Ergänzungsvertrag zum Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. März 1955
Ergänzungsvertrag zum Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. März 1955
Vom 4. März 1965 (Nds. GVBl. 1966 S. 3 - VORIS 22300 08 00 00 000 -)
Red. Anm.: Verkündet durch Gesetz vom 6. Januar 1966 (Nds. GVBl. S. 3)
Der Niedersächsische Ministerpräsident und die verfassungsmäßigen Vertreter der Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen schließen zur Ergänzung des Vertrages des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. März 1955 den folgenden Vertrag:
Art. 1 EvLKiErgVtr
Die Freiheit der Kirchen, in der Erwachsenenbildung tätig zu sein, wird gewährleistet. Das Land wird den kirchlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung im Rahmen der allgemeinen Förderung finanzielle Hilfe gewähren.
Art. 2 EvLKiErgVtr
Das Land wird bei den Rundfunkanstalten, an denen es beteiligt ist, darauf bedacht bleiben, dass die Satzungen Bestimmungen enthalten, nach denen für evangelische kirchliche Sendungen angemessene Sendezeiten eingeräumt werden und den Kirchen eine angemessene Vertretung ihrer Interessen an den Fragen des Programms ermöglicht wird.
Art. 3 EvLKiErgVtr
(1) Wird in Anstalten des Landes eine regelmäßige Seelsorge eingerichtet und werden hierfür hauptamtliche Geistliche eingestellt, so sorgt das Land für die Bereitstellung der erforderlichen Räume und trägt die Kosten für die erforderlichen Hilfsdienste und sächlichen Aufwendungen.
(2) Zu den Kosten einer nicht hauptamtlichen regelmäßigen Anstaltsseelsorge leistet das Land einen angemessenen Beitrag, wenn die Anstaltsseelsorge die örtlich zuständigen Geistlichen unverhältnismäßig belastet und zusätzliche Aufwendungen erfordert.
(3) Bei Anstalten anderer öffentlicher Träger wird das Land dahin wirken, dass die Anstaltspfleglinge entsprechend seelsorgerlich betreut werden können.
Art. 4 EvLKiErgVtr
Das Land und die Kirchen werden in Schulangelegenheiten weiter nach den Grundsätzen zusammenarbeiten, über die seit Neuordnung des niedersächsischen Schulwesens zwischen ihnen Übereinstimmung besteht. Das Land wird dafür Sorge tragen, dass in den Volksschulen für Schüler aller Bekenntnisse der Anteil evangelischer Lehrer sich grundsätzlich nach dem Anteil evangelischer Schüler richtet.
Art. 5 EvLKiErgVtr
Das Land wird im Rahmen der allgemeinen Förderung der Privatschulen den Schulen evangelischer Träger weiterhin seine Hilfe angedeihen lassen. Nach Maßgabe der staatlichen Vorschriften werden diese Schulen staatlich anerkannt und durch Finanzhilfe - mindestens unter Wahrung des bisherigen Verhältnisses zu den Aufwendungen für die von Gemeinden und Gemeindeverbänden getragenen öffentlichen Schulen - sowie durch Erleichterung im Austausch von Lehrkräften gefördert. Über die Anwendung der staatlichen Vorschriften werden die Landesregierung und die Kirchen weitere Vereinbarungen treffen.
Art. 6 EvLKiErgVtr
(1) Das Land wird kirchliche Vorschriften über die vermögensrechtliche Vertretung kirchlicher Institutionen auf Antrag der Kirchen im Niedersächsischen Ministerialblatt bekannt geben. Das Gleiche gilt für kirchliche Vorschriften, die die Rechtswirksamkeit kirchlicher Rechtsakte mit vermögensrechtlicher Wirkung von kirchenaufsichtlicher Genehmigung abhängig machen.
(2) Die Errichtung und die Veränderung von Kirchengemeinden und öffentlich-rechtlichen Verbänden, Anstalten und Stiftungen der Kirchen werden im Amtsblatt des zuständigen Regierungsbezirks (Verwaltungsbezirks) bekannt gegeben werden.
Art. 7 EvLKiErgVtr
(1) Die Errichtung öffentlich-rechtlicher kirchlicher Anstalten und Stiftungen im Sinne des Artikels 11 Absatz 2 des Vertrages vom 19. März 1955 bedarf der Genehmigung der Landesregierung.
(2) Bevor die staatliche Genehmigung zur Errichtung kirchlicher Stiftungen des privaten Rechts gemäß § 80 BGB erteilt wird, wird der zuständigen kirchlichen Verwaltungsbehörde Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.
(3) Die Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen des privaten Rechts wird von den zuständigen Kirchenbehörden wahrgenommen werden. Änderungen des Stiftungszwecks, die Auflösung einer Stiftung und die Zusammenlegung mehrerer Stiftungen bedürfen außer der kirchlichen auch der staatlichen Genehmigung.
Art. 8 EvLKiErgVtr
Die kirchlichen Sammlungen gemäß Artikel 14 des Vertrages vom 19. März 1955 können für kirchliche und mildtätige Zwecke veranstaltet werden.
Art. 9 EvLKiErgVtr
Die Landesregierung und die Kirchenleitungen werden die Entschädigung für die Einziehung und Verwaltung der Kirchensteuer zu gegebener Zeit durch eine besondere Vereinbarung regeln. Von dem in Artikel 13 Absatz 1 Satz 3 des Vertrages vom 19. März 1955 festgelegten Grundsatz kann dabei abgewichen werden.
Art. 10 EvLKiErgVtr
Die Gewährleistung in Artikel 18 des Vertrages vom 19. März 1955 erstreckt sich auch auf das Eigentum und andere Rechte der in Artikel 138 Absatz 2 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 genannten Vereine, die den Kirchen angeschlossen sind.
Art. 11 EvLKiErgVtr
Das Land wird weiterhin bei dem Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, dem Braunschweigischen Vereinigten Kloster- und Studienfonds und ähnlichen Fonds die Bestimmung dieser Vermögen auch für kirchliche Zwecke angemessen berücksichtigen.
Art. 12 EvLKiErgVtr
Die Bestimmungen des Artikels 19 des Vertrages vom 19. März 1955 gelten auch für Verfahren vor den kirchlichen Verwaltungsgerichten. Eide können nur von kirchlichen Richtern abgenommen werden, die die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben.
Art. 13 EvLKiErgVtr
(1) Die im Eigentum oder in der Verwaltung der Kirchengemeinden und öffentlich-rechtlichen kirchlichen Verbände stehenden Friedhöfe genießen in demselben Umfang wie die kommunalen Friedhöfe den staatlichen Schutz.
(2) Die Kirchengemeinden und öffentlich-rechtlichen kirchlichen Verbände sind berechtigt, neue Friedhöfe nach Maßgabe der staatlichen Bestimmungen anzulegen.
Art. 14 EvLKiErgVtr
Falls das Land einem Dritten Rechte oder Leistungen gewähren sollte, die über den Vertrag vom 19. März 1955 und den vorliegenden Vertrag hinausgehen, so werden die Vertragschließenden ihre Verträge zur Wahrung der Parität einer Überprüfung unterziehen. Werden in einer solchen Vereinbarung Bestimmungen über die Errichtung von Schulen für Schüler des gleichen Bekenntnisses getroffen, so wird das Land die evangelischen Erziehungsberechtigten durch die Schulgesetzgebung gleichstellen.
Art. 15 EvLKiErgVtr
Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.
Art. 16 EvLKiErgVtr
Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Hannover ausgetauscht werden. Er tritt am Tage nach dem Austausch in Kraft. Gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten dieses Vertrages treten die seinen Bestimmungen entgegenstehenden Vorschriften außer Kraft. (1)
Zu Urkund dessen ist dieser Vertrag in doppelter Urschrift unterzeichnet worden.
H a n n o v e r, am 4. März 1965
Der Niedersächsische Ministerpräsident
gez. Dr. Georg Diedrichs
Der Landesbischof und Vorsitzende des Landeskirchenamtes der Evangelisch-lutherschen
Landeskirche Hannovers
gez. D. Dr. Johannes Lilje
Die Kirchenregierung der Braunschweigischen evangelisch-luterschen Landeskirche
gez. D. Martin Erdmann
Der Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherschen Kirche in Oldenburg
gez. Dr. HErbert Hemprich
Der Landeskirchenvorstand der Evangelisch-reformierten Kirche in Nordwestdeutschland
gez. Wilhelm Biutkamp
gez. Hans-Gerhard Dan
gez. Dr. Gerhard Nordholt
Der Landeskirchenrat der Evangelisch-lutherschen Landeskirche Schaumburg Lippe
gez. D. Wilhelm Henke
(1) Red. Anm.:
In Kraft getreten am 19. Mai 1966 (Bek. vom 23. Mai 1966, Nds. GVBl. S. 112).
Fußnoten | |
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(¹) Red. Anm.: | In Kraft getreten am 19. Mai 1966 (Bek. vom 23. Mai 1966, Nds. GVBl. S. 112). |
Anhang 1 EvLKiErgVtr - Abschließendes Protokoll
Vom 4. März 1965
Bei dem Abschluss des Ergänzungsvertrages zum Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen am 4. März 1965 sind die Vertreter der Niedersächsischen Landesregierung und der Evangelischen Landeskirchen über die im nachstehenden Protokoll enthaltenen Feststellungen übereingekommen:
Über die Anwendung des am 4. März 1965 abgeschlossenen Ergänzungsvertrages zu dem Vertrage des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. März 1955 treffen die Vertragschließenden folgende Feststellungen:
1. Zu Artikel 1
a) Es ist Voraussetzung für die gleichberechtigte Förderung der evangelischen Erwachsenenbildung, dass die zu fördernden Einrichtungen die für das Land Niedersachsen geltenden allgemeinen Bewilligungsbedingungen für die staatliche Förderung der Erwachsenenbildung erfüllen.
b) Unter kirchlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung sind auch solche private Rechtsträger zu verstehen, die unter kirchlichem Einfluss stehen.
2. Zu Artikel 2
Dem Anliegen von Artikel 2 ist für den Norddeutschen Rundfunk durch § 4 des Staatsvertrages über den Norddeutschen Rundfunk vom 16. Februar 1955 und durch Artikel 22 Absatz 1 Nummer 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks vom 2. März 1956 sowie für das Zweite Deutsche Fernsehen durch § 2 Absatz 2, § 6 Absatz 3 und § 14 Absatz 1 Buchstabe d des Staatsvertrages über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts Zweites Deutsches Fernsehen vom 6. Juni 1961 Rechnung getragen. Bei Änderung der bestehenden und bei Abschluss neuer Rundfunk-Staatsverträge werden die Vertragspartner wegen der Berücksichtigung kirchlicher Interessen vorher in Verbindung treten. Hinsichtlich der Gestaltung der Sendezeiten kann es bei der bisher beim Norddeutschen Rundfunk und dem Zweiten Deutschen Fernsehen geübten Praxis verbleiben.
3. Zu Artikel 3
a) In den Anstalten, in denen eine hauptamtliche Seelsorge eingerichtet wird, soll
bei Planung von Neubauten der erforderliche gottesdienstliche Raum vorgesehen werden.
b) Land und Kirche werden zur Regelung der Seelsorge an geschlossen untergebrachten
Polizeivollzugsbeamten in Verbindung treten. Bis dahin verbleibt es bei der bisherigen
Handhabung.
4. Zu Artikel 4
Das Land und die Kirchen werden in ihrer Zusammenarbeit ihre Aufmerksamkeit weiter der Ausbildung einer ausreichenden Zahl von Religionslehrkräften für alle Arten öffentlicher Schulen und für alle Altersgruppen der Schüler widmen. Den Berufsschullehrern, die an der Universität Göttingen und den Technischen Hochschulen ausgebildet werden, wird an den Pädagogischen Hochschulen ihrer Studienorte die Möglichkeit zum Erwerb der Lehrbefähigung in evangelischer Religion geboten werden.
5. Zu Artikel 5
a) Von seiten des Kultusministeriums wird zugesagt, dass Bemühungen der Kirchen um Gewinnung von Lehrkräften für evangelische Privatschulen, soweit möglich, Unterstützung finden werden.
b) Die Finanzhilfe des Landes für die Privatschulen soll in dem Sinne überprüft werden, dass sie den Gehaltsverhältnissen der Lehrkräfte an den entsprechenden öffentlichen Schulen weiter angenähert wird.
c) Die Evangelische Bibliotheksschule in Göttingen soll auf dem Gesetzeswege in die Privatschulförderung einbezogen werden.
6. Zu Artikel 6 Absatz 1
Es bleibt vorbehalten, für die Bekanntgabe kirchlicher Vorschriften neben dem Niedersächsischen Ministerialblatt ein weiteres zentrales Amtsblatt, zum Beispiel die Niedersächsische Rechtspflege, zu bestimmen.
7. Zu Artikel 7 Absatz 1
a) Es besteht Einverständnis darüber, dass nur besonders wichtige kirchliche Einrichtungen als öffentlich-rechtliche Stiftungen oder Anstalten errichtet werden sollen.
b) Die Errichtung soll nur auf Grund kirchengesetzlicher Regelung und mit Satzungen geschehen, durch die ihre Verfassung, ihre vermögensrechtliche Vertretung, ihr Verhältnis zur Landeskirche und die kirchliche Aufsicht näher geregelt sind. Artikel 10 des Vertrages vom 19. März 1955 bleibt unberührt.
8. Zu Artikel 7 Absatz 2 und 3
Kirchliche Stiftungen im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 und 3 sind die überwiegend kirchlichen Zwecken gewidmeten Stiftungen, sofern sie nicht satzungsgemäß von einer Behörde des Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder von einer anderen nichtkirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts verwaltet werden.
9. Zu Artikel 11
Artikel 11 steht einer Neuordnung der Verwaltung oder einer von der bisherigen Rechtslage ausgehenden Ablösung nicht entgegen. Über die Grundsätze einer Ablösung soll ein freundschaftliches Einvernehmen hergestellt werden.
10. Zu Artikel 12
Bis zur Errichtung eines kirchlichen Verwaltungsgerichts in Oldenburg gilt die Regelung
des Artikels 12 auch für die Schlichtungsstelle der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg.
11. Zu Artikel 13
a) Die in Artikel 13 genannten Friedhöfe sind kirchliche Einrichtungen. Bestehende Begräbnisrechte bleiben unberührt.
b) Die maßgeblichen staatlichen Bestimmungen sind solche der Gesundheitspolizei, der Ortsplanung und des Landschaftsschutzes.
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