ÜBEREINKUNFT betreffend die Polizeitransporte (3.8314)
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ÜBEREINKUNFT betreffend die Polizeitransporte

ÜBEREINKUNFT betreffend die Polizeitransporte 1 (vom 23. Juni 1909; Stand am 1. Januar 1910) Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement und die Polizeidirek - tionen sämtlicher Kantone haben nachstehende Vereinbarung über das polizeiliche Transportwesen getroffen.
Artikel 1
1 Zu den Polizeitransporten im Sinne dieser Übereinkunft gehören alle von der Polizei angeordneten Transporte mit Einschluss der Armentransporte, welche die Abschiebung oder Heimschaffung gesunder oder kranker Personen aus einem Kanton nach einem andern (dem Heimatkanton) oder nach dem Auslande, oder aus dem Auslande nach dem schweizerischen Heimatkanton betreffen.
2 Die Beförderung von Personen gemäss dem Reglement betreffend den Transport inländischer Armer auf den schweizerischen Transportanstalten bleibt vorbehalten.
Artikel 2
1 Die Behörde, welche einen Polizeitransport anordnet, sorgt dafür:
a) dass der zu Transportierende vorerst auf seine Transportfähigkeit unter - sucht und in bezug auf Haut- und Ungezieferreinheit und Bekleidung transportfähig gemacht wird;
b) dass die Identität des Transportanden wenn möglich festgestellt wird;
c) dass seine Ausweisschriften und seine Effekten dem Transport beigefügt werden.
2 Jedem Polizeitransport, sei derselbe begleitet oder nicht, ist ein Transport - befehl nach einheitlichem Formular mitzugeben.
1 SR 354.1 1
Artikel 3 Die von den Kantonen angeordneten Polizeitransporte zerfallen mit Bezug auf die Verteilung der Fahrkosten in drei Kategorien: I. Die Kosten des Transportes werden vom empfangenden Kanton getragen
a) wenn einem Kanton eine von ihm requirierte Person oder eine solche, deren strafrechtliche Verfolgung ihm obliegt, zugeführt wird;
b) wenn ausgewiesene oder ausgeschaffte (gesunde oder kranke) schweizerische Angehörige vom Ausland her an der Grenze eintreffen und von dort ihrem Heimatkanton zugeschoben werden. II. Die Kosten der Abschub- und Heimschaffungstransporte (gesunder und kranker Personen) aus der Schweiz nach dem Ausland trägt der Bund. III. Die Kosten der übrigen Transporte trägt der absendende Kanton. Hierher gehören u.a. auch alle Heimschaffungen von schweizeri - schen (gesunden oder kranken) Armen aus dem Aufenthalts- oder Niederlassungskanton nach dem Heimatkanton.
Artikel 4
1 Die Abfertigung der Polizeitransporte seitens der Bahnverwaltungen erfolgt, ohne sofortige Taxzahlung, auf Grund von Ausweis unter nachhe - riger Rechnungsstellung an die kantonalen Polizeibehörden.
2 ...... 2
3 ...... 3
4 Zur Ausstellung der Fahrgutscheine sind nur polizeiliche Amtsstellen 4 zuständig.
Artikel 5
1 Die Rechnungsstellung über sämtliche auf dem ganzen schweizerischen Bahnnetz verwendeten Fahrgutscheine erfolgt monatlich durch die Einnah - menkontrolle der Schweizerischen Bundesbahnen in Bern an die Kantone, Rückfahrt von Transportbegleitern, vergleiche Artikel 6 Absatz 2 und 3) dem empfangenden Kanton, alle übrigen Transporte dem absendenden Kanton in Rechnung gebracht. Als Rechnungsbelege dienen die gebrauchten
2 Gegenstandslos gewordene Bestimmungen
3 Gegenstandslos gewordene Bestimmungen
4 Heute die Amtsstellen, die im Tarif 630 der Schweiz. Transportunternehmungen als zu - ständig bezeichnet sind
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Gutscheine. Die Einzahlung der entsprechenden Rechnungsbeträge soll an die Hauptkasse der Schweizerischen Bundesbahnen in Bern binnen Monatsfrist nach erfolgter Zustellung der monatlichen Rechnungen statt - finden. Die Schweizerischen Bundesbahnen übernehmen die Abrechnung mit den übrigen schweizerischen Bahn- eventuell Dampfschiffunterneh - mungen.
2 Rechnungsstellen der Kantone sind die kantonalen Polizeidirektionen.
3 Für die vom Bunde zu vergütenden Transportkosten der II. Kategorie stellen die Kantone dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement jeweilen vierteljährlich unter Beifügung der Belege Rechnung.
4 Ist ein nach dem Ausland abzuschiebender Transportand, der nicht als Arrestant geführt wird, in der Lage, die Kosten des Transportes ganz oder teilweise zu bezahlen, so hat der absendende Kanton bei der Rechnungs - stellung gegenüber dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement den Betrag, für welchen Zahlung erhältlich war, in Abzug zu bringen.
Artikel 6
1 Auslagen für allfällige Transportbegleitung gehen in der Transportkate - gorie I (Artikel 3 hievor) zu Lasten des empfangenden Kantons, in Kategorie II zu Lasten des Bundes, in Kategorie III zu Lasten des absendenden Kantons. Eine Begleitung hat nur dann einzutreten, wenn eine solche zufolge der Gefährlichkeit oder des Zustandes (Jugend, Alter, Gebrechlich - keit, Krankheit) der zu transportierenden Person als notwendig erscheint. Die Begleitung eines Transportes ist von Fall zu Fall bei Rechnungsstellung schriftlich zu begründen.
2 Die nach den Vorschriften über die Polizeitransporte auf den schweizeri - schen Eisenbahnen dem begleitenden Polizeipersonal zukommende Taxbe - günstigung findet auf das Begleitpersonal aller Polizeitransporte im Sinne von Artikel 1 der gegenwärtigen Übereinkunft (also auch auf begleitende Wärter und Wärterinnen) Anwendung.
3 Der absendende Kanton stellt für die Begleitungskosten in der Kategorie I dem empfangenden Kanton, in der Kategorie II dem Bund Rechnung, welche umfasst:
1. eine Transportgebühr (für die Hinreise) von 20 Rappen für die ersten 30 km Bahnfahrt oder Fahrt im Auto, 10 Rappen für jeden weiteren Kilo - meter, von 60 Rappen pro Kilometer zu Fuss zurückgelegter Strecken, im Minimum 4 Franken, im Maximum 24 Franken. Ist ein Begleiter genö - tigt, die transportierte Person an den Ausgangsort zurückzubringen, oder hat er eine andere Person dorthin mitzunehmen, so beträgt das Minimum der Transportgebühr 6 Franken, wenn der Rücktransport sich aus amtlichen Gründen derart verzögert, dass der Begleiter auswärts eine Hauptmahlzeit einnehmen muss. Bedingt die Verzögerung die 3
Einnahme von zwei Hauptmahlzeiten, so beträgt das Minimum der Transportgebühr 9.75 Franken. Die Wartezeit wird von der zuständigen Behörde des Ortes, wo die Verzögerung eintrat, bescheinigt;
2. eine Entschädigung von 12 Franken für allfälliges Nachtquartier des Transportbegleiters;
3. die Fahrkosten für die Hin- und Rückfahrt zum halben Preis der gewöhn - lichen Billette 2. oder 1. Klasse.
4 Den Behörden wird es zur Pflicht gemacht, die Transporte zeitlich in der Weise anzusetzen, dass der Begleiter, wenn immer möglich, am Tag, an dem der Transport stattfindet, an den Ausgangsort zurückkehren kann.
5 Die Rechnungsstellung erfolgt jeweilen von Fall zu Fall.
Artikel 7
1 Der Polizeitransport wird vom Ausgangspunkt direkt bis zum Bestim - mungsort angeordnet und ausgeführt. Demgemäss ist der Eisenbahnfahr - gutschein am Abgangsort für die ganze Route auszustellen.
2 Als Bestimmungsort gilt:
a) bei Abschiebung von Schweizerbürgern in die Heimat der Hauptort des Bezirkes, wo die Heimatgemeinde liegt, oder eine im Transportbefehl im Einverständnis mit dem Empfangskanton als Abgabeort bezeichnete Eisenbahnstation;
b) bei Abschiebung von Ausländern die betreffende Station;
c) für polizeilich gesuchte oder requirierte Personen der Sitz der ausschrei - benden oder requirierenden Amtsstelle bzw. eventuell eine im Einzelfalle besonders vereinbarte Abgabestation.

Artikel 8 Wenn die Übergabe des Transportierten an der Grenze oder am Transport -

ziel auf Schwierigkeiten stösst, so ist die absendende Behörde zur Rück - nahme des Transportierten auf ihre Kosten verpflichtet. 9
1 Bei Übergabe eines Transportes auf einen andern Zug (Dampfschiff) ist die Überführung von den Polizeiorganen derjenigen Kantone vorzunehmen, in deren Gebiet die betreffende Station liegt, ohne dass hiefür Rechnung gestellt werden kann. Zur Erleichterung dieses Dienstes werden die Züge, welche unbegleitete Transportanden führen, in der Regel auf täglich vier nach jeder Richtung beschränkt. Die Bahnen werden jeweilen bei Einfüh -
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rung eines neuen Fahrplanes den kantonalen Polizeibehörden die für ihr Gebiet in Betracht fallenden Fahrkurse bezeichnen.
2 Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen für den Verkehr auf denjenigen Linien, auf welchen Polizeitransportwagen zirkulieren.
Artikel 10 Der Transportand ist vor dem Transport zu verpflegen und soll auf längeren Routen Zwischenverpflegung durch die Polizeiposten an grösseren Bahnhöfen erhalten. Kann der Transport seinen Bestimmungsort nicht an einem Tag erreichen, so erhalten die Transportierten an geeignetem Ort (in der Regel an einem Kantonshauptort oder Amtssitz) Unterkunft, womit warme Verpflegung am Abend und am folgenden Morgen verbunden sein soll. Auf den Zwischenverpflegungs- und Unterkunftsstationen soll bei Bedarf auch ärztliche Hilfe und Wartung zur Verfügung stehen.
Artikel 11
1 Über die Kosten der Zwischenverpflegung sowie allfälliger Unterkunft und ärztlicher Wartung für durchgehende Transporte der Kategorien I, II und III stellen die betreffenden Kantone vierteljährlich dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement Rechnung. Dieses prüft die eingegangenen Rech - nungen, verteilt die Gesamtkosten nach der Bevölkerungszahl auf die sämt - lichen an dieser Übereinkunft beteiligten Kantone und besorgt die allge - meine Abrechnung.
2 Für die bei der Verpflegung und Unterbringung der Transportanden in Anspruch genommene Polizeimannschaft kann keine Entschädigung berechnet werden.
Artikel 12
1 Bei Transporten, welche ausschliesslich innerhalb des Gebietes eines Kantons stattfinden, darf dieser Kanton die erwachsenden Kosten für Zwischenverpflegung und allfällige Unterkunft und ärztliche Wartung nicht in die interkantonale Verpflegungsrechnung einstellen.
2 Bei Transporten, welche aus Auftrag des Bundes ausgeführt werden, hat der transportierende Kanton die erforderliche Zwischenverpflegung, Unter - kunft und ärztliche Wartung für Rechnung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements bar zu bezahlen. 5
Artikel 13
1 Die Zwischenverpflegungs- und Unterkunftsstationen werden vom Eidge - nössischen Justiz- und Polizeidepartement nach Anhörung der kantonalen Polizeidirektion bezeichnet. Ihre Organisation ist Sache der betreffenden Kantone.
2 Jede verabfolgte Zwischenverpflegung bzw. jede Nächtigung eines Trans - portierten wird durch den Ortsstempel der betreffenden Station auf dem Transportbefehl angemerkt; für Zwischenverpflegung ist ein runder, für Unterkunft (mit zugehöriger Verpflegung) ein viereckiger Stempel zu verwenden.
Artikel 14 Für die Transporte, welche von den Bundesbehörden angeordnet werden (Auslieferungen, eidgenössische Ausweisungen, Durchtransporte), stellen die Kantone dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement von Fall zu Fall Rechnung. Dieselbe umfasst:
1. die Fahrkosten (vgl. Artikel 4 Absatz 3);
2. die Begleitungskosten nach Massgabe der in Artikel 6 Absatz 3 festge - setzten Gebühren;
3. die Kosten von Verpflegung, Unterkunft und ärztlicher Wartung während des Transportes (vgl. Artikel 12 Absatz 2).

Artikel 15 Die Transporte sind, wenn immer möglich, so einzurichten, dass sie in einem Tage zur Durchführung gelangen. Sie sollen am Bestimmungsort oder am Orte der Unterkunft nicht später als abends 8 Uhr ankommen. An Sonntagen sowie am Neujahrstag, Karfreitag, Auffahrtstag und Weih -

nachtstag sind Polizeitransporte zu unterlassen.

Artikel 16 Weibliche Personen dürften nicht in Zellen zusammen mit Männern trans -

portiert werden. Insofern ihnen nicht eine besondere Zelle angewiesen wird, sind sie in dritter Wagenklasse zu transportieren, wobei begleitende Polizei - agenten Zivilkleidung tragen. Vorbehalten bleibt der gemeinsame Transport von Ehegatten und von Eltern mit ihren Kindern.
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Artikel 17 Die Polizeiorgane haben ihr Augenmerk darauf zu richten, dass die benutzten Transportzellen (und allfällige besondere Transportwagen) sowie die zeitweiligen Unterkunfts- bzw. Arrestlokale für durchgehend Trans -

portierte in gutem und reinlichem Zustande und bei kalter Witterung geheizt sind.

Artikel 18 Die vollzogenen Transportbefehle verbleiben am Bestimmungsorte des Transportes ein Jahr lang zur Verfügung der Rechnungskontrollstellen des Bundes und der Kantone aufbewahrt. Ein vom Formular loszutrennender Empfangsschein geht unmittelbar nach Eintreffen des Transportes am Bestimmungsorte an die absendende Stelle zurück; bei begleiteten Trans -

porten ist der Empfangsschein dem Transportbegleiter auszuhändigen.

Artikel 19 Dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement steht die allgemeine Kontrolle über das Polizeitransportwesen zu. Es entscheidet allfällige Anstände und Beschwerden betreffend die Handhabung dieser Vereinba -

rung.
Artikel 20 Die gegenwärtige Vereinbarung wird unter Genehmigung der zuständigen eidgenössischen und kantonalen Behörden abgeschlossen.

Artikel 21 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkom -

mens 5 .
Artikel 22 Die Übereinkunft kann von den Vertragsparteien jederzeit bei Jahresschluss gekündigt werden, und es tritt die Kündigung jeweilen ein Jahr nachher in Wirksamkeit.
5 Vom Bundesrat in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 1910 7
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