Verordnung über die Organisation und Geschäftsführung der Staatsanwaltschaft (350.050)
CH - GR

Verordnung über die Organisation und Geschäftsführung der Staatsanwaltschaft

Verordnung über die Organisation und Geschäfts- führung der Staatsanwaltschaft (OV) Gestützt auf Art. 227 Abs. 2 des Ge setzes über die Strafrechtspflege (StPO)
1 ) von der Regierung erlassen am 16. Dezember 1974
Art. 1
1 Die Staatsanwaltschaft ist als Organ der Rechtspflege oberste kantonale Strafverfolgungs- und Anklagebehörde.
2 )
2
3 ) Administrativ untersteht sie dem Departement.
Art. 2
1 Der Staatsanwaltschaft unterstehen die Untersuchungsrichterämter und die Jugendanwaltschaft.
2
4 ) Ihr sind ferner die Untersuc hungsgefängnisse unterstellt. 5 )
3
6 ) Die Mitwirkung der Organe der Kantons polizei richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen der StPO
7 ) und des Polizeigesetzes
8 )
.

Art. 3 Amtssitz der Staatsanwalts chaft ist Chur. Die Regierung setzt den Sitz der

auswärtigen Untersuchungsrichterämter fest.
Art. 4
1 Die Leitung der Staatsanwaltschaft obliegt dem 1. Staatsanwalt.
2 Die Regierung bestimmt die Zahl de r übrigen Staatsanwälte, der Unter- suchungsrichter, der Jugendanwälte und der Kanzleimitarbeiter.
1) BR 350.000
2) Vgl. dazu Art. 43 StPO, BR 350.000
3) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
4) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
5) Siehe dazu RV über die Unterbri ngung und Betreuung der Untersuchungsgefan- genen, BR 350.450
6) Fassung gemäss RV über die Anpassung und Aufhebung von Regierungsverord- nungen an das Gerichtsorganisationsgesetz Art. 1, Ziff. 3, AGS 2007, KA 1047; am 1. April 2007 in Kraft getreten.
7) BR 350.000
8) BR 613.000
3 Bei Bedarf kann die Regierung ausse rordentliche Staatsanwälte, Unter- suchungsrichter und Jugenda nwälte bestellen.
Art. 5
1 Der I. Staatsanwalt vertritt als Geschäftsleiter die Staatsanwaltschaft nach aussen. Ihm obliegen im weiteren insbesondere: a) die Organisation des Amtes und Dienstbetriebes b) die Erteilung von mündlichen und schriftlichen Weisungen c) die Arbeitsüberwachung d) die Regelung von Stellvertretungen innerhalb der Staatsanwaltschaft e) die Weiterausbildung.
2 Im übrigen übt er die ordentlichen Funktionen eines Staatsanwaltes aus.
Art. 6
1 Die Staatsanwälte erledigen die ihnen durch Gesetz und Verordnungen übertragenen Aufgaben in der Strafv erfolgung, im Anklage-, Gerichts- und Beschwerdeverfahren sowie die ihnen besonders zugeteilten Ge- schäfte. Sie sind für deren ordn ungsgemässe und beförderliche Behand- lung verantwortlich.
2 Ausnahmsweise kann ein Staatsanwalt vom I. Staatsanwalt mit der Durchführung einer Strafuntersuchung betraut werden.
3
1 ) Um die Untersuchung und die Geschä ftsführung zu verbessern und zu vereinfachen, kann die Staatsanwaltschaft den Bezirksämtern und Kreis- ämtern in administrativen Belangen Anleitungen geben.
Art. 7
1 Die Staatsanwälte üben in der Strafuntersuchung das Aufsichts- und Wei- sungsrecht aus.
2 Sie teilen den Untersuchungsrichtern die Straffälle zu und sorgen dafür, dass sie rasch an die Hand geno mmen und ohne Verzögerung bearbeitet werden. Sie lassen sich über den Ga ng der Untersuchung Bericht erstat- ten.
3 Sofern der Geschäftsgang oder die Interessen der Untersuchung es ver- langen, können sie eine Untersuchung auf einen andern Untersuchungs- richter übertragen.
4
...
2 )
1) Fassung gemäss RB vom 27. März 2000
2) Aufgehoben gemäss RB vom 27. Oktober 1998
Art. 8
1 Die Untersuchungsrichter erledigen die ihnen durch Gesetz und Verord- nungen übertragenen Aufgaben sowie die ihnen besonders zugeteilten Ge- schäfte.
2 Insbesondere sind sie für die Leitung und Durchführung der Strafunter- suchungen und für die Anklagevertretung im Rahmen von Artikel 100 StPO
1 ) verantwortlich. Sie sorgen fü r eine ordnungsgemässe und beför- derliche Behandlung der ihnen übertr agenen Aufgaben. Haftfälle sind be- förderlichst zu erledigen.
3 In der Zusammenarbeit mit der Poli zei geht die Leitung des Verfahrens an den Untersuchungsrichter über, s obald dieser seine Funktion aufge- nommen hat.
4
2 ) Die Untersuchungsrichter sind für einen zweckmässigen Einsatz des ihnen zugeteilten Sekretariatspersonals sowie der in der Strafuntersuchung mitwirkenden Polizeiorgane besorgt.
Art. 9
1 Nebst den in Gesetzen und Vero rdnungen vorgesehenen Kompetenzen ist der Untersuchungsrichter zuständi g für Massnahmen gegenüber reni- tenten Zeugen (Art. 89 Abs. 5 StPO
3 ) ) und für die Festsetzung der Ko- stenvorschüsse von Geschädigten (Art. 129 Abs. 1 StPO).
2 Der Untersuchungsrichter lässt Vo rführungsbefehle gemäss Artikel 80 StPO in gleicher Weise wie Haft befehle vollziehen, jedoch ohne Weg- nahme der Effekten, mit Ausnahme von Waffen und waffenartigen Ge- genständen.
3 Er bestimmt im Einzelfall nach dem Haftzweck und der Gefängnisord- nung, wie weit die Freiheit des Unte rsuchungsgefangenen einzuschränken ist (Art. 85 StPO).
Art. 10
1 Im Strafverfahren gegen Jugendlic he übt der Jugendanwalt die Funktio- nen des Untersuchungsrichters und des Ei nzelrichters aus. Mit Bezug auf seine Untersuchungstätigkeit gelten sinngemäss Artikel 8 und 9 dieser Verordnung.
2 Der Jugendanwalt kann neben seinen Obliegenheiten in der Jugendstraf- rechtspflege von den Staatsanwälten auch als Untersuchungsrichter in Fäl- len des Erwachsenenstrafrechts eingesetzt werden, vor allem wenn sich eine Untersuchung auf Jugendliche und Erwachsene erstreckt.
1) BR 350.000
2) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
3) BR 350.000
3 Die Einzelrichterkompetenz des Jugendanwaltes unterliegt nicht der Weisungsbefugnis der Staatsanwälte.
Art. 11
1
1 ) Das Kanzleipersonal der Staatsan waltschaft und der Untersuchungs- richterämter besorgt unter der F ührung der Kanzleileitung die Sekretari- atsgeschäfte, insbesondere die allg emeinen Protokollierungs-, Korrespon- denz- und Schreibarbeiten, das Rechnungswesen, die Führung und Kon- trollen der Register, die Speditionen sowie Archiv und Bibliothek.
2
...
2 )
Art. 12
1 Für die Wählbarkeit als Staatsanwalt sind abgeschlossenes juristisches Studium und der kantonale Fähigkeitsausweis als Rechtsanwalt erforder- lich.
2 Diese Voraussetzungen gelten in der Regel auch für die Wählbarkeit als Untersuchungsrichter und Jugendanwalt.
3
3 ) Die Staatsanwälte legen bei ihrem Amtsantritt vor der Regierung, Un- tersuchungsrichter und Jugendanwalt vor dem Vorsteher des Departe- mentes das Dienstgelübde ab.
4 Alle Funktionäre der Staatsanwaltsch aft sind im Rahmen von Artikel 77 StPO 4 ) zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Art. 13
5 )
1 Die Staatsanwaltschaft unterhält einen Pikettdienst.
2 Der Pikettdienst leistende Unte rsuchungsrichter oder Jugendanwalt wird von der Kantonspolizei unverzüglich über schwere Fälle orientiert. Er rückt nötigenfalls zum Tatort aus ode r erteilt den Polizeiorganen die not- wendigen Anweisungen.
3 Er vertritt die Staatsanwaltschaft dabei in den Kompetenzbereichen der Strafuntersuchung.
4 Er unterrichtet die Staatsanwälte über die Vorkommnisse während des Pikettdienstes.
Art. 14
1 Die Strafuntersuchung beginnt mit de m ersten Eingreifen der Strafver- folgungsorgane. Die Eröffnungsverfügung hat nur administrativen Cha-
1) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
2) Aufgehoben gemäss RB vom 27. Oktober 1998
3) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
4) BR 350.000
5) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
rakter . Ihr können polizeiliche Ermittlungen oder Untersuchungshandlun- gen der Staatsanwaltschaft vorausgehen.
2
1 ) Die bei Strafuntersuchungen mitwirkenden Organe der Kantonspolizei sind im Rahmen dieser Tätigkeit sachlich den Organen der Staatsanwalt- schaft unterstellt und haben di e direkt gestellten Aufträge zu erfüllen, blei- ben aber mit Bezug auf Disziplin und allgemeinen Dienstbetrieb den poli- zeilichen Vorgesetzten untergeordnet.
2 )
Art. 15
1 Wird Anklage erhoben, erlässt der zuständige Staatsanwalt die Anklage- verfügung.
3 )
2 Er bezeichnet darin die eingeklagt en strafbaren Handlungen und das zu- ständige Gericht. Wird die Anklage mündlich vertreten, sind auch die Na- men des Anklagevertreters und eines a llfällig bereits bestimmten oder des frei gewählten Verteidigers zu nennen.
3 Die Anklageverfügung wird zusamme n mit der Anklageschrift und den Untersuchungsakten dem Gericht überw iesen. Anklageverfügung und An- klageschrift sind auch dem Angeklagte n zuzustellen, der darüber zu beleh- ren ist, dass er gegen die Ankl ageverfügung gemäss Artikel 138 StPO
4 ) Beschwerde führen kann.

Art. 16 5 )

Art. 17
1 Die Staatsanwälte entscheiden, welche Akten gemäss Artikel 87 StPO
6 ) in die Sprache des Gerichts übersetzt werden.
2
7 ) Die Akten abgeschlossener Straffälle, welche die Untersuchungsrichter oder der Jugendanwalt untersucht haben, werden bei der Staatsanwalt- schaft archiviert.
3
...
8 )
1) Fassung gemäss RV über die Anpassung und Aufhebung von Regierungsverord- nungen an das Gerichtsorganisationsgesetz Art. 1, Ziff. 3, AGS 2007, KA 1047; am 1. April 2007 in Kraft getreten.
2) Vgl. zu diesen Bestimmungen Art. 71 StPO, BR 350.000
3) Vgl. dazu Art. 98 StPO, BR 350.000
4) BR 350.000
5) Aufgehoben gemäss RV über die Anpassung und Aufhebung von Regierungs- verordnungen an das Gerichtsorganisationsgesetz Art. 1, Ziff. 3, AGS 2007, KA
1047; am 1. Januar 2008 in Kraft getreten.
6) BR 350.000
7) Fassung gemäss RB vom 27. Oktober 1998
8) Aufgehoben gemäss RB vom 27. Oktober 1998
4 Einsicht in die Akten abgeschlossene r Straffälle dürfen die Staatsanwälte nur Personen gewähren, die ein schut zwürdiges Interesse nachweisen.
5 Akten, die zur Ablehnung einer Straf untersuchung geführt haben (Art. 81 StPO
1 ) ), werden beim Polizeikommando arch iviert. Über die Einsicht in diese Akten entscheidet in si nngemässer Anwendung von Absatz 4 der Polizeikommandant.

Art. 18 Diese Verordnung tritt mit der Revision des Gesetzes über die Strafrechts-

pflege des Kantons Graubünden auf 1. Januar 1975 in Kraft. Sie ersetzt die Verordnung über die Organisation der Staatsanwaltschaft von Grau- bünden vom 29. Mai 1958
2 )
.
1) BR 350.000
2) AGS 1958, 88
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