Verordnung über die Aufsicht über stationäre Einrichtungen und ambulante Leistungen für Kinder
1 213.319.2 Verordnung über die Aufsicht über stationäre Einrichtungen und ambulante Leistungen für Kinder (ALKV) vom 23.06.2021 (Stand 01.01.2024) Der Regierungsrat des Kantons Bern, in Ausführung von Artikel 316 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) 1 ) , der eidgenössischen Verordnung vom 19. Oktober 1977 über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) 2 ) sowie gestützt auf Artikel
8 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 2, Artikel 30 Absatz 3 und Artikel 40 Absatz 1 des Gesetzes vom 3. Dezember 2020 über die Leistungen für Kinder mit besonde rem Förder- und Schutzbedarf (KFSG) 3 ) , auf Antrag der Direktion für Inneres und Justiz, beschliesst:
1 Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Zweck und Geltungsbereich
1 Diese Verordnung bezweckt die Förderung und den Schutz von Kindern, die Leistungen beziehen, die gemäss dieser Verordnung bewilligungs- oder melde pflichtig sind.
2 Sie regelt die Bewilligungs- bzw. Meldepflicht und die Aufsicht im Bereich der a Familienpflege, b stationären Einrichtungen (Heimpflege) für Kinder, c ambulanten Leistungen für Kinder.
Art. 2
Wahrung des Kindeswohls
1 Personen, die bewilligungs- oder meldepflichtige Leistungen nach dieser Ver ordnung erbringen a schützen die leistungsbeziehenden Kinder vor körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt und achten deren persönliche Integrität;
1) SR 210
2) SR 211.222.338
3) BSG 213.319 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
21-060
213.319.2 2 b klären die ihnen anvertrauten Kinder entsprechend ihrem Alter und ihrer Urteilsfähigkeit über ihre Rechte auf und beteiligen sie an Entscheidun gen, die ihren Alltag betreffen; c gewähren der Aufsichtsbehörde Zutritt zu ihren Räumlichkeiten, erteilen dieser die erforderlichen Auskünfte und stellen ihr die notwendigen Un terlagen zur Verfügung.
2 Wer Kinder bei sich stationär aufnimmt, ermöglicht ihnen den Kontakt zu ver trauten Personen.
2 Familienpflege
2.1 Allgemeine Bestimmungen
Art. 3
Bewilligungspflicht
1 Wer Kinder zur Pflege und Erziehung bei sich aufnimmt (Familienpflege), ist nach Massgabe von Artikel 8 KFSG bewilligungspflichtig.
2 Als Familienpflege gilt die Aufnahme durch Pflegeeltern von a bis zu drei Kindern, b mehr als drei Kindern, wenn es sich um Geschwister handelt, c einem Kind in einer Krisensituation (Krisenunterbringung), d von mehreren Kindern in einer Krisensituation (Krisenunterbringung), wenn es sich bei den Kindern um Geschwister handelt.
3 Wer nur gelegentlich und unentgeltlich Kinder bei sich aufnimmt, ist nicht be willigungspflichtig.
Art. 4
Zuständigkeit
1 Wer Familienpflege nach Artikel 4 PAVO anbietet oder ein Kind im Hinblick auf eine spätere Adoption aufnehmen will, benötigt eine Bewilligung der zu ständigen Stelle der Direktion für Inneres und Justiz.
2 Die zuständige Behörde kann die Durchführung von Abklärungen im Rahmen des Bewilligungsverfahrens durch einen Leistungsvertrag an einen kommuna len Dienst oder an eine geeignete private Stelle übertragen.
3 Der Leistungsvertrag nach Absatz 2 enthält Aussagen zur Art, Menge und Qualität der Leistungen, zu deren Abgeltung und der Qualitätssicherung.
3 213.319.2
Art. 5
Bewilligungsformen
1 Die Bewilligungsbehörde bescheinigt Personen, die Pflegekinder aufnehmen wollen, die generelle Eignung, wenn die Voraussetzungen von Artikel 6 erfüllt sind.
2 Soll ein bestimmtes Kind für mehr als sechs Monate aufgenommen werden, ist eine Bewilligung für die Aufnahme dieses Kindes erforderlich (Passung).
Art. 6
Bewilligungsvoraussetzungen
1 Die Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern darf nur erteilt wer den, wenn a die Pflegeeltern sowie Hausgenossinnen und Hausgenossen 1. nach Persönlichkeit, Gesundheit, erzieherischer Eignung und zeitli cher Verfügbarkeit sowie nach den Wohnverhältnissen für gute Pfle ge, Erziehung und Ausbildung des Kindes Gewähr bieten; 2. sich nicht in einem laufenden Strafverfahren befinden oder wegen ei ner Straftat verurteilt worden sind, die aufgrund der Schwere oder Art die Eignung zur Aufnahme von Kindern in Frage stellen; 3. in stabilen sozialen und finanziellen Verhältnissen leben. b das Wohl anderer in der Pflegefamilie lebender Kinder nicht beeinträchtigt wird.
2 Sie kann befristet erteilt und mit Auflagen verbunden werden.
Art. 7
Krisenunterbringung
1 Dauert der Aufenthalt im Rahmen der Krisenunterbringung länger als eine Woche, ist dies der Bewilligungsbehörde unverzüglich zu melden.
Art. 7a
* Leistungsabgeltung
1 Die Abgeltung der nach Artikel 4 Absatz 2 sowie Artikel 12 Absatz 2 mit ei nem Leistungsvertrag an einen kommunalen Dienst oder eine geeignete priva te Stelle übertragenen Aufgaben erfolgt in Form von Fallpauschalen.
2 Es werden folgende Pauschalen und Entschädigungen ausgerichtet: a 3077 Franken pro erteiltem Auftrag für die Durchführung von Abklärungen im Hinblick auf die Erteilung einer generellen Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern, b 754 Franken pro erteiltem Auftrag für die Durchführung von Abklärungen im Hinblick auf die Aufnahme eines bestimmten Pflegekindes (Passung), c 754 Franken pro Pflegekind für die Ausübung der Pflegekinderaufsicht nach Artikel 10 PAVO,
213.319.2 4 d 754 Franken pro Pflegefamilie im Bereich der Krisenunterbringung für die Ausübung der Pflegekinderaufsicht nach Artikel 10 PAVO, e 127 Franken pro Stunde für den mit einem Aufsichts- oder Abklärungsbe such verbundenen Reisezeitaufwand einschliesslich Spesen, der eine hal be Stunde der effektiven Wegzeit übersteigt, wobei die Entschädigung pro angebrochener Viertelstunde berechnet wird.
3 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz a legt im Leistungsvertrag fest, nach welchen Modalitäten die Datenliefe rung zu erfolgen hat und welcher Stichtag für die Ermittlung der Fallzahlen sowie des nach Absatz 2 Buchstabe e entstandenen Reisezeitaufwands ausschlaggebend ist, b bestimmt den gestützt auf den Durchschnitt der über die letzten zwei Jah re gemeldeten Fallzahlen zur Auszahlung gelangenden Geldbetrag zu züglich des nach Absatz 2 Buchstabe e gemeldeten Reisezeitaufwands aus dem Vorjahr und teilt diesen den Leistungserbringerinnen und Leis tungserbringern schriftlich mit.
4 Die Direktion für Inneres und Justiz passt die Pauschalen und Entschädigun gen nach Absatz 1 jährlich dem für das Kantonspersonal beschlossenen Lohn summenwachstum an.
2.2 Aufnahme ausländischer Kinder
Art. 8
Bewilligungsvoraussetzungen
1 Für die Aufnahme eines ausländischen Pflegekindes, das bisher im Ausland gelebt hat, müssen die Voraussetzungen von Artikel 6 dieser Verordnung und Artikel 6 PAVO erfüllt sein.
2 Die Pflegeeltern müssen insbesondere über genügend finanzielle Mittel zur Erfüllung der Verpflichtung nach Artikel 6 Absatz 3 PAVO verfügen.
3 Für die Prüfung, ob ein wichtiger Grund nach Artikel 6 Absatz 1 PAVO vor liegt, wird in der Regel eine Abklärung im Herkunftsland des Kindes durchge führt.
Art. 9
Wichtiger Grund
1 Ein wichtiger Grund nach Artikel 6 Absatz 1 PAVO liegt namentlich vor, wenn a die gesamten Umstände, insbesondere die Situation im Herkunftsland des Kindes, erwarten lassen, dass die Aufnahme des Kindes dessen Wohl am besten dient und sich keine Alternative im Herkunftsland anbietet, b die Aufnahme nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt,
5 213.319.2 c die Aufnahme nicht hauptsächlich zu Ausbildungszwecken erfolgt und d die künftigen Pflegeeltern zum aufzunehmenden Kind eine vorbestehende Beziehung pflegen.
Art. 10
Gesetzliche Vertretung
1 Nach der Einreise in die Schweiz beantragt die Bewilligungsbehörde bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die gesetzliche Vertretung des Kin des.
2.3 Aufnahme zur Adoption
Art. 11
1 Das Gesuch um Erteilung einer Eignungsbescheinigung zur Aufnahme eines Kindes zur späteren Adoption ist von den künftigen Adoptiveltern bei der zu ständigen Stelle der Direktion für Inneres und Justiz einzureichen.
2 Das Verfahren richtet sich nach der Verordnung des Bundesrates vom 29. Juni 2011 über die Adoption (Adoptionsverordnung, AdoV) 1 ) .
2.4 Aufsicht
Art. 12
Zuständigkeit
1 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz führt die Aufsicht über die Familien- und Adoptivpflegeverhältnisse.
2 Sie kann einzelne Aufgaben durch einen Leistungsvertrag an einen kommu nalen Dienst oder eine geeignete private Stelle übertragen. *
3 Der Leistungsvertrag nach Absatz 2 enthält Aussagen zur Art, Menge und Qualität der Leistungen, zu deren Abgeltung und der Qualitätssicherung.
Art. 13
Aufgaben
1 Die Aufsichtsbehörde prüft, ob die Voraussetzungen für die Weiterführung des Pflegeverhältnisses erfüllt sind.
2 Eine Fachperson besucht die Pflegefamilie im Auftrag der Aufsichtsbehörde so oft als nötig, jährlich aber wenigstens einmal, und führt über diese Besuche Protokoll.
1) SR 211.221.36
213.319.2 6
Art. 14
Meldepflicht
1 Die Pflegeeltern informieren die Aufsichtsbehörde unverzüglich über alle wichtigen Veränderungen der Verhältnisse oder wichtige Vorkommnisse im Sinne von Artikel 9 PAVO.
2 Als wichtige Vorkommnisse im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 PAVO gelten na mentlich a schwere Unfälle oder Krankheiten von Pflegekindern, b grenzüberschreitendes Verhalten innerhalb der Pflegefamilie.
Art. 15
Widerruf der Bewilligung
1 Die Aufsichtsbehörde widerruft die Bewilligung nach Massgabe von Artikel 11 PAVO bzw. Artikel 10 AdoV.
2 Die Bewilligung kann entzogen werden, wenn die Bewilligungsvoraussetzun gen nicht mehr erfüllt sind, namentlich wenn a die Pflegeeltern oder Hausgenossinnen und Hausgenossen wiederholt oder schwerwiegend gegen diese Verordnung oder darauf gestützte Ent scheide verstossen haben, b wesentliche Änderungen oder besondere Vorkommnisse im Sinne von Ar tikel 14 vorliegen, die eine Fortführung der Familienpflege ernstlich in Fra ge stellen.
3 Unterbringung in stationären Einrichtungen (Heimpflege)
3.1 Erteilung der Bewilligung
Art. 16
Bewilligungspflicht
1 Der Betrieb von Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, mehr als drei Kinder zur Erziehung, Betreuung, Ausbildung, Beobachtung oder Behandlung tags- und nachtsüber aufzunehmen, ist nach Massgabe von Artikel 9 KFSG bewilli gungspflichtig.
Art. 17
Zuständigkeit und Inhalte
1 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz erteilt die Bewilli gung den für die operative Leitung zuständigen Personen (Leitungspersonen) und informiert gegebenenfalls die Trägerschaft der stationären Einrichtung.
2 Die Bewilligung enthält namentlich Angaben zu a den Personalien der operativ verantwortlichen Personen, b der Art der bewilligten Leistung,
7 213.319.2 c der Anzahl der bewilligten Plätze, d der minimalen Anzahl der Personen, die für die Betreuung der Kinder zur Verfügung stehen muss (Betreuungsschlüssel),
3 Sie kann auf Probe erteilt oder befristet und mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden.
Art. 18
Bewilligungsvoraussetzungen
1 Die Bewilligung kann erteilt werden, wenn namentlich a hinreichende konzeptionelle Grundlagen vorliegen (Art. 19), b die Leitungspersonen sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geeignet sind (Art. 20, Art. 21 Abs. 1 und Art. 22), c die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die zu betreuenden Kin der ausreicht (Art. 21 Abs. 2), d die Räumlichkeiten für die Betreuung der Kinder geeignet sind (Art. 23), e die notwendige ärztliche, therapeutische und pflegerische Versorgung der Kinder gewährleistet ist, f die interne Aufsicht sichergestellt ist (Art. 24), g eine unabhängige Meldestelle bezeichnet worden ist (Art. 25).
2 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz erarbeitet Richtlini en zu den Bewilligungsvoraussetzungen nach Absatz 1.
Art. 19
Konzeptionelle Grundlagen
1 Die stationären Einrichtungen verfügen über ein schriftliches Betriebskonzept, das die organisatorischen und die pädagogischen Grundsätze festhält.
2 Soweit Einrichtungen freiheitsbeschränkende Massnahmen anwenden, sind diese in einem Konzept vorzusehen, das von der Bewilligungsbehörde separat genehmigt wird.
Art. 20
Leitungspersonen
1 Die Leitungspersonen müssen den Nachweis erbringen, dass sie nach Per sönlichkeit, Gesundheit, erzieherischer Eignung und Ausbildung für gute Pflege und Erziehung der betreuten Kinder sorgen können.
2 Leitungspersonen müssen namentlich a über einen Abschluss in Sozialpädagogik, Heilpädagogik, Sozialer Arbeit oder über eine vergleichbare tertiäre Ausbildung verfügen, b über eine Führungsausbildung, die sie zur Leitung einer stationären Ein richtung befähigt, verfügen, c mehrjährige Berufserfahrung in einer sozialen Einrichtung aufweisen.
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3 Bei Einrichtungen mit überwiegend pflegerischer Ausrichtung sind in Abwei chung von Absatz 2 Buchstabe a auch tertiäre Abschlüsse aus dem Gesund heitsbereich zulässig.
Art. 21
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
1 Die Leitungspersonen stellen sicher, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbei ter über die fachlichen, erzieherischen, persönlichen und gesundheitlichen Vor aussetzungen verfügen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind.
2 Der Betreuungsschlüssel und die Qualifikation der betreuenden Personen werden in Abhängigkeit des Leistungsangebots und der bewilligten Plätze von der Bewilligungsbehörde festgelegt.
Art. 22
Strafregisterauszüge
1 Für stationäre Einrichtungen tätige Personen dürfen sich nicht in einem lau fenden Strafverfahren befinden oder wegen einer Straftat verurteilt worden sein, die aufgrund der Schwere oder Art die Eignung zur Betreuung von Kin dern in Frage stellt.
2 Die Trägerschaft der Einrichtung oder die Leitungspersonen prüfen mindes tens alle fünf Jahre oder auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, ob Absatz 1 er füllt ist und holen hierfür folgende Auszüge aus dem Strafregister ein: a aktueller Privatauszug und Sonderprivatauszug bei volljährigen Mitarbei terinnen und Mitarbeitern, b aktueller Sonderprivatauszug bei minderjährigen Mitarbeiterinnen und Mit arbeitern.
3 Sie verpflichten die für sie tätigen Personen vertraglich, unverzüglich über laufende Strafverfahren zu informieren.
Art. 23
Räumlichkeiten
1 Die Räumlichkeiten der stationären Einrichtung sowie deren Umgebung müs sen den Bedürfnissen der aufzunehmenden Kinder entsprechen und die Um setzung des Betriebskonzepts ermöglichen.
2 Sie müssen den Bau- und Brandvorschriften sowie den Vorgaben der Lebensmittelkontrolle entsprechen.
Art. 24
Interne Aufsicht
1 Die Trägerschaft der stationären Einrichtung oder eine andere geeignete, per sonell unabhängige Stelle gewährleistet die interne Aufsicht.
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2 Die interne Aufsicht prüft die Umsetzung des Betriebskonzeptes und berät die Leitungspersonen namentlich bezüglich pädagogischer und betrieblicher Be lange.
3 Die interne Aufsichtsstelle dokumentiert ihre Tätigkeit und berichtet der Auf sichtsbehörde auf Anfrage über ihre Erkenntnisse; soweit notwendig nimmt sie die Meldepflicht nach Artikel 27 wahr.
Art. 25
Meldestelle
1 Die stationäre Einrichtung verfügt über eine von der operativen Leitung der Einrichtung unabhängige Meldestelle, die bei Konflikten oder in Problemsitua tionen formlos angerufen werden kann.
2 Meldeberechtigt sind insbesondere a die in der Einrichtung betreuten Kinder, b den Kindern nahestende Personen, c Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
3 Die Meldestelle hört die meldenden Personen an, berät diese und kann bei Konflikten vermitteln.
3.2 Aufsicht
Art. 26
Zuständigkeit und Aufgabe
1 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz beaufsichtigt die stationären Einrichtungen und stellt sicher, dass die rechtlichen Voraussetzun gen zum Betrieb sowie allfällige Auflagen und Bedingungen eingehalten wer den.
2 Sie prüft namentlich, ob die Betreuung, Unterkunft und Verpflegung dem Kin deswohl entsprechen und die allgemein anerkannten Qualitätsnormen einge halten werden.
3 Sie kann sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben in jeder geeigneten Weise ein Urteil über das Befinden und die Betreuung der Kinder bilden und namentlich a unangemeldete Aufsichtsbesuche durchführen, b externe Fachpersonen (Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psycho logen, Feuerpolizei, Lebensmittelinspektorinnen und Lebensmittelinspek toren usw.) beiziehen.
213.319.2 10
Art. 27
Meldepflicht
1 Die Leitung der stationären Einrichtung oder deren Trägerschaft ist verpflich tet, der Aufsichtsbehörde unverzüglich alle wesentlichen Änderungen der betrieblichen Verhältnisse mitzuteilen, namentlich a Änderungen des Angebots oder der Organisation der Einrichtung, b Erweiterung, Verlegung oder Einstellung des Betriebs, c Wechsel in der operativen oder strategischen Leitung, d Unterschreitung des vorgegebenen Betreuungsschlüssels.
2 Ausserdem sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich alle besonderen Vor kommnisse zu melden, namentlich in Bezug auf grenzüberschreitendes Ver halten von oder gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Kindern.
Art. 28
Massnahmen
1 Stellt die Aufsichtsbehörde Mängel fest, die das Kindeswohl gefährden oder den Betrieb der stationären Einrichtung beeinträchtigen, trifft sie die notwendi gen Massnahmen zu deren Behebung.
2 Sie kann namentlich folgende Massnahmen verfügen: a Durchführung von Supervisionen, b Fachliche Begleitung von Leitungspersonen, c Weiterbildungen für Leitungspersonen sowie Mitarbeiterinnen und Mitar beiter, d Erhöhung des Betreuungsschlüssels, e Aufnahmestopp von Kindern.
3 Sie kann eine unbefristete Bewilligung in eine befristete umwandeln oder die se mit Auflagen und Bedingungen versehen.
Art. 29
Widerruf der Bewilligung
1 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz kann den Widerruf der Bewilligung verfügen, wenn a die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung nicht mehr erfüllt sind, oder b wiederholt oder schwerwiegend gegen Bestimmungen dieser Verordnung, der PAVO oder auf diese Erlasse gestützte Entscheide verstossen wor den ist.
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Art. 30
Information der Betroffenen
1 Widerruft die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz eine Bewil ligung oder untersagt sie die Ausübung der Tätigkeit gestützt auf Artikel 1 Ab satz 2 PAVO, so informiert sie a die Leistungsbestellerinnen und Leistungsbesteller sowie die Inhaberin oder den Inhaber der elterlichen Sorge, b weitere Behörden oder Personen, die vom Widerruf der Bewilligung betroffen sind.
4 Ambulante Leistungen
Art. 31
Meldepflicht
1 Wer ambulante Leistungen nach Artikel 3 der Verordnung vom 30. Juni 2021 über die Leistungen für Kinder mit besonderem Förder- und Schutzbedarf (KFSV) 1 ) anbietet, ist im Sinne von Artikel 20a PAVO bei der zuständigen Stelle der Direktion für Inneres und Justiz meldepflichtig.
2 Die Meldung hat innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit zu erfolgen.
3 Sie hat zusammen mit folgenden schriftlichen Unterlagen zu erfolgen: a Angaben zur Rechtsform sowie, wenn es sich um eine juristische Person handelt, Statuten und Organigramm, b Personalien und berufliche Qualifikation der Leitungspersonen und der mit der Leistung betrauten Personen, c Strafregisterauszug der geschäftsführenden Person und deren Erklärung, wonach die mit der Leistung betrauten Personen bei Stellenantritt sowie während der Dauer des Anstellungsverhältnisses periodisch entspre chend überprüft werden, d Konzept zu den angebotenen Leistungen mit den organisatorischen und pädagogischen Grundsätzen.
Art. 32
Kindeswohl
1 Die Leitungspersonen sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Betreuungsfunktion müssen nach ihrer Persönlichkeit, Ausbildung und berufli chen Erfahrung für die von ihnen erbrachten ambulanten Leistungen geeignet sein und Gewähr dafür bieten, dass die Ausübung ihrer Tätigkeit dem Wohl der leistungsbeziehenden Kindern dient.
1) BSG 213.319.1
213.319.2 12
Art. 33
Änderung der Verhältnisse
1 Die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter melden der Aufsichtsbe hörde wesentliche Änderungen der Tätigkeit, namentlich solche, die Gegen stand der Meldepflicht nach Artikel 31 Absatz 3 sind, unverzüglich und unauf gefordert; Artikel 20c PAVO ist sinngemäss anwendbar.
2 Ausserdem sind alle besonderen Vorkommnisse zu melden, welche die Ge sundheit oder Sicherheit der betreuten Kinder betreffen, namentlich grenzüber schreitendes Verhalten von oder gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Kindern.
Art. 34
Aufsicht
1 Die zuständige Stelle der Direktion für Inneres und Justiz überprüft peri odisch, ob die ambulanten Leistungen rechtskonform erfolgen und ob allfällig erteilte behördliche Anordnungen eingehalten werden.
2 Sie ergreift zur Beseitigung von Mängeln die notwendigen Aufsichtsmassnah men; Artikel 20f PAVO findet sinngemäss Anwendung.
5 Aufsichtsrechtliche Anzeigen
Art. 35
1 Sachverhalte, die ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde als erforderlich er scheinen lassen, können bei dieser von jeder Person angezeigt werden.
2 Der Anzeigerin oder dem Anzeiger kommt im Rahmen eines aufsichtsrechtli chen Verfahrens keine Parteistellung zu; er oder sie kann aber verlangen, dass ihr oder ihm Auskunft über die Erledigung der Anzeige gegeben wird.
6 Übergangs- und Schlussbestimmungen
6.1 Übergangsbestimmungen
Art. 36
Zuständigkeit Familienpflege
1 Artikel 4 und 12 sind zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung an wendbar.
2 Bis dahin gelten die Bestimmungen von Artikel 42 bis 45 KFSG.
13 213.319.2
Art. 37
Bisherige Bewilligungen
1 Bewilligungen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung für die Aufnahme von Pflegekindern (Art. 3) oder den Betrieb einer stationären Einrichtung (Art. 16) erteilt worden sind, behalten ihre Gültigkeit.
2 Bewilligungen, die an die Trägerschaft von stationären Einrichtungen erteilt wurden, sind nach Inkrafttreten dieser Verordnung noch während zwei Jahren gültig, wenn in der Zwischenzeit keine Bewilligung an die Leitungspersonen er teilt worden ist.
6.2 Schlussbestimmungen
Art. 38
Änderung von Erlassen
1 Folgende Erlasse werden geändert: a Verordnung vom 22. Februar 1995 über die Gebühren der Kantonsverwal tung (Gebührenverordnung; GebV) 1 ) . b Verordnung über die Betreuung und Pflege von Personen in Heimen und privaten Haushalten (Heimverordnung; HEV) 2 ) ,
Art. 39
Aufhebung eines Erlasses
1 Die Pflegekinderverordnung vom 4. Juli 1979 3 ) wird aufgehoben.
Art. 40
Inkrafttreten
1 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2022 in Kraft. Bern, 23. Juni 2021 Im Namen des Regierungsrates Die Präsidentin: Simon Der Staatsschreiber: Auer
1) BSG 154.21
2) BSG 862.51
3) BSG 213.223
213.319.2 14 Änderungstabelle - nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung BAG-Fundstelle
23.06.2021 01.01.2022 Erlass Erstfassung 21-060
21.06.2023 01.01.2024
Art. 7a
eingefügt 23-036
21.06.2023 01.01.2024
Art. 12 Abs. 2
geändert 23-036
15 213.319.2 Änderungstabelle - nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung BAG-Fundstelle Erlass 23.06.2021 01.01.2022 Erstfassung 21-060
Art. 7a
21.06.2023 01.01.2024 eingefügt 23-036
Art. 12 Abs. 2
21.06.2023 01.01.2024 geändert 23-036
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