Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (812.13)
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Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin

Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (IVHSM) Vom 14. März 2008
1)
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Zweck

1 Die Kantone vereinbaren im Interesse einer bedarfs gerechten, qualitativ hochstehenden und wirtschaftlich erbrachten medizin ischen Versorgung die Sicherstellung der Koordination der Konzentration d er hochspezialisierten Medizin. Diese umfasst diejenigen medizinischen Ber eiche und Leistungen, die durch ihre Seltenheit, durch ihr hohes Innovati onspotenzial, durch einen hohen personellen oder technischen Aufwand oder dur ch komplexe Behand- lungsverfahren gekennzeichnet sind. Für die Zuordnu ng müssen mindestens drei der genannten Kriterien erfüllt sein, wobei im mer aber das der Selten- heit vorliegen muss.
2 Zur Erreichung des in Abs. 1 genannten Zwecks und in Erfüllung der einschlägigen Vorgaben des Bundes
2) vereinbaren die Kantone die gemeinsame Planung und Zuteilung der hochspezialisi erten Medizin.

Art. 2 Vollzug der Vereinbarung

Die Mitglieder der Konferenz der kantonalen Gesundh eitsdirektorinnen und – direktoren aus den Vereinbarungskantonen wählen ein Beschlussorgan (HSM-Beschlussorgan), dem der Vollzug der Vereinbar ung obliegt. Dieses setzt ein Fachorgan sowie ein Projektsekretariat ei n.
1) Vom Kantonsrat genehmigt am 1. Dezember 2008 (Abl. 2008, S. 1220), Beitritt mitgeteilt am 20. Februar 2009.
2)

Art. 39 BG über die Krankenversicherung (KVG; SR 8 32.10)

2. Abschnitt: Die Organisation der interkantonalen Planung

Art. 3 Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben des HSM-

Beschlussorgans
1 Das Beschlussorgan setzt sich aus folgenden Mitgli edern der GDK- Plenarversammlung zusammen: – den fünf Mitgliedern der Vereinbarungskantone mit Universitätsspital Zürich, Bern, Basel-Stadt, Waadt und Genf; – fünf Mitglieder aus den anderen Vereinbarungskant onen, wovon mindestens zwei Mitglieder Vereinbarungskantone mit einem grossen Zentrumsspital, das interkantonale Leistungsaufgabe n wahrnimmt, vertreten. Zudem können das Bundesamt für Gesundheit, die Schw eizerische Universitätskonferenz und santésuisse je eine Perso n mit beratender Stimme in das Beschlussorgan delegieren.
2 Die Mitglieder einschliesslich des Präsidiums werd en von den GDK- Mitgliedern der Vereinbarungskantone für eine Dauer von zwei Jahren gewählt. Eine Wiederwahl ist möglich. Die Stellvert retung richtet sich nach den Bestimmungen in den Statuten der GDK über die S tellvertretung an Plenarversammlungen
1)
.
3 Das Beschlussorgan bestimmt die Bereiche der hochs pezialisierten Medizin, die einer schweizweiten Konzentration bedü rfen, und trifft die Planungs- und Zuteilungsentscheide.
4 Hierzu erstellt es eine Liste der Bereiche der hoc hspezialisierten Medizin und der mit der Erbringung der definierten Leistung en beauftragten Zentren. Die Liste wird periodisch überprüft. Sie gilt als g emeinsame Spitalliste der Vereinbarungskantone gemäss Art. 39 des Bundesgeset zes über die Krankenversicherung
2)
. Die Zuteilungsentscheide werden befristet.
5 Die Entscheide des Beschlussorgans basieren auf An trägen des Fach- organs. Das Beschlussorgan beachtet die Kriterien g emäss Art. 4 Abs. 4. Seine Beschlüsse gemäss Art. 3 Abs. 3 und 4 bedürfe n der vorgängigen Stellungnahme des Fachorgans.
6 Das Beschlussorgan kann dem Fachorgan Aufträge ert eilen.
1) direktorinnen und -direktoren
2) KVG (SR 832.10)
7 Die Mitglieder streben eine einvernehmliche Entsch eidfindung an. Kann diese nicht erreicht werden, erfordert ein Beschlus s die Zustimmung von mindestens vier Mitgliedern aus Vereinbarungskanton en mit Universitäts- spital und von vier Mitgliedern der anderen Vereinb arungskantone.

Art. 4 Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben des HSM-Fachorga ns

1 Das HSM-Fachorgan besteht aus höchstens 15 unabhän gigen Experten, bei deren Bestellung mehrere geeignete Bewerber aus dem Ausland zu berücksichtigen sind. Das Beschlussorgan bestimmt d ie Anforderungen an die Experten und legt das Auswahlverfahren fest. Di e Mitglieder legen ihre Interessen in einem Interessenbindungsregister offe n.
2 Die Wahl der Experten einschliesslich des Präsidiu ms erfolgt ad personam durch das HSM-Beschlussorgan für eine Dauer von zwe i Jahren. Eine Wiederwahl ist möglich.
3 Das HSM-Fachorgan hat folgende Aufgaben:
1. es beobachtet neue Entwicklungen;
2. es stellt und überprüft Anträge auf Aufnahme und Streichung aus dem HSM-Bereich;
3. es legt die Voraussetzungen fest, welche zur Aus führung einer Dienstleistung bzw. eines Dienstleistungsbereiches erfüllt werden müssen bezüglich Fallzahl, personellen und strukturellen R essourcen und an unterstützenden Disziplinen;
4. es bereitet die Entscheidungen des Beschlussorga ns vor; dazu gehören insbesondere die Vorbereitungsarbeiten der Zuteilun g gemäss den oben beschriebenen Voraussetzungen sowie die Prüfung der Lösungsvorschläge;
5. es stellt dem Beschlussorgan die entsprechenden Anträge und begründet diese fachbezogen und wissenschaftlich;
6. es erstattet dem Beschlussorgan jährlich Bericht über den Stand seiner Arbeiten.
4 Das HSM-Fachorgan berücksichtigt bei der Erfüllung seiner in Abs. 3 genannten Aufgaben folgende Kriterien:
1. Für die Aufnahme in die Liste der HSM-Bereiche: a) Wirksamkeit; b) Nutzen; c) Technologisch-ökonomische Lebensdauer; d) Kosten der Leistung.
2. Für den Zuteilungsentscheid: a) Qualität; b) Verfügbarkeit hochqualifizierten Personals und T eambildung; c) Verfügbarkeit der unterstützenden Disziplinen; d) Wirtschaftlichkeit; e) Weiterentwicklungspotenzial.
3. Für den Entscheid über die Aufnahme in die Liste der HSM-Bereiche und die Zuteilung: a) Relevanz des Bezugs zu Forschung und Lehre; b) Internationale Konkurrenzfähigkeit.
5 Die Experten streben eine einvernehmliche Entschei dfindung an. Kann diese nicht erreicht werden, werden Beschlüsse mit dem einfachen Mehr der anwesenden Mitglieder gefasst, wobei mindestens zwe i Drittel der Mitglieder anwesend sein müssen. Das Beschlussorgan erlässt di e Ausstandsregeln.

Art. 5 Wahl und Aufgaben des HSM-Projektsekretariats

1 Das HSM-Projektsekretariat wird vom Beschlussorgan eingesetzt.
2 Es unterstützt organisatorisch und technisch die i m Zusammenhang mit der Planung der hochspezialisierten Medizin erfolge nden Arbeiten des Beschluss- und des Fachorgans und koordiniert diese .

Art. 6 Arbeitsweise

Das Beschluss- und das Fachorgan geben sich jeweils ein Geschäfts- reglement, das die Einzelheiten zur Organisation, A rbeitsweise und Beschlussfassung festlegt. Das Reglement des Fachor gans bedarf der Genehmigung des Beschlussorgans.
3. Abschnitt: Planung

Art. 7 Grundsätze

1 Zur Gewinnung von Synergien ist darauf zu achten, dass die hochspeziali- konzentriert werden.
2 Die Planung gemäss dieser Vereinbarung soll mit je ner im Bereich der Forschung abgestimmt werden. Forschungsanreize soll en gesetzt und koordiniert werden.
3 Die Interdependenzen zwischen verschiedenen hochsp ezialisierten medizinischen Bereichen sind bei der Planung zu ber ücksichtigen.
4 Die Planung umfasst jene Leistungen, die durch sch weizerische Sozialversicherungen mitfinanziert werden.
5 Die Zugänglichkeit für Notfälle ist bei der Planun g zu berücksichtigen.
6 Die Planung berücksichtigt die vom schweizerischen Gesundheitswesen erbrachten Leistungen für das Ausland.
7 Bei der Planung können Kooperationsmöglichkeiten m it dem nahen Ausland genutzt werden.
8 Die Planung kann in Stufen erfolgen.

Art. 8 Besondere Anforderungen an die Planung der Kapazitä ten

Bei der Zuordnung der Kapazitäten sind folgende Vor gaben zu beachten: a) Die gesamten in der Schweiz verfügbaren Kapazitä ten sind so zu bemessen, dass die Zahl der Behandlungen, die sich unter umfassender kritischer Würdigung erwarten lassen, nicht übersch ritten werden kann. b) Die resultierende Anzahl der Behandlungsfälle de r einzelnen Einrichtung pro Zeitperiode darf die kritische Masse unter den Gesichtspunkten der medizinischen Sicherheit und der Wirtschaftlichkeit nicht unterschreiten. c) Den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Zentren im Ausland kann Rechnung getragen werden.

Art. 9 Auswirkungen auf die kantonalen Spitallisten

1 Die Vereinbarungskantone übertragen ihre Zuständig keit gemäss Art. 39 Abs. 1 lit. e des Bundesgesetzes über die Krankenve rsicherung
1) zum Erlass der Spitalliste für den Bereich der hochspezialisie rten Medizin dem HSM- Beschlussorgan.
2 Ab dem Zeitpunkt der gemäss Art. 3 Abs. 3 und 4 er folgten Bestimmung eines Bereiches der hochspezialisierten Medizin und seiner Zuteilung durch das HSM-Beschlussorgan an mit der Erbringung der be treffenden Leistung beauftragte Zentren gelten abweichende Spitallisten zulassungen der Kantone im entsprechenden Umfang als aufgehoben.
1) KVG (SR 832.10)
4. Abschnitt: Finanzen

Art. 10 Verteilung der Kosten

Die Kosten der Tätigkeit der im 2. Abschnitt genann ten Organe sowie des Sekretariats werden von den der Vereinbarung beiget retenen Kantonen entsprechend ihrer Einwohnerzahl anteilsmässig getr agen.
5. Abschnitt: Streitbeilegung

Art. 11 Streitbeilegungsverfahren

1 Die Vereinbarungskantone verpflichten sich, Meinun gsverschiedenheiten und Streitigkeiten nach Möglichkeit gütlich zu rege ln.
2 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Rahmenverei nbarung für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich
1) über die Streitbeilegung.
6. Abschnitt: Rechtspflege und Schlussbestimmungen

Art. 12 Beschwerde und Verfahrensrecht

1 Gegen Beschlüsse betreffend die Festsetzung der ge meinsamen Spitalliste nach Art. 3 Abs. 3 und 4 kann beim Bundesverwaltung sgericht Beschwerde nach Art. 53 des Bundesgesetzes über die Krankenver sicherung
2) geführt werden.
2 Auf diese Beschlüsse finden sinngemäss die bundesr echtlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren
3) Anwendung.

Art. 13 Beitritt und Austritt

1 Der Beitritt zur Vereinbarung wird mit der Mitteil ung an die GDK wirksam.
1)
2) KVG (SR 832.10)
3) BG über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021 )
2 Jeder Vereinbarungskanton kann durch Erklärung geg enüber der GDK austreten. Der Austritt wird mit dem Ende des auf d ie Erklärung folgenden Kalenderjahres wirksam.
3 Die Austrittserklärung kann frühestens auf das End e des fünften Jahres seit Inkrafttreten der Vereinbarung und fünf Jahre nach erfolgtem Beitritt abgegeben werden.

Art. 14 Berichterstattung

Das Präsidium des Beschlussorgans stattet den Verei nbarungskantonen jährlich über den Stand der Umsetzung dieser Verein barung Bericht.

Art. 15 Inkrafttreten

Die GDK setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr 1 7 Kantone einschliess- lich der Kantone mit Universitätsspital (Zürich, Be rn, Basel-Stadt, Waadt und Genf) beigetreten sind. Für später beigetretene Kan tone tritt die Verein- barung mit der Mitteilung gemäss Art. 13 Abs. 1 in Kraft.

Art. 16 Geltungsdauer und Ausserkrafttreten

1 Die Vereinbarung gilt unbefristet.
2 Sie tritt ausser Kraft, wenn die Zahl der Mitglied er unter 17 fällt oder wenn einer der Kantone mit Universitätsspital (Zürich, B ern, Basel-Stadt, Waadt oder Genf) austritt.

Art. 17 Änderung der Vereinbarung

Stellen die Vereinbarungskantone fest, dass eine An passung der Verein- barung erforderlich ist, nehmen sie entsprechende V erhandlungen auf. Auf Antrag von drei Vereinbarungskantonen leitet die GD K die Anpassung der Vereinbarung ein. Die Anpassung tritt in Kraft, wen n ihr sämtliche Verein- barungskantone beigetreten sind.
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