Gesetz über Leistungen für Menschen mit Behinderung und Betreuungsbedarf (861.5)
CH - ZG

Gesetz über Leistungen für Menschen mit Behinderung und Betreuungsbedarf

Gesetz über Leistungen für Menschen mit Behinderung und Betreuungsbedarf (LBBG) Vom 6. Juli 2023 (Stand 1. Januar 2024) Der Kantonsrat des Kantons Zug, gestützt auf • Art. 112b Abs. 2 und Art. 112c Abs. 1 der Bundesverfassung der Schwei - zerischen Eidgenossenschaft (Bundesverfassung, BV) vom 18. April 1999 1 ) , • Art. 2 des Bundesgesetzes über die Institutionen zur Förderung der Ein - gliederung von invaliden Personen (IFEG) vom 6. Oktober 2006 2 ) , • Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Beseitigung von Benachteili - gungen von Menschen mit Behinderung (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) vom 13. Dezember 2002 3 ) , • Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) vom 19. Oktober 1977 4 ) , • § 41 Abs. 1 Bst. b der Verfassung des Kantons Zug (Kantonsverfassung, KV) vom 31. Januar 1894 5 ) , beschliesst: 1) SR 101 2) SR 831.26 3) SR 151.3 4) SR 211.222.338 5) BGS 111.1
1. Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Gegenstand und Zweck

1 Das Gesetz legt die Grundzüge für die kantonale Behindertenpolitik fest und regelt die Planung, Steuerung, Anerkennung und Finanzierung eines bedarfsgerechten Angebots für die Betreuung von Personen mit Behinde - rung und von Personen mit Betreuungsbedarf.
2 Dieses Gesetz soll
a) die Selbstbestimmung, Wahlfreiheit, Eigenverantwortung und Teilha - be von Personen mit Behinderung und von Personen mit Betreuungs - bedarf stärken;
b) die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung fördern;
c) den Zugang zu geeigneten Betreuungsangeboten innerhalb und ausser - halb des Kantons Zug für Personen mit Behinderung und für Personen mit Betreuungsbedarf gewährleisten.

§ 2 Geltungsbereich

1 Das Gesetz gilt für Leistungserbringende im Kanton Zug sowie für Perso - nen mit Behinderung und für Personen mit Betreuungsbedarf mit zivilrecht - lichem Wohnsitz im Kanton Zug.
2 Sonderregelungen nach anderen Erlassen gehen diesem Gesetz vor.

§ 3 Begriffe

1 In diesem Gesetz bedeuten:
a) Personen mit Behinderung: Personen nach Art. 2 Abs. 1 des Bundes - gesetzes über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) 1 ) ;
b) Personen mit Betreuungsbedarf: Personen, die infolge familiärer oder sozialer Umstände einer besonderen Betreuung bedürfen;
c) Leistungserbringende: stationäre Einrichtungen sowie ambulante Leis - tungserbringende;
d) Stationäre Einrichtungen: Tagesstrukturen nach dem Bundesgesetz über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) 2 ) , stationäre Wohnangebote sowie Dienstleistungsan - gebote in der Familienpflege nach der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) 3 ) ; 1) SR 151.3 2) SR 831.26 3) SR 211.222.338
e) Ambulante Leistungserbringende: natürliche und juristische Personen, die in den Bereichen Wohnen oder Arbeit ambulante Leistungen für Personen mit Behinderung anbieten;
f) Sonstige Angebote: Angebote, die zu einer selbstständigen Lebensfüh - rung beitragen oder Leistungen einer stationären Einrichtung ersetzen, beispielsweise Beratungsstellen, Arbeitsvermittlungen, Transport - dienstleistungen, Freizeit- und Bildungsangebote, Entlastungsdienste für Angehörige.

§ 4 Zuständigkeiten

1 Der Regierungsrat
a) hält die erforderlichen und wirksamen Massnahmen der kantonalen Behindertenpolitik in einem Massnahmenplan fest;
b) stellt ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot sicher;
c) verabschiedet die von der Direktion des Innern erstellte Bedarfsanaly - se und Angebotsplanung;
d) schliesst mit den Leistungserbringenden sowie mit den Anbietenden sonstiger Angebote Leistungs- und Subventionsvereinbarungen ab;
e) kann Investitionsdarlehen, Garantien, Bürgschaften gewähren;
f) kann mit anderen Kantonen oder mit Leistungserbringenden in ande - ren Kantonen Vereinbarungen über Leistungen nach diesem Gesetz abschliessen;
g) setzt eine Bedarfsabklärungsstelle ein.
2 Die Direktion des Innern
a) koordiniert die kantonale Behindertenpolitik innerhalb der Direktio - nen sowie mit den Gemeinden, Privaten, anderen Kantonen und dem Bund;
b) kann zur Umsetzung der anwendbaren internationalen und bundes - rechtlichen Gesetzgebung Stellung nehmen;
c) erstellt eine Bedarfsanalyse und eine Angebotsplanung zuhanden des Regierungsrats;
d) erteilt die Bewilligung zum Betrieb eines stationären Wohnangebots und eines Dienstleistungsangebots in der Familienpflege;
e) erteilt die Anerkennung an stationäre Einrichtungen und ambulante Leistungserbringende;
f) unterstellt die anerkannten Leistungserbringenden der Interkantonalen Vereinbarung für Soziale Einrichtungen (IVSE) 1 ) ; 1) BGS 861.52
g) übt die Aufsicht über die bewilligten und anerkannten Leistungser - bringenden aus;
h) gewährt individuelle Kostenübernahmegarantien nach Überprüfung der Notwendigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Angebots auf der Grundlage der Empfehlungen der Bedarfsabklärungsstelle oder der Gemeinde resp. Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde;
i) regelt die Bemessung der Eigenleistung.
3 Die Direktion für Bildung und Kultur ist unter Beizug der Direktion des Innern zuständig für die Bewilligung des Wohnbereichs von Sonder- und Privatschulen sowie die Aufsicht darüber.
4 Die Bedarfsabklärungsstelle nimmt eine individuelle Bedarfsabklärung für Personen mit Behinderung vor und unterbreitet der Direktion des Innern Empfehlungen.
5 Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde legt bei Personen mit Betreu - ungsbedarf, bei denen eine Massnahme betreffend einen Aufenthalt ange - ordnet wurde, die Gründe für den Aufenthalt in der sozialen Einrichtung dar.
6 Die Gemeinde oder gegebenenfalls die Beistandsperson prüft und begrün - det bei individuellen Kostenübernahmegarantien für Personen mit Betreu - ungsbedarf die Notwendigkeit des Aufenthalts in einer stationären Einrich - tung und stellt bei Bedarf die Begleitung des Aufenthalts sicher. 2. Kantonale Behindertenpolitik

§ 5 Massnahmen

1 Die zur Förderung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung er - forderlichen und wirksamen Massnahmen werden in einem Massnahmen - plan festgelegt.
2 Vor der Festlegung neuer Massnahmen werden die bisherigen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft.

§ 6 Beiträge

1 Organisationen können zur Förderung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung Beiträge zugesprochen werden.
2 Die finanzielle Unterstützung erfolgt im Rahmen der vom Kantonsrat all - jährlich mit dem Budget zu bewilligenden Kredite oder durch andere zur Verfügung stehende Mittel (namentlich Erträge von Stiftungen und Fonds).
3. Bewilligung, Anerkennung und Aufsicht 3.1 Stationäre Einrichtungen

§ 7 Bewilligungspflicht

1 Stationäre Wohnangebote und Dienstleistungsangebote in der Familien - pflege sind bewilligungspflichtig.

§ 8 Bewilligungsvoraussetzungen

1 Die Bewilligung wird erteilt, wenn
a) bei stationären Einrichtungen für Erwachsene mit Behinderung die Anerkennungsvoraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Institutionen zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) 1 ) erfüllt sind;
b) bei stationären Einrichtungen für Minderjährige die Voraussetzungen nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung über die Aufnahme von Pflege - kindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) 2 ) erfüllt sind;
c) bei Dienstleistungsangeboten in der Familienpflege sinngemäss die Voraussetzungen gemäss Art. 15 Abs. 1 Bst. a und b der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) 3 ) erfüllt sind.
2 Der Regierungsrat kann weitere Bewilligungsvoraussetzungen festlegen, insbesondere bestimmt er die Bewilligungskriterien für die weiteren statio - nären Wohnangebote.

§ 9 Anerkennung

1 Die Anerkennung als stationäre Einrichtung können nur stationäre Einrich - tungen für Erwachsene mit Behinderung und für Personen mit Betreuungs - bedarf erhalten.
2 Die stationäre Einrichtung erhält mit der Anerkennung einen Anspruch auf Leistungsabgeltung.
3 Mit der Anerkennung wird gleichzeitig die Bewilligung nach § 7 erteilt.
4 Mit der Anerkennung einer stationären Einrichtung wird diese der Inter - kantonalen Vereinbarung für Soziale Einrichtungen (IVSE) 4 ) unterstellt. 1) SR 831.26 2) SR 211.222.338 3) SR 211.222.338 4) BGS 861.52

§ 10 Anerkennungsvoraussetzungen

1 Stationäre Einrichtungen werden anerkannt, wenn
a) sie die Richtlinien der Interkantonalen Vereinbarung für Soziale Ein - richtungen (IVSE) 4 ) erfüllen;
b) sie die Mitbestimmung der betreuten Personen gewährleisten; und
c) das Angebot die Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und gesell - schaftliche Teilhabe der betreuten Personen fördert.

§ 11 Leistungsvereinbarung

1 Mit einer stationären Einrichtung wird eine Leistungsvereinbarung abge - schlossen, wenn die Einrichtung über eine Anerkennung gemäss diesem Ge - setz verfügt und ihre Leistungen der vom Regierungsrat genehmigten Angebotsplanung entsprechen.
2 Die Leistungsvereinbarung regelt insbesondere:
a) das Leistungsangebot und die Abgeltung;
b) die allgemeinen Rahmenbedingungen der Leistungserbringung;
c) die Art der Qualitätsentwicklung und -sicherung;
d) das Controlling. 3.2 Ambulante Leistungserbringende

§ 12 Ambulante Leistungen

1 Anerkannte ambulante Leistungserbringende erbringen ihre Leistungen als Fachleistungen.
2 Nicht anerkannte ambulante Leistungserbringende erbringen ihre Leistun - gen als Assistenzleistungen. Der Regierungsrat kann Anforderungen an die nicht anerkannten ambulanten Leistungserbringenden festlegen.

§ 13 Anerkennung

1 Für ambulante Leistungen werden nur juristische Personen anerkannt.
2 Die ambulanten Leistungserbringenden erhalten mit der Anerkennung einen Anspruch auf Abgeltung von Fachleistungen.
3 Die Anerkennung kann auf eine bestimmte Leistungsmenge limitiert wer - den. Dabei ist auf die Bedarfsanalyse und Angebotsplanung sowie auf be - stehende Leistungen Rücksicht zu nehmen. 4) BGS 861.52
4 Mit anerkannten Leistungserbringenden können Leistungsvereinbarungen abgeschlossen werden.

§ 14 Anerkennungsvoraussetzungen

1 Die Anerkennung kann erteilt werden, wenn
a) die Leitung über die zur Betriebsführung erforderliche fachliche Qua - lifikation verfügt;
b) der Nachweis über genügend Fachpersonal erbracht ist; und
c) der Nachweis über eine bedarfsgerechte Leistungserbringung erbracht ist. 3.3 Gemeinsame Bestimmungen

§ 15 Bewilligung und Anerkennung

1 Die Betriebsbewilligung oder Anerkennung wird der Trägerschaft erteilt.
2 Bewilligungen und Anerkennungen können befristet, mit Auflagen und Bedingungen verbunden oder nur für einen Teilbereich erteilt werden.
3 Der Regierungsrat kann weitere Anerkennungsvoraussetzungen betreffend Anforderungen an die Organe der Trägerschaft sowie an die Rechnungsle - gung, Leistungserbringung und Qualität schaffen.

§ 16 Meldepflicht

1 Die Leistungserbringenden teilen der zuständigen Direktion wesentliche Änderungen ihrer Organisation, ihrer Leitung und ihres Leistungsangebots sowie bauliche Veränderungen und Beiträge Dritter, die Auswirkungen auf die Bewilligung oder Anerkennung haben können, frühzeitig schriftlich mit.
2 Behördliche Beanstandungen und besondere Vorkommnisse wie nament - lich schwere Unfälle oder strafbare Handlungen von Angestellten oder betreuten Personen sind der Aufsicht umgehend zu melden.

§ 17 Aufsicht

1 Die Aufsichtsbehörde prüft regelmässig, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung und Bewilligung eingehalten sind.
2 Die Aufsichtsbehörde ordnet die erforderlichen Massnahmen an. Insbeson - dere kann sie
a) eine Betriebsbewilligung oder eine Anerkennung entziehen oder einschränken, sofern einzelne Bewilligungs- oder Anerkennungsvor - aussetzungen nicht mehr erfüllt, Auflagen und Bedingungen nicht ein - gehalten oder gesetzliche Bestimmungen verletzt werden;
b) die sofortige Schliessung einer stationären Einrichtung anordnen, wenn eine ernsthafte Gefahr für die physische oder psychische Integri - tät der betreuten Personen besteht.
3 Der Aufsichtsbehörde können keine Geheimhaltungspflichten entgegenge - halten werden. Namentlich haben die Leistungserbringenden
a) die zur Ausübung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu erteilen;
b) Einsicht zu gewähren und Unterlagen herauszugeben;
c) Zugang zu den Räumlichkeiten zu gewähren.
4 Besitzt eine Leistungserbringerin oder ein Leistungserbringer, der oder dem die Bewilligung oder Anerkennung entzogen werden soll, auch eine Bewilligung oder Anerkennung eines anderen Kantons, so informiert die Aufsichtsbehörde die zuständige Behörde dieses Kantons. Bei anderen Massnahmen besteht ein Melderecht. 4. Steuerung

§ 18 Bedarfsanalyse und Angebotsplanung

1 Die Ermittlung und Entwicklung des bedarfsgerechten Angebots für Per - sonen mit Behinderung und für Personen mit Betreuungsbedarf erfolgt in der Regel anhand einer periodischen Bedarfsanalyse und Angebotsplanung. Ambulante Angebote werden priorisiert.
2 Betroffene Personen sind in geeigneter Form in die Bedarfsanalyse einzu - beziehen.
3 Die Leistungserbringenden wirken an der Bedarfsanalyse mit. Sie stellen insbesondere die für die Planung grundlegenden Informationen zur Verfü - gung.

§ 19 Controlling

1 Die Direktion des Innern steuert und überwacht die Erfüllung der Leis - tungs- oder Subventionsvereinbarung mit einem Leistungs- und Finanzcon - trolling.
2 Die Leistungserbringenden und Anbietenden sonstiger Angebote wirken beim Leistungs- und Finanzcontrolling mit, namentlich indem sie die hier - für erforderlichen Informationen in der vorgegebenen Form zur Verfügung stellen.
3 Die Direktion des Innern kann Betriebsvergleiche durchführen, insbeson - dere zu den Kosten und der Qualität der Leistungserbringungen. Sie kann das Ergebnis der Betriebsvergleiche veröffentlichen und Dritte mit der Durchführung von Betriebsvergleichen beauftragen.

§ 20 Koordination und Aufnahmepflicht

1 Die Direktion des Innern fördert die Koordination unter den Leistungser - bringenden. Sie kann zu diesem Zweck anerkannte Leistungserbringende zur Zusammenarbeit mit anderen Organisationen verpflichten.
2 In begründeten Fällen kann der Regierungsrat eine stationäre Einrichtung mit einer Anerkennung zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung ver - pflichten.
3 Die Direktion des Innern kann stationäre Einrichtungen mit Leistungsver - einbarungen ausnahmsweise verpflichten, Personen mit Behinderung oder Personen mit Betreuungsbedarf aufzunehmen.
4 Der Kanton kann ausnahmsweise selber als Leistungserbringer tätig wer - den. Der Regierungsrat beschliesst über die Errichtung und den Zweck des kantonalen Angebots und regelt dessen Organisation und Betrieb. 5. Leistungsbezug

§ 21 Individuelle Kostenübernahmegarantie

1 Individuelle Kostenübernahmegarantien werden nur Personen mit Behin - derung oder Personen mit Betreuungsbedarf gewährt.
2 Für die Inanspruchnahme von ambulanten oder stationären Leistungen von Leistungserbringenden ist vor dem Leistungsbezug ein Gesuch um Kosten - übernahmegarantie bei der Direktion des Innern zu stellen. Bei Dringlich - keit kann die Gesuchseinreichung ausnahmsweise auch nachträglich erfol - gen.
3 Ohne erteilte Kostenübernahmegarantie ist der Kanton zu keinen Leistun - gen nach diesem Gesetz verpflichtet.
4 Kostenübernahmegarantien werden befristet gewährt und können mit Auf - lagen versehen werden.
5 Änderungen mit Auswirkungen auf die Kostenübernahmegarantie müssen umgehend mitgeteilt werden.
6 Ist eine stationäre Einrichtung nicht der Interkantonalen Vereinbarung für Soziale Einrichtungen (IVSE) 1 ) unterstellt, so ist die Eignung, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Einrichtung zu belegen, damit eine Kostenübernah - megarantie gewährt werden kann.

§ 22 Kostenübernahmegarantien für Personen mit Behinderung

1 Kostenübernahmegarantien für Personen mit Behinderung werden für am - bulante oder stationäre Leistungen erteilt, sofern
a) die Person die Volljährigkeit erreicht resp. in Ausnahmefällen die ob - ligatorische Schulpflicht abgeschlossen hat;
b) die Person das Rentenalter gemäss Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) 2 ) nicht erreicht, bei Erreichen des Rentenalters als invalid gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) 3 ) gegol - ten oder bei Erreichen des Rentenalters Leistungen nach dem vorlie - genden Gesetz bezogen hat; und
c) der Betreuungsbedarf nach Durchführung einer individuellen Be - darfsabklärung durch die Bedarfsabklärungsstelle ausgewiesen ist.
2 Bei ambulanten Leistungen muss die Person zusätzlich ihren zivilrechtli - chen Wohnsitz seit mindestens 12 Monaten im Kanton Zug gehabt haben, und es darf in dieser Zeit kein anderer Kanton nach Massgabe der Interkan - tonalen Vereinbarung für Soziale Einrichtungen (IVSE) 4 ) zuständig gewe - sen sein. Der Regierungsrat kann Abweichungen von der Wohnsitzdauer vorsehen.

§ 23 Kostenübernahmegarantien für Personen mit Betreuungsbedarf

1 Kostenübernahmegarantien für Personen mit Betreuungsbedarf werden für stationäre Wohnangebote und Dienstleistungsangebote in der Familienpfle - ge erteilt, sofern
a) die Notwendigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der statio - nären Leistung durch die Gemeinde oder gegebenenfalls die Bei - standsperson ausgewiesen ist; oder 1) BGS 861.52 2) SR 831.10 3) SR 830.1 4) BGS 861.52
b) der Aufenthalt durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde angeordnet wurde.
2 Die Direktion des Innern kann bei Personen mit Betreuungsbedarf eine in - dividuelle Bedarfsabklärung durch die Bedarfsabklärungsstelle veranlassen, ausser der Aufenthalt wurde durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbe - hörde angeordnet.

§ 24 Individuelle Bedarfsabklärung

1 Der Regierungsrat setzt eine Bedarfsabklärungsstelle ein, die fachlich un - abhängig ist.
2 Die Bedarfsabklärungsstelle ermittelt den Bedarf und gibt der Direktion des Innern eine fachliche Beurteilung im Hinblick auf die Gewährung der Kostenübernahmegarantie ab.
3 In dringlichen Fällen kann vorübergehend auf die Bedarfsabklärung ver - zichtet werden.
4 Die betroffene Person wird bei Bedarf im Verfahren der Bedarfsabklärung unterstützt. Der Kanton sorgt dafür, dass hierfür ein adäquates Angebot zur Verfügung steht.
5 Die Bedarfsabklärungsstelle kann bei Bedarf Dritte für die Bedarfsabklä - rung beiziehen, insbesondere externe Fachpersonen aus dem medizinischen, psychologischen und sozialen Bereich, betreuende Familienangehörige und entsprechend eingesetzte Beistandspersonen.

§ 25 Bedarfsüberprüfung

1 Der individuelle Bedarf wird periodisch überprüft. Die Überprüfung kann auch durch die betroffene Person beantragt werden. Ausgenommen sind Aufenthalte, die durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ange - ordnet wurden.
2 Aufgrund veränderter Verhältnisse kann die Direktion des Innern die Kostenübernahmegarantie anpassen. Insbesondere kann sie deren Umfang oder die Befristung ändern.
3 In begründeten Fällen kann auf die periodische Überprüfung verzichtet werden. In der Regel wird darauf verzichtet, wenn sich eine Person in einer ausserkantonalen Einrichtung aufhält, die der Interkantonalen Vereinbarung für Soziale Einrichtungen (IVSE) 1 ) unterstellt ist. 1) BGS 861.52

§ 26 Mitwirkungspflichten der Person bei der Bedarfsabklärung und

Kostenübernahmegarantie
1 Die betroffene Person ist zur Mitwirkung bei der Bedarfsabklärung und im Rahmen der Prüfung von Kostenübernahmegarantien verpflichtet. Sie ist insbesondere verpflichtet,
a) sämtliche Beiträge und Leistungen von Sozialversicherungen, öffent - lich-rechtlichen Körperschaften und Privatversicherungen, auf welche sie einen Anspruch haben könnte, zu beantragen;
b) der Direktion des Innern und der Bedarfsabklärungsstelle alle Daten und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die zur Ermittlung ihres in - dividuellen Bedarfs sowie zur Prüfung des Leistungsanspruchs not - wendig sind.
2 Die betroffene Person hat alle relevanten Personen und Stellen, namentlich Sozialversicherungen, Ärztinnen und Ärzte, Versicherungen sowie Amts - stellen, im Einzelfall zu ermächtigen, die Auskünfte zu erteilen, die für die Ermittlung ihres individuellen Bedarfs sowie zur Prüfung des Leistungsan - spruchs notwendig sind.

§ 27 Datenbeschaffung und -bekanntgabe zur Prüfung der

Kostenübernahmegarantie
1 Die Direktion des Innern ist berechtigt, zur Prüfung der Kostenübernahme - garantien, namentlich hinsichtlich der Zuständigkeit und des Leistungsan - spruchs, erforderliche Daten über einen elektronischen Zugriff aus dem kantonalen Personenregister abzurufen. Der Regierungsrat bestimmt die Da - ten, die von der Direktion des Innern im Abrufverfahren bezogen werden dürfen.
2 Die Direktion des Innern ist ferner berechtigt, bei kantonalen und kommu - nalen Stellen weitere zur Prüfung der Kostenübernahmegarantien erforderli - che Daten und Unterlagen, insbesondere Verfügungen, einzuholen.
3 Die kantonalen und kommunalen Stellen sind ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht verpflichtet,
a) der Direktion des Innern die erforderlichen Daten und Unterlagen kostenlos und nach Möglichkeit in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen;
b) der Direktion des Innern von sich aus Mitteilung zu machen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erlangen, welche die kantonale Finanzierung gemäss diesem Gesetz beeinflussen können.

§ 28 Systematische Verwendung der AHV-Nummer

1 Die Stellen und Institutionen, die mit dem Vollzug des vorliegenden Ge - setzes betraut sind, können die AHV-Nummer gemäss AHVG 1 ) systema - tisch verwenden. 6. Finanzierung

§ 29 Kostentragung

1 Der Kanton trägt die Kosten, die aus individuellen Kostenübernahmega - rantien und Vereinbarungen gemäss diesem Gesetz entstehen.
2 Leistungen nach diesem Gesetz werden subsidiär zu Leistungen Dritter und zu Leistungen nach anderen Erlassen gewährt. Insbesondere erfolgt die Finanzierung von Leistungen für sucht- oder altersbedingten Bedarf, für Sonder- oder Privatschulung oder für den Straf- und Massnahmenvollzug gemäss den entsprechenden Erlassen.
3 Der Regierungsrat regelt die Leistungsabgeltung.
a) Er kann Maximalbeiträge festsetzen. Maximalbeiträge haben die Wahlfreiheit zwischen ambulanten und stationären Angeboten in angemessener Weise zu berücksichtigen.
b) Für ambulante Leistungserbringende legt er Tarife für Fach- und Assistenzleistungen fest.
c) Für Leistungen Familienangehöriger kann er Maximalbeiträge vorse - hen.
4 Die Gemeinden können an die Kosten von Betreuungsleistungen, deren Abgeltung nicht in anderen Erlassen geregelt ist, Beiträge ausrichten.

§ 30 Eigenleistung

1 Die betroffenen Personen beteiligen sich grundsätzlich in angemessener Weise an den Kosten. Die Direktion des Innern regelt die Einzelheiten.

§ 31 Investitionen

1 Die Leistungserbringenden sind eigenständig in der Planung und Finanzie - rung von Bauvorhaben und anderen Investitionen.
2 Investitionen, die Folgekosten zulasten des Kantons auslösen, bedürfen vor der Vornahme der Investition einer Bewilligung. Der Regierungsrat re - gelt die Einzelheiten. 1) SR 831.10
3 Der Regierungsrat kann Leistungserbringenden abschliessend Investitions - darlehen und Garantien oder Bürgschaften bis 10 Millionen Franken gewäh - ren.
4 Darlehen sind angemessen zu sichern und zu verzinsen. Garantien oder Bürgschaften sind zu entschädigen und zu befristen.
5 Der Regierungsrat legt die Rückzahlung von Darlehen und die Laufzeit von Garantien fest.

§ 32 Überschüsse und Verluste

1 Die Leistungserbringenden mit Leistungsvereinbarung haben die Über - schüsse und Verluste aus den Angeboten gemäss diesem Gesetz mindestens einer Reserve aus Leistungsvereinbarung zuzuweisen. Diese Reserven sind an den Zweck der Vereinbarung gebunden und zum Ausgleich der Betriebs - ergebnisse zu verwenden.
2 Die Reserven aus Leistungsvereinbarung können auch für Investitionen im Zusammenhang mit der vereinbarten Leistungserbringung oder für die Wei - terentwicklung von Leistungen eingesetzt werden. Die Entnahmen bedürfen der Freigabe des Kantons. Entnahmen bis zu 1,5 Millionen Franken kann die Direktion des Innern freigeben, über Entnahmen bis 5 Millionen Fran - ken entscheidet der Regierungsrat.

§ 33 Sonstige Angebote

1 Der Regierungsrat kann an sonstige Angebote Betriebsbeiträge ausrichten und zu diesem Zweck Vereinbarungen abschliessen.
2 Erfüllt ein anderes Angebot nicht mehr diejenigen Aufgaben, die Anlass für die Gewährung von Betriebsbeiträgen waren, so ist das durch die Betriebsbeiträge gebildete Vermögen dem Kanton zurückzuerstatten.

§ 34 Pilotprojekte

1 Um Entscheidungsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Unterstüt - zung von Personen mit Behinderung oder Personen mit Betreuungsbedarf zu erhalten, kann der Regierungsrat Pilotprojekte bewilligen, die andere
7. Rechtsschutz

§ 35 Verfahren nach PAVO

1 Entscheide, die sich auf die Verordnung über die Aufnahme von Pflege - kindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) 1 ) stützen, können beim Regie - rungsrat angefochten werden.

§ 36 Schlichtungsverfahren

1 Stationäre Einrichtungen für erwachsene Personen mit Behinderung, die vom Kanton anerkannt sind, sehen ein Schlichtungsverfahren für Streitig - keiten zwischen einer betreuten Person und der Einrichtung vor. 8. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 37 Übergangsbestimmungen

1 Personen mit Behinderung, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits Leistungen im Kanton Zug beziehen, erhalten eine individuelle Kostenüber - nahmegarantie ohne vorgängige Bedarfsabklärung gemäss dem bisherigen Betreuungsumfang. Sie werden von der Direktion des Innern innerhalb von fünf Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes zu einer Bedarfsüberprüfung aufgefordert.
2 Personen mit Behinderung, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits Leistungen ausserhalb des Kantons Zug beziehen, durchlaufen weder eine Bedarfsabklärung noch eine Bedarfsüberprüfung.
3 Die Bedarfsabklärungsstelle gemäss § 4 Abs. 4 ist bis spätestens vier Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu errichten. Bei Personen mit Behinde - rung, die neue Leistungen innerhalb des Kantons Zug beantragen, weisen die Leistungserbringenden den Bedarf im Rahmen der Kostenübernahmega - rantie gemäss § 22 Abs. 1 Bst. c aus. Bei Personen mit Behinderung, die neue Leistungen ausserhalb des Kantons Zug beantragen, wird der Bedarf durch die zuständige Gemeinde oder gegebenenfalls die Beistandsperson ausgewiesen.
4 Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes hängigen Verfahren über die Aus - richtung von Investitionsbeiträgen werden nach den neuen Rechtsgrundla - gen behandelt. Bereits gewährte Investitionsbeiträge sind davon nicht be - rührt. 1) SR 211.222.338
5 Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes anerkannten stationären Einrichtun - gen für erwachsene Personen mit Behinderung (IVSE B) erhalten ebenfalls die Anerkennung als ambulante Unterstützungsangebote für Personen mit Behinderung.

§ 38 Vollzug

1 Der Regierungsrat erlässt die Vollzugsbestimmungen.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung GS Fundstelle 06.07.2023 01.01.2024 Erlass Erstfassung GS 2023/064
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung GS Fundstelle Erlass 06.07.2023 01.01.2024 Erstfassung GS 2023/064
Markierungen
Leseansicht