Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (291)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG)

(IPRG) vom 18. Dezember 1987 (Stand am 1. Januar 2022)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Zuständigkeit des Bundes in auswärtigen Angelegenheiten¹ und auf Artikel 64 der Bundesverfassung², nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 10. November 1982³,⁴
beschliesst:
¹ Dieser Zuständigkeitsumschreibung entspricht Art. 54 Abs. 1 der neuen Bundesver­fassung vom 18. April 1999 ( SR 101 ). ² [BS 1 3]. Dieser Bestimmung entspricht Art. 122 der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 ( SR 101 ). ³ BBl 1983 I 263 ⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 8. Okt. 1999 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in Kraft seit 1. Juni 2004 ( AS 2003 1370 ; BBl 1999 6128 ).

1. Kapitel: Gemeinsame Bestimmungen

1. Abschnitt: Geltungsbereich

Art. 1
¹ Dieses Gesetz regelt im internationalen Verhältnis:
a. die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behör­den;
b. das anzuwendende Recht;
c. die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung aus­ländischer Entscheidungen;
d. den Konkurs und den Nachlassvertrag;
e. die Schiedsgerichtsbarkeit.
² Völkerrechtliche Verträge sind vorbehalten.

2. Abschnitt: Zuständigkeit

I. Im Allgemeinen

Art. 2
Sieht dieses Gesetz keine besondere Zuständigkeit vor, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Wohnsitz des Beklag­ten zuständig.

II. Notzuständig­keit

Art. 3
Sieht dieses Gesetz keine Zuständigkeit in der Schweiz vor und ist ein Verfahren im Ausland nicht möglich oder unzumutbar, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Ort zu­ständig, mit dem der Sachverhalt einen genügenden Zusammen­hang aufweist.

III. Arrest­prosequierung

Art. 4
Sieht dieses Gesetz keine andere Zuständigkeit in der Schweiz vor, so kann die Klage auf Prosequierung des Arrestes am schweizeri­schen Arrestort erhoben werden.

IV. Gerichts­standsverein­barung

Art. 5
¹ Für einen bestehenden oder für einen zukünftigen Rechtsstreit über vermögensrechtliche Ansprüche aus einem bestimmten Rechtsver­hältnis können die Parteien einen Gerichtsstand verein­baren. Die Vereinbarung kann schriftlich, durch Telegramm, Te­lex, Telefax oder in einer anderen Form der Übermittlung, die den Nachweis der Vereinbarung durch Text ermöglicht, erfolgen. Geht aus der Verein­barung nichts anderes hervor, so ist das vereinbarte Gericht aus­schliesslich zuständig.
² Die Gerichtsstandsvereinbarung ist unwirksam, wenn einer Partei ein Gerichtsstand des schweizerischen Rechts missbräuchlich entzo­gen wird.
³ Das vereinbarte Gericht darf seine Zuständigkeit nicht ablehnen:
a. wenn eine Partei ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Auf­ent­halt oder eine Niederlassung im Kanton des vereinbarten Ge­richts hat, oder
b. wenn nach diesem Gesetz auf den Streitgegenstand schwei­ze­ri­sches Recht anzuwenden ist.

V. Einlassung

Art. 6
In vermögensrechtlichen Streitigkeiten begründet die vorbehaltlose Einlassung die Zuständigkeit des angerufenen schweizerischen Gerichtes, sofern dieses nach Artikel 5 Absatz 3 seine Zuständigkeit nicht ablehnen kann.

VI. Schieds­vereinbarung

Art. 7
Haben die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schieds­vereinbarung getroffen, so lehnt das angerufene schweize­rische Gericht seine Zuständigkeit ab, es sei denn:
a. der Beklagte habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren einge­las­sen;
b. das Gericht stelle fest, die Schiedsvereinbarung sei hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar, oder
c. das Schiedsgericht könne nicht bestellt werden aus Gründen, für die der im Schiedsverfahren Beklagte offensichtlich ein­zu­stehen hat.

VII. Widerklage

Art. 8
Das Gericht, bei dem die Hauptklage hängig ist, beurteilt auch die Widerklage, sofern zwischen Haupt- und Widerklage ein sachli­cher Zusammenhang besteht.

VIII. Streitgenossenschaft und Klagenhäufung

Art. 8 a ⁵
¹ Richtet sich eine Klage gegen mehrere Streitgenossen, die nach die­sem Gesetz in der Schweiz verklagt werden können, so ist das für eine beklagte Partei zuständige schweizerische Gericht für alle beklagten Parteien zuständig.
² Stehen mehrere Ansprüche gegen eine beklagte Partei, die nach die­sem Gesetz in der Schweiz eingeklagt werden können, in einem sachlichen Zusammenhang, so ist jedes schweizerische Gericht zuständig, das für einen der Ansprüche zuständig ist.
⁵ Eingefügt durch Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

IX. Streitver- kün­dungsklage

Art. 8 b ⁶
Für die Streitverkündung mit Klage ist das schweizerische Gericht des Hauptprozesses zuständig, sofern gegen die streitberufene Partei ein Gerichtsstand in der Schweiz nach diesem Gesetz besteht.
⁶ Eingefügt durch Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

X. Adhäsionsklage

Art. 8 c ⁷
Kann ein zivilrechtlicher Anspruch in einem Strafprozess adhäsionsweise geltend gemacht werden, so ist das mit dem Strafprozess befas­ste schweizerische Gericht auch für die zivilrechtliche Klage zuständig, sofern bezüglich dieser Klage ein Gerichtsstand in der Schweiz nach diesem Gesetz besteht.
⁷ Eingefügt durch Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

XI. Rechts­hängigkeit ⁸

⁸ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).
Art. 9
¹ Ist eine Klage über denselben Gegenstand zwischen denselben Par­teien zuerst im Ausland hängig gemacht worden, so setzt das schwei­zerische Gericht das Verfahren aus, wenn zu erwarten ist, dass das ausländische Gericht in angemessener Frist eine Entschei­dung fällt, die in der Schweiz anerkennbar ist.
² Zur Feststellung, wann eine Klage in der Schweiz hängig ge­macht worden ist, ist der Zeitpunkt der ersten, für die Klageeinlei­tung not­wendigen Verfahrenshandlung massgebend. Als solche genügt die Einleitung des Sühneverfahrens.
³ Das schweizerische Gericht weist die Klage zurück, sobald ihm eine ausländische Entscheidung vorgelegt wird, die in der Schweiz an­erkannt werden kann.

XII. Vorsorgliche Massnahmen ⁹

⁹ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).
Art. 10 ¹⁰
Zuständig zur Anordnung vorsorglicher Massnahmen sind:
a. die schweizerischen Gerichte oder Behörden, die in der Haupt­sache zuständig sind; oder
b. die schweizerischen Gerichte und Behörden am Ort, an dem die Massnahme vollstreckt werden soll.
¹⁰ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

XIII. Rechtshilfe

1. Vermittlung der Rechtshilfe ¹¹

¹¹ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).
Art. 11 ¹²
Die Rechtshilfe zwischen der Schweiz und anderen Staaten wird durch das Bundesamt für Justiz vermittelt.
¹² Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

2. Anwendbares Recht

Art. 11 a ¹³
¹ Rechtshilfehandlungen, die in der Schweiz durchzuführen sind, werden nach schweizerischem Recht vorgenommen.
² Auf Begehren der ersuchenden Behörde können auch ausländische Verfahrensformen angewendet oder berücksichtigt werden, wenn es für die Durchsetzung eines Rechtsanspruchs im Ausland notwendig ist und nicht wichtige Gründe auf Seiten des Betroffenen entgegen­stehen.
³ Die schweizerischen Gerichte oder Behörden können Urkunden nach einer Form des ausländischen Rechts ausstellen oder einem Gesuch­steller die eidesstattliche Erklärung abnehmen, wenn eine Form nach schweizerischem Recht im Ausland nicht anerkannt wird und deshalb ein schützenswerter Rechtsanspruch dort nicht durchge­setzt werden könnte.
⁴ Bei Rechtshilfeersuchen um Zustellung oder um Beweiserhebung in die Schweiz und aus der Schweiz ist die Haager Übereinkunft vom 1. März 1954¹⁴ betreffend Zivilprozessrecht anwendbar.
¹³ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
¹⁴ SR 0.274.12

3. Kostenvorschuss und Sicherheit für die Parteientschädigung

Art. 11 b ¹⁵
Der Kostenvorschuss und die Sicherheit für die Parteientschädigung richten sich nach der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008¹⁶ (ZPO).
¹⁵ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
¹⁶ SR 272

4. Unentgeltliche Rechtspflege

Art. 11 c ¹⁷
Den Personen mit Wohnsitz im Ausland wird die unentgeltliche Rechtspflege unter den gleichen Voraussetzungen gewährt wie den Personen mit Wohnsitz in der Schweiz.
¹⁷ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 12 ¹⁸
¹⁸ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

3. Abschnitt: Anwendbares Recht

I. Umfang der Ver­weisung

Art. 13
Die Verweisung dieses Gesetzes auf ein ausländisches Recht um­fasst alle Bestimmungen, die nach diesem Recht auf den Sachver­halt anwendbar sind. Die Anwendbarkeit einer Bestimmung des aus­län­di­schen Rechts ist nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass ihr ein öffentlichrechtlicher Charakter zugeschrieben wird.

II. Rück- und Wei­ter­verwei­sung

Art. 14
¹ Sieht das anwendbare Recht eine Rückverweisung auf das schwei­zerische Recht oder eine Weiterverweisung auf ein anderes auslän­disches Recht vor, so ist sie zu beachten, wenn dieses Ge­setz sie vor­sieht.
² In Fragen des Personen- oder Familienstandes ist die Rückver­wei­sung auf das schweizerische Recht zu beachten.

III. Ausnahme­klau­sel

Art. 15
¹ Das Recht, auf das dieses Gesetz verweist, ist ausnahmsweise nicht anwendbar, wenn nach den gesamten Umständen offensicht­lich ist, dass der Sachverhalt mit diesem Recht in nur geringem, mit einem anderen Recht jedoch in viel engerem Zusammenhang steht.
2 Diese Bestimmung ist nicht anwendbar, wenn eine Rechtswahl vor­liegt.

IV. Feststellung ausländischen Rechts

Art. 16
¹ Der Inhalt des anzuwendenden ausländischen Rechts ist von Amtes wegen festzustellen. Dazu kann die Mitwirkung der Parteien ver­langt werden. Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen kann der Nachweis den Parteien überbunden werden.
² Ist der Inhalt des anzuwendenden ausländischen Rechts nicht fest­stellbar, so ist schweizerisches Recht anzuwenden.

V. Vorbehalts­klau­sel

Art. 17
Die Anwendung von Bestimmungen eines ausländischen Rechts, ist ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führen würde, das mit dem schweizerischen Ordre public unvereinbar ist.

VI. Zwingende An­wendung des schweizerischen Rechts

Art. 18
Vorbehalten bleiben Bestimmungen des schweizerischen Rechts, die wegen ihres besonderen Zweckes, unabhängig von dem durch dieses Gesetz bezeichneten Recht, zwingend anzuwenden sind.

VII. Berück­sichti­gung zwin­gen­der Bestim­mun­gen eines aus­ländischen Rechts

Art. 19
¹ Anstelle des Rechts, das durch dieses Gesetz bezeichnet wird, kann die Bestimmung eines andern Rechts, die zwingend ange­wandt sein will, berücksichtigt werden, wenn nach schweizerischer Rechtsauf­fassung schützenswerte und offensichtlich überwiegende Interessen einer Partei es gebieten und der Sachverhalt mit jenem Recht einen engen Zusammenhang aufweist.
² Ob eine solche Bestimmung zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach ihrem Zweck und den daraus sich ergebenden Folgen für eine nach schweizerischer Rechtsauffassung sachgerechte Entschei­dung.

4. Abschnitt: Wohnsitz, Sitz und Staatsangehörigkeit

I. Wohnsitz, ge­wöhnlicher Auf­enthalt und Nie­derlassung einer natürlichen Per­son

Art. 20
¹ Im Sinne dieses Gesetzes hat eine natürliche Person:
a. ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält;
b. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, in dem sie wäh­rend längerer Zeit lebt, selbst wenn diese Zeit zum vornher­ein befri­stet ist;
c. ihre Niederlassung in dem Staat, in dem sich der Mittelpunkt ih­rer geschäftlichen Tätigkeit befindet.
² Niemand kann an mehreren Orten zugleich Wohnsitz haben. Hat ei­ne Person nirgends einen Wohnsitz, so tritt der gewöhnliche Auf­ent­halt an die Stelle des Wohnsitzes. Die Bestimmungen des Zivil­­gesetzbuches¹⁹ über Wohnsitz und Aufenthalt sind nicht an­wend­bar.
¹⁹ SR 210

II. Sitz und Niederlassung von Gesell­schaften und Trusts

Art. 21 ²⁰
¹ Bei Gesellschaften und bei Trusts nach Artikel 149 a gilt der Sitz als Wohnsitz.
² Als Sitz einer Gesellschaft gilt der in den Statuten oder im Gesell­schaftsvertrag bezeichnete Ort. Fehlt eine solche Bezeichnung, so gilt als Sitz der Ort, an dem die Gesellschaft tatsächlich verwaltet wird.
³ Als Sitz eines Trusts gilt der in den Bestimmungen des Trusts schriftlich oder in anderer Form durch Text nachweisbar bezeichnete Ort seiner Verwaltung. Fehlt eine solche Bezeichnung, so gilt als Sitz der tatsächliche Ort seiner Verwaltung.
⁴ Die Niederlassung einer Gesellschaft oder eines Trusts befindet sich in dem Staat, in dem der Sitz liegt, oder in einem der Staaten, in dem sich eine Zweigniederlassung befindet.
²⁰ Fassung gemäss Art. 2 des BB vom 20. Dez. 2006 über die Genehmigung und Um­setzung des Haager Übereink. über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung, in Kraft seit 1. Juli 2007 ( AS 2007 2849 ; BBl 2006 551 ).

III. Staats­angehö­rigkeit

Art. 22
Die Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person bestimmt sich nach dem Recht des Staates, zu dem die Staatsangehörigkeit in Frage steht.

IV. Mehrfache Staats­angehörig­keit

Art. 23
¹ Besitzt eine Person neben der schweizerischen eine andere Staats­angehörigkeit, so ist für die Begründung eines Heimatgerichtsstan­des ausschliesslich die schweizerische Staatsangehörigkeit mass­­gebend.
² Besitzt eine Person mehrere Staatsangehörigkeiten, so ist, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorsieht, für die Bestimmung des anwendbaren Rechts die Angehörigkeit zu dem Staat massgebend, mit dem die Person am engsten verbunden ist.
³ Ist die Staatsangehörigkeit einer Person Voraussetzung für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in der Schweiz, so genügt die Beachtung einer ihrer Staatsangehörigkeiten.

V. Staatenlose und Flüchtlinge

Art. 24
¹ Eine Person gilt als staatenlos, wenn ihr diese Eigenschaft im Sinne des New Yorker Übereinkommens vom 28. September 1954²¹ über die Rechtsstellung der Staatenlosen zu­kommt oder wenn ihre Bezie­hung zum Heimatstaat so gelockert ist, dass dies einer Staa­ten­losig­keit gleichkommt.
² Eine Person gilt als Flüchtling, wenn ihr diese Eigenschaft im Sinne des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979²² zu­kommt.
³ Ist dieses Gesetz auf Staatenlose oder Flüchtlinge anzuwenden, so gilt der Wohnsitz an Stelle der Staatsangehörigkeit.
²¹ SR 0.142.40
²² [ AS 1980 1718 ; 1986 2062 ; 1987 1674 ; 1990 938 , 1587 Art. 3 Abs. 1; 1994 1634 Ziff. I 8. 1 , 2876 , 1995 146 Ziff. II 1, 4356 ; 1997 2372 , 2394 ; 1998 1582 . AS 1999 2262 Art. 120 Bst. a]. Heute: BG vom 26. Juni 1998 ( SR 142.31 ).

5. Abschnitt: Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Ent­scheidungen

I. Anerkennung

1. Grundsatz

Art. 25
Eine ausländische Entscheidung wird in der Schweiz anerkannt:
a. wenn die Zuständigkeit der Gerichte oder Behörden des Staa­tes, in dem die Entscheidung ergangen ist, begründet war;
b. wenn gegen die Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann oder wenn sie endgültig ist, und
c. wenn kein Verweigerungsgrund im Sinne von Artikel 27 vor­liegt.

2. Zuständigkeit ausländischer Be­hörden

Art. 26
Die Zuständigkeit ausländischer Behörden ist begründet:
a. wenn eine Bestimmung dieses Gesetzes sie vorsieht oder, falls eine solche fehlt, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Ur­teilsstaat hatte;
b. wenn in vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Parteien sich durch eine nach diesem Gesetz gültige Vereinbarung der Zu­ständigkeit der Behörde unterworfen haben, welche die Ent­scheidung getroffen hat;
c. wenn sich der Beklagte in einer vermögensrechtlichen Strei­tig­keit vorbehaltlos auf den Rechtsstreit eingelassen hat;
d. wenn im Falle einer Widerklage die Behörde, die die Ent­schei­dung getroffen hat, für die Hauptklage zuständig war und zwi­schen Haupt- und Widerklage ein sachlicher Zusam­menhang be­steht.

3. Verweige­rungs­gründe

Art. 27
¹ Eine im Ausland ergangene Entscheidung wird in der Schweiz nicht anerkannt, wenn die Anerkennung mit dem schweizerischen Ordre public offensichtlich unvereinbar wäre.
² Eine im Ausland ergangene Entscheidung wird ebenfalls nicht anerkannt, wenn eine Partei nachweist:
a. dass sie weder nach dem Recht an ihrem Wohnsitz noch nach dem am gewöhnlichen Aufenthalt gehörig geladen wurde, es sei denn, sie habe sich vorbehaltlos auf das Ver­fahren einge­las­sen;
b. dass die Entscheidung unter Verletzung wesentlicher Grund­sät­ze des schweizerischen Verfahrensrechts zustande gekom­men ist, insbesondere dass ihr das rechtliche Gehör ver­wei­gert wor­den ist;
c. dass ein Rechtsstreit zwischen denselben Parteien und über den­selben Gegenstand zuerst in der Schweiz eingeleitet oder in der Schweiz entschieden worden ist oder dass er in einem Drittstaat früher entschieden worden ist und dieser Entscheid in der Schweiz anerkannt werden kann.
³ Im Übrigen darf die Entscheidung in der Sache selbst nicht nach­­geprüft werden.

II. Vollstreckung

Art. 28
Eine nach den Artikeln 25–27 anerkannte Entscheidung wird auf Begehren der interessierten Partei für vollstreckbar erklärt.

III. Verfahren

Art. 29
¹ Das Begehren auf Anerkennung oder Vollstreckung ist an die zuständige Behörde des Kantons zu richten, in dem die ausländische Entscheidung geltend gemacht wird. Dem Begehren sind beizu­le­gen:
a. eine vollständige und beglaubigte Ausfertigung der Entschei­dung;
b. eine Bestätigung, dass gegen die Entscheidung kein ordent­liches Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann oder dass sie endgültig ist, und
c. im Falle eines Abwesenheitsurteils eine Urkunde, aus der her­vorgeht, dass die unterlegene Partei gehörig und so recht­zeitig geladen worden ist, dass sie die Möglichkeit gehabt hatte, sich zu verteidigen.
² Im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren ist die Partei, die sich dem Begehren widersetzt, anzuhören; sie kann ihre Beweis­mit­tel geltend machen.
³ Wird eine Entscheidung vorfrageweise geltend gemacht, so kann die angerufene Behörde selber über die Anerkennung entscheiden.

IV. Gerichtlicher Vergleich

Art. 30
Die Artikel 25–29 gelten auch für den gerichtlichen Vergleich, sofern er in dem Staat, in dem er abgeschlossen worden ist, einer gerichtli­chen Entscheidung gleichgestellt wird.

V. Freiwillige Ge­richtsbarkeit

Art. 31
Die Artikel 25–29 gelten sinngemäss für die Anerkennung und Voll­streckung einer Entscheidung oder einer Urkunde der freiwil­ligen Gerichtsbarkeit.

VI. Eintragung in die Zivil­stands­register

Art. 32
¹ Eine ausländische Entscheidung oder Urkunde über den Zivil­stand wird aufgrund einer Verfügung der kantonalen Aufsichtsbe­hörde in die Zivilstandsregister eingetragen.
² Die Eintragung wird bewilligt, wenn die Voraussetzungen der Arti­kel 25–27 erfüllt sind.
³ Die betroffenen Personen sind vor der Eintragung anzuhören, wenn nicht feststeht, dass im ausländischen Urteilsstaat die verfah­rens­mässigen Rechte der Parteien hinreichend gewahrt worden sind.

2. Kapitel: Natürliche Personen

I. Grundsatz

Art. 33
¹ Sieht dieses Gesetz nichts anderes vor, so sind für personenrecht­­liche Verhältnisse die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Wohnsitz zuständig; sie wenden das Recht am Wohnsitz an.
² Für Ansprüche aus Persönlichkeitsverletzung gelten die Bestim­mungen dieses Gesetzes über unerlaubte Handlungen (Art. 129 ff.).

II. Rechts­fähigkeit

Art. 34
¹ Die Rechtsfähigkeit untersteht schweizerischem Recht.
² Beginn und Ende der Persönlichkeit unterstehen dem Recht des Rechtsverhältnisses, das die Rechtsfähigkeit voraussetzt.

III. Handlungs­fähigkeit

1. Grundsatz

Art. 35
Die Handlungsfähigkeit untersteht dem Recht am Wohnsitz. Ein Wechsel des Wohnsitzes berührt die einmal erworbene Handlungs­fähigkeit nicht.

2. Verkehrs­schutz

Art. 36
¹ Wer ein Rechtsgeschäft vorgenommen hat, obwohl er nach dem Recht an seinem Wohnsitz handlungsunfähig war, kann sich auf seine Handlungsunfähigkeit nicht berufen, wenn er nach dem Recht des Staates, in dem er das Rechtsgeschäft vor­ge­nommen hat, hand­lungs­fähig gewesen wäre, es sei denn, die andere Partei habe seine Hand­lungsunfähigkeit gekannt oder hätte sie kennen müs­sen.
² Diese Bestimmung ist auf familien- und erbrechtliche Rechts­geschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte über dingliche Rechte an Grund­stücken nicht anwendbar.

IV. Name

1. Grundsatz

Art. 37
¹ Der Name einer Person mit Wohnsitz in der Schweiz untersteht schweizerischem Recht; der Name einer Person mit Wohnsitz im Ausland untersteht dem Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist.
² Eine Person kann jedoch verlangen, dass ihr Name dem Hei­mat­recht untersteht.

2. Namens­änderung

Art. 38
¹ Für eine Namensänderung sind die schweizerischen Behörden am Wohnsitz des Gesuchstellers zuständig.
² Ein Schweizer Bürger ohne Wohnsitz in der Schweiz kann bei der Behörde seines Heimatkantons eine Namensänderung verlangen.
³ Voraussetzungen und Wirkungen der Namensänderung unterste­hen schweizerischem Recht.

3. Namens­änderung im Aus­land

Art. 39
Eine im Ausland erfolgte Namensänderung wird in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Wohnsitz- oder im Heimatstaat des Ge­such­stel­lers gültig ist.

4. Eintragung in die Zivilstands­regi­ster

Art. 40
Der Name wird nach den schweizerischen Grundsätzen über die Registerführung in die Zivilstandsregister eingetragen.

IV a . Geschlecht

Art. 40 a ²³
Die Artikel 37–40 sind sinngemäss auf das Geschlecht einer Person anwendbar.
²³ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 18. Dez. 2020 (Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister), in Kraft seit 1. Jan. 2022 ( AS 2021 668 ; BBl 2020 799 ).

V. Verschol­len­er­klärung

1. Zuständigkeit und anwendba­res Recht

Art. 41
¹ Für die Verschollenerklärung sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am letzten bekannten Wohnsitz der verschwunde­nen Person zuständig.
² Die schweizerischen Gerichte oder Behörden sind überdies für eine Verschollenerklärung zuständig, wenn hierfür ein schützens­wertes In­teresse besteht.
³ Voraussetzungen und Wirkungen der Verschollenerklärung unter­stehen schweizerischem Recht.

2. Verschollen- und Todes­erklärung im Ausland

Art. 42
Eine im Ausland ausgesprochene Verschollen- oder Todeserklä­rung wird in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat des letzten bekann­ten Wohnsitzes oder im Heimatstaat der verschwundenen Per­son er­gangen ist.

3. Kapitel: Eherecht

1. Abschnitt: Eheschliessung

I. Zuständigkeit

Art. 43
¹ Die schweizerischen Behörden sind für die Eheschliessung zu­stän­dig, wenn die Braut oder der Bräutigam in der Schweiz Wohnsitz oder das Schweizer Bürgerrecht hat.
² Ausländischen Brautleuten ohne Wohnsitz in der Schweiz kann durch die zuständige Behörde die Eheschliessung in der Schweiz auch bewilligt werden, wenn die Ehe im Wohnsitz- oder im Hei­mat­staat beider Brautleute anerkannt wird.
³ Die Bewilligung darf nicht allein deshalb verweigert werden, weil eine in der Schweiz ausgesprochene oder anerkannte Scheidung im Ausland nicht anerkannt wird.

II. Anwendbares Recht

Art. 44 ²⁴
Die Eheschliessung in der Schweiz untersteht schweizerischem Recht.
²⁴ Fassung gemäss Ziff. I 5 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).

III. Ehe­schlies­sung im Ausland

Art. 45
¹ Eine im Ausland gültig geschlossene Ehe wird in der Schweiz aner­kannt.
² Sind Braut oder Bräutigam Schweizer Bürger oder haben beide Wohnsitz in der Schweiz, so wird die im Ausland geschlossene Ehe anerkannt, wenn der Abschluss nicht in der offenbaren Absicht ins Ausland verlegt worden ist, die Vorschriften des schweizerischen Rechts über die Eheungültigkeit zu umgehen.²⁵
³ Eine im Ausland gültig geschlossene Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts wird in der Schweiz als eingetragene Partner­schaft anerkannt.²⁶
²⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
²⁶ Eingefügt durch Anhang Ziff. 17 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).

IV. Ungültig­erklärung der Ehe

Art. 45 a ²⁷
¹ Für Klagen auf Ungültigerklärung der Ehe sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz eines Ehegatten oder, wenn ein Wohnsitz in der Schweiz fehlt, am Eheschliessungsort oder am Heimatort eines Ehegatten zuständig.
² Die Klage untersteht schweizerischem Recht.
³ Für vorsorgliche Massnahmen und Nebenfolgen gelten die Artikel 62–64 sinngemäss.
⁴ Ausländische Entscheidungen, welche die Ungültigkeit einer Ehe feststellen, werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat ergangen sind, in dem die Ehe geschlossen wurde. Ist die Klage durch einen Ehegatten eingereicht worden, gilt Artikel 65 sinngemäss.
²⁷ Eingefügt durch Ziff. II 2 des BG vom 7. Okt. 1994 ( AS 1995 1126 ; BBl 1993 I 1169 ). Fassung gemäss Ziff. I 5 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).

2. Abschnitt: Wirkungen der Ehe im Allgemeinen

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 46
Für Klagen oder Massnahmen betreffend die ehelichen Rechte und Pflichten sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Wohnsitz oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen am gewöhnli­chen Aufenthalt eines der Ehegatten zuständig.

2. Heimat­zuständigkeit

Art. 47
Haben die Ehegatten weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufent­halt in der Schweiz und ist einer von ihnen Schweizer Bürger, so sind für Klagen oder Massnahmen betreffend die ehelichen Rechte und Pflichten die Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig, wenn es unmöglich oder unzumutbar ist, die Klage oder das Be­geh­ren am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt eines der Ehe­gatten zu erheben.

II. Anwendbares Recht

1. Grundsatz

Art. 48
¹ Die ehelichen Rechte und Pflichten unterstehen dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten ihren Wohnsitz haben.
² Haben die Ehegatten ihren Wohnsitz nicht im gleichen Staat, so unterstehen die ehelichen Rechte und Pflichten dem Recht des Wohn­sitzstaates, mit dem der Sachverhalt in engerem Zusam­men­hang steht.
³ Sind nach Artikel 47 die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig, so wenden sie schweizerisches Recht an.

2. Unterhalts­pflicht

Art. 49
Für die Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten gilt das Haager Über­einkommen vom 2. Oktober 1973²⁸ über das auf die Unter­halts­pflich­ten anzuwendende Recht.
²⁸ SR 0.211.213.01

III. Ausländische Entscheidungen oder Mass­nahmen

Art. 50
Ausländische Entscheidungen oder Massnahmen über die eheli­chen Rechte und Pflichten werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes eines der Ehegatten ergangen sind.

3. Abschnitt: Ehegüterrecht

I. Zuständigkeit

Art. 51
Für Klagen oder Massnahmen betreffend die güterrechtlichen Ver­hältnisse sind zuständig:
a. für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Falle des Todes eines Ehegatten die schweizerischen Gerichte oder Be­hörden, die für die erbrechtliche Auseinandersetzung zustän­dig sind (Art. 86–89);
b. für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Falle einer gerichtlichen Auflösung oder Trennung der Ehe die schwei­zeri­schen Gerichte, die hierfür zuständig sind (Art. 59, 60, 63, 64);
c. in den übrigen Fällen die schweizerischen Gerichte oder Behör­den, die für Klagen oder Massnahmen betreffend die Wir­kun­gen der Ehe zuständig sind (Art. 46, 47).

II. Anwendbares Recht

1. Rechtswahl

a. Grundsatz
Art. 52
¹ Die güterrechtlichen Verhältnisse unterstehen dem von den Ehe­­gatten gewählten Recht.
² Die Ehegatten können wählen zwischen dem Recht des Staates, in dem beide ihren Wohnsitz haben oder nach der Eheschliessung haben werden, und dem Recht eines ihrer Heimatstaaten. Artikel 23 Absatz 2 ist nicht anwendbar.
b. Modalitäten
Art. 53
¹ Die Rechtswahl muss schriftlich vereinbart sein oder sich ein­deu­tig aus dem Ehevertrag ergeben. Im Übrigen untersteht sie dem ge­wähl­ten Recht.
² Die Rechtswahl kann jederzeit getroffen oder geändert werden. Wird sie nach Abschluss der Ehe getroffen, so wirkt sie, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, auf den Zeitpunkt der Ehe­schliessung zurück.
³ Das gewählte Recht bleibt anwendbar, bis die Ehegatten ein ande­res Recht wählen oder die Rechtswahl aufheben.

2. Fehlen einer Rechtswahl

a. Grundsatz
Art. 54
¹ Haben die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, so unterstehen die güterrechtlichen Verhältnisse:
a. dem Recht des Staates, in dem beide gleichzeitig ihren Wohn­sitz haben, oder, wenn dies nicht der Fall ist,
b. dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten zuletzt gleich­zeitig ihren Wohnsitz hatten.
² Hatten die Ehegatten nie gleichzeitig Wohnsitz im gleichen Staat, so ist ihr gemeinsames Heimatrecht anwendbar.
³ Hatten die Ehegatten nie gleichzeitig Wohnsitz im gleichen Staat und haben sie auch keine gemeinsame Staatsangehörigkeit, so gilt die Gütertrennung des schweizerischen Rechts.
b. Wandelbarkeit und Rück­wirkung bei Wohn­sitz­wechsel
Art. 55
¹ Verlegen die Ehegatten ihren Wohnsitz von einem Staat in einen anderen, so ist das Recht des neuen Wohnsitzstaates rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschliessung anzuwenden. Die Ehegatten kön­nen durch schriftliche Vereinbarung die Rückwirkung aus­schliessen.
² Der Wohnsitzwechsel hat keine Wirkung auf das anzuwendende Recht, wenn die Parteien die Weitergeltung des früheren Rechts schriftlich vereinbart haben oder wenn zwischen ihnen ein Ehever­trag besteht.

3. Form des Ehe­vertrages

Art. 56
Der Ehevertrag ist formgültig, wenn er dem auf den Ehevertrag anwendbaren Recht oder dem Recht am Abschlussort entspricht.

4. Rechtsverhält­nisse mit Dritten

Art. 57
¹ Die Wirkungen des Güterstandes auf das Rechtsverhältnis zwi­schen einem Ehegatten und einem Dritten unterstehen dem Recht des Staa­tes, in dem dieser Ehegatte im Zeitpunkt der Entstehung des Rechts­verhältnisses seinen Wohnsitz hat.
² Hat der Dritte im Zeitpunkt der Entstehung des Rechts­ver­hält­nis­ses das Recht, dem die güterrechtlichen Verhältnisse un­ter­standen, gekannt oder hätte er es kennen müssen, so ist dieses anzuwenden.

III. Ausländische Entscheidun­gen

Art. 58
¹ Ausländische Entscheidungen über güterrechtliche Verhältnisse werden in der Schweiz anerkannt:
a. wenn sie im Wohnsitzstaat des beklagten Ehegatten ergan­gen sind oder wenn sie dort anerkannt werden;
b. wenn sie im Wohnsitzstaat des klagenden Ehegatten ergan­gen sind oder dort anerkannt werden, vorausgesetzt, der be­klagte Ehegatte hatte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz;
c. wenn sie im Staat, dessen Recht nach diesem Gesetz anwend­bar ist, ergangen sind oder wenn sie dort anerkannt werden, oder
d. wenn sie Grundstücke betreffen und am Ort der gelegenen Sa­che ergangen sind oder dort anerkannt werden.
² Für Entscheidungen über güterrechtliche Verhältnisse, die im Zusammenhang mit Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemein­schaft oder infolge Tod, Nichtigerklärung, Scheidung oder Tren­nung ergangen sind, richtet sich die Anerkennung nach den Bestimmun­gen dieses Gesetzes über das Ehe‑, Ehescheidungs- oder Erbrecht (Art. 50, 65 und 96).

4. Abschnitt: Scheidung und Trennung

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 59
Für Klagen auf Scheidung oder Trennung sind zuständig:
a. die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten;
b. die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Klägers, wenn dieser sich seit einem Jahr in der Schweiz aufhält oder wenn er Schweizer Bürger ist.

2. Heimat­zuständigkeit

Art. 60
Haben die Ehegatten keinen Wohnsitz in der Schweiz und ist einer von ihnen Schweizer Bürger, so sind die Gerichte am Heimatort für Klagen auf Scheidung oder Trennung der Ehe zuständig, wenn es unmöglich oder unzumutbar ist, die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben.

II. Anwendbares Recht

Art. 61 ²⁹
Scheidung und Trennung unterstehen schweizerischem Recht.
²⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).

III. Vorsorgliche Massnahmen

Art. 62
¹ Das schweizerische Gericht, bei dem eine Scheidungs- oder Tren­nungsklage hängig ist, kann vorsorgliche Massnahmen treffen, sofern seine Unzuständigkeit zur Beurteilung der Klage nicht offen­sichtlich ist oder nicht rechtskräftig festgestellt wurde.
² Die vorsorglichen Massnahmen unterstehen schweizerischem Recht.
³ Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Unterhaltspflicht der Ehegatten (Art. 49), die Wirkungen des Kindesverhältnisses (Art. 82 und 83) und den Minderjährigenschutz (Art. 85) sind vorbehal­ten.

IV. Nebenfolgen

Art. 63
¹ Die für Klagen auf Scheidung oder Trennung zuständigen schweizerischen Gerichte sind auch für die Regelung der Nebenfolgen zuständig. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Minderjährigenschutz (Art. 85) bleiben vorbehalten.³⁰
¹bis Für den Ausgleich von Vorsorgeansprüchen gegenüber einer schweizerischen Einrichtung der beruflichen Vorsorge sind sie ausschliesslich zuständig.³¹
² Die Nebenfolgen der Scheidung oder Trennung unterstehen schweizerischem Recht.³² Die Bestimmun­gen die­ses Ge­setzes über den Namen (Art. 37–40), die Unter­haltspflicht der Ehe­gat­ten (Art. 49), das eheliche Güterrecht (Art. 52–57), die Wir­kun­gen des Kindes­verhältnisses (Art. 82 und 83) und den Minder­jäh­ri­genschutz (Art. 85) sind vorbe­halten.
³⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
³¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
³² Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).

V. Ergänzung oder Abände­rung einer Ent­schei­dung

Art. 64
¹ Die schweizerischen Gerichte sind für Klagen auf Ergänzung oder Abänderung von Entscheidungen über die Scheidung oder die Tren­nung zuständig, wenn sie diese selbst ausgesprochen haben oder wenn sie nach Artikel 59 oder 60 zuständig sind. Die Be­stimmun­gen dieses Gesetzes über den Minderjährigenschutz (Art. 85) sind vor­behalten.
¹bis Für den Ausgleich von Vorsorgeansprüchen gegenüber einer schweizerischen Einrichtung der beruflichen Vorsorge sind die schweizerischen Gerichte ausschliesslich zuständig. Fehlt eine Zuständigkeit nach Absatz 1, so sind die schweizerischen Gerichte am Sitz der Vorsorgeeinrichtung zuständig.³³
² Die Ergänzung oder Abänderung eines Trennungs- oder Scheidungsurteils untersteht schweizerischem Recht.³⁴ Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Namen (Art. 37–40), die Unterhaltspflicht der Ehegatten (Art. 49), das ehe­li­che Güter­recht (Art. 52–57), die Wirkungen des Kindes­verhält­nisses (Art. 82 und 83) und den Minder­jährigenschutz (Art. 85) sind vorbehal­ten.
³³ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
³⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).

VI. Ausländi­sche Entschei­dun­gen

Art. 65
¹ Ausländische Entscheidungen über die Scheidung oder Trennung werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat des Wohnsit­zes, des gewöhnlichen Aufenthalts oder im Heimatstaat eines Ehe­gatten ergangen sind oder wenn sie in einem dieser Staaten aner­kannt wer­den.
² Ist jedoch die Entscheidung in einem Staat ergangen, dem kein oder nur der klagende Ehegatte angehört, so wird sie in der Schweiz nur anerkannt:
a. wenn im Zeitpunkt der Klageeinleitung wenigstens ein Ehe­gat­te in diesem Staat Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufent­halt hatte und der beklagte Ehegatte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte;
b. wenn der beklagte Ehegatte sich der Zuständigkeit des aus­län­di­schen Gerichts vorbehaltlos unterworfen hat, oder
c. wenn der beklagte Ehegatte mit der Anerkennung der Ent­schei­dung in der Schweiz einverstanden ist.

3 a . Kapitel: ³⁵ Eingetragene Partnerschaft ³⁶

³⁵ Eingefügt durch Anhang Ziff. 17 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
³⁶ Fassung gemäss Ziff. I 5 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs-heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).

I. Anwendung des dritten Kapitels

Art. 65 a ³⁷
Die Bestimmungen des dritten Kapitels gelten für die eingetragene Partnerschaft sinngemäss, mit Ausnahme von Artikel 43 Absatz 2.
³⁷ Fassung gemäss Ziff. I 5 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).

II. Zuständigkeit am Eintragungs­ort bei Auf­lösung

Art. 65 b
Haben die Partnerinnen oder Partner keinen Wohnsitz in der Schweiz und ist keine oder keiner von ihnen Schweizer Bürger, so sind für Klagen oder Begehren betreffend Auflösung der eingetrage­nen Partnerschaft die schweizerischen Gerichte am Eintragungsort zuständig, wenn es unmöglich oder unzumutbar ist, die Klage oder das Begehren am Wohnsitz einer der Personen zu erheben.

III. Anwend­bares Recht

Art. 65 c
¹ Kennt das nach den Bestimmungen des dritten Kapitels anwend­bare Recht keine Regeln über die eingetragene Partnerschaft, so ist schweizerisches Recht anwendbar; vorbehalten bleibt Artikel 49.
² Zusätzlich zu den in Artikel 52 Absatz 2 bezeichneten Rechten können die Partnerinnen oder Partner das Recht des Staates wählen, in dem die Partnerschaft eingetragen worden ist.

IV. Entschei­dungen oder Massnahmen des Eintragungs­staats

Art. 65 d
Ausländische Entscheidungen oder Massnahmen werden in der Schweiz anerkannt, wenn:
a. sie im Staat ergangen sind, in dem die Partnerschaft einge­tragen worden ist; und
b. es unmöglich oder unzumutbar war, die Klage oder das Begeh­ren in einem Staat zu erheben, dessen Zuständigkeit in der Schweiz gemäss den Bestimmungen des dritten Kapitels anerkannt ist.

4. Kapitel: Kindesrecht

1. Abschnitt: Entstehung des Kindesverhältnisses durch Ab­stammung

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 66
Für Klagen auf Feststellung oder Anfechtung des Kindesverhält­nis­ses sind die schweizerischen Gerichte am gewöhnlichen Aufe­nt­halt des Kindes oder am Wohnsitz der Mutter oder des Vaters zu­ständig.

2. Heimat­zuständigkeit

Art. 67
Haben die Eltern keinen Wohnsitz und das Kind keinen gewöhn­lichen Aufenthalt in der Schweiz, so sind die Gerichte am schwei­ze­ri­schen Heimatort der Mutter oder des Vaters für Klagen auf Fest­stel­lung oder Anfechtung des Kindesverhältnisses zuständig, wenn es unmöglich oder unzumutbar ist, die Klage am Wohnsitz der Mutter oder des Vaters oder am gewöhnlichen Aufenthalt des Kin­des zu erheben.

II. Anwendbares Recht

1. Grundsatz

Art. 68
¹ Die Entstehung des Kindesverhältnisses sowie dessen Feststel­lung oder Anfechtung unterstehen dem Recht am gewöhnlichen Aufent­halt des Kindes.
² Haben jedoch weder die Mutter noch der Vater Wohnsitz im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes, besitzen aber die Eltern und das Kind die gleiche Staatsangehörigkeit, so ist ihr ge­meinsa­mes Heimatrecht anzuwenden.

2. Massgeblicher Zeitpunkt

Art. 69
¹ Für die Bestimmung des auf die Entstehung, Feststellung oder Anfechtung des Kindesverhältnisses anwendbaren Rechts ist der Zeit­punkt der Geburt massgebend.
² Bei gerichtlicher Feststellung oder Anfechtung des Kindesver­hält­nisses ist jedoch der Zeitpunkt der Klageerhebung massge­bend, wenn ein überwiegendes Interesse des Kindes es erfordert.

III. Ausländische Entscheidun­gen

Art. 70
Ausländische Entscheidungen betreffend die Feststellung oder Anfechtung des Kindesverhältnisses werden in der Schweiz aner­kannt, wenn sie im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kin­des, in des­sen Heimatstaat oder im Wohnsitz- oder im Heimat­staat der Mutter oder des Vaters ergangen sind.

2. Abschnitt: Anerkennung

I. Zuständigkeit

Art. 71
¹ Für die Entgegennahme der Anerkennung sind die schweizeri­schen Behörden am Geburtsort oder am gewöhnlichen Aufenthalt des Kin­des, sowie die Behörden am Wohnsitz oder am Heimatort der Mut­ter oder des Vaters zuständig.
² Erfolgt die Anerkennung im Rahmen eines gerichtlichen Verfah­rens, in dem die Abstammung rechtserheblich ist, so kann auch der mit der Klage befasste Richter die Anerkennung entgegennehmen.
³ Für die Anfechtung der Anerkennung sind die gleichen Gerichte zu­ständig wie für die Feststellung oder Anfechtung des Kindes­ver­hält­nisses (Art. 66 und 67).

II. Anwendbares Recht

Art. 72
¹ Die Anerkennung in der Schweiz kann nach dem Recht am ge­wöhnlichen Aufenthalt des Kindes, nach dessen Heimatrecht, nach dem Recht am Wohnsitz oder nach dem Heimatrecht der Mutter oder des Vaters erfolgen. Massgebend ist der Zeitpunkt der Aner­kennung.
² Die Form der Anerkennung in der Schweiz untersteht schweizeri­schem Recht.
³ Die Anfechtung der Anerkennung untersteht schweizerischem Recht.

III. Ausländische Anerkennung und Anfechtung der Anerken­nung

Art. 73
¹ Die im Ausland erfolgte Anerkennung eines Kindes wird in der Schweiz anerkannt, wenn sie nach dem Recht am gewöhnlichen Auf­enthalt des Kindes, nach dessen Heimatrecht, nach dem Recht am Wohnsitz oder nach dem Heimatrecht der Mutter oder des Va­ters gültig ist.
² Ausländische Entscheidungen über die Anfechtung einer Aner­ken­nung werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie in einem der in Absatz 1 genannten Staaten ergangen sind.

IV. Legitimation

Art. 74
Für die Anerkennung einer im Ausland erfolgten Legitimation gilt Artikel 73 sinngemäss.

3. Abschnitt: Adoption

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 75
¹ Die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Wohnsitz der adoptierenden Person oder der adoptierenden Ehegatten sind zu­stän­dig, die Adoption auszusprechen.
² Für die Anfechtung der Adoption sind die gleichen Gerichte zuständig wie für die Feststellung oder die Anfechtung des Kindes­ver­hältnisses (Art. 66 und 67).

2. Heimat­zuständigkeit

Art. 76
Haben die adoptierende Person oder die adoptierenden Ehegatten keinen Wohnsitz in der Schweiz und ist einer von ihnen Schweizer Bürger, so sind die Gerichte oder Behörden am Heimatort für die Adoption zuständig, wenn es unmöglich oder unzumutbar ist, die Adoption an ihrem Wohnsitz durchzuführen.

II. Anwendbares Recht

Art. 77
¹ Die Voraussetzungen der Adoption in der Schweiz unterstehen schweizerischem Recht.
² Zeigt sich, dass eine Adoption im Wohnsitz- oder im Heimatstaat der adoptierenden Person oder der adoptierenden Ehegatten nicht anerkannt und dem Kind daraus ein schwerwiegender Nachteil erwach­sen würde, so berücksichtigt die Behörde auch die Vorausset­zungen des Rechts des betreffenden Staates. Erscheint die Anerken­nung auch dann nicht als gesichert, so darf die Adoption nicht ausge­sprochen werden.
³ Die Anfechtung einer in der Schweiz ausgesprochenen Adoption untersteht schweizerischem Recht. Eine im Ausland ausgesproche­ne Adoption kann in der Schweiz nur angefochten werden, wenn auch ein Anfechtungsgrund nach schweizerischem Recht vorliegt.

III. Ausländische Adoptionen und ähnliche Akte

Art. 78
¹ Ausländische Adoptionen werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat des Wohnsitzes oder im Heimatstaat der adoptie­renden Person oder der adoptierenden Ehegatten ausgesprochen worden sind.
² Ausländische Adoptionen oder ähnliche Akte, die von einem Kin­desverhältnis im Sinne des schweizerischen Rechts wesentlich abweichende Wirkungen haben, werden in der Schweiz nur mit den Wirkungen anerkannt, die ihnen im Staat der Begründung zukom­men.

4. Abschnitt: Wirkungen des Kindesverhältnisses

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 79
¹ Für Klagen betreffend die Beziehungen zwischen Eltern und Kind, insbesondere betreffend den Unterhalt des Kindes, sind die schwei­zerischen Gerichte am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder am Wohnsitz oder, wenn ein solcher fehlt, am gewöhnlichen Aufenthalt des beklagten Elternteils zuständig.
² Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Namen (Art. 33, 37–40), den Schutz Minderjähriger (Art. 85) und das Erbrecht (Art. 86–89) sind vorbehalten.

2. Heimat­zuständigkeit

Art. 80
Hat weder das Kind noch der beklagte Elternteil Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz und ist einer von ihnen Schweizer Bürger, so sind die Gerichte am Heimatort zuständig.

3. Ansprüche Drit­ter

Art. 81
Die nach Artikel 79 und 80 zuständigen schweizerischen Gerichte entscheiden ebenfalls:
a. über Ansprüche von Behörden, die für den Unterhalt des Kin­des Vorschuss geleistet haben;
b. über Ansprüche der Mutter auf Unterhalt und Ersatz der durch die Geburt entstandenen Kosten.

II. Anwendbares Recht

1. Grundsatz

Art. 82
¹ Die Beziehungen zwischen Eltern und Kind unterstehen dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes.
² Haben jedoch weder die Mutter noch der Vater Wohnsitz im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes, besitzen aber die Eltern und das Kind die gleiche Staatsangehörigkeit, so ist ihr ge­meinsa­mes Heimatrecht anzuwenden.
³ Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Namen (Art. 33, 37–40), den Schutz Minderjähriger (Art. 85) und das Erbrecht (Art. 90–95) sind vorbehalten.

2. Unterhalts­pflicht

Art. 83
¹ Für die Unterhaltspflicht zwischen Eltern und Kind gilt das Haa­ger Übereinkommen vom 2. Oktober 1973³⁸ über das auf Unterhalts­pflichten anzuwendende Recht.
² Soweit das Übereinkommen die Ansprüche der Mutter auf Unter­halt und Ersatz der durch die Geburt entstandenen Kosten nicht regelt, gilt es sinngemäss.
³⁸ SR 0.211.213.01

III. Ausländische Entscheidungen

Art. 84
¹ Ausländische Entscheidungen betreffend die Beziehungen zwi­schen Eltern und Kind werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat ergangen sind, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Auf­enthalt oder der beklagte Elternteil seinen Wohnsitz oder ge­wöhn­lichen Aufenth­alt hat.
² Die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Namen (Art. 39), den Schutz Minderjähriger (Art. 85) und das Erbrecht (Art. 96) sind vor­behalten.

5. Kapitel: Vormundschaft, Erwachsenenschutz und andere Schutzmassnahmen ³⁹

³⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 13 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 85 ⁴⁰
¹ Für den Schutz von Kindern gilt in Bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwendbare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Ent­scheidungen oder Massnahmen das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996⁴¹ über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern.
² Für den Schutz von Erwachsenen gilt in Bezug auf die Zuständig­keit der schweizerischen Gerichte oder Behörden, auf das anwend­bare Recht sowie auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländi­scher Entscheidungen oder Massnahmen das Haager Über­ein­kom­men vom 13. Januar 2000⁴² über den internationalen Schutz von Erwachsenen.
³ Die schweizerischen Gerichte oder Behörden sind ausserdem zuständig, wenn es für den Schutz einer Person oder von deren Vermögen unerlässlich ist.
⁴ Massnahmen, die in einem Staat ergangen sind, der nicht Vertrags­staat der in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Übereinkommen ist, werden anerkannt, wenn sie im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes oder des Erwachsenen ergangen sind oder dort anerkannt werden.
⁴⁰ Fassung gemäss Art. 15 des BG vom 21. Dez. 2007 über internationale Kindesentfüh­rung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen, in Kraft seit 1. Juli 2009 ( AS 2009 3077 ; BBl 2007 2595 ).
⁴¹ SR 0.211.231.011
⁴² SR 0.211.232.1

6. Kapitel: Erbrecht

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 86
¹ Für das Nachlassverfahren und die erbrechtlichen Streitigkeiten sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am letzten Wohn­sitz des Erblassers zuständig.
² Vorbehalten ist die Zuständigkeit des Staates, der für Grundstüc­ke auf seinem Gebiet die ausschliessliche Zuständigkeit vorsieht.

2. Heimat­zuständigkeit

Art. 87
¹ War der Erblasser Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Heimatort zuständig, soweit sich die ausländische Behörde mit sei­nem Nachlass nicht befasst.
² Sie sind stets zuständig wenn ein Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland sein in der Schweiz gelegenes Vermögen oder seinen gesamten Nachlass durch letztwillige Verfügung oder Erb­ver­trag der schweizerischen Zuständigkeit oder dem schwei­zeri­schen Recht unterstellt hat. Artikel 86 Absatz 2 ist vorbehalten.

3. Zuständigkeit am Ort der gele­genen Sache

Art. 88
¹ War der Erblasser Ausländer mit letztem Wohnsitz im Ausland, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Ort der gelege­nen Sache für den in der Schweiz gelegenen Nachlass zu­ständig, soweit sich die ausländischen Behörden damit nicht be­fassen.
² Befindet sich Vermögen an mehreren Orten, so sind die zuerst angerufenen schweizerischen Gerichte oder Behörden zuständig.

4. Sichernde Mass­nahmen

Art. 89
Hinterlässt der Erblasser mit letztem Wohnsitz im Ausland Vermö­gen in der Schweiz, so ordnen die schweizerischen Behörden am Ort der gelegenen Sache die zum einstweiligen Schutz der Vermö­gens­werte notwendigen Massnahmen an.

II. Anwendbares Recht

1. Letzter Wohnsitz in der Schweiz

Art. 90
¹ Der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz in der Schweiz un­tersteht schweizerischem Recht.
² Ein Ausländer kann jedoch durch letztwillige Verfügung oder Erb­vertrag den Nachlass einem seiner Heimatrechte unterstellen. Diese Unterstellung fällt dahin, wenn er im Zeitpunkt des Todes diesem Staat nicht mehr angehört hat oder wenn er Schweizer Bür­ger gewor­den ist.

2. Letzter Wohnsitz im Ausland

Art. 91
¹ Der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz im Ausland un­ter­steht dem Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohn­sitz­staates verweist.
² Soweit nach Artikel 87 die schweizerischen Gerichte oder Behör­den am Heimatort zuständig sind, untersteht der Nachlass eines Schwei­zers mit letztem Wohnsitz im Ausland schweizerischem Recht, es sei denn, der Erblasser habe in der letztwilligen Verfü­gung oder im Erb­vertrag ausdrücklich das Recht an seinem letzten Wohn­sitz vorbehal­ten.

3. Umfang des Erbstatuts und Nachlass­abwicklung

Art. 92
¹ Das auf den Nachlass anwendbare Recht bestimmt, was zum Nach­lass gehört, wer in welchem Umfang daran berechtigt ist, wer die Schulden des Nachlasses trägt, welche Rechtsbehelfe und Massnah­men zulässig sind und unter welchen Voraussetzungen sie angerufen werden können.
² Die Durchführung der einzelnen Massnahmen richtet sich nach dem Recht am Ort der zuständigen Behörde. Diesem Recht unter­ste­hen namentlich die sichernden Massnahmen und die Nachlass­­ab­wicklung mit Einschluss der Willensvollstreckung.

4. Form

Art. 93
¹ Für die Form der letztwilligen Verfügung gilt das Haager Über­ein­kommen vom 5. Oktober 1961⁴³ über das auf die Form letztwil­liger Verfügungen anwendbare Recht.
² Dieses Übereinkommen gilt sinngemäss auch für die Form ande­rer Verfügungen von Todes wegen.
⁴³ SR 0.211.312.1

5. Verfügungs­fähigkeit

Art. 94
Eine Person kann von Todes wegen verfügen, wenn sie im Zeit­punkt der Verfügung nach dem Recht am Wohnsitz oder am ge­wöhnlichen Aufenthalt oder nach dem Recht eines ihrer Heimat­staaten verfü­gungsfähig ist.

6. Erbverträge und gegenseitige Ver­fügungen von Todes we­gen

Art. 95
¹ Der Erbvertrag untersteht dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses.
² Unterstellt ein Erblasser im Vertrag den ganzen Nachlass seinem Heimatrecht, so tritt dieses an die Stelle des Wohnsitzrechts.
³ Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen müssen dem Wohn­sitzrecht jedes Verfügenden oder dem von ihnen gewählten ge­mein­samen Heimatrecht entsprechen.
⁴ Vorbehalten bleiben die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Form und die Verfügungsfähigkeit (Art. 93 und 94).

III. Ausländische Entscheidun­gen, Massnah­men, Ur­kunden und Rech­te

Art. 96
¹ Ausländische Entscheidungen, Massnahmen und Urkunden, die den Nachlass betreffen, sowie Rechte aus einem im Ausland eröff­ne­ten Nachlass werden in der Schweiz anerkannt:
a. wenn sie im Staat des letzten Wohnsitzes des Erblassers oder im Staat, dessen Recht er gewählt hat, getroffen, ausgestellt oder festgestellt worden sind oder wenn sie in einem dieser Staaten anerkannt werden, oder
b. wenn sie Grundstücke betreffen und in dem Staat, in dem sie liegen, getroffen, ausgestellt oder festgestellt worden sind oder wenn sie dort anerkannt werden.
² Beansprucht ein Staat für die in seinem Gebiet liegenden Grund­stücke des Erblassers die ausschliessliche Zuständigkeit, so werden nur dessen Entscheidungen, Massnahmen und Urkunden anerkannt.
³ Sichernde Massnahmen des Staates, in dem Vermögen des Erb­­lassers liegt, werden in der Schweiz anerkannt.

7. Kapitel: Sachenrecht

I. Zuständigkeit

1. Grundstücke

Art. 97
Für Klagen betreffend dingliche Rechte an Grundstücken in der Schweiz sind die Gerichte am Ort der gelegenen Sache ausschliess­lich zuständig.

2. Bewegliche Sa­chen

Art. 98
¹ Für Klagen betreffend dingliche Rechte an beweglichen Sachen sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz oder, wenn ein sol­cher fehlt, diejenigen am gewöhnlichen Aufenthalt des Beklag­ten zustän­dig.
² Überdies sind die schweizerischen Gerichte am Ort der gelegenen Sache zuständig.⁴⁴
⁴⁴ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umse­t­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

3. Kulturgut

Art. 98 a ⁴⁵
Für Klagen auf Rückführung von Kulturgut nach Artikel 9 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003⁴⁶ ist das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei oder am Ort, an dem das Kulturgut sich befindet, zuständig.
⁴⁵ Eingefügt durch Art. 32 Ziff. 3 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 1869 ; BBl 2002 535 ).
⁴⁶ SR 444.1

II. Anwendbares Recht

1. Grundstücke

Art. 99
¹ Dingliche Rechte an Grundstücken unterstehen dem Recht am Ort der gelegenen Sache.
² Für Ansprüche aus Immissionen, die von einem Grundstück aus­­gehen, gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes über unerlaubte Handlungen (Art. 138).

2. Bewegliche Sa­chen

a. Grundsatz

Art. 100
¹ Erwerb und Verlust dinglicher Rechte an beweglichen Sachen unterstehen dem Recht des Staates, in dem die Sache im Zeitpunkt des Vorgangs, aus dem der Erwerb oder der Verlust hergeleitet wird, liegt.
² Inhalt und Ausübung dinglicher Rechte an beweglichen Sachen unterstehen dem Recht am Ort der gelegenen Sache.

b. Sachen im Transit

Art. 101
Rechtsgeschäftlicher Erwerb und Verlust dinglicher Rechte an Sachen im Transit unterstehen dem Recht des Bestimmungsstaates.

c. Sachen, die in die Schweiz ge­langen

Art. 102
¹ Gelangt eine bewegliche Sache in die Schweiz und ist der Erwerb oder der Verlust eines dinglichen Rechts an ihr nicht bereits im Aus­land erfolgt, so gelten die im Ausland eingetretenen Vorgänge als in der Schweiz erfolgt.
² Gelangt eine bewegliche Sache in die Schweiz und ist an ihr im Ausland ein Eigentumsvorbehalt gültig begründet worden, der den Anforderungen des schweizerischen Rechts nicht genügt, so bleibt der Eigentumsvorbehalt in der Schweiz noch während drei Mona­ten gültig.
³ Dem gutgläubigen Dritten kann der Bestand eines solchen Eigen­tumsvorbehalts nicht entgegengehalten werden.

d. Eigentums­vor­behalt an Sa­chen, die aus­ge­führt werden

Art. 103
Der Eigentumsvorbehalt an einer zur Ausfuhr bestimmten beweg­lichen Sache untersteht dem Recht des Bestimmungsstaates.

e. Rechtswahl

Art. 104
¹ Die Parteien können den Erwerb und den Verlust dinglicher Rechte an beweglichen Sachen dem Recht des Abgangs- oder des Bestim­mungsstaates oder dem Recht unterstellen, dem das zu­grun­delie­­gende Rechtsgeschäft untersteht.
² Die Rechtswahl kann Dritten nicht entgegengehalten werden.

3. Besondere Re­geln

a. Verpfändung von Forderun­gen, Wert­papieren und anderen Rechten

Art. 105
¹ Die Verpfändung von Forderungen, Wertpapieren und anderen Rechten untersteht dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl kann Dritten nicht entgegengehalten werden.
² Fehlt eine Rechtswahl, so untersteht die Verpfändung von Forderungen dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Pfandgläubigers. Für die Verpfändung anderer Rechte gilt dasselbe, sofern diese durch ein Wertrecht, ein Wertpapier oder einen gleichwertigen Titel vertreten werden; andernfalls untersteht ihre Verpfändung dem auf sie anwendbaren Recht.⁴⁷
³ Dem Schuldner kann nur das Recht entgegengehalten werden, dem das verpfändete Recht untersteht.
⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 25. Sept. 2020 zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, in Kraft seit 1. Febr. 2021 ( AS 2021 33 ; BBl 2020 233 ).

b. Warenpapiere und gleichwertige Titel

Art. 106 ⁴⁸
¹ Das in Artikel 145 a Absatz 1 bezeichnete Recht bestimmt, ob ein Titel Waren vertritt.
² Vertritt ein physischer Titel die Ware, so unterstehen die dinglichen Rechte am Titel und an der Ware dem Recht, das auf den Titel als bewegliche Sache anwendbar ist.
³ Machen verschiedene Parteien dingliche Rechte an der Ware geltend, die einen unmittelbar, die anderen aufgrund eines Titels, so entscheidet über den Vorrang das auf die Ware selbst anwendbare Recht.
⁴⁸ Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 25. Sept. 2020 zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, in Kraft seit 1. Febr. 2021 ( AS 2021 33 ; BBl 2020 233 ).

c. Transport­­mittel

Art. 107
Die Bestimmungen anderer Gesetze über dingliche Rechte an Schif­fen, Luftfahrzeugen und anderen Transportmitteln sind vor­behalten.

III. Ausländische Entscheidun­gen

Art. 108
¹ Ausländische Entscheidungen über dingliche Rechte an Grund­stücken werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat, in dem sie liegen, ergangen sind oder wenn sie dort anerkannt wer­den.
² Ausländische Entscheidungen über dingliche Rechte an beweg­lichen Sachen werden in der Schweiz anerkannt:
a. wenn sie im Staat ergangen sind, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat; oder
b. wenn sie im Staat, in dem die Sache liegt, ergangen sind, so­fern der Beklagte dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
c.⁴⁹
...
⁴⁹ Aufgehoben durch Art. 2 des BB vom 3. Okt. 2008 über die Genehmigung und die Um­setzung des Übereinkommens über die auf bestimmte Rechte an intermediär­verwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung, mit Wirkung seit 1. Jan. 2010 ( AS 2009 6579 ; BBl 2006 9315 ).

7 a . Kapitel: ⁵⁰ Intermediärverwahrte Wertpapiere

⁵⁰ Eingefügt durch Art. 2 des BB vom 3. Okt. 2008 über die Genehmigung und die Um­setzung des Übereinkommens über die auf bestimmte Rechte an intermediärverwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung, in Kraft seit 1. Jan. 2010 ( AS 2009 6579 ; BBl 2006 9315 ).

I. Begriff

Art. 108 a ⁵¹
Der Begriff der intermediärverwahrten Wertpapiere ist im Sinne des Haager Übereinkommens vom 5. Juli 2006⁵² über die auf bestimmte Rechte an intermediärverwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung zu verstehen.
⁵¹ Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 25. Sept. 2020 zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, in Kraft seit 1. Febr. 2021 ( AS 2021 33 ; BBl 2020 233 ).
⁵² SR 0.221.556.1

II. Zuständigkeit

Art. 108 b
¹ Für Klagen betreffend intermediärverwahrte Wertpapiere sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen an seinem gewöhnlichen Aufenthalt zuständig.
² Für Klagen betreffend intermediärverwahrte Wertpapiere aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz sind überdies die Gerichte am Ort der Niederlassung zuständig.

III. Anwendba­res Recht

Art. 108 c
Für intermediärverwahrte Wertpapiere gilt das Haager Überein­kommen vom 5. Juli 2006⁵³ über die auf bestimmte Rechte an inter­mediärverwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung.
⁵³ SR 0.221.556.1

IV. Ausländische Entscheidungen

Art. 108 d
Ausländische Entscheidungen über intermediärverwahrte Wert­­papiere werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie:
a. im Staat ergangen sind, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; oder
b. im Staat ergangen sind, in dem der Beklagte seine Nieder­lassung hatte, und sie Ansprüche aus dem Betrieb dieser Niederlassung betreffen.

8. Kapitel: Immaterialgüterrecht

I. Zuständigkeit

Art. 109 ⁵⁴
¹ Für Klagen betreffend die Gültigkeit oder die Eintragung von Immaterialgüterrechten in der Schweiz sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten zuständig. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz in der Schweiz, so sind die schweizerischen Gerichte am Geschäftssitz des im Register eingetragenen Vertreters oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen am Sitz der schweizerischen Registerbehörde zuständig.
² Für Klagen betreffend Verletzung von Immaterialgüterrechten sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen an seinem gewöhnlichen Aufent­haltsort zuständig. Überdies sind die schweizerischen Gerichte am Handlungs- und Erfolgsort sowie für Klagen aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz die Gerichte am Ort der Nieder­lassung zuständig.
²bis Für Klagen betreffend gesetzliche Vergütungsansprüche für die rechtmässige Nutzung eines Immaterialguts gilt Absatz 2 sinngemäss.⁵⁵
³ ...⁵⁶
⁵⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2551 ; BBl 2006 1 ).
⁵⁵ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 27. Sept. 2019, in Kraft seit 1. April 2020 ( AS 2020 1003 ; BBl 2018 591 ).
⁵⁶ Aufgehoben durch Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umsetzung des Lugano-Übereink.), mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

II. Anwendbares Recht

Art. 110
¹ Immaterialgüterrechte unterstehen dem Recht des Staates, für den der Schutz der Immaterialgüter beansprucht wird.
² Für Ansprüche aus Verletzung von Immaterialgüterrechten kön­nen die Parteien nach Eintritt des schädigenden Ereignisses stets verein­baren, dass das Recht am Gerichtsort anzuwenden ist.
³ Verträge über Immaterialgüterrechte unterstehen den Bestimmun­gen dieses Gesetzes über das auf obligationenrechtliche Verträge anzuwendende Recht (Art. 122).

III. Ausländische Entscheidungen

Art. 111
¹ Ausländische Entscheidungen betreffend Immaterialgüterrechte werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie:
a. im Staat ergangen sind, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hatte; oder
b. am Handlungs- oder Erfolgsort ergangen sind und der Beklagte keinen Wohnsitz in der Schweiz hatte.⁵⁷
² Ausländische Entscheidungen betreffend Gültigkeit oder Eintra­gung von Immaterialgüterrechten werden nur anerkannt, wenn sie im Staat ergangen sind, für den der Schutz beansprucht wird, oder wenn sie dort anerkannt werden.
⁵⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2551 ; BBl 2006 1 ).

9. Kapitel: Obligationenrecht

1. Abschnitt: Verträge

I. Zuständigkeit

1. Wohnsitz und Niederlassung ⁵⁸

⁵⁸ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).
Art. 112
¹ Für Klagen aus Vertrag sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen an seinem gewöhnlichen Aufenthalt zuständig.
² Für Klagen aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz sind überdies die Gerichte am Ort der Niederlassung zuständig.

2. Erfüllungsort

Art. 113 ⁵⁹
Ist die für den Vertrag charakteristische Leistung in der Schweiz zu erbringen, so kann auch beim schweizerischen Gericht am Erfüllungsort dieser Leistung geklagt werden.
⁵⁹ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

3. Verträge mit Kon­sumenten

Art. 114
¹ Für die Klagen eines Konsumenten aus einem Vertrag, der den Vor­aussetzungen von Artikel 120 Absatz 1 entspricht, sind nach Wahl des Konsumenten die schweizerischen Gerichte zuständig:
a. am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt des Konsu­men­ten, oder
b. am Wohnsitz des Anbieters oder, wenn ein solcher fehlt, an des­sen gewöhnlichem Aufenthalt.
² Der Konsument kann nicht zum voraus auf den Gerichtsstand an seinem Wohnsitz oder an seinem gewöhnlichen Aufenthalt ver­zich­ten.

4. Arbeits­­verträge

Art. 115
¹ Für Klagen aus Arbeitsvertrag sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder am Ort zuständig, wo der Arbeit­nehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
² Für Klagen des Arbeitnehmers sind überdies die schweizerischen Gerichte an seinem Wohnsitz oder an seinem gewöhnlichen Auf­e­nt­halt zuständig.
³ Für Klagen bezüglich der auf die Arbeitsleistung anzuwendenden Arbeits- und Lohnbedingungen sind zudem die Schweizer Gerichte am Ort zuständig, an den der Arbeitnehmer für einen begrenzten Zeitraum und zur Verrichtung auch nur eines Teils seiner Arbeit aus dem Ausland entsandt worden ist.⁶⁰
⁶⁰ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 8. Okt. 1999 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in Kraft seit 1. Juni 2004 ( AS 2003 1370 ; BBl 1999 6128 ).

II. Anwendbares Recht

1. Im Allgemeinen

a. Rechtswahl
Art. 116
¹ Der Vertrag untersteht dem von den Parteien gewählten Recht.
² Die Rechtswahl muss ausdrücklich sein oder sich eindeutig aus dem Vertrag oder aus den Umständen ergeben. Im Übrigen unter­steht sie dem gewählten Recht.
³ Die Rechtswahl kann jederzeit getroffen oder geändert werden. Wird sie nach Vertragsabschluss getroffen oder geändert, so wirkt sie auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück. Die Rechte Drit­ter sind vorbehalten.
b. Fehlen einer Rechtswahl
Art. 117
¹ Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt.
² Es wird vermutet, der engste Zusammenhang bestehe mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn sie den Vertrag aufgrund einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat, in dem sich ihre Niederlassung befindet.
³ Als charakteristische Leistung gilt namentlich:
a. bei Veräusserungsverträgen die Leistung des Veräusserers;
b. bei Gebrauchsüberlassungsverträgen die Leistung der Partei, die eine Sache oder ein Recht zum Gebrauch überlässt;
c. bei Auftrag, Werkvertrag und ähnlichen Dienstleistungsver­trä­gen die Dienstleistung;
d. bei Verwahrungsverträgen die Leistung des Verwahrers;
e. bei Garantie- oder Bürgschaftsverträgen die Leistung des Ga­ran­ten oder des Bürgen.

2. Im Besonde­ren

a. Kauf beweg- li­cher körperlicher Sachen
Art. 118
¹ Für den Kauf beweglicher körperlicher Sachen gilt das Haager Übereinkommen vom 15. Juni 1955⁶¹ betreffend das auf internatio­na­le Kaufverträge über bewegliche körperliche Sachen anzuwen­­dende Recht.
² Artikel 120 ist vorbehalten.
⁶¹ SR 0.221.211.4
b. Grundstücke
Art. 119
¹ Verträge über Grundstücke oder deren Gebrauch unterstehen dem Recht des Staates, in dem sich die Grundstücke befinden.
² Eine Rechtswahl ist zulässig.
³ Die Form untersteht dem Recht des Staates, in dem sich das Grund­stück befindet, es sei denn, dieses Recht lasse die Anwen­dung eines anderen Rechts zu. Für ein Grundstück in der Schweiz richtet sich die Form nach schweizerischem Recht.
c. Verträge mit Kon­sumenten
Art. 120
¹ Verträge über Leistungen des üblichen Verbrauchs, die für den per­sönlichen oder familiären Gebrauch des Konsumenten be­stimmt sind und nicht im Zusammenhang mit der beruflichen oder ge­werb­lichen Tätigkeit des Konsumenten stehen, unterstehen dem Recht des Staa­tes, in dem der Konsument seinen gewöhnlichen Auf­ent­halt hat:
a. wenn der Anbieter die Bestellung in diesem Staat entgegen­ge­nommen hat;
b. wenn in diesem Staat dem Vertragsabschluss ein Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Konsument in die­sem Staat die zum Vertragsabschluss erforderlichen Rechts­handlun­gen vorgenommen hat, oder
c. wenn der Anbieter den Konsumenten veranlasst hat, sich ins Ausland zu begeben und seine Bestellung dort abzugeben.
² Eine Rechtswahl ist ausgeschlossen.
d. Arbeits­verträge
Art. 121
¹ Der Arbeitsvertrag untersteht dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
² Verrichtet der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich in meh­reren Staaten, so untersteht der Arbeitsvertrag dem Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung oder, wenn eine solche fehlt, der Wohn­sitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Arbei­t­gebers be­findet.
³ Die Parteien können den Arbeitsvertrag dem Recht des Staates unterstellen, in dem der Arbeitnehmer seinen gewöhnlichen Auf­ent­halt hat oder in dem der Arbeitgeber seine Niederlassung, sei­nen Wohn­sitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
e. Verträge über Immaterial­güterrechte
Art. 122
¹ Verträge über Immaterialgüterrechte unterstehen dem Recht des Staates, in dem derjenige, der das Immaterialgüterrecht überträgt oder die Benutzung an ihm einräumt, seinen gewöhnlichen Aufent­halt hat.
² Eine Rechtswahl ist zulässig.
³ Verträge zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über Rechte an Immaterialgütern, die der Arbeitnehmer im Rahmen der Erfül­lung des Arbeitsvertrages geschaffen hat, unterstehen dem auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Recht.

3. Gemeinsame Be­stimmungen

a. Schweigen auf einen Antrag
Art. 123
Schweigt eine Partei auf einen Antrag zum Abschluss eines Ver­trages, so kann sie sich für die Wirkungen des Schweigens auf das Recht des Staates berufen, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufent­halt hat.
b. Form
Art. 124
¹ Der Vertrag ist formgültig, wenn er dem auf den Vertrag an­wend­ba­ren Recht oder dem Recht am Abschlussort entspricht.
² Befinden sich die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in verschiedenen Staaten, so genügt es, wenn die Form dem Recht eines dieser Staaten entspricht.
³ Schreibt das auf den Vertrag anwendbare Recht die Beachtung einer Form zum Schutz einer Partei vor, so richtet sich die Formgül­tig­keit ausschliesslich nach diesem Recht, es sei denn, dieses lasse die An­wendung eines anderen Rechts zu.
c. Erfüllungs- und Untersu- chungsmodali- täten
Art. 125
Erfüllungs- und Untersuchungsmodalitäten unterstehen dem Recht des Staates, in dem sie tatsächlich erfolgen.
d. Stellvertre­tung
Art. 126
¹ Bei rechtsgeschäftlicher Vertretung untersteht das Verhältnis zwi­schen dem Vertretenen und dem Vertreter dem auf ihren Vertrag anwendbaren Recht.
² Die Voraussetzungen, unter denen eine Handlung des Vertreters den Vertretenen gegenüber dem Dritten verpflichtet, unterstehen dem Recht des Staates, in dem der Vertreter seine Niederlassung hat oder, wenn eine solche fehlt oder für den Dritten nicht erkenn­bar ist, dem Recht des Staates, in dem der Vertreter im Einzelfall haupt­sächlich handelt.
³ Steht der Vertreter in einem Arbeitsverhältnis zum Vertretenen und besitzt er keine eigene Geschäftsniederlassung, so befindet sich der Ort seiner Niederlassung am Sitz des Vertretenen.
⁴ Das nach Absatz 2 anwendbare Recht gilt auch für das Verhältnis zwischen dem nicht ermächtigten Vertreter und dem Dritten.

2. Abschnitt: Ungerechtfertigte Bereicherung

I. Zuständigkeit

Art. 127 ⁶²
Für Klagen aus ungerechtfertigter Bereicherung sind die schweizeri­schen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig. Überdies sind für Klagen aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz die Gerichte am Ort der Niederlassung zuständig.
⁶² Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2551 ; BBl 2006 1 ).

II. Anwendbares Recht

Art. 128
¹ Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung unterstehen dem Recht, dem das bestehende oder das vermeintliche Rechts­verhält­nis unterstellt ist, aufgrund dessen die Bereicherung statt­ge­funden hat.
² Besteht kein Rechtsverhältnis, so unterstehen die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung dem Recht des Staates, in dem die Bereicherung eingetreten ist; die Parteien können vereinbaren, dass das Recht am Gerichtsort anzuwenden ist.

3. Abschnitt: Unerlaubte Handlungen

I. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 129 ⁶³
¹ Für Klagen aus unerlaubter Handlung sind die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständig. Über­dies sind die schweizerischen Gerichte am Handlungs- oder Erfolg­sort sowie für Klagen aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz die Gerichte am Ort der Niederlassung zuständig.
² ...⁶⁴
⁶³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 5 des BG vom 22. Juni 2007, in Kraft seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2551 ; BBl 2006 1 ).
⁶⁴ Aufgehoben durch Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umsetzung des Lugano-Übereink.), mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

2. Im Besonderen

Art. 130
¹ Ist durch eine Kernanlage oder beim Transport von Kernmate­ria­­lien Schaden verursacht worden, so sind die schweizerischen Gerichte des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis einge­treten ist.
² Kann dieser Ort nicht ermittelt werden, so sind:
a. wenn der Inhaber einer Kernanlage haftet, die schweizeri­schen Gerichte des Ortes zuständig, in dem die Kernanlage gelegen ist;
b. wenn der Inhaber einer Transportbewilligung haftet, die schweizerischen Gerichte des Ortes zuständig, an dem der In­haber der Transportbewilligung seinen Wohnsitz oder sein Ge­richtsdo­mizil hat.
³ Klagen zur Durchsetzung des Auskunftsrechts gegen den Inhaber einer Datensammlung können bei den in Artikel 129 genannten Gerichten oder bei den schweizerischen Gerichten am Ort, wo die Da­tensammlung geführt oder verwendet wird, eingereicht werden.⁶⁵
⁶⁵ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz, in Kraft seit 1. Juli 1993 ( AS 1993 1945 ; BBl 1988 II 413 ).

3. Unmittelbares Forderungsrecht

Art. 131
Für Klagen aufgrund eines unmittelbaren Forderungsrechts gegen den Haftpflichtversicherer sind die schweizerischen Gerichte am Ort der Niederlassung des Versicherers oder diejenigen am Hand­lungs- oder am Erfolgsort zuständig.

II. Anwendbares Recht

1. Im Allgemeinen

a. Rechtswahl
Art. 132
Die Parteien können nach Eintritt des schädigenden Ereignisses stets vereinbaren, dass das Recht am Gerichtsort anzuwenden ist.
b. Fehlen einer Rechtswahl
Art. 133
¹ Haben Schädiger und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufent­halt im gleichen Staat, so unterstehen Ansprüche aus unerlaubter Hand­lung dem Recht dieses Staates.
² Haben Schädiger und Geschädigter ihren gewöhnlichen Aufent­halt nicht im gleichen Staat, so ist das Recht des Staates anzuwen­den, in dem die unerlaubte Handlung begangen worden ist. Tritt der Erfolg nicht in dem Staat ein, in dem die unerlaubte Handlung be­gangen worden ist, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Erfolg eintritt, wenn der Schädiger mit dem Eintritt des Erfolges in die­sem Staat rechnen musste.
³ Wird durch eine unerlaubte Handlung ein zwischen Schädiger und Ge­schädigtem bestehendes Rechtsverhältnis verletzt, so un­terste­hen An­sprüche aus unerlaubter Handlung, ungeachtet der Ab­sätze 1 und 2, dem Recht, dem das vorbestehende Rechtsverhältnis unter­stellt ist.

2. Im Besonde­ren

a. Strassen­verkehrs­unfälle
Art. 134
Für Ansprüche aus Strassenverkehrsunfällen gilt das Haager Über­einkommen vom 4. Mai 1971⁶⁶ über das auf Strassenverkehrsunfälle anwendbare Recht.
⁶⁶ SR 0.741.31
b. Produkte­­mängel
Art. 135
¹ Ansprüche aus Mängeln oder mangelhafter Beschreibung eines Produktes unterstehen nach Wahl des Geschädigten:
a. dem Recht des Staates, in dem der Schädiger seine Nieder­las­sung oder, wenn eine solche fehlt, seinen gewöhnlichen Auf­ent­halt hat, oder
b. dem Recht des Staates, in dem das Produkt erworben worden ist, sofern der Schädiger nicht nachweist, dass es in diesem Staat ohne sein Einverständnis in den Handel gelangt ist.
² Unterstehen Ansprüche aus Mängeln oder mangelhafter Beschrei­bung eines Produktes ausländischem Recht, so können in der Schweiz keine weitergehenden Leistungen zugesprochen werden, als nach schweizerischem Recht für einen solchen Schaden zuzu­spre­chen wären.
c. Unlauterer Wett­bewerb
Art. 136
¹ Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb unterstehen dem Recht des Staates, auf dessen Markt die unlautere Handlung ihre Wirkung ent­faltet.
² Richtet sich die Rechtsverletzung ausschliesslich gegen betrieb­liche Interessen des Geschädigten, so ist das Recht des Staates an­zu­wen­den, in dem sich die betroffene Niederlassung befindet.
³ Artikel 133 Absatz 3 ist vorbehalten.
d. Wettbewerbs­be­hinderung
Art. 137
¹ Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung unterstehen dem Recht des Staates, auf dessen Markt der Geschädigte von der Behinde­rung un­mittelbar betroffen ist.
² Unterstehen Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung ausländi­schem Recht, so können in der Schweiz keine weitergehenden Lei­s­tungen zugesprochen werden als nach schweizerischem Recht für eine unzulässige Wettbewerbsbehinderung zuzu­spre­chen wären.
e. Immissionen
Art. 138
Ansprüche aus schädigenden Einwirkungen, die von einem Grund­stück ausgehen, unterstehen nach Wahl des Geschädigten dem Recht des Staates, in dem das Grundstück liegt, oder dem Recht des Staa­tes, in dem der Erfolg einer Einwirkung eintritt.
f. Persönlich­keits­verletzung
Art. 139
¹ Ansprüche aus Verletzung der Persönlichkeit durch Medien, ins­­besondere durch Presse, Radio, Fernsehen oder durch andere Infor­ma­ti­onsmittel in der Öffentlichkeit unterstehen nach Wahl des Geschä­dig­ten:
a. dem Recht des Staates, in dem der Geschädigte seinen gewöhn­lichen Aufenthalt hat, sofern der Schädiger mit dem Ein­tritt des Erfolges in diesem Staat rechnen musste;
b. dem Recht des Staates, in dem der Urheber der Verletzung seine Niederlassung oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
c. dem Recht des Staates, in dem der Erfolg der verletzenden Handlung eintritt, sofern der Schädiger mit dem Eintritt des Er­folges in diesem Staat rechnen musste.
² Das Gegendarstellungsrecht gegenüber periodisch erscheinenden Medien richtet sich ausschliesslich nach dem Recht des Staates, in dem das Druckerzeugnis erschienen ist oder von dem aus die Ra­dio- oder Fernsehsendung verbreitet wurde.
³ Absatz 1 ist auch anwendbar auf Ansprüche aus Verletzung der Persönlichkeit durch das Bearbeiten von Personendaten sowie aus Beeinträchtigung des Rechts auf Auskunft über Personendaten.⁶⁷
⁶⁷ Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz, in Kraft seit 1. Juli 1993 ( AS 1993 1945 ; BBl 1988 II 413 ).

3. Besondere Be­stimmungen

a. Mehrfache Haft­pflichtige
Art. 140
Sind mehrere Personen an einer unerlaubten Handlung beteiligt, so ist für jede von ihnen das anwendbare Recht gesondert zu bestim­men, unabhängig von der Art ihrer Beteiligung.
b. Unmittelbares Forderungsrecht
Art. 141
Der Geschädigte kann seinen Anspruch direkt gegen den Versiche­rer des Haftpflichtigen geltend machen, wenn das auf die uner­laubte Handlung oder auf den Versicherungsvertrag anwendbare Recht es vorsieht.

4. Geltungs­bereich

Art. 142
¹ Das auf die unerlaubte Handlung anwendbare Recht bestimmt ins­besondere die Deliktsfähigkeit, die Voraussetzungen und den Umfang der Haftung sowie die Person des Haftpflichtigen.
² Sicherheits- und Verhaltensvorschriften am Ort der Handlung sind zu berücksichtigen.

4. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen

I. Mehrheit von Schuldnern

1. Ansprüche ge­gen mehrere Schuldner

Art. 143
Hat der Gläubiger Ansprüche gegen mehrere Schuldner, so unter­ste­hen die Rechtsfolgen daraus dem Recht, dem das Rechtsver­hältnis zwischen dem Gläubiger und dem in Anspruch genomme­nen Schuld­ner unterstellt ist.

2. Rückgriff zwi­schen Schuld­nern

Art. 144
¹ Ein Schuldner kann auf einen anderen Schuldner unmittelbar oder durch Eintritt in die Rechtsstellung des Gläubigers insoweit Rück­griff nehmen, als es die Rechte zulassen, denen die entsprechenden Schulden unterstehen.
² Die Durchführung des Rückgriffs untersteht dem gleichen Recht wie die Schuld des Rückgriffsverpflichteten. Fragen, die nur das Verhältnis zwischen Gläubiger und Rückgriffsberechtigtem betref­fen, unterstehen dem Recht, das auf die Schuld des Rückgriffs­berechtig­ten anwendbar ist.
³ Ob einer Einrichtung, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, ein Rückgriffsrecht zusteht, bestimmt sich nach dem auf diese Einrich­tung anwendbaren Recht. Für die Zulässigkeit und die Durchfüh­rung des Rückgriffes gelten die Absätze 1 und 2.

II. Übergang einer Forderung

1. Abtretung durch Vertrag

Art. 145
¹ Die Abtretung einer Forderung durch Vertrag untersteht dem von den Parteien gewählten Recht oder, wenn ein solches fehlt, dem auf die Forderung anzuwendenden Recht. Die Rechtswahl ist ge­gen­über dem Schuldner ohne dessen Zustimmung unwirksam.
² Für die Abtretung einer Forderung des Arbeitnehmers ist die Rechtswahl nur insoweit wirksam, als Artikel 121 Absatz 3 sie für den Arbeitsvertrag zulässt.
³ Die Form der Abtretung untersteht ausschliesslich dem auf den Abtretungsvertrag anwendbaren Recht.
⁴ Fragen, die nur das Verhältnis zwischen den Parteien des Ab­tre­tungsvertrages betreffen, unterstehen dem Recht, welches auf das der Abtretung zugrundeliegende Rechtsverhältnis an­wend­bar ist.

1 a . Übertragung mittels eines Titels

Art. 145 a ⁶⁸
¹ Ob eine Forderung durch einen Titel in Papier- oder gleichwertiger Form vertreten und mittels dieses Titels übertragen wird, bestimmt das darin bezeichnete Recht. Ist im Titel kein Recht bezeichnet, so gilt das Recht des Staates, in dem der Aussteller seinen Sitz oder, wenn ein solcher fehlt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
² Betreffend dingliche Rechte an einem physischen Titel bleiben die Bestimmungen des siebten Kapitels vorbehalten.
⁶⁸ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 25. Sept. 2020 zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register, in Kraft seit 1. Febr. 2021 ( AS 2021 33 ; BBl 2020 233 ).

2. Übergang kraft Gesetzes

Art. 146
¹ Der Übergang einer Forderung kraft Gesetzes untersteht dem Recht des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses zwischen altem und neuem Gläubiger oder, wenn ein solches fehlt, dem Recht der Forde­rung.
² Vorbehalten sind die Bestimmungen des Rechts der Forderung, die den Schuldner schützen.

III. Währung

Art. 147
¹ Was unter einer Währung zu verstehen ist, bestimmt das Recht des Staates, dessen Währung in Frage steht.
² Die Wirkungen einer Währung auf die Höhe einer Schuld unter­­stehen dem Recht, das auf die Schuld anwendbar ist.
³ In welcher Währung zu zahlen ist, richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem die Zahlung zu erfolgen hat.

IV. Verjährung und Erlöschen ei­ner Forderung

Art. 148
¹ Verjährung und Erlöschen einer Forderung unterstehen dem auf die Forderung anwendbaren Recht.
² Bei der Verrechnung untersteht das Erlöschen dem Recht der For­derung, deren Tilgung mit der Verrechnung bezweckt ist.
³ Die Neuerung, der Erlass- und der Verrechnungsvertrag richten sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes über das auf Ver­träge an­wendbare Recht (Art. 116 ff.).

5. Abschnitt: Ausländische Entscheidungen

Art. 149
¹ Ausländische Entscheidungen über obligationenrechtliche An­sprü­che werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat er­gangen sind:
a. in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hatte, oder
b. in dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und die Ansprüche mit einer Tätigkeit an diesem Ort zusam­men­hän­gen.
² Eine ausländische Entscheidung wird ferner anerkannt:
a.⁶⁹
wenn sie eine vertragliche Leistung betrifft, im Staat der Erfüllung der charakteristischen Leistung ergangen ist und der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte;
b. wenn sie Ansprüche aus Verträgen mit Konsumenten betrifft und am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt des Kon­sumenten ergangen ist, und die Voraussetzungen von Arti­kel 120 Absatz 1 erfüllt sind;
c. wenn sie Ansprüche aus einem Arbeitsvertrag betrifft, am Ar­beits- oder Betriebsort ergangen ist und der Arbeitnehmer sei­nen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte;
d. wenn sie Ansprüche aus dem Betrieb einer Niederlassung betrifft und am Sitz dieser Niederlassung ergangen ist;
e. wenn sie Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung betrifft, am Handlungs- oder am Erfolgsort ergangen ist und der Beklag­te seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte, oder
f. wenn sie Ansprüche aus unerlaubter Handlung betrifft, am Handlungs- oder am Erfolgsort ergangen ist und der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte.
⁶⁹ Fassung gemäss Art. 3 Ziff. 3 des BB vom 11. Dez. 2009 (Genehmigung und Umset­zung des Lugano-Übereink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 5601 ; BBl 2009 1777 ).

9 a. Kapitel: ⁷⁰ Trusts

⁷⁰ Eingefügt durch Art. 2 des BB vom 20. Dez. 2006 über die Genehmigung und Umsetzung des Haager Übereink. über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung, in Kraft seit 1. Juli 2007 ( AS 2007 2849 ; BBl 2006 551 ).

I. Begriff

Art. 149 a
Als Trusts gelten rechtsgeschäftlich errichtete Trusts im Sinne des Haager Übereinkommens vom 1. Juli 1985⁷¹ über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung, unabhängig davon, ob sie im Sinne von Artikel 3 des Übereinkommens schrift­lich nach­gewiesen sind.
⁷¹ SR 0.221.371

II. Zuständigkeit

Art. 149 b
¹ In trustrechtlichen Angelegenheiten ist die Gerichtsstandswahl gemäss den Bestimmungen des Trusts massgebend. Die Wahl oder eine Ermächtigung dazu in den Bestimmungen ist nur zu beachten, wenn sie schriftlich erfolgt ist oder in einer anderen Form, die ihren Nachweis durch Text ermöglicht. Ist nichts anderes bestimmt, so ist das bezeichnete Gericht ausschliesslich zuständig. Artikel 5 Absatz 2 gilt sinngemäss.
² Das bezeichnete Gericht darf seine Zuständigkeit nicht ablehnen, wenn:
a. eine Partei, der Trust oder ein Trustee Wohnsitz, gewöhn­­lichen Aufenthalt oder eine Niederlassung im Kanton dieses Gerichts hat, oder
b. ein Grossteil des Trustvermögens sich in der Schweiz befin­det.
³ Fehlt eine gültige Gerichtsstandswahl oder ist nach ihr das bezeichnete Gericht nicht ausschliesslich zuständig, so sind die schweize­rischen Gerichte zuständig:
a. am Wohnsitz oder, wenn ein solcher fehlt, am gewöhnlichen Aufenthalt der beklagten Partei;
b. am Sitz des Trusts; oder
c. für Klagen aufgrund der Tätigkeit einer Niederlassung in der Schweiz, am Ort dieser Niederlassung.
⁴ Bei Streitigkeiten über die Verantwortlichkeit infolge öffentlicher Ausgabe von Beteiligungspapieren und Anleihen kann ausserdem bei den schweizerischen Gerichten am Ausgabeort geklagt werden. Diese Zuständigkeit kann durch eine Gerichtsstandswahl nicht aus­geschlossen werden.

III. Anwend­bares Recht

Art. 149 c
¹ Für das auf Trusts anwendbare Recht gilt das Haager Überein­kommen vom 1. Juli 1985⁷² über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung.
² Das vom Übereinkommen bezeichnete anwendbare Recht ist auch dort massgebend, wo nach Artikel 5 des Übereinkommens dieses nicht anzuwenden ist oder wo nach Artikel 13 des Übereinkommens keine Verpflichtung zur Anerkennung eines Trusts besteht.
⁷² SR 0.221.371

IV. Besondere Vorschriften betreffend Publizität

Art. 149 d
¹ Bei Trustvermögen, das auf den Namen von Trustees im Grund­buch, im Schiffsregister oder im Luftfahrzeugbuch eingetragen ist, kann auf das Trustverhältnis durch eine Anmerkung hingewiesen werden.
² Trustverhältnisse, die in der Schweiz registrierte Immaterialgüter­rechte betreffen, werden auf Antrag im jeweiligen Register eingetra­gen.
³ Ein nicht angemerktes oder eingetragenes Trustverhältnis ist gut­gläubigen Dritten gegenüber unwirksam.

V. Ausländische Entscheidungen

Art. 149 e
¹ Ausländische Entscheidungen in trustrechtlichen Angelegenheiten werden in der Schweiz anerkannt, wenn:
a. sie von einem nach Artikel 149 b Absatz 1 gültig bezeichne­ten Gericht getroffen worden sind;
b. sie im Staat ergangen sind, in dem die beklagte Partei ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Nieder­lassung hatte;
c. sie im Staat ergangen sind, in dem der Trust seinen Sitz hatte;
d. sie im Staat ergangen sind, dessen Recht der Trust untersteht, oder
e. sie im Staat anerkannt werden, in dem der Trust seinen Sitz hat, und die beklagte Partei ihren Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte.
² Für ausländische Entscheidungen über Ansprüche aus öffentlicher Ausgabe von Beteiligungspapieren und Anleihen aufgrund von Prospekten, Zirkularen und ähnlichen Bekanntmachungen gilt sinn­gemäss Artikel 165 Absatz 2.

10. Kapitel: Gesellschaftsrecht

I. Begriffe

Art. 150
¹ Als Gesellschaften im Sinne dieses Gesetzes gelten organisierte Personenzusammenschlüsse und organisierte Vermögenseinheiten.
² Für einfache Gesellschaften, die sich keine Organisation gegeben haben, gilt das auf Verträge anwendbare Recht (Art. 116 ff.).

II. Zuständigkeit

1. Grundsatz

Art. 151
¹ In gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten sind die schweizeri­schen Gerichte am Sitz der Gesellschaft zuständig für Klagen ge­gen die Gesellschaft, die Gesellschafter oder die aus gesellschafts­rechtli­cher Verantwortlichkeit haftenden Personen.
² Für Klagen gegen einen Gesellschafter oder gegen eine aus ge­sell­schaftsrechtlicher Verantwortlichkeit haftende Person sind auch die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz oder, wenn ein solcher fehlt, diejenigen am gewöhnlichen Aufenthalt des Beklag­ten zuständig.
³ Für Klagen aus Verantwortlichkeit infolge öffentlicher Ausgabe von Beteiligungspapieren und Anleihen sind ausserdem die schwei­zeri­schen Gerichte am Ausgabeort zuständig. Diese Zu­ständigkeit kann durch eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht aus­geschlossen werden.
⁴ ...⁷³
⁷³ Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 18 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ). Aufgehoben durch Ziff. II 2 des BG vom 28. Sept. 2012, mit Wirkung seit 1. Mai 2013 ( AS 2013 1103 ; BBl 2011 6873 ).

2. Haftung für aus­ländische Ge­sellschaften

Art. 152
Für Klagen gegen die nach Artikel 159 haftenden Personen oder gegen die ausländische Gesellschaft, für die sie handeln, sind zu­stän­dig:
a. die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz oder, wenn ein sol­cher fehlt, diejenigen am gewöhnlichen Aufenthalt des Beklag­ten, oder
b. die schweizerischen Gerichte am Ort, an dem die Gesell­schaft tatsächlich verwaltet wird.

3. Schutzmass­nahmen

Art. 153
Für Massnahmen zum Schutze des in der Schweiz gelegenen Ver­mö­gens von Gesellschaften mit Sitz im Ausland sind die schwei­zeri­schen Gerichte oder Behörden am Ort des zu schützenden Ver­mö­genswertes zuständig.

III. Anwend­bares Recht

1. Grundsatz

Art. 154
¹ Gesellschaften unterstehen dem Recht des Staates, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind, wenn sie die darin vorgeschriebe­nen Publizitäts- oder Registrierungsvorschriften dieses Rechts er­fül­len oder, falls solche Vorschriften nicht bestehen, wenn sie sich nach dem Recht dieses Staates organisiert haben.
² Erfüllt eine Gesellschaft diese Voraussetzungen nicht, so unter­steht sie dem Recht des Staates, in dem sie tatsächlich verwaltet wird.

2. Umfang

Art. 155
Unter Vorbehalt der Artikel 156–161 bestimmt das auf die Gesell­schaft anwendbare Recht insbesondere:
a. die Rechtsnatur;
b. die Entstehung und den Untergang;
c. die Rechts- und Handlungsfähigkeit;
d. den Namen oder die Firma;
e. die Organisation;
f. die internen Beziehungen, namentlich diejenigen zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern;
g. die Haftung aus Verletzung gesellschaftsrechtlicher Vor­schrif­ten;
h. die Haftung für ihre Schulden;
i. die Vertretung der aufgrund ihrer Organisation handelnden Per­sonen.

IV. Sonderan­knüpfungen

1. Ansprüche aus öffentlicher Aus­gabe von Be­tei­li­gungs­papie­ren und Anlei­hen

Art. 156
Ansprüche aus öffentlicher Ausgabe von Beteiligungspapieren und Anleihen aufgrund von Prospekten, Zirkularen und ähnlichen Bekanntmachungen können nach dem auf die Gesellschaft anwendba­ren Recht oder nach dem Recht des Staates geltend gemacht wer­den, in dem die Ausgabe erfolgt ist.

2. Namens- und Firmenschutz

Art. 157
¹ Wird in der Schweiz der Name oder die Firma einer im schwei­ze­ri­schen Handelsregister eingetragenen Gesellschaft verletzt, so richtet sich deren Schutz nach schweizerischem Recht.
² Ist eine Gesellschaft nicht im schweizerischen Handelsregister ein­getragen, so richtet sich der Schutz ihres Namens oder ihrer Firma nach dem auf den unlauteren Wettbewerb (Art. 136) oder nach dem auf die Persönlichkeitsverletzung anwendbaren Recht (Art. 132, 133 und 139).

3. Beschränkung der Vertretungs­be­fugnis

Art. 158
Eine Gesellschaft kann sich nicht auf die Beschränkung der Vertre­tungsbefugnis eines Organs oder eines Vertreters berufen, die dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Nieder­las­sung der anderen Partei unbekannt ist, es sei denn, die andere Partei habe diese Beschränkung gekannt oder hätte sie kennen müs­sen.

4. Haftung für aus­ländische Ge­sellschaften

Art. 159
Werden die Geschäfte einer Gesellschaft, die nach ausländischem Recht gegründet worden ist, in der Schweiz oder von der Schweiz aus geführt, so untersteht die Haftung der für sie handelnden Per­so­nen schweizerischem Recht.

V. Zweignieder­las­sung aus­län­discher Gesell­schaf­ten in der Schweiz

Art. 160
¹ Eine Gesellschaft mit Sitz im Ausland kann in der Schweiz ei­ne Zweigniederlassung haben. Diese untersteht schweizeri­schem Recht.
² Die Vertretungsmacht einer solchen Zweigniederlassung richtet sich nach schweizerischem Recht. Mindestens eine zur Vertretung befugte Person muss in der Schweiz Wohnsitz haben und im Han­delsregister eingetragen sein.
³ Der Bundesrat erlässt die näheren Vorschriften über die Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister.

VI. Verlegung, Fusion, Spaltung und Vermögens­übertragung

1. Verlegung der Gesellschaft vom Ausland in die Schweiz

a. Grundsatz ⁷⁴

⁷⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
Art. 161
¹ Eine ausländische Gesellschaft kann sich ohne Liquidation und Neugründung dem schweizerischen Recht unterstellen, wenn das ausländische Recht es gestattet, die Gesellschaft die Voraussetzun­gen des ausländischen Rechts erfüllt und die Anpassung an eine schwei­zerische Rechtsform möglich ist.
² Der Bundesrat kann die Unterstellung unter das schweizerische Recht auch ohne Berücksichtigung des ausländischen Rechts zulas­sen, insbesondere wenn erhebliche schweizerische Interessen es erfordern.

b. Massgeblicher Zeitpunkt ⁷⁵

⁷⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
Art. 162
¹ Eine Gesellschaft, die nach schweizerischem Recht eintragungs­pflichtig ist, untersteht schweizerischem Recht, sobald sie nach­weist, dass sie den Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit in die Schweiz ver­legt und sich dem schweizerischen Recht angepasst hat.
² Eine Gesellschaft, die nach schweizerischem Recht nicht eintra­gungspflichtig ist, untersteht dem schweizerischen Recht, sobald der Wille, dem schweizerischen Recht zu unterstehen, deutlich er­kenn­bar ist, eine genügende Beziehung zur Schweiz besteht und die Anpas­sung an das schweizerische Recht erfolgt ist.
³ Eine Kapitalgesellschaft hat vor der Eintragung durch den Bericht eines zugelassenen Revi­sionsexperten im Sinne des Revisions­­aufsichtsgesetzes vom 16. Dezember 2005⁷⁶ nachzuweisen, dass ihr Grund­kapital nach schweizerischem Recht gedeckt ist.⁷⁷
⁷⁶ SR 221.302
⁷⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie An­pas­sungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).

2. Verlegung der Gesellschaft von der Schweiz ins Ausland

Art. 163 ⁷⁸
¹ Eine schweizerische Gesellschaft kann sich ohne Liquidation und Neugründung dem ausländischen Recht unterstellen, wenn die Voraussetzungen nach schweizerischem Recht erfüllt sind und sie nach dem ausländischen Recht fortbesteht.
² Die Gläubiger sind unter Hinweis auf die bevorstehende Änderung des Gesellschaftsstatuts öffentlich zur Anmeldung ihrer Forderungen aufzufordern. Artikel 46 des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003⁷⁹ findet sinngemäss Anwendung.
³ Die Bestimmungen über vorsorgliche Schutzmassnahmen im Falle internationaler Konflikte im Sinne von Artikel 61 des Landesversor­gungsgesetzes vom 8. Oktober 1982⁸⁰ sind vorbehalten.
⁷⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
⁷⁹ SR 221.301
⁸⁰ [ AS 1983 931 , 1992 288 Anhang Ziff. 24, 1995 1018 1794 , 1996 3371 Anhang 2 Ziff. 1, 2001 1439 , 2006 2197 Anhang Ziff. 48, 2010 1881 Anhang 1 Ziff. II 18, 2012 3655 Ziff. I 15. AS 2017 3097 Anhang 2 Ziff. I]. Siehe heute: das Landesversorgungsgesetz vom 17. Juni 2016 ( SR 531 ).

3. Fusion

a. Fusion vom Ausland in die Schweiz

Art. 163 a ⁸¹
¹ Eine schweizerische Gesellschaft kann eine ausländische Gesell­schaft übernehmen (Immigrationsabsorption) oder sich mit ihr zu einer neuen schweizerischen Gesellschaft zusammenschliessen (Immigrationskombination), wenn das auf die ausländische Gesell­schaft anwendbare Recht dies gestattet und dessen Voraussetzungen erfüllt sind.
² Im Übrigen untersteht die Fusion dem schweizerischen Recht.
⁸¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).

b. Fusion von der Schweiz ins Ausland

Art. 163 b ⁸²
¹ Eine ausländische Gesellschaft kann eine schweizerische Gesell­schaft übernehmen (Emigrationsabsorption) oder sich mit ihr zu einer neuen ausländischen Gesellschaft zusammenschliessen (Emigrations­kombination), wenn die schweizerische Gesellschaft nach­weist, dass:
a. mit der Fusion ihre Aktiven und Passiven auf die ausländi­sche Gesellschaft übergehen; und
b. die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte in der ausländischen Gesellschaft angemessen gewahrt bleiben.
² Die schweizerische Gesellschaft hat alle Vorschriften des schwei­zerischen Rechts zu erfüllen, die für die übertragende Gesellschaft gelten.
³ Die Gläubiger sind unter Hinweis auf die bevorstehende Fusion in der Schweiz öffentlich zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufor­dern. Artikel 46 des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003⁸³ findet sinn­gemäss Anwendung.
⁴ Im Übrigen untersteht die Fusion dem Recht der übernehmenden ausländischen Gesellschaft.
⁸² Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
⁸³ SR 221.301

c. Fusionsvertrag

Art. 163 c ⁸⁴
¹ Der Fusionsvertrag hat den zwingenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der auf die beteiligten Gesellschaften anwendbaren Rechte mit Einschluss der Formvorschriften zu entsprechen.
² Im Übrigen untersteht der Fusionsvertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Fusionsvertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusam­menhängt. Es wird vermutet, der engste Zusammenhang bestehe mit dem Staat, dessen Rechtsordnung die übernehmende Gesellschaft untersteht.
⁸⁴ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).

4. Spaltung und Vermögens­übertragung

Art. 163 d ⁸⁵
¹ Auf die Spaltung und die Vermögensübertragung, an welchen eine schweizerische und eine ausländische Gesellschaft beteiligt sind, finden die Vorschriften dieses Gesetzes über die Fusion sinngemäss Anwendung. Artikel 163 b Absatz 3 findet keine An­wendung auf die Vermögensübertragung.
² Im Übrigen unterstehen die Spaltung und die Vermögensübertra­gung dem Recht der sich spaltenden oder der ihr Vermögen auf einen anderen Rechtsträger übertragenden Gesellschaft.
³ Auf den Spaltungsvertrag findet unter den Voraussetzungen von Artikel 163 c Absatz 2 vermutungsweise das Recht der sich spalten­den Gesellschaft Anwendung. Das gilt sinngemäss auch für den Übertragungsvertrag.
⁸⁵ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).

5. Gemeinsame Bestimmungen

a. Löschung im Handelsregister

Art. 164 ⁸⁶
¹ Eine im schweizerischen Handelsregister eingetragene Gesellschaft kann nur gelöscht werden, wenn durch einen Bericht eines zugelas­senen Revisionsexperten bestätigt wird, dass die Forderungen der Gläubiger im Sinne von Artikel 46 des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003⁸⁷ sichergestellt oder erfüllt worden sind oder dass die Gläubiger mit der Löschung einverstanden sind.⁸⁸
² Übernimmt eine ausländische Gesellschaft eine schweizerische, schliesst sie sich mit ihr zu einer neuen ausländischen Gesellschaft zusammen oder spaltet sich eine schweizerische Gesellschaft in ausländische Gesellschaften auf, so muss überdies:
a. nachgewiesen werden, dass die Fusion oder die Spaltung gemäss dem auf die ausländische Gesellschaft anwendbaren Recht rechtsgültig geworden ist; und
b.⁸⁹
ein zugelassener Revisionsexperte bestätigen, dass die auslän­dische Gesellschaft den anspruchsberechtigten Gesell­schaftern der schweizerischen Gesellschaft die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte eingeräumt oder eine allfällige Aus­gleichs­zah­lung oder Abfindung aus­gerichtet oder sicher­ge­stellt hat.
⁸⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
⁸⁷ SR 221.301
⁸⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
⁸⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).

b. Betreibungsort und Gerichts­stand

Art. 164 a ⁹⁰
¹ Übernimmt eine ausländische Gesellschaft eine schweizerische, schliesst sie sich mit ihr zu einer neuen ausländischen Gesellschaft zusammen oder spaltet sich eine schweizerische Gesellschaft in ausländische Gesellschaften auf, so kann die Klage auf Überprüfung der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte gemäss Artikel 105 des Fusionsgesetzes vom 3. Oktober 2003⁹¹ auch am schweizerischen Sitz des übertragenden Rechtsträgers erhoben werden.
² Der bisherige Betreibungsort und Gerichtsstand in der Schweiz bleibt bestehen, bis die Forderungen der Gläubiger oder Anteilsin­haber sichergestellt oder befriedigt sind.
⁹⁰ Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
⁹¹ SR 221.301

c. Verlegung, Fusion, Spaltung und Vermögens­übertragung im Ausland

Art. 164 b ⁹²
Die Unterstellung einer ausländischen Gesellschaft unter eine andere ausländische Rechtsordnung und die Fusion, Spaltung und Vermö­gensübertragung zwischen aus­ländischen Gesellschaften werden in der Schweiz als gültig anerkannt, wenn sie nach den beteiligten Rechtsordnungen gültig sind.
⁹² Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).

VII. Aus­ländische Ent­scheidungen ⁹³

⁹³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Fusionsgesetzes vom 3. Okt. 2003, in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2617 ; BBl 2000 4337 ).
Art. 165
¹ Ausländische Entscheidungen über gesellschaftsrechtliche An­sprü­che werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat er­gangen sind:
a. in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, oder wenn sie dort aner­kannt werden und der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte, oder
b. in dem der Beklagte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhn­lichen Aufenthalt hat.
² Ausländische Entscheidungen über Ansprüche aus öffentlicher Aus­gabe von Beteiligungspapieren und Anleihen aufgrund von Pro­spek­ten, Zirkularen und ähnlichen Bekanntmachungen werden in der Schweiz anerkannt, wenn sie im Staat ergangen sind, in dem der Ausgabeort der Beteiligungspapiere oder Anleihen liegt und der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte.

11. Kapitel: Konkurs und Nachlassvertrag

I. Anerkennung

Art. 166 ⁹⁴
¹ Ein ausländisches Konkursdekret wird auf Antrag der ausländischen Konkursverwaltung, des Schuldners oder eines Konkursgläubigers anerkannt, wenn:
a. das Dekret im Staat, in dem es ergangen ist, vollstreckbar ist;
b. kein Verweigerungsgrund nach Artikel 27 vorliegt; und
c. es ergangen ist: 1. im Wohnsitzstaat des Schuldners, oder
2. im Staat des Mittelpunktes der hauptsächlichen Interessen des Schuldners, vorausgesetzt, dieser hatte im Zeitpunkt der Eröffnung des ausländischen Verfahrens seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz.
² Hat der Schuldner eine Zweigniederlassung in der Schweiz, so ist ein Verfahren nach Artikel 50 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889⁹⁵ über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) bis zur Veröffentlichung der Anerkennung nach Artikel 169 dieses Gesetzes zulässig.
³ Ist ein Verfahren nach Artikel 50 Absatz 1 SchKG bereits eröffnet und die Frist nach Artikel 250 SchKG nicht abgelaufen, so wird dieses Verfahren nach der Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets eingestellt. Bereits angemeldete Forderungen werden nach Massgabe von Artikel 172 in den Kollokationsplan des Hilfskonkursverfahrens aufgenommen. Die aufgelaufenen Verfahrenskosten werden dem Hilfskonkursverfahren zugeschlagen.
⁹⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).
⁹⁵ SR 281.1

II. Verfahren

1. Zuständigkeit

Art. 167
¹ Hat der Schuldner in der Schweiz eine im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung, so ist der Antrag auf Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets an das zuständige Gericht an ihrem Sitz zu richten. In allen anderen Fällen ist der Antrag an das Gericht am Ort des Vermögens in der Schweiz zu richten. Artikel 29 ist sinngemäss anwendbar.⁹⁶
² Hat der Schuldner mehrere Zweigniederlassungen oder befindet sich Vermögen an mehreren Orten, so ist das zuerst angerufene Gericht zuständig.⁹⁷
³ Forderungen des Gemeinschuldners gelten als dort gelegen, wo der Schuldner des Gemeinschuldners seinen Wohnsitz hat.
⁹⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).
⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

2. Sichernde Mass­nahmen

Art. 168
Sobald die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets bean­tragt ist, kann das Gericht auf Begehren des Antragstellers die sichernden Massnahmen nach den Artikeln 162–165 und 170 SchKG⁹⁸ ⁹⁹ an­ordnen.
⁹⁸ SR 281.1
⁹⁹ Ausdruck gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ). Die Änd. wurde im ganzen Text berücksichtigt.

3. Veröffent­lichung

Art. 169
¹ Die Entscheidung über die Anerkennung des ausländischen Kon­kursdekrets wird veröffentlicht.
² Diese Entscheidung wird dem Betreibungsamt, dem Konkursamt, dem Grundbuchamt und dem Handelsregister am Ort des Vermö­gens sowie gegebenenfalls dem eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum¹⁰⁰ mitge­teilt. Das Gleiche gilt für den Abschluss und die Einstellung des Hilfskonkursverfahrens, für den Widerruf des Konkurses sowie für den Verzicht auf die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens.¹⁰¹
¹⁰⁰ Bezeichnung gemäss nicht veröffentlichtem BRB vom 19. Dez. 1997.
¹⁰¹ Fassung des Satzes gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

III. Rechtsfolgen

1. Im Allgemeinen

Art. 170
¹ Die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets zieht, soweit dieses Gesetz nichts anderes vorsieht, für das in der Schweiz gele­ge­ne Vermögen des Schuldners die konkursrechtlichen Folgen des schweizerischen Rechts nach sich.
² Die Fristen nach schweizerischem Recht beginnen mit der Ver­öffentlichung der Entscheidung über die Anerkennung.
³ Der Konkurs wird im summarischen Verfahren durchgeführt, sofern nicht die ausländische Konkursverwaltung oder ein Gläubiger nach Artikel 172 Absatz 1 vor der Verteilung des Erlöses beim Konkursamt das ordentliche Verfahren verlangt und für die voraussichtlich ungedeckten Kosten hinreichende Sicherheit leistet.¹⁰²
¹⁰² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

2. Anfechtungs­klage

Art. 171
¹ Die Anfechtungsklage untersteht den Artikeln 285–292 SchKG¹⁰³. Sie kann auch durch die aus­ländische Konkursverwaltung oder durch einen dazu berech­tigten Konkursgläubiger erhoben werden.
² Massgebend für die Berechnung der Fristen nach den Artikeln 285–288 a und 292 SchKG ist der Zeitpunkt der ausländischen Konkurseröffnung.¹⁰⁴
¹⁰³ SR 281.1
¹⁰⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

3. Kollokati­ons­plan

Art. 172
¹ In den Kollokationsplan werden nur aufgenommen:
a. die pfandgesicherten Forderungen nach Artikel 219 SchKG¹⁰⁵;
b. die nicht pfandgesicherten, aber privilegierten Forderungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz; und
c. die Forderungen aus Verbindlichkeiten, die auf Rechnung einer im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassung des Schuldners eingegangen worden sind.¹⁰⁶
² Zur Kollokationsklage nach Artikel 250 SchKG sind nur Gläubiger nach Absatz 1 sowie die ausländische Konkursverwaltung berechtigt.¹⁰⁷
³ Ist ein Gläubiger in einem ausländischen Verfahren, das mit dem Konkurs in Zusammenhang steht, teilweise befriedigt worden, so ist dieser Teil nach Abzug der ihm entstandenen Kosten im schweizeri­schen Verfahren auf die Konkursdividende anzurech­nen.
¹⁰⁵ SR 281.1
¹⁰⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).
¹⁰⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

4. Verteilung

a. Anerkennung des aus­ländi­schen Kollokati­ons­planes

Art. 173
¹ Bleibt nach Befriedigung der Gläubiger gemäss Artikel 172 Absatz 1 dieses Gesetzes ein Überschuss, so wird dieser der ausländi­schen Konkursverwaltung oder den berechtigten Konkursgläubi­gern zur Verfügung gestellt.
² Der Überschuss darf erst zur Verfügung gestellt werden, wenn der ausländische Kollokationsplan anerkannt worden ist.
³ Für die Anerkennung des ausländischen Kollokationsplanes ist das schweizerische Gericht zuständig, welches das ausländische Konkursdekret anerkannt hat. Es überprüft insbesondere, ob die Forde­rungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz im ausländi­schen Kollokationsplan angemessen berücksichtigt worden sind. Diese Gläubiger werden angehört.

b. Nichtaner­kennung des aus­ländischen Kolloka­tions­planes

Art. 174
¹ Wird der ausländische Kollokationsplan nicht anerkannt, so ist ein Überschuss an die Gläubiger der dritten Klasse mit Wohnsitz in der Schweiz gemäss Artikel 219 Absatz 4 SchKG¹⁰⁸ zu verteilen.¹⁰⁹
² Das Gleiche gilt, wenn der Kollokationsplan nicht innert der vom Richter angesetzten Frist zur Anerkennung vorgelegt wird.
¹⁰⁸ SR 281.1
¹⁰⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 22 des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 ( AS 1995 1227 ; BBl 1991 III 1 ).

5. Verzicht auf Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens

Art. 174 a ¹¹⁰
¹ Auf Antrag der ausländischen Konkursverwaltung kann auf die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens verzichtet werden, wenn keine Forderungen nach Artikel 172 Absatz 1 angemeldet wurden.
² Haben Gläubiger, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, andere als die in Artikel 172 Absatz 1 erwähnten Forderungen angemeldet, so kann das Gericht auf die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens verzichten, wenn die Forderungen dieser Gläubiger im ausländischen Verfahren angemessen berücksichtigt werden. Diese Gläubiger werden angehört.
³ Das Gericht kann den Verzicht mit Bedingungen und Auflagen versehen.
⁴ Wird auf die Durchführung eines Hilfskonkursverfahrens verzichtet, so darf die ausländische Konkursverwaltung unter Beachtung des schweizerischen Rechts sämtliche Befugnisse ausüben, die ihr nach dem Recht des Staates der Konkurseröffnung zustehen; sie darf insbesondere Vermögenswerte ins Ausland verbringen und Prozesse führen. Diese Befugnisse umfassen nicht die Vornahme hoheitlicher Handlungen, die Anwendung von Zwangsmitteln oder das Recht, Streitigkeiten zu entscheiden.
¹¹⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

IIIbis. Koordi­nation

Art. 174 b ¹¹¹
Bei Verfahren, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen, können die beteiligten Behörden und Organe ihre Handlungen untereinander sowie mit ausländischen Behörden und Organen koordinieren.
¹¹¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

IIIter. Anerkennung ausländischer Entscheidungen über Anfechtungs-ansprüche und ähnlicher Entscheidungen

Art. 174 c ¹¹²
Ausländische Entscheidungen über Anfechtungsansprüche und andere gläubigerschädigende Handlungen, die in einem engen Zusammenhang mit einem in der Schweiz anerkannten Konkursdekret stehen, werden nach den Artikeln 25–27 anerkannt, wenn sie im Ursprungsstaat des Konkursdekrets ergangen sind oder in diesem Staat anerkannt werden und der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte.
¹¹² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

IV. Anerken­nung aus­ländischer Nachlass­ver­träge und ähnli­cher Ver­fahren

Art. 175
Eine von der zuständigen ausländischen Behörde ausgesprochene Genehmigung eines Nachlassvertrages oder eines ähnlichen Ver­fah­rens wird in der Schweiz anerkannt. Die Artikel 166–170 und 174 a –174 c gelten sinngemäss.¹¹³ Die Gläubiger mit Wohnsitz in der Schweiz werden ange­hört.
¹¹³ Fassung des Satzes gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 3263 ; BBl 2017 4125 ).

12. Kapitel: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

I. Geltungs­bereich. Sitz des Schieds­ge­richts

Art. 176
¹ Die Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Schiedsgerichte mit Sitz in der Schweiz, sofern wenigstens eine Partei der Schiedsvereinbarung beim Abschluss ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz nicht in der Schweiz hatte.¹¹⁴
² Die Parteien können die Geltung dieses Kapitels durch eine Erklärung in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren Übereinkunft ausschliessen und die Anwendung des dritten Teils der ZPO¹¹⁵ vereinbaren. Die Erklärung bedarf der Form gemäss Artikel 178 Absatz 1.¹¹⁶
³ Der Sitz des Schiedsgerichts wird von den Parteien oder der von ihnen benannten Schiedsgerichtsinstitution, andernfalls vom Schiedsgericht¹¹⁷ bezeichnet.
¹¹⁴ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹¹⁵ SR 272
¹¹⁶ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹¹⁷ Ausdruck gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

II. Schieds­fä­hig­keit

Art. 177
¹ Gegenstand eines Schiedsverfahrens kann jeder vermögensrecht­­liche Anspruch sein.
² Ist eine Partei ein Staat, ein staatlich beherrschtes Unternehmen oder eine staatlich kontrollierte Organisation, so kann sie nicht unter Berufung auf ihr eigenes Recht ihre Parteifähigkeit im Schiedsver­fahren oder die Schiedsfähigkeit einer Streitsache in Frage stellen, die Gegenstand der Schiedsvereinbarung ist.

III. Schieds­vereinbarung und Schieds­klausel ¹¹⁸

¹¹⁸ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
Art. 178
¹ Die Schiedsvereinbarung hat schriftlich oder in einer anderen Form zu erfolgen, die den Nachweis durch Text ermöglicht.¹¹⁹
² Die Schiedsvereinbarung ist im Übrigen gültig, wenn sie dem von den Parteien gewählten, dem auf die Streitsache, insbesondere dem auf den Hauptvertrag anwendbaren oder dem schweizerischen Recht entspricht.
³ Gegen eine Schiedsvereinbarung kann nicht eingewendet werden, der Hauptvertrag sei ungültig oder die Schiedsvereinbarung be­ziehe sich auf einen noch nicht entstandenen Streit.
⁴ Für eine Schiedsklausel, die in einem einseitigen Rechtsgeschäft oder in Statuten vorgesehen ist, gelten die Bestimmungen dieses Kapi­tels sinngemäss.¹²⁰
¹¹⁹ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹²⁰ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

IV. Mitglieder des Schieds­gerichts

1. Ernennung und Ersetzung

Art. 179 ¹²¹
¹ Die Mitglieder des Schiedsgerichts werden gemäss Vereinbarung der Parteien ernannt oder ersetzt. Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, besteht das Schiedsgericht aus drei Mitgliedern, wobei die Parteien je ein Mitglied ernennen; die Mitglieder wählen einstimmig eine Präsidentin oder einen Präsidenten.
² Fehlt eine Vereinbarung oder können die Mitglieder des Schiedsgerichts aus anderen Gründen nicht ernannt oder ersetzt werden, so kann das staatliche Gericht am Sitz des Schiedsgerichts angerufen werden. Haben die Parteien keinen Sitz bestimmt oder lediglich vereinbart, dass der Sitz des Schiedsgerichts in der Schweiz liegt, ist das zuerst angerufene staatliche Gericht zuständig.
³ Ist ein staatliches Gericht mit der Ernennung oder Ersetzung eines Mitglieds des Schiedsgerichts betraut, so muss es diesem Begehren stattgeben, es sei denn, eine summarische Prüfung ergebe, dass zwischen den Parteien keine Schiedsvereinbarung besteht.
⁴ Das staatliche Gericht trifft auf Antrag einer Partei die erforderlichen Massnahmen zur Bestellung des Schiedsgerichts, wenn die Parteien oder Mitglieder des Schiedsgerichts ihren Pflichten nicht innert 30 Tagen seit einer entsprechenden Aufforderung nachkommen.
⁵ Im Falle einer Mehrparteienschiedssache kann das staatliche Gericht alle Mitglieder des Schiedsgerichts ernennen.
⁶ Eine Person, der ein Schiedsrichteramt angetragen wird, hat das Vorliegen von Umständen, die berechtigte Zweifel an ihrer Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit wecken können, unverzüglich offenzulegen. Diese Pflicht bleibt während des ganzen Verfahrens bestehen.
¹²¹ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

2. Ablehnung

a. Gründe ¹²²

¹²² Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
Art. 180
¹ Ein Mitglied des Schiedsgerichts kann abgelehnt werden:¹²³
a. wenn es nicht den von den Parteien vereinbarten Anforde­run­gen entspricht;
b. wenn ein in der von den Parteien vereinbarten Verfah­rensord­nung enthaltener Ablehnungsgrund vorliegt, oder
c.¹²⁴
wenn Umstände vorliegen, die Anlass zu berechtigten Zwei­feln an seiner Unabhängigkeit oder seiner Unparteilichkeit geben.
² Eine Partei kann ein Mitglied des Schiedsgerichts, das sie ernannt hat oder an dessen Ernennung sie mitgewirkt hat, nur aus Gründen ablehnen, von denen sie trotz gehöriger Aufmerksamkeit erst nach dessen Ernennung Kenntnis erhalten hat.¹²⁵
³ ...¹²⁶
¹²³ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹²⁴ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹²⁵ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹²⁶ Aufgehoben durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, mit Wirkung seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

b. Verfahren

Art. 180 a ¹²⁷
¹ Haben die Parteien nichts anderes vereinbart und ist das Schiedsverfahren noch nicht abgeschlossen, so ist das Ablehnungsgesuch schriftlich und begründet innert 30 Tagen seit die gesuchstellende Partei Kenntnis vom Ablehnungsgrund hat oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben konnte an das abgelehnte Mitglied des Schiedsgerichts zu richten und den übrigen Mitgliedern des Schiedsgerichts mitzuteilen.
² Die gesuchstellende Partei kann innert 30 Tagen seit Einreichung des Ablehnungsgesuchs beim staatlichen Gericht die Ablehnung ver­langen. Das staatliche Gericht entscheidet endgültig.
³ Während des Ablehnungsverfahrens kann das Schiedsgericht das Verfahren ohne Ausschluss des abgelehnten Mitglieds bis und mit Entscheid weiterführen, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben.
¹²⁷ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

3. Abberufung

Art. 180 b ¹²⁸
¹ Jedes Mitglied des Schiedsgerichts kann durch Vereinbarung der Parteien abberufen werden.
² Ist ein Mitglied des Schiedsgerichts ausser Stande, seine Aufgaben innert nützlicher Frist oder mit gehöriger Sorgfalt zu erfüllen, und haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann eine Partei schriftlich und begründet beim staatlichen Gericht die Abberufung verlangen. Das staatliche Gericht entscheidet endgültig.
¹²⁸ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

V. Rechts­hängigkeit

Art. 181 ¹²⁹
Das Schiedsverfahren ist hängig, sobald eine Partei mit einem Rechtsbegehren das in der Schiedsvereinbarung bezeichnete Mitglied oder die darin bezeichneten Mitglieder des Schiedsgerichts anruft oder, wenn die Vereinbarung kein Mitglied des Schiedsgerichts bezeichnet, sobald eine Partei das Verfahren zur Bestellung des Schiedsgerichts einleitet.
¹²⁹ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

VI. Verfahren

1. Grundsatz

Art. 182
¹ Die Parteien können das schiedsgerichtliche Verfahren selber oder durch Verweis auf eine schiedsgerichtliche Verfahrensordnung regeln; sie können es auch einem Verfahrensrecht ihrer Wahl unterstellen.¹³⁰
² Haben die Parteien das Verfahren nicht selber geregelt, so wird die­ses, soweit nötig, vom Schiedsgericht festgelegt, sei es direkt, sei es durch Bezugnahme auf ein Gesetz oder eine schiedsgericht­li­che Ver­fahrensordnung.
³ Unabhängig vom gewählten Verfahren muss das Schiedsgericht in allen Fällen die Gleichbehandlung der Parteien sowie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in einem kontradiktorischen Verfah­ren gewähr­leisten.
⁴ Eine Partei, die das Schiedsverfahren fortsetzt, ohne einen erkannten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbaren Verstoss gegen die Verfahrensregeln unverzüglich zu rügen, kann diesen später nicht mehr geltend machen.¹³¹
¹³⁰ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹³¹ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

2. Vorsorgliche und sichernde Mass­nahmen

Art. 183
¹ Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schieds­gericht auf Antrag einer Partei vorsorgliche oder sichernde Mass­nahmen anordnen.
² Unterzieht sich die betroffene Partei nicht freiwillig der angeordneten Massnahme, so kann das Schiedsgericht oder eine Partei das staatliche Gericht um Mitwirkung ersuchen; dieses wendet sein eigenes Recht an.¹³²
³ Das Schiedsgericht oder das staatliche Gericht¹³³ können die Anord­nung vorsorglicher oder sichernder Massnahmen von der Leistung angemessener Sicherheiten abhängig machen.
¹³² Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹³³ Ausdruck gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ). Die Änd. wurde im ganzen Text berücksichtigt.

3. Beweisauf­nah­me

Art. 184
¹ Das Schiedsgericht nimmt die Beweise selber ab.
² Ist für die Durchführung des Beweisverfahrens staatliche Rechtshilfe erforderlich, so kann das Schiedsgericht oder eine Partei mit Zustimmung des Schiedsgerichts das staatliche Gericht am Sitz des Schieds­gerichts um Mitwirkung ersuchen.¹³⁴
³ Das staatliche Gericht wendet sein eigenes Recht an. Auf Antrag kann es andere Verfahrensformen anwenden oder berücksichtigen.¹³⁵
¹³⁴ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹³⁵ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

4. Weitere Mit­wirkung des staatlichen Richters

Art. 185
Ist eine weitere Mitwirkung des staatlichen Gerichts erforderlich, so ist der Richter am Sitz des Schiedsgerichts zuständig.

5. Mitwirkung des staatlichen Gerichts bei ausländischen Schiedsverfahren

Art. 185 a ¹³⁶
¹ Ein Schiedsgericht mit Sitz im Ausland oder eine Partei eines ausländischen Schiedsverfahrens kann das staatliche Gericht am Ort, an dem eine vorsorgliche oder sichernde Massnahme vollstreckt werden soll, um Mitwirkung ersuchen. Artikel 183 Absätze 2 und 3 gilt sinngemäss.
² Ein Schiedsgericht mit Sitz im Ausland oder eine Partei eines ausländischen Schiedsverfahrens mit Zustimmung des Schiedsgerichts kann das staatliche Gericht am Ort, an dem die Beweisaufnahme erfolgen soll, um Mitwirkung ersuchen. Artikel 184 Absätze 2 und 3 gilt sinngemäss.
¹³⁶ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

VII. Zuständig­keit

Art. 186
¹ Das Schiedsgericht entscheidet selbst über seine Zuständigkeit.
¹bis Es entscheidet über seine Zuständigkeit ungeachtet einer bereits vor einem staatlichen Gericht oder einem anderen Schiedsgericht hängigen Klage über denselben Gegenstand zwischen denselben Parteien, es sei denn, dass beachtenswerte Gründe ein Aussetzen des Verfahrens erfordern.¹³⁷
² Die Einrede der Unzuständigkeit ist vor der Einlassung auf die Hauptsache zu erheben.
³ Das Schiedsgericht entscheidet über seine Zuständigkeit in der Regel durch Vorentscheid.
¹³⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 6. Okt. 2006 (Schiedsgerichtsbarkeit. Zuständig­keit), in Kraft seit 1. März 2007 ( AS 2007 387 ; BBl 2006 4677 4691 ).

VIII. Schiedsentscheid

1. Anwendbares Recht ¹³⁸

¹³⁸ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
Art. 187
¹ Das Schiedsgericht entscheidet die Streitsache nach den von den Parteien gewählten Rechtsregeln oder, bei Fehlen einer Rechtswahl, nach den Rechtsregeln, mit denen die Streitsache am engsten zusam­menhängt.¹³⁹
² Die Parteien können das Schiedsgericht ermächtigen, nach Billig­keit zu entscheiden.
¹³⁹ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

2. Teilentscheid

Art. 188
Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schieds­­gericht Teilentscheide treffen.

3. Verfahren und Form ¹⁴⁰

¹⁴⁰ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
Art. 189
¹ Der Entscheid ergeht nach dem Verfahren und in der Form, wel­che die Parteien vereinbart haben.
² Fehlt eine solche Vereinbarung, so wird er mit Stimmenmehrheit gefällt oder, falls sich keine Stimmenmehrheit ergibt, durch den Prä­sidenten des Schiedsgerichts. Der Entscheid ist schriftlich ab­zufas­sen, zu begründen, zu datieren und zu unterzeichnen. Es ge­nügt die Unterschrift der Präsidentin oder des Präsi­denten¹⁴¹.
¹⁴¹ Ausdruck gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

4. Berichtigung, Erläuterung und Ergänzung

Art. 189 a ¹⁴²
¹ Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, kann jede Partei beim Schiedsgericht innert 30 Tagen seit Eröffnung des Entscheids beantragen, dass dieses Redaktions- und Rechnungsfehler im Entscheid be­richtigt, bestimmte Teile des Entscheids erläutert oder einen ergänzenden Schiedsentscheid über Ansprüche fällt, die im Schiedsver­fahren zwar geltend gemacht wurden, im Entscheid aber nicht be­handelt worden sind. Innert gleicher Frist kann das Schiedsgericht von sich aus eine Berichtigung, Erläuterung oder Ergänzung vornehmen.
² Der Antrag hemmt die Rechtsmittelfristen nicht. Bezüglich des berichtigten, erläuterten oder ergänzten Teils des Entscheids läuft die Rechtsmittelfrist von Neuem.
¹⁴² Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

IX. Endgültig­keit, Anfechtung, Revision

1. Anfechtung ¹⁴³

¹⁴³ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
Art. 190
¹ Mit der Eröffnung ist der Entscheid endgültig.
² Der Entscheid kann nur angefochten werden:
a. wenn die Einzel­schiedsrichterin oder der Einzelschiedsrichter¹⁴⁴ vorschriftswidrig ernannt oder das Schiedsgericht vorschriftswidrig zusammengesetzt wurde;
b. wenn sich das Schiedsgericht zu Unrecht für zuständig oder un­zuständig erklärt hat;
c. wenn das Schiedsgericht über Streitpunkte entschieden hat, die ihm nicht unterbreitet wurden oder wenn es Rechts­begeh­ren un­beurteilt gelassen hat;
d. wenn der Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien oder der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt wurde;
e. wenn der Entscheid mit dem Ordre public unvereinbar ist.
³ Vorentscheide können nur aus den in Absatz 2, Buchstaben a und b genannten Gründen angefochten werden; die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung des Vorentscheides.
⁴ Die Beschwerdefrist beträgt 30 Tage ab Eröffnung des Entscheids.¹⁴⁵
¹⁴⁴ Ausdruck gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹⁴⁵ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

2. Revision

Art. 190 a ¹⁴⁶
¹ Eine Partei kann die Revision eines Entscheids verlangen, wenn:
a. sie nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel findet, die sie im früheren Verfahren trotz gehöriger Aufmerksamkeit nicht beibringen konnte; ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Schiedsentscheid entstanden sind;
b. ein Strafverfahren ergeben hat, dass durch ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Nachteil der betreffenden Partei auf den Schiedsentscheid eingewirkt wurde; eine Verurteilung durch das Strafgericht ist nicht erforderlich; ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden;
c. ein Ablehnungsgrund gemäss Artikel 180 Absatz 1 Buchstabe c trotz gehöriger Aufmerksamkeit erst nach Abschluss des Schiedsverfahrens entdeckt wurde und kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht.
² Das Revisionsgesuch ist innert 90 Tagen seit Entdeckung des Revisionsgrundes einzureichen. Nach Ablauf von zehn Jahren seit Eintritt der Rechtskraft des Entscheids kann die Revision nicht mehr verlangt werden, ausser im Falle von Absatz 1 Buchstabe b.
¹⁴⁶ Eingefügt durch Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

3. Einzige Rechtsmittel­instanz

Art. 191 ¹⁴⁷
Einzige Rechtsmittelinstanz ist das schweizerische Bundesgericht. Die Verfahren richten sich nach den Artikeln 77 und 119 a des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005¹⁴⁸.
¹⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹⁴⁸ SR 173.110

X. Verzicht auf Rechtsmittel

Art. 192
¹ Hat keine der Parteien ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in der Schweiz, so können sie durch eine Erklärung in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren Übereinkunft Rechtsmittel gegen Schiedsentscheide vollständig oder teilweise aus­schliessen; auf eine Revision gemäss Artikel 190 a Absatz 1 Buch­stabe b kann nicht verzichtet werden. Die Übereinkunft bedarf der Form gemäss Artikel 178 Absatz 1.¹⁴⁹
² Haben die Parteien eine Anfechtung der Entscheide vollständig ausgeschlossen und sollen die Entscheide in der Schweiz voll­streckt werden, so gilt das New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958¹⁵⁰ über die Anerkennung und Vollstrec­kung ausländischer Schiedssprü­che sinngemäss.
¹⁴⁹ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹⁵⁰ SR 0.277.12

XI. Hinterlegung und Vollstreckbarkeitsbe­scheinigung ¹⁵¹

¹⁵¹ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
Art. 193
¹ Jede Partei kann auf ihre Kosten beim staatlichen Gericht am Sitz des Schiedsgerichts eine Ausfertigung des Entscheides hinterlegen.¹⁵²
² Auf Antrag einer Partei stellt das staatliche Gericht am Sitz des Schiedsgerichts eine Vollstreckbarkeitsbescheinigung aus.¹⁵³
³ Auf Antrag einer Partei bescheinigt das Schiedsgericht, dass der Schiedsspruch nach den Bestimmungen dieses Gesetzes ergangen ist; eine solche Bescheinigung ist der gerichtlichen Hinterlegung gleich­wertig.
¹⁵² Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).
¹⁵³ Fassung gemäss Ziff. 1 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 4179 ; BBl 2018 7163 ).

XII. Aus­ländische Schieds­sprüche

Art. 194
Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schieds­sprü­che gilt das New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958¹⁵⁴ über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schieds­sprüche.
¹⁵⁴ SR 0.277.12

13. Kapitel: Schlussbestimmungen

1. Abschnitt: Aufhebung und Änderung des geltenden Bundes­rechts

Art. 195
Die Aufhebung und Änderung des geltenden Bundesrechts stehen im Anhang; dieser ist Bestandteil des Gesetzes.

2. Abschnitt: Übergangsbestimmungen

I. Nichtrück­­wirkung

Art. 196
¹ Die rechtlichen Wirkungen von Sachverhalten oder Rechtsvor­gän­gen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden und ab­ge­schlos­sen sind, beurteilen sich nach bisherigem Recht.
² Die rechtlichen Wirkungen von Sachverhalten oder Rechtsvor­gän­gen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden, aber auf Dauer angelegt sind, beurteilen sich nach bisherigem Recht. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes richtet sich die Wirkung nach neuem Recht.

II. Übergangs­recht

1. Zuständigkeit

Art. 197
¹ Für Klagen oder Begehren, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, bleiben die angerufenen schweizerischen Gerichte oder Behörden zuständig, auch wenn nach diesem Gesetz ihre Zu­stän­dig­keit nicht mehr begründet ist.
² Klagen oder Begehren, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von schweizerischen Gerichten oder Behörden mangels Zuständig­keit zurückgewiesen wurden, können nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erneut erhoben werden, wenn nach diesem Gesetz eine Zuständigkeit begründet ist und der Rechtsanspruch noch geltend gemacht werden kann.

2. Anwendbares Recht

Art. 198
Für Klagen oder Begehren, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes in erster Instanz hängig sind, bestimmt sich das anwendbare Recht nach diesem Gesetz.

3. Anerkennung und Voll­streckung ausländi­scher Ent­schei­dungen

Art. 199
Für Begehren auf Anerkennung oder Vollstreckung ausländischer Entscheide, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängig sind, rich­ten sich die Voraussetzungen der Anerkennung oder Voll­streckung nach diesem Gesetz.

3. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten

Art. 200
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 1989¹⁵⁵
¹⁵⁵ BRB vom 27. Okt. 1988

Anhang

Aufhebung und Änderung des geltenden Bundesrechts

I. Aufhebung des geltenden Bundesrechts

Es werden aufgehoben:
a. das Bundesgesetz vom 25. Juni 1891¹⁵⁶ be­treffend die zivilrecht­li­chen Ver­hält­nisse der Niedergelasse­nen und Aufenthalter;
b. Artikel 418 b Absatz 2 des Obligationenrechts¹⁵⁷;
c. Artikel 14 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum Obli­ga­tionen­recht;
d. Artikel 85 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958¹⁵⁸;
e. Artikel 30 des Bundesgesetzes vom 26. September 1890¹⁵⁹ betref­fend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Auszeich­nun­gen;
f. Artikel 14 Absatz 3 des Bundesgesetzes vom 30. März 1900¹⁶⁰ be­treffend die gewerblichen Muster und Modelle;
g. Artikel 41 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 20. März 1975¹⁶¹ über den Schutz von Pflanzenzüchtun­gen.
¹⁵⁶ [BS 2 737; AS 1972 2819 Ziff. II 1; 1977 237 Ziff. II 1; 1986 122 Ziff. II 1]
¹⁵⁷ SR 220
¹⁵⁸ SR 741.01
¹⁵⁹ [BS 2 845; AS 1951 903 Art. 1; 1971 1617 ; 1992 288 Anhang Ziff. 8. AS 1993 274 Art. 74]
¹⁶⁰ [BS 2 881; AS 1962 459 ; 1988 1776 Anhang Ziff. I Bst. f; 1992 288 Anhang Ziff. 9; 1995 1784 , 5050 Anhang Ziff. 3. AS 2002 1456 Anhang Ziff. 1]
¹⁶¹ SR 232.16

II. Änderung des geltenden Bundesrechts

...¹⁶²
¹⁶² Die Änderungen können unter AS 1988 1776 konsultiert werden.
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