Werkzeugen und Explosivmitteln durchsucht werden. Sie dürfen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 zum Zweck der Identitätsfeststellung durchsucht werden, wenn ihre Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann (Satz 2). Die Durchsuchung von Sachen, die von diesen Personen mitgeführt werden, ist jeweils mit der gleichen Zielrichtung wie die Durchsuchung der Personen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 zulässig.
13.3 Die Pflicht zur Aushändigung von Berechtigungsscheinen bezieht sich nur auf solche Urkunden, die die Berechtigung für die Ausübung besonders geregelter Tätigkeiten nachweisen (z. B. Jagdschein, Waffenschein, Reisegewerbekarte, Führerschein), nicht auf reine Ausweispapiere (Personalausweis, Pass). Die Aushändigung kann nur dann verlangt werden, wenn die betroffene Person die Tätigkeit ausübt, unmittelbar zuvor ausgeübt hat oder beginnen wird.
Abschnitt 14 AB NGefAG - Zu § 14 - Kontrollstellen -
14.0 Die Vorschrift regelt lediglich die materiellen (Absatz 1) und verfahrensmäßigen Voraussetzungen (Absatz 2) für die Einrichtung von Kontrollstellen sowie die Löschung der an einer Kontrollstelle erhobenen personenbezogenen Daten (Absatz 3). Die Befugnisse der Polizei an einer rechtmäßig eingerichteten Kontrollstelle ergeben sich aus den Spezialvorschriften des Dritten Teils.
14.3 Abs. 3 gilt nicht für Daten, die für Zwecke der Datenschutzkontrolle gemäß § 42 Abs. 2 aufzuzeichnen sind.
Abschnitt 15 AB NGefAG - Zu § 15 - Erkennungsdienstliche Maßnahmen -
15.1 Die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen obliegt im Rahmen der von ihr wahrzunehmenden Aufgaben grundsätzlich der Polizei. Sollte sich die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen durch die Verwaltungsbehörde als notwendig erweisen, so ist ein entsprechendes Ersuchen auf Durchführung der Maßnahmen an die örtlich zuständige Dienststelle der Polizei zu richten.
Bei Kindern (ab sieben Jahren) ist hinsichtlich der Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 ein besonders strenger Maßstab anzulegen. An Anordnungen der Polizei ist die oder der Beauftragte für Jugendsachen zu beteiligen.
Zum Verhältnis dieser Vorschrift zu § 81b StPO wird auf § 111 verwiesen.
15.3 Nicht zu den erkennungsdienstlichen Maßnahmen gehören Maßnahmen, die mit Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit verbunden sind (z. B. Blutentnahmen, Entnahmen von Gewebematerial). Das Gleiche gilt für die Anfertigung einer so genannten Genom-Analyse unter Benutzung vorhandenen genetischen Materials.
Abschnitt 16 AB NGefAG - Zu § 16 - Vorladung -
16.3 Liegen die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 vor, müssen darüber hinaus nicht die Tatbestände des § 64 Abs. 1 erfüllt sein.
16.4 Die Vorschrift findet für Zeuginnen und Zeugen, Sachverständige, Dolmetscherinnen und Dolmetscher sowie Übersetzerinnen und Übersetzer in Angelegenheiten der Gefahrenabwehr Anwendung und verdrängt insoweit § 26 Abs. 3 VwVfG . Ferner gilt die Vorschrift, wenn die genannten Personen in Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren vorgeladen oder herangezogen werden, soweit in letzteren Fällen nicht § 59 OWiG vorgeht. Verantwortliche Personen ( §§ 6 und 7 ) sowie Beschuldigte in Strafverfahren und Betroffene in Ordnungswidrigkeitenverfahren erhalten keine Entschädigung. Für die Entschädigung von nichtverantwortlichen Personen i. S. von § 8 gelten die §§ 80 bis 86 .
Abschnitt 17 AB NGefAG - Zu § 17 - Platzverweisung -
17.1 Die Platzverweisung kann sowohl für Orte unter freiem Himmel als auch für Räume (Gebäude) ausgesprochen werden. Sie ist erforderlichenfalls mit der Anordnung zu verbinden, mitgeführte Sachen (insbesondere Fahrzeuge) oder Tiere zu entfernen.
Der Ort und der Zeitraum der Platzverweisung müssen hinreichend bestimmt sein.
17.2 Der erweiterte Platzverweis darf nur gegenüber Personen ausgesprochen werden, von denen zu erwarten ist, dass sie Straftaten begehen werden. Voraussetzung ist eine Prognoseentscheidung, nach der Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen wird.
Dabei ist grundsätzlich auf die einzelne Person und ihr Verhalten abzustellen. Anhaltspunkte für die Begehung einer Straftat liegen z. B. vor, wenn
sie die Begehung der Tat angekündigt oder dazu aufgefordert hat oder Transparente oder sonstige Gegenstände mit einer solchen Aufforderung mit sich führt; dies gilt auch für Flugblätter solchen Inhalts, soweit sie in einer Menge mitgeführt werden, die zur Verteilung geeignet ist, oder
bei ihr Waffen, Werkzeuge oder sonstige Gegenstände aufgefunden werden, die ersichtlich zur Tatbegehung bestimmt sind oder erfahrungsgemäß bei derartigen Taten verwendet werden oder ihre Begleitperson solche Gegenstände mit sich führt und sie den Umständen nach hiervon Kenntnis haben musste, oder
sie bereits in der Vergangenheit mehrfach aus vergleichbarem Anlass bei der Begehung von Straftaten als Störerin oder Störer betroffen worden ist und nach den Umständen eine Wiederholung dieser Verhaltensweise zu erwarten ist.
Darüber hinaus ist die Gesamtsituation, wenn z. B. andere Personen in dem örtlichen Bereich bereits Straftaten begangen haben oder dies unmittelbar bevorsteht, bei der Prognose zu berücksichtigen, da in solchen Fällen die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass auch die einzelne, hinzutretende Person eine Straftat begehen wird. Dies entspricht dem Grundsatz, dass mit zunehmender Gefährdungsintensität und zunächst ungeklärter Gefahrensituation an die Prognosegenauigkeit geringere Anforderungen zu stellen sind.
Gemeindegebiet bezieht - anders als § 16 NGO - auch gemeindefreie Gebiete mit ein.
Ausgenommen vom Betretungs- und Aufenthaltsverbot sind Personen, deren Wohnung (Haupt- oder Nebenwohnung i. S. des NMG) in dem betroffenen örtlichen Bereich liegt. Ist eine Person im Melderegister nicht erfasst, hat sie den Nachweis der Wohnung auf andere Weise zu erbringen.
Bei der Festlegung örtlicher Bereiche ist zu beachten, dass die Bewegungsfreiheit von Wohnungsinhaberinnen und Wohnungsinhabern nicht über Gebühr, etwa durch einen faktischen "Hausarrest", beschränkt wird. Aus begründetem Anlass kann eine vorübergehende Ausnahme von einem bestehenden Aufenthaltsverbot zugelassen werden.
Voraussetzung für ein Aufenthaltsverbot ist, dass eine bestimmte Person eine Straftat gerade an diesem bestimmten Ort begehen wird. Dies ist nicht der Fall, wenn sich diese Person nur "bei Gelegenheit" ihres Aufenthalts strafbar machen würde. Insoweit ist die Regelung nicht anwendbar auf Nichtsesshafte, denen unterstellt wird, sie würden Ladendiebstähle begehen, weil dies auch an jedem anderen Ort geschehen könnte. Anders ist die Situation bei Drogendealern und einer Drogenszene, die sich in bestimmten Gemeindebereichen etabliert.
Der Hinweis auf die Vorschriften des Versammlungsrechts ist deklaratorisch und soll
auf die "Polizeifestigkeit" des Versammlungsrechts hinweisen.
Abschnitt 18 AB NGefAG - Zu § 18 - Gewahrsam -
18.1 Eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit steht unmittelbar bevor, wenn mit der Ausführung bereits begonnen wurde oder sie in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Eine Ingewahrsamnahme nach Nr. 3 ist im Hinblick auf das Übermaßverbot nur dann ein geeignetes Mittel, wenn die abzuwehrende Gefahr nach ihrem Umfang oder ihrer Intensität mehr als geringfügig angesehen werden kann. Eine Ingewahrsamnahme ist daher nicht wegen jeder Ordnungswidrigkeit zulässig.
18.2 Für eine Festnahme und Zurückverbringung auf Grund des Ersuchens einer Vollzugsbehörde oder einer Vollstreckungsbehörde gelten § 87 StVollzG oder § 457 StPO .
Abschnitt 19 AB NGefAG - Zu § 19 - Richterliche Entscheidung -
19.1 Die richterliche Entscheidung ist bereits vor der Freiheitsbeschränkung herbeizuführen, wenn dadurch der Erfolg der Maßnahme nicht gefährdet wird.
Wird die Freiheit einer Person ohne vorherige richterliche Entscheidung beschränkt, so ist die Entscheidung unverzüglich, d.h. ohne jede Verzögerung, die nicht aus sachlichen Gründen geboten ist, nachträglich herbeizuführen. Eine schuldhafte Verzögerung liegt insbesondere dann nicht vor, wenn das zuständige Gericht aus Gründen, die nicht von der Verwaltungsbehörde oder Polizei zu vertreten sind, nicht tätig werden kann (z. B. außerhalb der Zeit des allgemeinen und des Bereitschaftsdienstes).
Einer richterlichen Entscheidung bedarf es nicht, wenn für ihre Herbeiführung voraussichtlich mehr Zeit benötigt würde, als die Freiheitsbeschränkung nach dem Zweck der Maßnahme währen wird.
Abschnitt 20 AB NGefAG - Zu § 20 - Behandlung fest gehaltener Personen -
20.1 Der fest gehaltenen Person ist der Grund dieser Maßnahme zum frühestmöglichen Zeitpunkt bekannt zu geben. Zur Bekanntgabe des Grundes gehört auch, aus welchen Sachverhalt und welcher Rechtsgrundlage die Berechtigung zur Freiheitsbeschränkung hergeleitet wird.
Als Belehrung nach Satz 2 ist der betroffenen Person mitzuteilen, ob eine Entscheidung des Amtsgerichts über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsbeschränkung nach § 19 Abs. 1 herbeigeführt werden soll und dass, wenn diese richterliche Entscheidung nicht ergeht, nach § 19 Abs. 2 innerhalb eines Monats nach Beendigung der Freiheitsbeschränkung beim Amtsgericht die Feststellung beantragt werden kann, dass die Freiheitsbeschränkung rechtswidrig gewesen ist, wenn sie länger als acht Stunden angedauert hat oder für die Feststellung ein sonstiges berechtigtes Interesse besteht.
Abschnitt 22 AB NGefAG - Zu § 22 - Durchsuchung von Personen -
22.1 Die Nrn. 4 und 5 erlauben die Durchsuchung von Personen an so genannten verrufenen Orten oder gefährdeten Objekten i. S. von § 13 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 , und zwar auch im Rahmen von Razzien. Zweck der Maßnahme ist in erster Linie die Suche nach Sachen, die sichergestellt werden dürfen, an den in § 13 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orten auch die Erlangung von Hinweisen auf die Verabredung, Vorbereitung oder Begehung von Straftaten. Die Durchsuchung darf nach diesen Vorschriften abweichend von den Fällen der Nr. 2 grundsätzlich auch dann vorgenommen werden, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, gerade die betroffene Person führe Sachen mit sich, die sichergestellt werden dürfen.
Abschnitt 23 AB NGefAG - Zu § 23 - Durchsuchung von Sachen -
23.1 Nach Nr. 1 dürfen die Verwaltungsbehörden und die Polizei, wenn nach § 22 die Durchsuchung einer Person zulässig ist, immer auch die Sachen durchsuchen, die diese Person mitführt, d.h. die ihrem unmittelbaren Zugriff unterliegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Person tatsächlich durchsucht wird; es genügt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchsuchung der Person erfüllt sind. Der Begriff "Ingewahrsamnahme" erfasst auch die Freiheitsbeschränkungen i. S. des § 16 Abs. 3 und spezialgesetzliche Vor- und Zuführungen.
23.2 Vertretung i. S. von Satz 2 ist eine Person, die von der Person, die die tatsächliche Gewalt innehat, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt wurde oder von der das den Umständen nach anzunehmen ist. Die Hinzuziehung der Vertretung oder einer anderen Person ist auch dann geboten, wenn die Person, die die tatsächliche Gewalt innehat, wegen Störung der Durchsuchung entfernt worden ist.
Abschnitt 24 AB NGefAG - Zu § 24 - Betreten und Durchsuchung von Wohnungen -
24.0 Die in dieser Vorschrift verwandten Begriffe haben folgende Bedeutung:
a)
"Betreten" ist das Aufsuchen und Verweilen in einer Wohnung. Es schließt die Befugnis ein, von Personen, Sachen und Zuständen, die ohne jeglichen Aufwand wahrgenommen werden können, Kenntnis zu nehmen.
b)
"Durchsuchen" ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen nach Personen, Sachen oder
einer Gefahrenquelle in einer Wohnung.
c)
"Inhaberin oder Inhaber" einer Wohnung ist diejenige natürliche oder juristische Person, die rechtmäßig die tatsächliche Gewalt über die Räume ausübt, so auch Mieterin oder Mieter, Untermieterin oder Untermieter, Hotelgast. Bei Gemeinschaftsunterkünften, Internaten, Obdachlosenasylen sind nur die Leiterin oder der Leiter Inhaberin oder Inhaber. Bei Wohngemeinschaften ist die Einwilligung jeder Mitbewohnerin und jedes Mitbewohners maßgeblich, soweit nicht nur ein Raum, der ausschließlich von einem Mitglied der Wohngemeinschaft bewohnt wird, betroffen ist.
Soll das Betreten einer Wohnung erzwungen werden, sind die Vorschriften über den Zwang ( §§ 64 ff. ) zu beachten.
24.1 "Wohnungen" sind auch zum Wohnen genutzte bewegliche Sachen wie Schiffe oder Schiffsteile,
Wohnwagen, Zelte.
24.2 In den Fällen der Nr. 3 kann die Gefahr insbesondere von der Wohnung oder von Personen oder Sachen in der Wohnung ausgehen oder der Wohnung oder Personen oder Sachen in der Wohnung drohen.
Emissionen i. S. der Nr. 4 sind Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Erscheinungen (vgl. § 3 Abs. 3 BImSchG ). Die Vorschrift dient insbesondere dem wirksamen Schutz der Nachtruhe vor erheblichen Ruhestörungen. Von einer Störung der Nachbarschaft ist in der Regel nur auszugehen, wenn die Polizei um Hilfe gerufen wird.
24.3 Gebäude i. S. der Vorschrift sind Baulichkeiten, die mehr als eine Wohnung umfassen.
24.5 Die Tatbestandsvoraussetzung "zur Verhütung des Eintritts erheblicher Gefahren" setzt keine konkrete Gefahr i. S. des § 2 Nr. 1 Buchst. a voraus. Die Maßnahme muss jedoch zum Schutz bedeutsamer Rechtsgüter (vgl. § 2 .Nr. 1 Buchst. c) erforderlich und ein Schadenseintritt ausreichend wahrscheinlich sein.
24.6 "Der Öffentlichkeit zugänglich" sind Räume und Grundstücke, deren Besuch im Grundsatz jeder Person auf Grund einer tatsächlichen oder vermuteten Einwilligung der Inhaberin oder des Inhabers freisteht, wie z. B. bei Gaststätten, Lichtspielhäusern, Badeanstalten, Ausstellungen, Jugendheimen oder Gemeinschaftshäusern mit Publikumsverkehr.
Der Öffentlichkeit zugänglich sind auch Räume, deren Betreten bestimmten Personengruppen untersagt ist (z. B. Kindern, Jugendlichen, Personen in nicht erwünschter Kleidung) oder deren Betreten vom Erwerb einer Eintrittskarte oder einer mit der Eintrittskarte verbundenen nominellen Klubmitgliedschaft abhängig gemacht wird.
Die Vorschrift gestattet auch das Betreten von Räumen, die nicht mehr öffentlich zugänglich sind, sofern sich darin noch Personen aufhalten, die diese Räume betreten haben, als sie öffentlich zugänglich waren.
Ein Betreten nach dieser Vorschrift ist nicht zulässig, wenn der Raum nur für einen eng umgrenzten Personenkreis bestimmt ist (z. B. Lieferantinnen und Lieferanten, Vereinsmitglieder) und Vorkehrungen getroffen sind, die andere Personen am Betreten der Räume hindern.
Abschnitt 25 AB NGefAG - Zu § 25 - Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen -
25.0 Nr. 23.2 Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 3 und des Absatzes 4 Satz 3 entsprechend.
25.2 Die Zuziehung einer Person nach Satz 2 ist auch dann erforderlich, wenn die Person, die die Wohnung innehat, wegen Behinderung der Durchsuchung entfernt worden ist.
Abschnitt 26 AB NGefAG - Zu § 26 - Sicherstellung -
26.0 Sicherstellung i. S. dieser Vorschrift ist die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnisses (vgl. § 27 ). In der Regel wird das Verwahrungsverhältnis dadurch begründet, dass der betroffenen Person die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Sache entzogen wird. Die Sicherstellung einer Sache, über die niemand die tatsächliche Verfügungsgewalt ausübt, geschieht dadurch, dass die Sache in Besitz genommen wird.
26.1 Die Gefahr kann ausgehen
a)
von der Sache selbst (Beschaffenheit oder Lage im Raum),
b)
von der Person, die die Sache besitzt (körperlicher Zustand, Stand der Persönlichkeitsentwicklung),
c)
von dem Verhalten (der Absicht) der Person, die die Sache besitzt (die Sache soll als Werkzeug oder Gegenstand eines die Gefahr begründenden Verhaltens dienen).
Abschnitt 27 AB NGefAG - Zu § 27 - Verwahrung -
27.0 Verwahrung i. S. der Vorschrift ist die Aufbewahrung einer sichergestellten Sache bei der Verwaltungsbehörde oder der Polizei oder bei einer dritten Person im Auftrag der Verwaltungsbehörde oder der Polizei. Als Verwahrung gilt auch die Sicherung einer Sache auf andere Art (z. B. durch Versiegelung). Sichergestellte Sachen sind sorgfältig aufzubewahren. Einer Wertminderung ist nach Möglichkeit vorzubeugen.
Abschnitt 28 AB NGefAG - Zu § 28 - Verwertung, Vernichtung -
28.1 Verwertung bedeutet die Umsetzung einer Sache in einen möglichst ihrem Wert entsprechenden Geldbetrag.
Übernimmt die Person, bei der die Sache sichergestellt wurde, oder eine Person, der an der Sache ein Recht zusteht, die Kosten, so kommt eine Verwertung nach Nr. 2 nicht in Betracht
Die Jahresfrist nach Nr. 4 beginnt mit dem Zeitpunkt der Sicherstellung.
Nr. 5 setzt voraus, dass die Sicherstellungsgründe endgültig entfallen sind und der Aufenthaltsort der berechtigten Person bekannt ist. Bei mehreren berechtigten Personen soll die Mitteilung nach Nr. 5 jeder Person zugestellt werden. Kann eine berechtigte Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden, so ist in der Regel eine Verwertung nach Nr. 2 zulässig.
28.2 Anzuhören ist auch die Person, bei der die Sache sichergestellt wurde, es sei denn, es steht fest oder ist ohne weiteres ersichtlich, dass ihr kein Recht an der Sache zusteht. Sie kann unterbleiben, wenn sich die anzuhörende Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln lässt oder wenn sich bei Durchführung des Anhörungsverfahrens der voraussichtliche Verwertungserlös vermindern würde.
28.4 Eine Sache wird "unbrauchbar" gemacht, indem sie so geändert wird, dass sie keiner mit Gefahren für die öffentliche Sicherheit verbundenen Zweckbestimmung mehr dienen kann. Nach der Unbrauchbarmachung ist die Sache entweder nach § 29 Abs. 1 herauszugeben oder nach Absatz 1 Nr. 5 i. V. m. Absatz 2 und 3 zu verwerten.
Abschnitt 29 AB NGefAG - Zu § 29 - Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses; Kosten -
29.1 Die Herausgabe an die Person, bei der die Sache sichergestellt wurde, ist dann nicht möglich, wenn diese Person oder ihr Aufenthaltsort unbekannt und auch nicht mit angemessenem Aufwand zu ermitteln ist oder wenn feststeht oder ohne weiteres ersichtlich ist, dass diese Person nicht zum Besitz der Sache berechtigt ist. Machen mehrere Personen ihre Berechtigung i. S. des Satzes 2 glaubhaft, so ist die Sache an diejenige Person herauszugeben, deren Besitzrecht am stärksten ist.
29.2 Nr. 29.1 gilt für die Herausgabe des Erlöses nach Satz 1 entsprechend.
29.3 Bei mehreren verantwortlichen Personen kann nach pflichtgemäßem Ermessen nur eine Person als kostenpflichtig ausgewählt werden. Es können aber auch anteilig einige oder alle Personen herangezogen werden. Die Auswahl hat insbesondere nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sachlicher Nähe zur Gefahrenquelle und dem Ausmaß der Nachteile zu erfolgen, die, aus der Kostentragung im Einzelfall erwachsen.
Abschnitt 30 AB NGefAG - Zu § 30 - Grundsätze der Datenerhebung -
30.0 Die §§ 30 ff. finden nur auf die Verarbeitung personenbezogener Daten und nur insoweit Anwendung,
wie nicht in speziellen Gesetzen der Gefahrenabwehr bereichsspezifische Rechtsgrundlagen
bestehen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 ).
30.1 Können die Daten auch aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben werden, wird diese Form der Datenerhebung grundsätzlich - weil weniger verwaltungsaufwändig und die betroffene Person weniger belastend - vorzuziehen sein. Allgemein zugängliche Quellen sind Veröffentlichungen aller Art (z. B. Adress- und Telefonbücher, auch als elektronische Verzeichnisse auf CD-ROM oder im Rahmen der Nutzung eines jedermann zugänglichen Tele-Dienstes, Flugblätter, Zeitungen, Radio, Fernsehen), einschließlich öffentlicher Datensammlungen, die jedermann ohne Nachweis eines Interesses zugänglich sind (z. B. Handelsregister).
Dritte i. S. des Satzes 2 (vgl. die Definition in § 3 Abs. 4 NDSG ) sind insbesondere Zeugen, Hinweisgeber und sonstige Auskunftspersonen sowie um die Übermittlung von Daten ersuchte öffentliche Stellen. Zum Zweck der Datenerhebung bei Dritten dürfen diesen personenbezogene Daten nur bekannt gegeben werden, soweit dies unerlässlich ist und hierdurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nicht unangemessen beeinträchtigt werden.
Das nach Satz 2 Nrn. 3 und 5 zu berücksichtigende Interesse der betroffenen Person kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein.
Die Aufgabenerfüllung ist i. S. des Satzes 2 Nr. 6 dann gefährdet oder erheblich erschwert, wenn zu besorgen ist, dass infolge einer Datenerhebung bei der betroffenen Person die Ermittlungen insgesamt möglicherweise nicht zum Erfolg führen werden oder sich der Ermittlungsaufwand für die Herbeiführung des Erfolgs wesentlich erhöhen wird.
30.2 Eine verdeckte Datenerhebung i. S. des Satzes 2 liegt vor, wenn Maßnahmen zielgerichtet getarnt werden, insbesondere die Zugehörigkeit einer Person zur Polizei bewusst nicht offenbart oder verschleiert wird. Allein der Umstand, dass eine Polizeibeamtin oder ein Polizeibeamter den Dienst in Zivilkleidung verrichtet oder ein äußerlich als solches nicht zu erkennendes Dienstfahrzeug benutzt, führt nicht zu einer verdeckten Datenerhebung. Desgleichen ist eine Datenerhebung durch Befragung eines Dritten oder durch Auskunftsersuchen bei einer anderen Behörde nicht schon deshalb eine verdeckte Maßnahme, weil sie ohne Kenntnis der betroffenen Person erfolgt.
Eine erhebliche Gefährdung der Aufgabenerfüllung (Satz 2 Nr. 3) liegt vor, wenn anzunehmen ist, dass bei einer offenen Datenerhebung die gefahrenabwehrende Maßnahme mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führt.
Im Rahmen einer verdeckten Datenerhebung darf eine Wohnung nicht betreten werden, wenn das Einverständnis der berechtigten Person durch Vortäuschen eines Zutrittsrechts (z. B. als Gasableserin oder Gasableser) herbeigeführt wurde. Mit dem Einverständnis der berechtigten Person betretene Wohnräume dürfen nicht durchsucht werden.
Das Verbot des Satzes 4 trifft insbesondere auf die Rasterfahndung (vgl. § 98a StPO ) zu Zwecken der Gefahrenabwehr zu.
30.4 Bei der Erfüllung der Unterrichtungspflicht ist keine bestimmte Frist vorgeschrieben. Die Polizeibehörde hat bei dem ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum auch den Zeitpunkt zu prüfen, zu dem eine Unterrichtung erfolgen kann, ohne den Zweck der Maßnahme, nicht aber die polizeiliche Aufgabenerfüllung insgesamt, zu gefährden.
Die Unterrichtung erfolgt für jeden Erhebungsvorgang nur einmal, und zwar durch die Behörde oder Dienststelle, die die Daten erhoben hat. In der Unterrichtung ist mitzuteilen, dass (nicht welche) personenbezogene Daten erhoben und dass (nicht welche) besondere Mittel oder Methoden eingesetzt wurden. Die betroffene Person ist über die konkrete Rechtsgrundlage nach dem Gesetzeswortlaut zu unterrichten. Weiterhin ist in groben Umrissen der Sachverhalt zu bezeichnen, der zu der Datenerhebung Anlass gegeben hat. Als Hinweis auf § 16 NDSG genügt die Mitteilung, dass die von der Datenerhebung betroffene Person unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen ein Auskunfts- oder Akteneinsichtsrecht hat.
30.5 Satz 1 Nr. 1 setzt voraus, dass gegen die betroffene Person ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig ist oder eingeleitet wird und dass sie im Rahmen dieses Verfahrens von der Datenerhebung Kenntnis erhält (insbesondere durch Vernehmung, Anhörung, Akteneinsicht).
Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Satzes 1 Nr. 2 ist hinsichtlich der Belange der betroffenen Person zu berücksichtigen, ob und welche weiteren Maßnahmen sich an die die Unterrichtungspflicht nach Absatz 4 auslösende Datenverarbeitung anschließen oder angeschlossen haben und inwieweit hierdurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.
Als ähnlich schutzwürdige Belange einer Person (Satz 1 Nr. 3) kommen insbesondere nicht unerhebliche Vermögenswerte in Betracht. Würde durch die Bekanntgabe die wirtschaftliche Existenz einer Person gefährdet, ist ebenfalls von der Unterrichtung abzusehen. Als weitere Verwendung einer Vertrauensperson oder einer Verdeckten Ermittlerin oder eines Verdeckten Ermittlers kommt auch eine solche in einem anderen Verfahren oder Zusammenhang in Betracht.
Satz 1 Nr. 4, erster Satzteil, soll in erster Linie verhindern, dass personenbezogene Daten nur deshalb nicht gelöscht werden können, weil eine Unterrichtung noch nicht möglich war. Die Vorschrift betrifft also in der Regel Fälle des Satzes 1 Nr. 3. Im Übrigen ist auch bei sehr kurzen Löschungsfristen (z. B. § 14 Abs. 3 Satz 1 ) zunächst und rechtzeitig der Unterrichtungspflicht nachzukommen.
Abschnitt 31 AB NGefAG - Zu § 31 - Datenerhebung -
31.1 Die Vorschrift setzt in Fällen der Abwehr einer Gefahr i. S. des § 2 Nr. 1 Buchst. a nicht voraus, dass die Person, über die Daten erhoben werden, für die Gefahr verantwortlich ist. Die §§ 6 bis 8 finden keine Anwendung (vgl. § 9 ).
Es ist nicht erforderlich, dass die Gefahr durch die Datenerhebung selbst abgewehrt wird; ausreichend ist vielmehr, dass die Datenerhebung dazu dient, Informationen zu erhalten, die die Abwehr der Gefahr mit anderen Maßnahmen ermöglichen.
31.2 Für die Erhebung von Daten über eine Kontakt- oder Begleitperson (Satz 1 Nr. 2) müssen die in der Legaldefinition des § 2 Nr. 11 genannten Voraussetzungen vorliegen.
31.3 Absatz 3 dient der Vorbereitung der Verwaltungsbehörden und der Polizei auf die Abwehr solcher künftiger Gefahren, die nach der Lebenserfahrung und Prognose häufig eintreten, ohne dass sie schon zeitlich oder örtlich genau vorhersehbar sind. Um die Erreichbarkeit der in Satz 1 genannten Personen sicherzustellen, dürfen insbesondere Namen, Anschriften und Telefonnummern dieser Personen erhoben werden.
Satz 1 durchbricht den Grundsatz der Datenerhebung bei der betroffenen Person und stellt es in das Ermessen der Verwaltungsbehörden oder der Polizei, die Daten entweder bei der betroffenen Person, bei öffentlichen Stellen oder aus allgemein zugänglichen Quellen zu erheben.
Personen i. S. des Satzes 1 Nr. 1 sind z. B. Notärztinnen und Notärzte, Dolmetscherinnen und Dolmetscher, Umweltingenieurinnen und Umweltingenieure, Sachverständige für Kampfmittelbeseitigung oder Abschleppunternehmerinnen und Abschleppunternehmer.
Verantwortliche für gefährliche Anlagen i. S. des Satzes 1 Nr. 2 (Flughäfen, Kraftwerke, Chemische Fabriken, Staudämme . . .) oder gefährdete Anlagen i. S. des Satzes 1 Nr. 3 (Kasernen, Munitionslager, Justizvollzugsanstalten, Parlamentsgebäude . . .) sind z. B. deren Leiterinnen oder Leiter, deren Inhaberinnen und Inhaber, die Sicherheitsingenieurinnen und Sicherheitsingenieure oder ähnliche Personen.
Veranstaltungen i. S. des Satzes 1 Nr. 4 sind z. B. Sportwettkämpfe, Popfestivals, Volksfeste, Messen, Märkte und Ähnliches. Verantwortlich für die Veranstaltungen sind deren Leiterinnen und Leiter oder die Personen, die durch Aufruf oder in anderer Weise die Veranstaltung veranlasst haben.
Abschnitt 32 AB NGefAG - Zu § 32 - Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, an besonders gefährdeten Objekten sowie auf öffentlichen Flächen -
32.1 Öffentliche Veranstaltungen i. S. dieser Vorschrift sind beispielsweise Volksfeste, Sport- und Kulturveranstaltungen. Ansammlungen sind alle sonstigen Zusammenkünfte, die ebenfalls nicht unter das Versammlungsgesetz fallen, weil die Menschen zufällig zusammentreffen, ihnen das gemeinsame Wollen des Zusammenseins und damit ein verbindender Zweck der Zusammenkunft fehlt.
Die Datenerhebung durch Aufzeichnungen über Teilnehmer bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen richtet sich allein nach den §§ 12a und 19a des Versammlungsgesetzes .
Eine Datenerhebung nach dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn Übersichtsaufnahmen angefertigt werden, die nach späteren technischen Veränderungen eine Identifizierung einzelner Personen zulassen.
32.5 Die Vorschrift erlaubt nur Bildübertragungen, keine Bildaufzeichnungen. Erforderlich kann die Bildübertragung z. B. nur an solchen Orten sein, an denen erfahrungsgemäß vermehrt Straftaten begangen werden oder die für die Begehung von Straftaten, z. B. auf Grund der konkreten baulichen oder Beleuchtungsverhältnisse, besonders geeignet sind (insbesondere Tiefgaragen, menschenleere Einkaufspassagen oder Parkanlagen).
Abschnitt 33 AB NGefAG - Zu § 33 - Aufzeichnung von Fernmeldedaten -
33.1 Die Vorschrift ermöglicht in bestimmten Fällen die Erfassung von Fernmeldedaten mittels Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen. Ein Aufzeichnen des Gesprächsinhalts ist nicht zulässig. Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Inhaberin oder der Inhaber des Anschlusses, an der oder dem die Aufzeichnung technisch ansetzt, mit der Aufzeichnung einverstanden ist. Die Anordnung kann wiederholt werden.
Abschnitt 34 AB NGefAG - Zu § 34 - Datenerhebung durch längerfristige Observation -
34.0 Die Beobachtung eines Objekts als solches ist keine Observation i. S. dieser Vorschrift.
Werden bei Observationen technische Mittel eingesetzt, sind die Bestimmungen des § 35 zu beachten.
34.1 Die Vorschrift gilt nicht für mehrfache kurzfristige Observationen aus jeweils selbstständigem Anlass, auch wenn dabei die in Satz 1 genannten Zeiträume überschritten werden. Bei der Berechnung der Zeiträume ist als Beginn der Observation in der Regel die erste gezielte Wahrnehmung der betroffenen Person zu Grunde zu legen.
Eine kurzfristige Observation ist abzubrechen, sobald die in Satz 1 genannten Zeiträume überschritten werden und zu diesem Zeitpunkt die materiellen und formellen Voraussetzungen des § 34 nicht erfüllt sind.
Die Erfüllung der Aufgabe erscheint auf andere Weise nicht möglich (Satz 1 Nrn. 1 und 2), wenn davon auszugehen ist, dass andere Maßnahmen nicht zum Erfolg führen werden. Eine Observation ist unerlässlich (Satz 1 Nrn. 1 und 3), wenn die Aufgabe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ohne die Observation oder den Einsatz anderer besonderer Mittel oder Methoden zur Datenerhebung erfüllt werden kann.
Eine Observation ist nach Absatz 1 auch zulässig in den in § 24 Abs. 6 genannten Räumen.
Abschnitt 35 AB NGefAG - Zu § 35 - Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel -
35.1 Technische Mittel i. S. dieser Vorschrift sind z. B. Fotoapparate, Videokameras, Peilsender und Richtmikrofone, nicht aber herkömmliche Ferngläser, die lediglich die schon vorhandene Wahrnehmung des Auges verstärken. Die Art der zulässigen technischen Mittel (Satz 4) wird durch besonderen Erlass geregelt.
Datenerhebungen nach dieser Vorschrift dürfen nicht in die technischen Vorrichtungen und Verfahrensabläufe des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs eingreifen oder sich diese sonst zunutzemachen.
Zu den Voraussetzungen für den Einsatz technischer Mittel siehe Nr. 34.1 Abs. 3 und 4.
35.2 Die Befugnis zum Betreten der Wohnung ergibt sich in den zuletzt genannten Fällen. aus Absatz 2. Zum Begriff der Wohnung siehe § 24 Abs. 1 .
Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn mit Hilfe der technischen Mittel nur solche Vorgänge in einer Wohnung erfasst werden, die auch auf natürliche Weise von außerhalb des durch Artikel 13 GG geschützten Bereichs wahrgenommen werden können (z. B. Filmen oder Fotografieren durch ein geöffnetes Fenster).
Der Einsatz technischer Mittel aus einer Wohnung heraus oder gegen eine Person, die sich rechtswidrig und nur vorübergehend in einer Wohnung aufhält, unterliegt nicht den Beschränkungen dieser Vorschrift.
Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Erhebung personenbezogener Daten in und aus Wohnungen ist nur unter den in Absatz 2 Nr. 1 und 2 genannten Voraussetzungen zulässig. Wegen des schwer wiegenden Grundrechtseingiffs ( Artikel 13 GG ) kommt eine Erhebung personenbezogener Daten durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen der oder des Betroffenen nur dann in Betracht, wenn die in Absatz 2 Nr. 1 genannten besonders geschützten Rechtsgüter bedroht sind, oder dies auch zur Abwehr einer konkreten Gefahr von Verbrechen oder Vergehen nach Absatz 2 Nr. 2 erforderlich ist. Es muss die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass die Betroffenen Verbrechen oder Vergehen i. S. der abschließend aufgeführten Straftatbestände begehen werden. Ausgenommen sind lediglich die so genannten echten Staatsschutzdelikte, wie z. B. Friedensverrat, Hochverrat, Landesverrat. Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 2 sind im Unterschied zu den anderen besonderen Mitteln und Methoden nicht im Vorfeld konkreter Gefahren zulässig.
Die in Absatz 2 Nr. 2 genannte Voraussetzung einer konkreten Gefahr der Begehung einer Straftat von erheblicher Bedeutung entspricht der in Artikel 13 Abs. 4 oder 7 GG genannten Voraussetzung einer dringenden Gefahr.
35.4 Eine richterliche Anordnung ist nicht erforderlich für
die Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen,
das Abhören oder Aufzeichnen des öffentlich gesprochenen Wortes und
den Einsatz technischer Mittel zur Bestimmung des Aufenthaltsorts einer Person,
es sei denn, die Maßnahme dient zur Aufklärung von Vorgängen in einer Wohnung (Absatz 2).
35.5 Hauptanwendungsfall des Satzes 1 ist der Einsatz von Personensicherungssendern beim Betreten einer Wohnung. Der Sender kann insbesondere von einer Vertrauensperson ( § 36 ) oder einer Verdeckten Ermittlerin oder einem Verdeckten Ermittler, aber auch von jeder anderen dienstlich eingesetzten Person (z. B. einer Privatperson, die Geld überbringt) getragen werden.
Die zu schützende Person muss das technische Mittel nicht mit sich führen. Das Abhören kann z. B. auch aus einem Begleitfahrzeug heraus erfolgen.
Abschnitt 36 AB NGefAG - Zu § 36 - Datenerhebung durch die Verwendung von Vertrauenspersonen -
36.1 Die Vorschrift setzt voraus, dass der Vertrauensperson ein spezieller Auftrag erteilt wird, gezielt Daten über bestimmte oder bestimmbare Personen zu beschaffen. Die Beauftragung einer Person, die gewerbsmäßig Nachforschungen betreibt, ist nur ausnahmsweise zulässig. Die Verwendung von minderjährigen Personen als Vertrauenspersonen ist nicht zulässig.
Vertrauenspersonen haben keine hoheitlichen Befugnisse. Der Auftrag erlaubt ihnen nicht, Straftatbestände zu verwirklichen.
36.2 Berufsgeheimnisträgerinnen oder Berufsgeheimnisträger ( § 53 StPO ) und Berufshelferinnen oder Berufshelfer ( § 53a StPO ), die sich aus eigener Initiative heraus anbieten, dürfen nach Satz 2 als Vertrauenspersonen verwendet werden. In diesem Fall darf der Auftrag aber nicht darauf gerichtet sein, für die Polizei Daten zu erheben, die den Berufsgeheimnisträgerinnen oder Berufsgeheimnisträgern in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt werden (vgl. § 203 StGB ).
36.4 Nr. 1 verbietet nicht die Einflussnahme mit dem Ziel der Konkretisierung des Tatentschlusses bei einer allgemein zur Begehung von Straftaten bereiten Person.
Nach Nr. 3 darf eine Vertrauensperson nicht gezielt zu einer Datenerhebung verwendet werden, die die Polizei aus rechtlichen Gründen nicht selbst anordnen und durchführen dürfte (z. B. Durchsuchung der Wohnung einer verdächtigen Person).
Abschnitt 36a AB NGefAG - Zu § 36a - Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittlerinnen oder Verdeckter Ermittler -
36a.0 Die Verdeckte Ermittlerin oder der Verdeckte Ermittler, die oder der auf Grund von
§ 36a eingesetzt wird, darf unabhängig davon auch auf Grund der §§ 110a ff. StPO eingesetzt werden. Dabei kann es im Hinblick auf die von den Maßnahmen betroffenen Personen oder auf die zu erforschenden Lebenssachverhalte in Teilbereichen Überschneidungen beider Rechtsgebiete geben. In derartigen Gemengelagen ist eindeutig zu dokumentieren, auf welche Rechtsgrundlage der Einsatz oder die Maßnahme gestützt wird und ggf. unverzüglich eine Entscheidung der für das Strafverfahren zuständigen Staatsanwaltschaft herbeizuführen.
Verdeckte Ermittlerinnen oder Verdeckte Ermittler dürfen keine Straftaten begehen. Eingriffe in Rechte Dritter sind ihnen nur im Rahmen der geltenden Gesetze gestattet. Als gesetzliche Generalermächtigung kann § 34 StGB nicht herangezogen werden. Unberührt bleibt in Ausnahmefällen eine Rechtfertigung oder Entschuldigung des Verhaltens der einzelnen Polizeibeamtin oder des einzelnen Polizeibeamten, z. B. unter den Voraussetzungen der §§ 34 und 35 StGB .
Die Verdeckte Ermittlerin oder der Verdeckte Ermittler ist von der Strafverfolgungspflicht gemäß § 163 StPO nicht befreit.
Aus kriminaltaktischen Erwägungen können Ermittlungsmaßnahmen, die in den Auftrag der Verdeckten Ermittlerin oder des Verdeckten Ermittlers fallen, zurückgestellt werden.
Zureichenden Anhaltspunkten für strafbare Handlungen braucht die Verdeckte Ermittlerin oder der Verdeckte Ermittler solange nicht selbst nachzugehen, als dies ohne Gefährdung ihrer oder seiner Ermittlungen nicht möglich ist; dies gilt nicht, wenn sofortige Ermittlungsmaßnahmen wegen der Schwere der neu entdeckten Tat geboten sind. Die Staatsanwaltschaft ist unverzüglich zu beteiligen.
Abschnitt 37 AB NGefAG - Zu § 37 - Kontrollmeldung -
37.1 Die Personalien der ausgeschriebenen Person sind in der POLAS-Datei "Personenfahndung",
die Kraftfahrzeugdaten in der POLAS-Datei "Sachfahndung" zu speichern.
37.2 Die Vorschrift ermächtigt nur zur Abgabe der Kontrollmeldung, nicht aber zu anderen Maßnahmen gegen Personen. Die übermittelnde Dienststelle darf keine Ergänzungen in der Datei vornehmen, in der die Ausschreibung erfolgt ist.
Abschnitt 38 AB NGefAG - Zu § 38 - Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten, Zweckbindung -
38.1 Aufgabenerfüllung i. S. des Absatzes 1 ist auch die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Dokumentation, zur Vorgangsverwaltung, zur Datenschutzkontrolle und aus datentechnischen Gründen.
38.3 Wertende Angaben über eine Person charakterisieren deren Eigenschaften ohne Bezug auf einen bestimmten Sachverhalt (z. B. gewalttätig; nicht aber: bewaffnet).
38.4 Fernmeldeverkehr, der über die amtlichen Notrufeinrichtungen der Polizei oder der Feuerwehr abgewickelt wird, ist automatisch aufzuzeichnen. Für die Aufzeichnung des einsatzbedingten Fernmeldeverkehrs mit der Rettungsleitstelle gilt § 11 NRettDG .
38.5 Die Vorschrift bildet die Rechtsgrundlage für Sekundärstatistiken auf der Grundlage vorhandener Daten. Sie erlaubt nicht, personenbezogene Daten zu statistischen Zwecken zu erheben. Zu statistischen Zwecken verarbeitete Daten dürfen nicht zu anderen Zwecken genutzt werden.
Abschnitt 39 AB NGefAG - Zu § 39 - Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zu anderen Zwecken -
39.1 Spezielle Rechtsvorschriften (z. B. der StPO), die eine Zweckdurchbrechung verbieten oder von dem Vorliegen besonderer Voraussetzungen abhängig machen, bleiben unberührt.
39.2 Satz 1 Nr. 1 findet keine Anwendung, wenn die Daten von vornherein auch zu einem anderen Zweck als dem der Dokumentation oder Vorgangsverwaltung gespeichert wurden.
39.3 Die Vorschrift regelt speziell die Verarbeitung von Daten über Tatverdächtige sowie Daten Dritter, die die Polizei im Rahmen der Strafverfolgung erlangt hat, zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung von Straftaten (insbesondere Führung von Kriminalakten und Betrieb diesbezüglicher Hinweissysteme). Besondere Zweckbindungsgebote nach Vorschriften der StPO sind zu beachten.
Wird das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt oder die oder der Angeklagte freigesprochen, so entfällt in der Regel der Verdacht, es sei denn, es bestehen auf der Grundlage der hierfür maßgeblichen Entscheidungen nach wie vor gewichtige Gründe für die Annahme, die verdächtige Person habe die Tat dennoch begangen.
39.4 Die Speicherung von personenbezogenen Daten - auch solchen, die mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben worden sind - in einer Verbunddatei (Satz 4 i. V. m. § 42 Abs. 5 ) richtet sich nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen ( BKAG ) oder anderen Bestimmungen (z. B. Vereinbarung, Errichtungsanordnung). Die Sätze 2 und 3 gelten für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die mittels eines Personenschutzsenders in einer Wohnung erhoben worden sind ( § 35 Abs. 5 ).
Die richterliche Anordnung dient auch der Prüfung, ob die vorausgegangene Datenerhebung mit Hilfe von Personenschutzsendern aus Gründen der Fürsorge der eingesetzten Beamtinnen oder Beamten rechtmäßig war.
39.5 Vorschriften über die Anwendung besonderer Mittel oder Methoden, die den Fällen der §§ 34 bis 37 vergleichbar sind, enthalten insbesondere die StPO sowie - bedeutsam bei einer Übermittlung von Daten durch eine nichtniedersächsische Stelle oder aus einer Verbunddatei ( § 42 Abs. 5 ) - die Polizeigesetze des Bundes und der anderen Länder.
Abschnitt 40 AB NGefAG - Zu § 40 - Allgemeine Regeln der Datenübermittlung -
40.1 Datenübermittlungen, die den Grundsatz der Zweckbindung durchbrechen, sind nach Satz 1 dieser Vorschrift nur zulässig, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 , 2 oder 6 vorliegen oder die Daten nach Maßgabe der Vorschriften der StPO zur Verfolgung von Straftaten verarbeitet werden sollen (Satz 1 i. V. m. § 39 Abs. 7 ). Sollen Daten zu anderen Zwecken als solchen der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung übermittelt werden, bedarf es hierfür einer anderen Rechtsgrundlage. Eine Zweckänderung liegt nicht vor, wenn die personenbezogenen Daten in einer gemäß § 39 Abs. 3 angelegten Kriminalakte auch zu diesem Zweck, nämlich zur Vorsorge für die Verfolgung oder Verhütung von Straftaten genutzt werden. Nur die Nutzung zu einem anderen gefahrenabwehrrechtlichen Zweck, z. B. die Nutzung einer gemäß § 39 Abs. 3 angelegten Kriminalakte zur Ermittlung einer vermissten Person ist eine Zweckänderung i. S. dieser Vorschrift und bedarf der Dokumentation.
40.2 Die Vorschrift gilt nicht für die Übermittlung von Tatsachen, die einer Bewertung zu Grunde liegen.
Abschnitt 41 AB NGefAG - Zu § 41 - Datenübermittlung zwischen Verwaltungs- und Polizeibehörden -
41.1 Die Vorschrift gilt nur, soweit nicht Spezialgesetze der Gefahrenabwehr vorrangige Rechtsgrundlagen enthalten (z. B. NMG , PaßG , Gesetz über Personalausweise , Nds. AGPAuswG , AuslG ). Datenübermittlungen zu Zwecken der Gefahrenabwehr durch eine Behörde, die nicht Verwaltungs- oder Polizeibehörde ist, richten sich, soweit Spezialgesetze keine besondere Regelung enthalten, nach dem NDSG .
41.2 Der Vorschrift liegt zu Grunde, dass die Übermittlung von Daten, die mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben wurden, zu einem anderen Zweck nach § 40 Abs. 1 i. V. m. § 39 Abs. 1 keinen erhöhten Anforderungen unterliegt, diese Daten durch die empfangende Stelle aber dennoch nur unter besonderen Voraussetzungen weiterverarbeitet werden dürfen ( § 38 Abs. 1 i. V. m. § 39 Abs. 4 und 5 ). Die Prüfung obliegt der empfangenden Stelle.
Polizei- und Gefahrenabwehrbehörden anderer Länder und des Bundes unterliegen weder der Verarbeitungsbeschränkung des § 39 Abs. 4 noch der Prüfungspflicht nach Absatz 2. Werden ihnen Daten übermittelt, die mit besonderen Mitteln oder Methoden erhoben wurden, so sind sie hierauf hinzuweisen.
Abschnitt 42 AB NGefAG - Zu § 42 - Automatisiertes Abrufverfahren und regelmäßige Datenübermittlung -
42.1 Die Vorschrift gilt auch für die wesentliche Erweiterung bestehender Verfahren. Sie ist nicht anwendbar auf automatisierte Abrufverfahren und regelmäßige Datenübermittlungen zwischen Dienststellen einer Polizeibehörde (vgl. Nr. 40.5).
42.3 Regelmäßige Datenübermittlungen i. S. dieser Vorschrift sind Datenübermittlungen, die ohne aktuelles Ersuchen in allgemein bestimmten Fällen wiederkehrend durchgeführt werden, ohne dass eine Prüfung der Erforderlichkeit der Datenübermittlung im Einzelfall erfolgt.
42.5 Absatz 5 gilt nicht für Verbunddateien, die vom Bundeskriminalamt im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben errichtet werden, soweit das Bundesrecht ( BKAG ) hierfür Regelungen enthält.
Abschnitt 43 AB NGefAG - Zu § 43 - Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen -
43.1 Nr. 3 erfasst als Auffangtatbestand in seiner ersten Alternative nur Nachteile für bedeutsame Rechtsgüter i. S. des § 2 Nr. 1 Buchst. c , die für eine größere Anzahl von Personen einzutreten drohen.
43.2 Für die Anwendung dieser Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob die ausländischen öffentlichen Stellen (z. B. Polizeibehörden, Botschaften und Konsulate, Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte) oder die über- oder zwischenstaatlichen Stellen (z. B. Interpol, NATO-Dienststellen, Europäisches Parlament) ihren Sitz im Ausland haben. Dementsprechend sind die Botschaften und Konsulate der Bundesrepublik Deutschland im Ausland auch zu den inländischen öffentlichen Stellen zu zählen.
43.4 Die Geltung vergleichbarer Datenschutzregelungen (Satz 1) ist grundsätzlich zu unterstellen
a)
für die Länder der EU
b)
für die Länder, in denen das Übereinkommen des Europarates über den Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28.1.1981 in Kraft getreten ist (außer Mitgliedsländern der EU noch Island) und
c)
für die Länder Kanada, Israel, Schweiz, Ungarn sowie die Vereinigten Staaten von Amerika.
Bestehen hinsichtlich anderer, als der vorstehend genannten Länder Zweifel, ob in ihnen vergleichbare Datenschutzregelungen gelten, ist dem MI zu berichten.
43.5 Die Vorschrift setzt stets eine Einzelfallprüfung voraus und gilt auch dann, wenn in dem betroffenen Land den Vorschriften dieses Gesetzes vergleichbare Datenschutzregelungen (siehe Absatz 4) bestehen.
Abschnitt 44 AB NGefAG - Zu § 44 - Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs, Bekanntgabe an die Öffentlichkeit -
44.1 Von einer Auskunftserteilung auf Antrag einer Person oder Stelle ist grundsätzlich abzusehen, wenn die Person oder Stelle die erbetenen Daten von einer anderen Stelle erhalten kann (z. B. Melderegister), die von ihrer Aufgabenstellung her zu einer Auskunftserteilung befugt ist.
Abschnitt 45 AB NGefAG - Zu § 45 - Datenabgleich -
45.1 Amtliche Kennzeichen in diesem Sinn sind auch Versicherungskennzeichen.
45.2 Die Vorschrift gibt nicht die Befugnis, eine Person, die bisher nicht angehalten worden ist, zur Durchführung des Datenabgleichs anzuhalten.
Abschnitt 46 AB NGefAG - Zu § 46 - Dateibeschreibung -
46.1 Absatz 1 ist auch auf die Teilnahme der Polizei nach § 42 Abs. 5 an einem Datenverbund mit anderen Ländern und dem Bund anzuwenden.
Die Errichtung einer Datei ist von vornherein zu befristen, wenn feststeht oder absehbar ist, dass die Datei nur für einen bestimmten Zeitraum erforderlich ist.
46.2 Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Datei schon vor Ablauf des Vierjahreszeitraums nicht mehr notwendig oder eine Änderung erforderlich sein könnte, hat die Prüfung unverzüglich zu erfolgen.
Abschnitt 47 AB NGefAG - Zu § 47 - Prüffristen -
47.1 Die Überprüfung ist jeweils für alle über eine Person in der Datei gespeicherten Daten durchzuführen.
Spezielle Vorschriften, die kürzere Prüfungsfristen (z. B. § 32 Abs. 4 ) oder Löschungspflichten nach Ablauf einer bestimmten Zeitdauer vorsehen (z. B. § 14 Abs. 3 Satz 1 ), gehen § 47 vor.
Abschnitt 51 AB NGefAG - Zu § 51 - Vollzugshilfe -
51.1 Vollzugshilfe ist nicht gegeben, wenn die Polizei innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses Hilfe leistet oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 Satz 1 in eigener Zuständigkeit tätig wird.
Das Vollzugshilfeersuchen kann sich auf einen Einzelfall, mehrere bestimmte Fälle oder eine Fallgruppe beziehen.
51.2 Die Polizei braucht Vollzugshilfe nicht zu leisten, wenn
a)
ihr bekannt ist, dass die ersuchende Behörde eigene Möglichkeiten zur Durchsetzung der Maßnahme hat,
b)
eine andere Behörde die Hilfe wesentlich einfacher oder mit wesentlich geringerem Aufwand leisten kann,
c)
sie die Hilfe nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand leisten könnte,
d)
sie durch die Hilfeleistung die Erfüllung vordringlicher Aufgaben ernstlich gefährden würde,
e)
die durchzusetzende Maßnahme offensichtlich rechtswidrig ist.
Die Polizei darf die Vollzugshilfe nicht deshalb verweigern, weil sie die beabsichtigte Maßnahme für unzweckmäßig oder für rechtswidrig hält. Vielmehr hat sie das der ersuchenden Behörde mitzuteilen. Besteht diese auf der Vollzugshilfe, so entscheidet die BezReg. Duldet die Durchsetzung der Maßnahme nach Auffassung der ersuchenden Behörde keinen Aufschub bis zu einer Entscheidung durch die BezReg, so hat die Polizei dem Ersuchen zu entsprechen und unverzüglich die BezReg zu benachrichtigen.
Wird die Polizei auf Grund eines Vollzugshilfeersuchens tätig, so soll sie das nach außen zu erkennen geben, sofern es nicht offensichtlich ist.
Abschnitt 54 AB NGefAG - Zu § 54 - Anwendung -
54.0 Die Vorschrift ist als Spezialregelung gegenüber § 3 Abs. 1 anzusehen. Nach ihr finden die Vorschriften des Fünften Teils nur für Verordnungen auf Grund des NGefAG, nicht jedoch zur Ergänzung anderer Rechtsvorschriften der Gefahrenabwehr Anwendung.
Abschnitt 55 AB NGefAG - Zu § 55 - Verordnungsermächtigung -
55.1 Verordnungen sind allgemein verbindliche Anordnungen, durch die Rechte und Pflichten begründet, geändert oder aufgehoben werden. Sie dürfen nicht erlassen werden, wenn die Gefahr auch durch Maßnahmen gegenüber bestimmten Personen oder einem nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis abgewehrt werden kann.
Voraussetzung für den Erlass einer Verordnung ist eine abstrakte Gefahr. Sie kann jedoch auch zur Abwehr einer konkreten Gefahr ergehen.
55.2 Verordnungen der Gemeinden und Landkreise beschließt - mit Ausnahme der Eilverordnungen - der Rat oder der Kreistag. Sie werden von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten unterzeichnet. In Gemeinden und Landkreisen, in denen diese oder dieser noch nicht unmittelbar gewählt worden ist, müssen bis zum Amtsantritt einer unmittelbar gewählten Hauptverwaltungsbeamtin oder eines unmittelbar gewählten Hauptverwaltungsbeamten Verordnungen, außer Eilverordnungen, auch von der oder dem Vorsitzenden der Vertretungskörperschaft unterzeichnet werden.
Abschnitt 58 AB NGefAG - Zu § 58 - Formvorschriften -
58.0 Die Verletzung einer Formvorschrift führt zur Ungültigkeit der gesamten Verordnung.
Abschnitt 61 AB NGefAG - Zu § 61 - Geltungsdauer -
61.0 Verordnungen, die eine Verordnung ändern oder ergänzen, haben keine eigene Geltungsdauer.
Abschnitt 62 AB NGefAG - Zu § 62 - Beteiligung anderer Behörden und Dienststellen; Änderung und Aufhebung von Verordnungen -
62.1 Die Fachaufsichtsbehörde prüft die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Entwurfs und ob sich eine einheitliche Regelung durch eine Verordnung einer übergeordneten Behörde empfiehlt.
Abschnitt 64 AB NGefAG - Zu § 64 - Zulässigkeit, Zuständigkeit, Wirkung von Rechtsbehelfen -
64.4 Vor der Anwendung von Zwangsmitteln ist, soweit die Gefahrensituation das erlaubt, eine angemessene Frist einzuräumen, damit die betroffene Person Gelegenheit hat, vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen ( § 80 Abs. 4 und 5 VwGO ).
Abschnitt 66 AB NGefAG - Zu § 66 - Ersatzvornahme -
66.1 "Vertretbar" ist eine Handlung, wenn sie nicht nur von der betroffenen Person (z. B. Abgabe einer Erklärung), sondern ohne Änderung ihres Inhalts auch von einer anderen Person vorgenommen werden kann.
Die Vorschrift ermächtigt nicht dazu, einer anderen Person die Ausführung der Ersatzvornahme zu gebieten. Eine solche Befugnis kann sich im Ausnahmefall allerdings aus § 11 i. V. m. § 8 ergeben.
Die Ersatzvornahme bedarf keiner Festsetzung.
Abschnitt 68 AB NGefAG - Zu § 68 - Ersatzzwangshaft -
68.1 Das Zwangsgeld ist "uneinbringlich", wenn die Beitreibung ohne Erfolg versucht worden
ist oder wenn offensichtlich ist, dass sie keinen Erfolg haben wird.
Abschnitt 69 AB NGefAG - Zu § 69 - Unmittelbarer Zwang -
69.1 Die Anwendung unmittelbaren Zwangs bedarf keiner Festsetzung.
Die Vorschrift zählt abschließend die verschiedenen Formen unmittelbaren Zwangs auf.
Unmittelbarer Zwang kommt vor allem zur Durchsetzung unvertretbarer Handlungen, Duldungen
oder Unterlassungen in Betracht.
69.2 Unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen ist z. B. das Abdrängen, Wegtragen, Wegführen am Arm und die Anwendung von Polizeigriffen.
69.3 Als technische Sperren zum Absperren von Straßen, Plätzen oder anderem Gelände kommen z. B. Absperrgitter, Seile, Draht, Stacheldraht, so genannte spanische Reiter sowie Nagelböden oder -bänder in Betracht.
Diensthunde und Dienstpferde müssen für ihre Aufgaben abgerichtet sein. Sie dürfen nur von Personen eingesetzt werden, die hierfür besonders ausgebildet sind. Das Weitere regeln besondere Dienstvorschriften.
Dienstfahrzeuge dürfen gegen Personen (Ansammlungen) eingesetzt werden, um Straßen, Plätze oder anderes Gelände zu räumen. Der Einsatz ist so durchzuführen, dass möglichst niemand verletzt wird.
Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen nur gebraucht werden, wenn der Einsatz körperlicher Gewalt oder anderer Hilfsmittel der körperlichen Gewalt keinen Erfolg verspricht und wenn durch den Gebrauch dieser Stoffe die Anwendung von Waffen vermieden werden kann. Das Gleiche gilt für die Verwendung von Nebelkörpern. Reiz- und Betäubungsstoffe dürfen gegen eine Menschenmenge nur eingesetzt werden, wenn von ihr Gewalttaten ausgehen oder Gewalttaten unmittelbar bevorstehen. Der Einsatz dieser Stoffe als Beimischung in Wasserwerfern/Wasserarmaturen ist unzulässig.
Sprengmittel sind zur Verwendung als Sprengstoffe i. S. von § 1 Abs. 2 Nr. 1 SprengG bestimmte Materialien.
69.4 Schläge mit Schlagstöcken sollen gegen Arme oder Beine gerichtet werden, um schwer wiegende Verletzungen zu vermeiden.
69.5 Nach der Verwaltungsvorschrift des BMI zum Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 18.1.1974 (GMBl. S. 55), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 19.12.1975 (GMBl. 1976 S. 27) waren für den Bundesgrenzschutz am 1.7.1982 folgende besondere Waffen zugelassen:
Maschinengewehre,
Schusswaffen, aus denen Sprenggeschosse verschossen werden können,
Explosivmittel.
69.7 Zur Erzwingung von Angaben kommt nur Zwangsgeld in Betracht.
69.8 Zur Ausübung unmittelbaren Zwangs auch unter Anwendung der in Absatz 4 genannten Schusswaffen sind die nach Nr. 2.6 zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben befugten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten ermächtigt. In der Ausbildung befindliche Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte dürfen Schusswaffen gegen Personen nur gebrauchen, um von sich oder einer dritten Person eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben abzuwehren ( § 77 Abs. 1 Nr. 1 ).
Die Ermächtigung für Verwaltungsvollzugsbeamtinnen und Verwaltungsvollzugsbeamte, unmittelbaren Zwang anwenden zu dürfen, ergibt sich aus § 3 Satz 2 VollzBeaVO .
69.9 Die Ermächtigung darf nur solchen Personen erteilt werden, die die entsprechenden Voraussetzungen nach dem Sprengstoffrecht erfüllen.
Abschnitt 70 AB NGefAG - Zu § 70 - Androhung der Zwangsmittel -
70.1 Eine schriftliche Androhung ist insbesondere dann nicht möglich, wenn durch die dadurch bewirkte Verzögerung der Anwendung des Zwangsmittels die Gefahr nicht rechtzeitig abgewehrt würde.
70.5 Bei der Androhung des Zwangsgelds ist darauf hinzuweisen, dass das Amtsgericht auf Antrag der Behörde Ersatzzwangshaft anordnen kann, wenn das Zwangsgeld uneinbringlich ist.
Abschnitt 71 AB NGefAG - Zu § 71 - Rechtliche Grundlagen -
71.1 Der Hinweis auf die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes gilt insbesondere für die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens ( §§ 4 und 5 ).
71.2 Die zivil- und strafrechtlichen Vorschriften über Notwehr und Notstand begründen keine polizeilichen Befugnisse. Sie können eine Überschreitung der Vorschriften über die Anwendung unmittelbaren Zwangs "nur" in zivil- oder strafrechtlicher Hinsicht, nicht zwangsläufig auch in öffentlichrechtlicher, insbesondere dienstrechtlicher Hinsicht rechtfertigen oder entschuldigen.
Abschnitt 72 AB NGefAG - Zu § 72 - Handeln auf Anordnung -
72.0 Die Vorschrift ist eine Sonderregelung gegenüber § 64 NBG . Die zur Anwendung unmittelbaren Zwangs berechtigten Personen sind grundsätzlich verpflichtet, den Anordnungen ihrer Vorgesetzten oder einer sonstigen weisungsberechtigten Person Folge zu leisten. Die Verpflichtung, die Anordnung zu befolgen, wird nur eingeschränkt durch Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2. Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der Anordnung berühren die Gehorsamspflicht nicht.
72.1 Bei einem Einsatz ist die den Einsatz leitende Person befugt, unmittelbaren Zwang anzuordnen, einzuschränken oder zu untersagen. Ist diese Person nicht bestimmt oder fällt sie aus, ohne dass eine Vertretung bestellt ist, so obliegt die Einsatzleitung der Polizeibeamtin oder dem Polizeibeamten, die oder der am dienstranghöchsten und bei gleichem Dienstrang am dienstältesten ist. Ist dies wegen der Lage nicht sofort feststellbar, so darf auch eine andere in Betracht kommende Person die Leitung einstweilen übernehmen. Sie hat dies bekannt zu geben.
Vor Beginn des Einsatzes sind, soweit dies erforderlich ist, die eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten über die jeweiligen Weisungsverhältnisse zu unterrichten. Insbesondere muss bekannt sein, welche Person den Einsatz leitet, wer sie vertritt und wer sonst zu Weisungen befugt ist.
Befindet sich die den Einsatz leitende Person nicht am Ort des Vollzuges, so darf sie unmittelbaren Zwang nur anordnen, wenn sie sich ein so genaues Bild von den am Ort des Vollzuges herrschenden Verhältnissen verschafft hat, dass ein Irrtum über die Voraussetzungen der Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht zu befürchten ist. Ändern sich zwischen der Anordnung und der Ausführung die tatsächlichen Verhältnisse und kann die den Einsatz leitende Person vor der Ausführung nicht mehr verständigt werden, so entscheidet die am Ort leitende Polizeibeamtin oder der am Ort leitende Polizeibeamte über die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Die den Einsatz leitende Person ist unverzüglich hierüber zu verständigen.
Abschnitt 74 AB NGefAG - Zu § 74 - Androhung unmittelbaren Zwangs -
74.1 Die Androhung bedarf keiner bestimmten Form; sie muss aber unmissverständlich sein.
Der Schusswaffengebrauch ist in der Regel mündlich anzudrohen.
Ist eine mündliche Androhung nicht möglich, weil z. B. die Entfernung zu groß ist oder weil aus sonstigen Gründen anzunehmen ist, dass der Anruf nicht verstanden wird oder verstanden worden ist, so können ein oder mehrere Warnschüsse abgegeben werden. Warnschüsse dürfen nur abgegeben werden, wenn die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch selbst gegeben sind. Sie sind nach Möglichkeit steil in die Luft zu richten.
Der Alarmschuss (Signalschuss) ist nicht als Schusswaffengebrauch i. S. des Gesetzes anzusehen. Er ist nur zulässig, wenn keine Verwechslungsgefahr mit Warnschüssen oder mit Schüssen einer Rechtsbrecherin oder eines Rechtsbrechers besteht sowie eine Alarmierung unbedingt erforderlich und auf andere Weise nicht möglich ist.
Personen, gegen die nach Begründung des amtlichen Gewahrsams unter den in § 77 Abs. 1 Nr. 4 genannten Voraussetzungen von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden darf, sind
zu Beginn des Gewahrsams hierauf hinzuweisen. Die Belehrung ersetzt nicht die Androhung
des Schusswaffengebrauchs im Einzelfall.
74.3 Zwischen der wiederholten Androhung des Schusswaffengebrauchs gegen Personen in einer Menschenmenge und dem Gebrauch der Schusswaffe soll so viel Zeit verstreichen, dass Unbeteiligte noch einmal Gelegenheit haben, sich aus der Menge zu entfernen. Die Androhung hat grundsätzlich durch Lautsprecher zu erfolgen. Ihr soll als dann durch Warnschüsse oder auf andere unmissverständliche Weise Nachdruck mit dem Ziel verliehen werden, letztlich den Schusswaffengebrauch auf Personen in der Menschenmenge zu vermeiden.
Abschnitt 75 AB NGefAG - Zu § 75 - Fesselung von Personen -
75.0 Im Sinne der Nr. 1 leistet Widerstand, wer sich einer polizeilichen Anordnung aktiv widersetzt.
Für die Fesselung sollen die hierfür vorgesehenen Hilfsmittel der körperlichen Gewalt verwendet werden. Sind diese nicht vorhanden oder reichen sie nicht aus, so sind andere Maßnahmen zu treffen, die eine ähnliche Behinderung wie Fesseln gewährleisten.
Mehrere Personen sollen nicht zusammengeschlossen werden, wenn
dadurch ein Nachteil für Ermittlungen in einer Strafsache zu befürchten ist,
durch die Zusammenschließung die Gesundheit einer betroffenen Person gefährdet würde oder
die Zusammenschließung eine erniedrigende Behandlung bedeuten würde.
Ferner sollen möglichst nicht Personen verschiedenen Geschlechts zusammengeschlossen werden.
Bei der Fesselung ist darauf zu achten, dass keine gesundheitlichen Gefahren auftreten.
Abschnitt 76 AB NGefAG - Zu § 76 - Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch -
76.1 Der Schusswaffengebrauch gegen Personen ist die schwer wiegendste Maßnahme des unmittelbaren Zwangs. Die Polizeibeamtin oder der Polizeibeamte hat daher vorher besonders sorgfältig die Rechtmäßigkeit, insbesondere die Verhältnismäßigkeit, der Maßnahme zu prüfen. Bestehen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht Zweifel, ob die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch vorliegen, ist von der Schusswaffe kein Gebrauch zu machen. Für den Schusswaffengebrauch auf Anordnung gilt § 72 .
Auch der Schusswaffengebrauch gegen Sachen ist auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken. Ein Schusswaffengebrauch gegen Sachen liegt nicht vor, wenn hierdurch wahrscheinlich Personen verletzt werden. Deshalb darf auf ein fahrendes Kraftfahrzeug nur unter den Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs gegen Personen geschossen werden; es sei denn, die Voraussetzungen des § 76 Abs. 4 Satz 2 liegen vor. Beim Schusswaffengebrauch gegen ein Kraftfahrzeug ist anzustreben, das Fahrzeug fahruntauglich zu machen, weil hierdurch in der Regel der Zweck der Maßnahme, eine weitere Gefährdung anderer zu verhindern oder die Rechtsbrecherin oder den Rechtsbrecher festzunehmen, erreicht werden kann. Daher ist grundsätzlich auf Bereifung, Motor oder Kühler zu zielen. Vom Schusswaffengebrauch ist abzusehen, wenn das Fahrzeug erkennbar explosive oder ähnlich gefährliche Güter befördert oder nach seiner Kennzeichnung zur Beförderung solcher Güter bestimmt ist. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn durch die Weiterfahrt größere Gefahren zu entstehen drohen, als durch den Schusswaffengebrauch.
Der Schusswaffengebrauch gegen Tiere ist zulässig, wenn von ihnen eine Gefahr ausgeht, sie insbesondere Menschen bedrohen, und die Gefahr nicht auf andere Weise beseitigt werden kann. Verletzte oder kranke Tiere dürfen nur getötet werden, wenn zu befürchten ist, dass sie sonst unter Schmerzen oder Leiden qualvoll verenden würden oder wenn sie erkennbar unter unerträglichen Schmerzen leiden und keine sachkundige Person kurzfristig helfen kann.
76.2 Um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen, ist, wenn die Umstände es zulassen, auf die Arme oder die Beine zu zielen.
Der Schusswaffengebrauch darf ausschließlich die Angriffs- oder Fluchtunfähigkeit zum Ziel haben. Dies umfasst in letzter Konsequenz auch die gezielte Tötung einer Person, wenn anders ein Angriff, der den Tod oder eine schwer wiegende Körperverletzung zur Folge haben würde, nicht sicher abgewehrt werden kann.
76.3 Bestehen Zweifel, ob eine Person noch im Kindesalter ist, so ist davon auszugehen,
dass es sich um ein Kind handelt.
76.4 Unbeteiligte i. S. dieser Vorschrift sind Personen, die an der Tat, gegen die sich die polizeiliche Maßnahme richtet, nicht mitwirken. Eine Mitwirkung kann auch darin liegen, dass die Tat durch Worte oder durch schlüssige Handlungen gebilligt oder unterstützt wird. Geiseln sind Unbeteiligte.
An belebten und unübersichtlichen Orten oder bei schlechten Sichtverhältnissen muss mit besonderer Sorgfalt geprüft werden, ob Unbeteiligte gefährdet werden.
Abschnitt 77 AB NGefAG - Zu § 77 - Schusswaffengebrauch gegen Personen -
77.1 In den Fällen der Nr. 2 ist entscheidend, wie die Polizeibeamtin oder der Polizeibeamte die Situation unter Berücksichtigung aller ihr oder ihm zu diesem Zeitpunkt gegebenen Erkenntnismöglichkeiten beurteilen durfte. Trotz der Notwendigkeit, schnell zu handeln, ist bei dieser Beurteilung besonders sorgfältig vorzugehen.
Explosivmittel sind Stoffe, die wegen ihrer chemischen Beschaffenheit nach Zündung Sprengwirkung ausüben. Das NGefAG verwendet diesen Begriff als Oberbegriff. Er umfasst insbesondere Sprengmittel i. S. des § 69 Abs. 3 und Sprenggeschosse (vgl. Nr. 69.5). Brandflaschen stellen kein Explosivmittel dar. Ihre Verwendung kann jedoch den Tatbestand eines Verbrechens erfüllen (z. B. schwere Brandstiftung).
§ 100 StVollzG ermächtigt nur Bedienstete der Justizvollzugsanstalten. Durch Nr. 5 werden diese Befugnisse zum Teil auch der Polizei eingeräumt: Danach dürfen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte Schusswaffen gebrauchen
a)
gegen Gefangene, die eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
b)
gegen Gefangene, die eine Meuterei (
§ 121 StGB
) unternehmen, oder
c)
gegen Personen, die es unternehmen, gewaltsam in eine Vollzugsanstalt einzudringen.
In diesen Fällen werden die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch häufig auch nach den Nrn. 1 bis 4 gegeben sein.
Abschnitt 78 AB NGefAG - Zu § 78 - Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge -
78.1 Menschenmenge ist eine größere, nicht auf den ersten Blick zählbare Ansammlung von Personen. Schwer wiegende Gewalttaten sind Straftaten, die unter Anwendung von Gewalt begangen werden und besonders wichtige Rechtsgüter oder für die Allgemeinheit wichtige Einrichtungen betreffen, insbesondere Körperverletzungsdelikte, gemeingefährliche Verbrechen oder Vergehen, Nötigung von Verfassungsorganen unter Gewaltanwendung, vorsätzliche erhebliche Sachbeschädigung lebensnotwendiger Einrichtungen (Versorgungsanlagen für Strom, Wasser, Gas und Ähnliches), von Behördengebäuden oder von unersetzlichen Kulturgütern.
78.2 In der Androhung (vgl. § 74 Abs. 3 ) soll darauf hingewiesen werden, dass nicht Unbeteiligter ist, wer sich nicht aus der Menschenmenge entfernt, obwohl ihm das möglich ist.
Abschnitt 80 AB NGefAG - Zu § 80 - Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände -
80.0 Spezialgesetzliche Entschädigungsregelungen (z. B. nach dem TierSG) sind abschließend, soweit die betroffene Person rechtmäßig in Anspruch genommen wurde.
War das Handeln der Behörde gegenüber der betroffenen Person allerdings (von Anfang an) rechtswidrig, so besteht Anspruch auf (ergänzenden) Schadensersatz nach den Bestimmungen des NGefAG.
Abschnitt 83 AB NGefAG - Zu § 83 - Verjährung des Ausgleichsanspruchs -
83.0 Die Vorschriften des BGB über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung ( §§ 203 , 205 , 206 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 , § 207 Satz 1 , §§ 208 , 209 Abs. 1 und 2 Nrn. 3 bis 5 , §§ 211 , 212 , 215 bis 219 BGB ) finden Anwendung.
Abschnitt 98 AB NGefAG - Zu § 98 - Aufsicht über die Verwaltungsbehörden -
98.0 Die Landkreise und die BezReg stellen durch Geschäftsprüfungen an Ort und Stelle sicher, dass die Aufgaben der Gefahrenabwehr bei den Verwaltungsbehörden, die ihrer Aufsicht unterstehen, sachgemäß und entsprechend den erlassenen Richtlinien wahrgenommen werden.
Abschnitt 100 AB NGefAG - Zu § 100 - Örtliche Zuständigkeit, außerordentliche örtliche Zuständigkeit -
100.0 Zur Gefahrenabwehr erforderliche Maßnahmen dürfen nicht deshalb unterbleiben, weil Zweifel über die Zuständigkeit bestehen.
100.1 Satz 3 erfasst vor allem Personen (Betriebe), die Gegenstände oder Stoffe herstellen und zum Verkauf anbieten, durch deren Gebrauch oder Anwendung in anderen Bezirken Gefahren entstehen. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll in diesen Fällen möglichst nur die Behörde, in deren Bezirk die verantwortliche Person wohnt, sich aufhält oder ihren Sitz hat, die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die anderen zuständigen Behörden haben zu diesem Zweck diese Behörde zu unterrichten, soweit nicht wegen der zeitlichen Nähe des zu befürchtenden Schadenseintritts ein eigenes Handeln geboten ist.
Abschnitt 102 AB NGefAG - Zu § 102 - Außerordentliche sachliche Zuständigkeit -
102.1 Von der Befugnis dieser Vorschrift darf nur ausnahmsweise und nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn erforderliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr von der zuständigen Behörde - obwohl es ihr möglich wäre - nicht oder nicht im notwendigen Umfang getroffen werden oder wenn die personellen oder sächlichen Voraussetzungen für die Bewältigung einer Gefahrenlage unzulänglich sind.
Abschnitt 103 AB NGefAG - Zu § 103 - Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten anderer Länder und des Bundes sowie von Bediensteten ausländischer Staaten -
103.0 Unberührt bleiben die Befugnisse der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, in Fällen der Nacheile nach § 167 Abs. 1 GVG und in den durch Staatsverträge sowie Verwaltungsabkommen bestimmten Fällen über die Landesgrenze hinweg tätig zu werden.
Die Entscheidung über den Einsatz von Polizeikräften des Bundes und anderer Länder behält sich das MI vor, wenn es sich um geschlossene Einheiten handelt oder einzelne Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte zusammen mit besonderen Führungs- oder Einsatzmitteln (z. B. Hubschrauber) eingesetzt werden sollen.
Abschnitt 104 AB NGefAG - Zu § 104 - Amtshandlungen von niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Landes Niedersachsen -
104.0 Nr. 103.0 Abs. 2 gilt entsprechend.
Abschnitt 106 AB NGefAG - Zu § 106 - Sachleistungen -
106.0 Nach dieser Vorschrift können für polizeiliche Zwecke Sachleistungen angefordert werden, soweit nicht spezielle Vorschriften ( § 1 des Bundesleistungsgesetzes , § 29 NKatSG ) Anwendung finden. Voraussetzung für die Anforderung von Sachleistungen durch die BezReg ist ein unabweisbarer Bedarf, der nicht auf andere Weise gedeckt werden kann. Die Anforderung ist auf das unerlässliche Maß zu beschränken und so zu gestalten und durchzuführen, dass keiner betroffenen Person vermeidbare Nachteile entstehen.
Eine Anforderung kann bei polizeilichen Großeinsätzen in Betracht kommen, um z. B. die vorübergehende Überlassung von Fernsprech- und Fernschreibteilnehmereinrichtungen zum Gebrauch ( § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesleistungsgesetzes ), von baulichen Anlagen zur Unterbringung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten
( § 2 Abs. 1 Nr. 5 des Bundesleistungsgesetzes ) oder Instandsetzungsleistungen ( § 2 Abs. 1 Nr. 9 des Bundesleistungsgesetzes ) zu erlangen.
Für das Verfahren bei der Anforderung von Leistungen nach § 84 gelten nicht die §§ 35 ff. des Bundesleistungsgesetzes, sondern die allgemeinen Regelungen ( Nds. VwVfG , VwGO ).
Abschnitt 107 AB NGefAG - Zu § 107 - Entschädigung für Sachleistungen -
107.1 Die Entschädigung wird vom Land auf Antrag geleistet. Sie wird nach dem für vergleichbare Leistungen im Wirtschaftsverkehr üblichen Entgelt ( § 20 Abs. 1 , § 22 des Bundesleistungsgesetzes ) oder nach dem gemeinen Wert der Sache ( § 20 Abs. 2 des Bundesleistungsgesetzes ) bemessen. Darüber hinaus kann eine Entschädigung für weitere durch die Anforderung verursachte Vermögensnachteile ( § 21 des Bundesleistungsgesetzes ) und Ersatzleistung für Schäden ( §§ 26 , 28 des Bundesleistungsgesetzes ) in Betracht kommen. Auch bei Inanspruchnahme für Übungen ist auf Antrag eine angemessene Entschädigung ( § 76 Abs. 1 Satz 1 , § 78 des Bundesleistungsgesetzes ) oder Ersatzleistung ( § 77 des Bundesleistungsgesetzes ) zu gewähren.
Sofern eine Einigung über die Entschädigung oder Ersatzleistung nicht zu Stande kommt, wird sie von der BezReg festgesetzt ( §§ 49 , 51 des Bundesleistungsgesetzes ). Das Verfahren richtet sich auf Grund des § 84 Abs. 2 im Wesentlichen nach den Vorschriften des Bundesleistungsgesetzes.
Abschnitt 108 AB NGefAG - In-Kraft-Treten
Dieser RdErl. tritt am 1.9.1998 in Kraft. Gleichzeitig wird der Bezugserlass aufgehoben.
An die
Polizeibehörden und -dienststellen
Verwaltungsbehörden der Gefahrenabwehr
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