Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen (350.035)
CH - GR

Konkordat über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen

Konkordat über die Rechtshilfe und die interkan- tonale Zusammenarbeit in Strafsachen Angenommen von der Konferenz der ka ntonalen Justiz- und Polizeidirek- toren am 5. November 1992 Vom Eidgenössischen Justiz- und Polizei departement genehmigt am 4. Ja- nuar 1993
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Das Konkordat bezweckt die effizien te Bekämpfung de r Kriminalität

durch Förderung der interkantonalen Zusammenarbeit, indem es insbeson- dere Zwec k a) den Untersuchungs- und Gerichtsbehörden die Kompetenz gibt, Ver- fahrenshandlungen in einem andern Kanton durchzuführen (2. Kapi- tel); b) die Rechtshilfe in Strafsachen erleichtert (3. Kapitel).
Art. 2
1. Das Konkordat kommt nur zur Anwendung in Verfahren, in denen materielles Bundesstrafrecht (Straf gesetzbuch und andere Bundesge- setze) anwendbar ist, unter Ausschl uss der kantonalen Strafgesetzge- bung. Anwendungs- bereich
2. Es steht jedoch den Kantonen unter Vorbehalt des Grundsatzes des Gegenrechts frei, den Anwendungs bereich des Konkordates durch eine an das Eidgenössische Justiz - und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates gerichtete Erklär ung auf die kantonale Gesetzgebung auszudehnen.
2. Kapitel: Verfahrenshandlungen in einem andern Kanton
Art. 3
1. Die mit einer Strafsache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbe- hörde kann Verfahrenshandlungen dire kt in einem andern Kanton an- ordnen und durchführen. Grundsatz
2. Ausser in dringenden Fällen benachrichtigt sie vorgängig die zustän- dige Behörde dieses Kantons (Art. 24).
3. Die zuständige Behörde des Ka ntons, in dem die Verfahrenshandlung durchgeführt wird, wird in allen Fällen benachrichtigt.

Art. 4 Die mit der Sache befasste Unters uchungs- oder Gerichtsbehörde wendet

das Verfahrensrecht ihres Kantons an. Anwendbares Recht
Art. 5
1. Verfahrenshandlungen werden in der Sprache der mit der Sache be- fassten Behörde durchgeführt. Amtssprache
2. Verfügungen werden in der Sprach e der mit der Sache befassten Be- hörde erlassen.
3. Wenn jedoch die Person, die Gege nstand eines Entscheides ist, die Sprache dieser Behörde nicht verste ht, hat sie in der Regel Anspruch auf einen unentgeltlichen Über setzer oder Dolmetscher.

Art. 6 Ist für die Durchführung einer Verfa hrenshandlung ein polizeiliches Ein-

schreiten notwendig, wird die zustä ndige Polizei mit dem Einverständnis der örtlich zuständigen Untersuchungs - oder Gerichtsbehörde (Art. 24) beigezogen. Inanspruchnahme der Polizei

Art. 7 Gerichtsurkunden können Empfängern, di e sich in einem andern Kanton

aufhalten, direkt durch die Post nach den Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr und sein er Vollzugsverordnung zugestellt wer- den. Postzustellungen
Art. 8
1. Personen, die in einen Konkordatskanton vorgeladen werden, sind verpflichtet, dort zu erscheinen. Vorladungen Sie werden in der Amtssprache ihres Aufenthaltsortes vorgeladen.
2. Zeugen wie auch Sachverständige, die ihren Auftrag akzeptiert ha-
3. Die Vorladung enthält gegebenenf alls den Hinweis, dass bei unent- schuldigtem Nichterscheinen ein Vo rführbefehl erlassen werden kann.

Art. 9 Die mit der Sache befasste Untersuc hungs- oder Gerichtsbehörde kann in

einem andern Kanton Sitzungen abha lten, dort Augenscheine und Ver- handlungen durchführen oder durchführen lassen. Verhandlungen, Augenscheine
Art. 10
1. Durchsuchungen und Beschlagnahmen müssen durch einen schriftli- chen und kurz begründeten Entscheid angeordnet werden. Durchsuchungen, Beschlagnahme
2. In dringenden Fällen kann die Begründung nachgereicht werden.

Art. 11 Die Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde, die in ihrer amtlichen Stellung

Kenntnis von einem in einem andern Kanton begangenen, von Amtes we- gen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen erhält, ist verpflichtet, die zuständige Behörde dieses Kantons (Art. 24) zu benachrichtigen. Mitteilungspflicht

Art. 12 W enn das kantonale Verfahrensrecht des mit der Sache befassten Kantons

ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vorsieht, muss dieser die Rechts- mittelbelehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist ange- ben. Rechtsmittel- belehrung

Art. 13 Das Rechtsm ittel muss in der Sprache der mit der Sache befassten Be-

hörde oder in derjenigen des Ortes, wo der Entscheid vollstreckt wird, abgefasst werden. Rechtsmittel, Sprache

Art. 14 Die Verfahrenskosten, insbesondere für Übersetzer, Dolmetscher, Zeugen,

Gutachten, wissenschaftliche Arbeiten gehen zulasten des mit der Sache befassten Kantons. Kosten
3. Kapitel: Auf Verlan gen eines andern Kantons vorgenommene Verfahrenshandlungen
Art. 15
1. Die Behörden der Konkordatskantone verkehren direkt miteinander. Das Ersuchungsschreiben kann in de r Sprache der ersuchenden oder der ersuchten Behörde gehalten werden. Direkter Geschäftsverkehr
2. Falls über die Zuständigkeit ei ner Behörde Ungewissheit besteht, werden die Gerichtsurkunden und die Rechtshilfegesuche rechtsgül- tig einer einzigen Behörde zugestellt (Art. 24).
3. Wenn die ersuchte Behörde feststellt, dass die Gerichtsurkunde oder das Rechtshilfegesuch in den Zust ändigkeitsbereich einer anderen Behörde fällt, stellt sie dieses von Amtes wegen der zuständigen Be- hörde zu.

Art. 16 Die ers uchte Behörde wendet ihr kantonales Recht an.

Anwendbares Recht
Art. 17
1. Die Parteien, ihre Vertreter und die ersuchende Behörde können an den einzelnen Rechtshilfehandlunge n teilnehmen, wenn dieses Recht durch den ersuchten Kanton vorgesehen ist oder wenn es die ersu- chende Behörde ausd rücklich verlangt. Recht der Parteien
2. In diesem Fall gibt die ersuch te Behörde der ersuchenden Behörde und den Parteien Zeit und Ort bekannt, wo die Rechtshilfehandlung durchgeführt werden soll.

Art. 18 Wenn das anwendbare Recht ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vor-

sieht, muss dieser die Rechtsmittelbelehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben. Rechtsmittelbe- lehrung
Art. 19
1. Die Rechtsmittelschrift muss in der Sprache der ersuchten oder in derjenigen der ersuchenden Behörde abgefasst werden. Rechtsmittel, Verfahren und Zuständigkeit
2. Bei der Behörde des ersuchten Kantons können nur die Beschwerde- gründe betreffend Gewährung und Ausführung der Rechtshilfe gel- tend gemacht werden. In allen ande ren Fällen, namentlich bei Ein- wendungen materieller Art, muss das Rechtsmittel bei der zuständi- gen Behörde des ersuchenden Kantons eingereicht werden: Art. 18 ist sinngemäss anwendbar.

Art. 20 Zuführungsbegehren und Haftbefehle we rden nach den Vorschriften des

Art. 353 StGB vollstreckt. Vollzug von

Haftbefehlen

Art. 21 Die gestützt auf einen Vorführbefehl oder Haftbefehl in einem andern

Konkordatskanton festge nommene Person muss innerhalb von 24 Stunden einvernommen werden. Die Behörde mu ss die betreffende Person summa- risch über die Gründe ihrer Verhaftung und die ihr vorgeworfenen strafba- ren Handlungen informieren. Vernehmung von verhafteten Personen

Art. 22 Gerichtsurkunden, die nich t durch die Post zugestellt werden können, wer-

den direkt durch die Polizei des Kant ons, wo die Zustellung erfolgen soll, zugestellt. Zustellung durch die Polizei
Art. 23
1. Die Rechtshilfe ist unentgeltlich. Die Kosten namentlich für Über- setzungen, Dolmetscher, Vorladunge n, Expertisen, wissenschaftliche Arbeiten und Gefangenentransporte ge hen jedoch zu Lasten des mit der Sache befassten Kantons. Kosten
2. Die interkantonalen Verei nbarungen bleiben vorbehalten.
4. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 24 Jeder Konkordatskanton bezeichnet ei ne einzige Behörde, die von einem

anderen Kanton angeordnete oder ve rlangte Verfahrenshandlungen bewil- ligt und ausführt und die Mitteilungen erha lten soll (Art. 3, 6, 11 und 15). Zuständige Behörde
Art. 25
1. Jeder Kanton kann dem Konkordat be itreten. Die Beitrittserklärung sowie das im Anhang zum Konkordat erwähnte Verzeichnis ist dem Eidgenössischen Justiz- und Poli zeidepartement zuhanden des Bundesrates einzureichen. Beitritt und Rücktritt
2. Wenn ein Kanton vom Konkordat zurücktreten will, so hat er dies dem Eidgenössischen Justiz- und Po lizeidepartement zuhanden des Bundesrates mitzuteilen. Der Rücktr itt wird mit dem Ablauf des der Erklärung folgenden Kalenderjahres rechtswirksam.
Art. 26
1 Das Konkordat tritt, sobald ihm mindestens zwei Kantone beigetreten sind, mit seiner Veröffentlichung in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze in Kraft, für die später beitretenden Kantone mit der Veröffentli- chung ihres Beitrittes in der Samm lung der eidgenössi schen Gesetze. Inkrafttreten
2 Das gleiche gilt für die Erklärung betreffend die Ausdehnung des An- wendungsbereichs des Konkordates und die Mitteilung des Verzeichnisses der kantonalen Behörden sowie die Na chträge und Änderungen, die darin vorgenommen werden.
Markierungen
Leseansicht