Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik (649.12)
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Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik

Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik (Sonderpädagogik-Konkordat) Vom 25. Oktober 2007 (Stand 1. Januar 2011)
1 )
1 Zweck und Grundsätze der Vereinbarung

Art. 1 Zweck

1 Die Vereinbarungskantone arbeiten im Bereich der Sonderpädagogik zusam - men mit dem Ziel, den in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge - nossenschaft
2 ) , in der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule
3 ) und im Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen
4 ) statuierten Verpflichtun - gen nachzukommen. Insbesondere
a. legen sie das Grundangebot fest, welches die Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf garantiert,
b. fördern sie die Integration dieser Kinder und Jugendlichen in der Regel - schule,
c. verpflichten sie sich zur Anwendung gemeinsamer Instrumente.

Art. 2 Grundsätze

1 Die Bildung im Bereich der Sonderpädagogik basiert auf folgenden Grundsät - zen:
a. die Sonderpädagogik ist Teil des öffentlichen Bildungsauftrages;
b. integrative Lösungen sind separierenden Lösungen vorzuziehen, unter Beachtung des Wohles und der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes oder des Jugendlichen sowie unter Berücksichtigung des schulischen Umfeldes und der Schulorganisation;
c. für den Bereich der Sonderpädagogik gilt der Grundsatz der Unentgelt - lichkeit; für Verpflegung und Betreuung kann vonden Erziehungsberech - tigten eine finanzielle Beteiligung verlangt werden;
1) Vom Landrat am 17. Juni 2010 genehmigt; in der Volksabstimmung vom 26. September 2010 angenommen.
2) SR 101
3) Erlasssammlung der EDK, Ziffer 1.2
4) SR 151.3 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292
d. die Erziehungsberechtigten sind in den Prozess betreffend die Anordnung sonderpädagogischer Massnahmen mit einzubeziehen.
2 Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen

Art. 3 Berechtigte

1 Kinder und Jugendliche ab Geburt bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, die in der Schweiz wohnen, haben unter folgenden Voraussetzungen ein Recht auf angemessene sonderpädagogische Massnahmen:
a. vor der Einschulung: Wenn festgestellt wird, dass ihre Entwicklung einge - schränkt oder gefährdet ist oder sie dem Unterricht in der Regelschule ohne spezifische Unterstützung nicht werden folgen können,
b. während der obligatorischen Schulzeit: Wenn festgestellt wird, dass sie in ihren Entwicklungs-und Bildungsmöglichkeiten so stark beeinträchtigt sind, dass sie dem Unterricht in der Regelschule ohne spezifische Unter - stützung nicht beziehungsweise nicht mehr folgen können oder wenn ein anderer besonderer Bildungsbedarf festgestellt worden ist.
3 Festlegung des sonderpädagogischen Grundangebots

Art. 4 Grundangebot

1 Das sonderpädagogische Grundangebot umfasst
a. Beratung und Unterstützung, heilpädagogische Früherziehung, Logopä - die und Psychomotorik,
b. sonderpädagogische Massnahmen in einer Regelschule oder in einer Sonderschule, sowie
c. Betreuung in Tagesstrukturen oder stationäre Unterbringung in einer son - derpädagogischen Einrichtung.
2 Die Kantone sorgen für die Organisation notwendiger Transporte und über - nehmen deren Kosten für Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Behinde - rung den Weg zwischen Wohnort, Schule und/oder Therapiestelle nicht selbst - ständig bewältigen können.

Art. 5 Verstärkte Massnahmen

1 Erweisen sich die vor der Einschulung oder die in der Regelschule getroffe - nen Massnahmen als ungenügend, ist aufgrund der Ermittlung des individuel - len Bedarfs über die Anordnung verstärkter Massnahmen zu entscheiden. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292
2 Verstärkte Massnahmen zeichnen sich durch einzelne oder alle der folgenden Merkmale aus:
a. lange Dauer,
b. hohe Intensität,
c. hoher Spezialisierungsgrad der Fachpersonen sowie
d. einschneidende Konsequenzen auf den Alltag, das soziale Umfeld oder den Lebenslauf des Kindes oder des Jugendlichen.

Art. 6 Anordnung der Massnahmen

1 Die Vereinbarungskantone bezeichnen die für die Anordnung sonderpädago - gischer Massnahmen zuständigen Behörden.
2 Die für die Anordnung sonderpädagogischer Massnahmen zuständigen Be - hörden bestimmen die Leistungsanbieter.
3 Die Ermittlung des individuellen Bedarfs gemäss Art. 5 Absatz 1 erfolgt im Rahmen eines standardisierten Abklärungsverfahrens durch die von den zu - ständigen Behörden betrauten Abklärungsstellen, die nicht identisch sind mit den Leistungsanbietern.
4 Die Zweckmässigkeit der angeordneten Massnahmen ist periodisch zu über - prüfen.
4 Harmonisierungs-und Koordinationsinstrumente

Art. 7 Gemeinsame Instrumente

1 Die Vereinbarungskantone benutzen im kantonalen Recht, imkantonalen Konzept für den Bereich der Sonderpädagogik sowie in den entsprechenden Richtlinien
a. eine einheitliche Terminologie,
b. einheitliche Qualitätsstandards für die Anerkennung der Leistungsanbie - ter und
c. ein standardisiertes Abklärungsverfahren zur Ermittlungdes individuellen Bedarfs gemäss Art. 6 Absatz 3.
2 Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ist verantwortlich für die wissenschaftliche Entwicklung und Validierung der gemeinsamen Instrumente gemäss Absatz 1. Sie konsultiert zu diesem Zweck die nationalen Dachverbände der Lehrpersonen, der Erziehungsberechtigten und der Institutionen für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung.
3 Die gemeinsamen Instrumente werden von der Plenarversammlung der EDK mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder verabschiedet. Die Revisi - on erfolgt durch die Vereinbarungskantone in einem analogen Verfahren. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292
4 Das sonderpädagogische Grundangebot ist Gegenstand des nationalen Bil - dungsmonitorings.

Art. 8 Lernziele

1 Die Anforderungsniveaus für den Bereich der Sonderpädagogik werden auf der Basis der in den Lehrplänen festgelegten Lernziele und der Bildungsstan - dards der Regelschule angepasst; sie berücksichtigen die individuellen Bedürf - nisse und Fähigkeiten des Kindes oder des Jugendlichen.

Art. 9 Ausbildung der Lehrpersonen und des sonderpädagogischen

Fachpersonals
1 Die Grundausbildung der Lehrpersonen in Schulischer Heilpädagogik und des sonderpädagogischen Fachpersonals für Kinder und Jugendliche wird in den Anerkennungsreglementen der EDK oder im Bundesrecht geregelt.
2 Die Vereinbarungskantone arbeiten in der Entwicklung eines geeigneten Wei - terbildungsangebots zusammen.

Art. 10 Kantonale Kontaktstelle

1 Jeder Vereinbarungskanton bezeichnet gegenüber der EDK eine kantonale Kontaktstelle, die für sämtliche den Bereich der Sonderpädagogik betreffenden Fragen zuständig ist.

Art. 11 Ausserkantonale Leistungen

1 Die Finanzierung von Leistungen ausserkantonaler stationärer Einrichtungen und ausserkantonaler Einrichtungen der externen Sonderschulung richtet sich nach der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE)
5 )
.
5 Schlussbestimmungen

Art. 12 Beitritt

1 Der Beitritt zu dieser Vereinbarung wird dem Vorstand der EDK gegenüber erklärt.

Art. 13 Austritt

1 Der Austritt aus der Vereinbarung muss dem Vorstand der EDK gegenüber erklärt werden. Er tritt auf Ende des dritten der Austrittserklärung folgenden Ka - lenderjahres in Kraft.
5) Erlasssammlung der EDK, Ziff. 3.2. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292

Art. 14 Umsetzungsfrist

1 Die Kantone, die der Vereinbarung nach dem 1. Januar 2011 beitreten, müs - sen diese innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Ratifizierung umsetzen.

Art. 15 Inkrafttreten

1 Der Vorstand der EDK setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr mindestens zehn Kantone beigetreten sind, jedoch frühestens auf den 1. Januar 2011
6 )
.
2 Das Inkrafttreten ist dem Bund zur Kenntnis zu geben.

Art. 16 Fürstentum Liechtenstein

1 Das Fürstentum Liechtenstein kann der Vereinbarung beitreten. Ihm stehen alle Rechte und Pflichten eines Vereinbarungskantons zu.
6) Von der EDK am 9. September 2010 auf den 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkraft seit Element Wirkung Publiziert mit
25.10.2007 01.01.2011 Erlass Erstfassung GS 37.0292 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkraft seit Wirkung Publiziert mit Erlass 25.10.2007 01.01.2011 Erstfassung GS 37.0292 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 37.0292
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