Haftungsgesetz
                            Haftungsgesetz (HG)  Vom 24. März 2009 (Stand 1. Juli 2024)  Der Grosse Rat des Kantons Aargau,  gestützt auf die §§ 75 und 100 Abs. 3 der Kantonsverfassung,  beschliesst:
                        
                        
                    
                    
                    
                1. Haftung für Schaden
§ 1 Geltungsbereich
                            1  Gegenstand dieses Gesetzes ist die vermögensrechtliche Haftung des Gemeinwe  -  sens und seiner Mitarbeitenden sowie der mit öffentlichen Aufgaben betrauten Orga  -  nisationen und Personen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Private, die vom Gemeinwesen übertragene öffentliche Aufgaben erfüllen, haften  für   dabei   verursachte   Schäden   mit   ihrem   Vermögen.   Eine   Ausfallhaftung   des  Gemeinwesens entfällt. Ansprüche sind nach den Bestimmungen des Bundesprivat  -  rechts auf zivilprozessualem Weg geltend zu machen. Die Aufgabenübertragung auf  Private setzt den Nachweis einer risikogerechten Haftpflichtversicherung voraus,  falls die Gefahr einer erheblichen Schädigung von Dritten besteht und das Gemein  -  wesen nicht kraft Sonderregelung haftet.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Vorbehalten   bleiben   die   besonderen   Haftungsbestimmungen   des   kantonalen  Rechts.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 2 Ergänzendes Recht
                            1  Soweit das Gesetz nichts Abweichendes regelt, gelten die Bestimmungen des Bun  -  desprivatrechts, insbesondere die Art. 41–61 des Schweizerischen Obligationen  -  rechts  1  )  , als ergänzendes kantonales Recht.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1)  SR  220  * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
                        
                        
                    
                    
                    
                § 3 Gemeinwesen
                            1  Haftpflichtige   Gemeinwesen   gemäss   diesem   Gesetz   sind   der   Kanton,   die  Einwohner- und Ortsbürgergemeinden sowie die interkommunalen Organisationen  (Gemeindeverbände) oder die von ihnen mit öffentlichen Aufgaben betrauten Orga  -  nisationen des öffentlichen Rechts.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 4 Haftungsbeschränkung
                            a) Rechtsmittel
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1  Wird ein Entscheid im Rechtsmittelverfahren geändert oder aufgehoben, besteht ei  -  ne Haftung nur dann, wenn die Vorinstanz vorsätzlich oder grobfahrlässig falsch  entschieden hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die Rechtmässigkeit formell rechtskräftiger Entscheide kann im Haftungsverfahren  nicht überprüft werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 5 b) Indirekt Betroffene
                            1  Personen, die als Folge der Schädigung einer anderen Person einen Vermögens  -  schaden erlitten haben, ohne dass ein widerrechtlicher Eingriff in ihre Rechtsgüter  erfolgte, haben keinen Ersatzanspruch gegen das Gemeinwesen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Haben Personen durch Tötung ihre Versorgerin oder ihren Versorger verloren, ist  ihnen der dadurch entstandene Schaden zu ersetzen.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 6 c) Falsche Auskunft
                            1  Für Schaden aus falscher Auskunft haftet das Gemeinwesen nur bei Vorsatz oder  grober Fahrlässigkeit der Auskunft erteilenden Person.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Vorausgesetzt wird weiter, dass eine zuständige Person die Auskunft vorbehaltlos  erteilt hat und die geschädigte Person gestützt darauf gutgläubig Dispositionen ge  -  troffen oder unterlassen hat, die eine Schädigung ihres Vermögens bewirkten.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 7 Haftung für rechtmässig verursachten Schaden
                            1  Rechtmässig verursachten Schaden haben die Betroffenen selbst zu tragen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Erscheint dies als unzumutbar, weil der Schaden Einzelne schwer trifft, ist eine  angemessene Entschädigung zuzusprechen, insbesondere wenn die geschädigte Per  -  son die schädigende Handlung oder Unterlassung weder veranlasst noch davon pro  -  fitiert hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 8 Genugtuung
                            1  Bei Tötung oder Körperverletzung eines Menschen sowie bei schwerer Persönlich  -  keitsverletzung kann in Würdigung der Umstände zusätzlich zum Schadenersatz ei  -  ne angemessene Summe als Genugtuung zugesprochen werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 9 Haftung mehrerer Gemeinwesen
                            1  Haben Personen, die im Dienst verschiedener Gemeinwesen stehen, Schaden ver  -  ursacht, haften diese solidarisch, wenn die amtliche Tätigkeit nicht einem Gemein  -  wesen allein zuzurechnen ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                2. Geltendmachung des Haftungsanspruchs
§ 10 Klagerecht
                            1  Geschädigte Dritte haben gegenüber natürlichen Personen, die Schaden verursacht  haben, keinen Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Hat eine mit öffentlichen Aufgaben betraute Organisation des öffentlichen Rechts  den Schaden verursacht, ist das zuständige Gemeinwesen zum Verfahren beizula  -  den.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 11 Klageverfahren
                            1  Vor Einreichung einer Klage ist mit dem Gemeinwesen ein Vergleich zu suchen.  Das Vergleichsverfahren ist unentgeltlich.  *
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Im Übrigen richtet sich das Verfahren nach den Bestimmungen des verwaltungsge  -  richtlichen Klageverfahrens.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Der Regierungsrat bestimmt durch Verordnung diejenige Stelle, bei welcher der  Haftungsanspruch gegenüber dem Kanton geltend zu machen ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                3. Rückgriff auf die Schaden verursachende Person
§ 12 Rückgriff
                            1  Hat das Gemeinwesen Schadenersatz oder Genugtuung geleistet, kann es auf die  verantwortliche Person Rückgriff nehmen, wenn sie sich vorsätzlich oder grobfahr  -  lässig widerrechtlich verhalten hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Zur Klageerhebung gegenüber Mitgliedern des Grossen Rats, des Regierungsrats  und der Gerichte bedarf es eines Beschlusses des Grossen Rats; ein vorgängiges  Schlichtungsverfahren entfällt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Der Rückgriff ist ausgeschlossen, wenn die verantwortliche Person nicht sofort  über das Haftungsbegehren informiert worden ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 13 Rückgriff auf mehrere Personen
                            1  Haben mehrere Personen den Schaden verursacht, haften sie anteilmässig nach  Massgabe ihres Verschuldens.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Mitglieder von Kollegialbehörden haften solidarisch. Sie sind von der Haftung be  -  freit, wenn sie nachweisen können, dass sie dem Schaden verursachenden Beschluss  nicht zugestimmt haben.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 14 Einreden und Haftungsbefreiung
                            1  Der beklagten Person stehen alle Einreden und Einwendungen zu, die dem Rück  -  griff nehmenden Gemeinwesen im Verfahren gegen die geschädigte Person zuge  -  standen haben, wenn darüber nicht rechtskräftig entschieden worden ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Auf eine Klage kann verzichtet werden, insbesondere wenn sie die für den Schaden  verantwortliche Person unverhältnismässig hart treffen würde.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 15 Verrechnung mit Lohnansprüchen
                            1  Rückgriffsansprüche dürfen ohne Zustimmung der Schaden verursachenden Person  erst dann mit deren Lohn- oder anderen Entschädigungsansprüchen verrechnet wer  -  den, wenn sie in einem Vergleich oder Urteil rechtskräftig festgestellt worden sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 16 Verjährung
                            1  Der Rückgriffsanspruch verjährt innert einem Jahr seit der rechtskräftigen Feststel  -  lung des Haftungsanspruchs.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Wird der Anspruch aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, gelten die strafrecht  -  lichen Verjährungsfristen, wenn diese länger sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 17 Geltendmachung
                            1  Rückgriffsansprüche gegen natürliche Personen sind gemäss den §§ 37 und 39 des  Gesetzes über die Grundzüge des Personalrechts (Personalgesetz, PersG) vom 16.  Mai 2000  2  )   beziehungsweise gemäss den §§ 35 und 36 des Gesetzes über die An  -  stellung von Lehrpersonen (GAL) vom 17.  Dezember 2002  3  )   geltend zu machen.
                        
                        
                    
                    
                    
                4. Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 18 Übergangsrecht
                            1  Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verursachte Schäden werden nach bisherigem  Recht beurteilt.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 19 Publikation und Inkrafttreten
                            1  Dieses Gesetz ist nach unbenütztem Ablauf der Referendumsfrist beziehungsweise  nach Annahme durch das Volk in der Gesetzessammlung zu publizieren. Der Regie  -  rungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2)  SAR  165.100
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3)  SAR  411.200
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            Aarau, 24. März 2009  Präsident des Grossen Rats  M  ARKWALDER  Protokollführer  i.V.  O  MMERLI  Datum der Veröffentlichung: 8. Juni 2009  Ablauf der Referendumsfrist: 7. September 2009  Inkrafttreten: 1. März 2010  4  )
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4)  RRB vom 13. Januar 2010
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            Änderungstabelle - Nach Beschluss  Beschluss  Inkrafttreten  Element  Änderung  AGS Fundstelle
                        
                        
                    
                    
                    
                24.03.2009 01.03.2010 Erlass Erstfassung 2010 S. 12
19.09.2023 01.07.2024 § 11 Abs. 1 geändert 2024/04-01
                            Änderungstabelle - Nach Paragraph  Element  Beschluss  Inkrafttreten  Änderung  AGS Fundstelle  Erlass  24.03.2009  01.03.2010  Erstfassung  2010 S. 12