Vertrag zwischen den Kantonen Bern und Appenzell I. Rh. betreffend Unterbringung der Gef... (369)
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Vertrag zwischen den Kantonen Bern und Appenzell I. Rh. betreffend Unterbringung der Gefangenen des Kantons Appenzell I. Rh. in der Strafanstalt Witzwil

Vertrag zwischen den Kantonen Bern und Appenzell I. Rh. betreffend Unterbringung der Gefangenen des Kantons Appenzell I. Rh. in der Strafanstalt Witzwil Gegenseitig genehmigt am 25./29. November 1924 Zwischen dem Kanton Bern, vertreten durch seinen Regierungsrat einerseits, und dem Kanton Appenzell I. Rh., vertreten durch seinen Regierungsrat andererseits, wird folgender Vertrag abgeschlossen: Art. 1 Der Kanton Appenzell l. Rh. übergibt dem Kanton Bern zum Strafvollzug in der An- stalt Witzwil nach Bedarf die zu Zuchthaus oder Gefängnis verurteilten männlichen Gefangenen, deren Strafdauer mehr als 5 Monate beträgt. Sollte die Zahl der zu- rückbehaltenen Gefangenen den appenzell-innerrhodischen Bedarf übersteigen, so hat der Kanton Appenzell I. Rh. das Recht, auch Gefangene mit einer Strafdauer bis zu 5 Monaten im Einvernehmen der Direktion der Strafanstalt Witzwil in die letztere Anstalt einzuweisen.
2 Die Anstalt Witzwil ist nicht gehalten, Gefangene aufzunehmen, die ihrer Vorstrafen oder des Tatbestandes des begangenen Verbrechens wegen als besonders gefähr- lich bezeichnet werden müssen. Vor Aufnahme jedes Sträflings sind ihr die von ihr gewünschten Angaben zu machen. Art. 2 Erweist sich ein in Witzwil aufgenommener Gefangener während der Verbüssung der Strafe als besonders gefährlich, so kann die Direktion verlangen, dass der Kanton Appenzell I. Rh. den Gefangenen zurücknehme, um ihn an einem andern Orte unterzubringen. Art. 3
1 Die Gefangenen, die das Alter von 20 Jahren noch nicht erreicht haben, können nur mit spezieller Zustimmung des Direktors der Anstalt Witzwil dorthin verbracht werden.
2 Alle gesunden Gefangenen, die das 20. Altersjahr überschritten haben, werden in Witzwil aufgenommen, ohne Rücksicht auf Alter und Arbeitsfähigkeit.

Art. 4

1 Vor ü bergehend kranke Gefangene werden in Witzwil auf Kosten der Anstalt ver- pflegt, solange die Krankheit heilbar erscheint und ihre voraussichtliche Dauer zwei Monate nicht ü bersteigt.
2 Dagegen verpflichtet sich der Kanton Appenzell I. Rh.. Geisteskranke, oder solche Patienten, deren Zustand Spitalpflege erfordert, oder deren Krankheit voraussicht- lich l ä nger als zwei Monate dauern wird, zur ü ckzunehmen und auf seine Kosten zu versorgen. Art. 5
1 Die in Witzwil untergebrachten Gefangenen des Kantons Appenzell l. Rh. unterste- hen in jeder Beziehung der gleichen Verwaltung, Ordnung und Aufsicht, wie die bernischen Gefangenen. Alle Anstaltsreglemente gelten auch f ü r sie, ebenso die Verordnungen und Dienstbefehle des Direktors.
2 F ü r ihre religi ö sen Bed ü rfnisse und, wenn n ö tig, f ü r ihre Weiterausbildung wird in gleicher Weise wie f ü r die bernischen Gefangenen durch die von der Anstalt ange- stellten Geistlichen oder Lehrer gesorgt werden. Art. 6
1 Gem ä ss den Vorschriften von Art. 5 werden die Gefangenen des Kantons Appen- zell l. Rh von ihrem Eintritte an und w ä hrend der ganzen Strafzeit auf Kosten der Anstalt Witzwil durch dieselbe mit Kleidern und Schuhen versehen. Bei ihrem Aus- tritt erhalten sie von der Anstalt das gleiche Pekunium, wie wenn sie vom Kanton Bern zum Strafvollzug eingeliefert worden w ä ren.
2 Alle Auslagen f ü r die Gefangenen, wie z.B. f ü r Bewachung, Aufsicht, Nahrung etc. fallen zu Lasten der Anstalt. Dagegen erh ä lt sie den ganzen Ertrag der Arbeit, zu der die Gefangenen nach den f ü r den Betrieb aufgestellten Regeln und mit R ü ck- sicht auf F ä higkeit, K ö rperkraft und Alter angehalten werden.
3 Die Kleidung und das Schuhwerk, das die Gefangenen bei ihrer Ankunft tragen, werden auf Kosten der Anstalt instand gestellt und wenn n ö tig erg ä nzt oder ersetzt, so dass bei seinem Austritt jeder Gefangene vollst ä ndig gekleidet ist.
4 Die Anstalt ü bernimmt auch die Reisekosten der Entlassenen bis zur Schweizer- grenze.
5 Die eigentliche Schutzaufsicht und Entlassenenf ü rsorge liegt dem Kanton Appen- zell I. Rh. ob.

Art. 7

1 Der Kanton Appenzell I. Rh. bezahlt der Anstalt Witzwil im Tag folgende Entsch ä - digungen: – f ü r jeden zu Aussenarbeiten f ä higen Gefangenen f ü nfundsiebzig Rappen Fr. — .75 – f ü r jeden zu Aussenarbeiten nicht f ä higen Gefangenen, insbesondere f ü r Lehrlinge in den Gewerben, anderthalben Franken Fr. 1.50 – f ü r jeden Gefangenen, der das 20. Altersjahr noch nicht erreicht hat, anderthalben Franken Fr. 1.50
2 F ü r Pflegetage, die in den Monaten Dezember, Januar und Februar das Jahres- mittel ü berschreiten, sind Fr. 1.50 zu bezahlen.
3 Die Bezahlung geschieht gegen Rechnungsstellung der Anstalt f ü r Gefangene, deren Strafzeit ein Jahr oder weniger betr ä gt, auf Ende der Strafzeit, f ü r alle ande- ren auf Ende des Kalenderjahres. Art. 8
1 F ü r alles, was die Ausf ü hrung des Vertrages anbetrifft, ist der Kanton Appenzell l Rh., vertreten durch den Vorsteher seiner Polizeidirektion, der Kanton Bern durch den Direktor der Strafanstalt Witzwil.
2 Die Beh ö rden des Kantons Appenzell I. Rh. haben keinen Anteil an der Verwaltung der Anstalt Witzwil, aber die appenzell-innerrhodischen Gefangenen k ö nnen zu je- der Zeit vom Vorsteher der Polizeidirektion, einem Beamten dieser Direktion oder einer zu diesem Zwecke bezeichneten Kommission besucht werden.
3 Die Gerichtsbeh ö rden k ö nnen die Gefangenen in Witzwil besuchen und abh ö ren. Wenn n ö tig k ö nnen dieselben auch zur Abh ö rung nach Appenzell I. Rh. gebracht werden (auf Kosten des Kantons Appenzell I. Rh.). Art. 9
1 Sollte der Bestand der bernischen Gefangenen vor ü bergehend derart ansteigen, dass in Witzwil Platzmangel entsteht, so h ä tte der Kanton Appenzell I. Rh. mit Ein- weisung seiner Gefangenen entsprechend zur ü ckzuhalten.
2 In F ä llen h ö herer Gewalt (Brand usw.) kann der Kanton Appenzell I. Rh. angehal- ten werden, seine Gefangenen ganz, oder teilweise vor ü bergehend anderswo un- terzubringen. Sollte ferner die beschlossene Verlegung der Anstalt Thorberg nach Witzwil stattfinden, so ist der Kanton Bern berechtigt, w ä hrend der Vertragsdauer den Vertrag auf zwei Jahre zu k ü nden.

Art. 10

1 Der Vertrag ist abgeschlossen auf die Dauer von zehn Jahren. Seine Wirkung be- ginnt am 1. Januar 1925 und dauert bis 31. Dezember 1935. Er kann auf diesen Zeitpunkt durch Mitteilung der einen Partei an die andere gek ü ndigt werden. Die K ü ndigung hat vor dem 1. Januar 1933 zu geschehen.
3 Wird der Vertrag auf diesen Zeitpunkt nicht gek ü ndigt, so gilt er als verl ä ngert zu den gleichen Bedingungen f ü r eine neue Periode von 10 Jahren usw. von 10 zu 10 Jahren. Zur K ü ndigung auf das Ende einer dieser Fristen ist eine Mitteilung zwei Jahre vor deren Ablauf n ö tig. Art. 11 Die Regelung der sukzessiven Ü bergabe der Gefangenen wird von den in Art. 8 Abs. 1 bezeichneten Vertretern der Vertragsparteien getroffen.
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