Gesetz über die Haftung des Gemeinwesens und seiner Funktionäre (161.2)
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Gesetz über die Haftung des Gemeinwesens und seiner Funktionäre

Gesetz über die Haftung des Gemeinwesens und seiner Funktionäre (Haftungsgesetz) vom 25. April 1971 (Stand 1. Januar 2011) Die Landsgemeinde, gestützt auf Art. 6 und Art. 52 der Kantonsverfassung, beschliesst: 1 Geltungsbereich

Art. 1 Grundsatz

1 Als Gemeinwesen sind diesem Gesetz der Kanton, die Gemeinden, die Korporationen und die übrigen juristischen Personen des kantonalen öffentlichen Rechtes unterstellt. 2 Als Funktionäre des Gemeinwesens sind diesem Gesetz unterstellt: 1. die Mitglieder der Behörden und Kommissionen; 2. die Beamten und Angestellten, die in einem öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Verhältnis zum Gemeinwesen stehen; 3. die anderen Personen, die mit einer öffentlichen Aufgabe betraut sind.

Art. 2 Ausnahmen

1 Dieses Gesetz findet keine Anwendung: 1. soweit die Haftung des Gemeinwesens und seiner Funktionäre durch Bundesrecht geregelt ist; 2. soweit abweichende kantonale Haftungsvorschriften 1 ) bestehen. 1) NG 841.115 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses 1
2 Haftung des Gemeinwesens

Art. 3 Widerrechtliches Verhalten

1 Das Gemeinwesen hat den Schaden zu ersetzen, den sein Funktionär in Ausübung einer nichtgewerblichen dienstlichen Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. 2 Wird eine Verfügung oder ein Entscheid im Rechtsmittelverfahren ab - geändert, besteht eine Haftung nur, soweit ein Funktionär der Vorin - stanz vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt hat. 3 Für Schaden aus unrichtiger Auskunft seines Funktionärs haftet das Gemeinwesen nur, soweit sein Funktionär vorsätzlich oder grobfahrläs - sig gehandelt hat. 4 Dem Dritten steht gegenüber dem Funktionär kein Anspruch auf Scha - denersatz zu.

Art. 4 * Rechtmässiges Verhalten

1 Wird durch rechtmässiges Verhalten einem Dritten Schaden zugefügt, haftet das Gemeinwesen nur, wenn die Gesetzgebung 2 ) dies vorsieht. 2 Das Gemeinwesen haftet für den durch rechtmässige Massnahmen der Polizei verursachten Personenschaden, den Unbeteiligte oder von der Polizei in Anspruch genommene Personen, die nicht Störer im Sin - ne des Polizeigesetzes sind, erlitten haben. 3 Für andere Schäden, die den in Absatz 2 genannten Personen durch rechtmässige Massnahmen der Polizei entstanden sind, haftet das Gemeinwesen, wenn dem Geschädigten nicht zugemutet werden kann, den Schaden selbst zu tragen und wenn die polizeiliche Massnahme nicht zu seinem Schutz oder zum Schutz seiner Sachen notwendig gewesen ist. 4 Im gleichen Umfang haftet das Gemeinwesen, wenn durch rechtmässi - ge Tätigkeit des Gemeinwesens, die der Abwehr eines Notstandes, ins - besondere einer Katastrophe, dient, Schaden entsteht. 5 Diese Verpflichtungen entfallen, wenn den Geschädigten ein grobes Verschulden an der Entstehung des Schadens trifft. 2) NG 266.1 2

Art. 5 Mehrere Gemeinwesen

1 Wenn der Schaden durch die Funktionäre mehrerer Gemeinwesen verursacht wird, haften die Gemeinwesen dem Dritten gegenüber soli - darisch. 2 Ob und in welchem Umfange unter den beteiligten Gemeinwesen Rückgriff genommen werden kann, wird auf Klage des Gemeinwesens bestimmt, das dem Dritten Ersatz leisten muss; die Rückgriffsklage ist innerhalb eines Jahres seit der Anerkennung oder der gerichtlichen Feststellung der Schadenersatzpflicht beim Verwaltungsgericht zu erhe - ben. *

Art. 6 Versicherung

1 Der Landrat kann Vorschriften erlassen, durch welche alle oder einzel - ne Gemeinwesen verpflichtet werden, sich gegen die Haftungsfolgen zu versichern. 3 Haftung des Funktionärs

Art. 7 Grundsatz

1 Der Funktionär ist für den Schaden haftbar, den er dem Gemeinwesen durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner Pflichten zu - fügt.

Art. 8 Rückgriff

1 Hat das Gemeinwesen dem Dritten den Schaden ersetzt, kann es auf den Funktionär Rückgriff nehmen, wenn dieser den Schaden durch vor - sätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner Pflichten verursacht hat. 2 Das Gemeinwesen hat dem Funktionär, der von einem Rückgriff be - droht ist, von einem gegen das Gemeinwesen geltend gemachten Scha - denersatzanspruch unverzüglich Kenntnis zu geben.

Art. 9 Mehrere Funktionäre

1 Haben mehrere Funktionäre den Schaden gemeinsam verursacht, haf - ten sie gegenüber dem Gemeinwesen bei Vorsatz solidarisch, bei gro - ber Fahrlässigkeit anteilmässig nach der Grösse ihres Verschuldens. 3
2 Sofern sie nicht das Gegenteil beweisen, wird von den Mitgliedern ei - ner Behörde vermutet, dass sie an deren Handlungen teilgenommen haben.

Art. 10 Geltendmachung

1 Die Haftung des Funktionärs wird geltend gemacht: 1. durch den Landrat gegen Mitglieder des Landrates und der von ihm gewählten Kommissionen, gegen Mitglieder des Regierungs - rates, der Gerichtsbehörden sowie der Verwaltungsbehörden der selbständigen kantonalen Anstalten; 2. durch den Regierungsrat gegen Mitglieder der administrativen Räte der Gemeinden und der Korporationen sowie der Verwal - tungsbehörden der Gemeindeverbände; 3. durch die Verwaltungsbehörde des betreffenden Gemeinwesens gegen andere Funktionäre.

Art. 11 Ausnahmen

1 Privatrechtlich angestellte oder beauftragte Personen haften gegen - über dem Gemeinwesen nach den Vorschriften des Privatrechts. 4 Beurteilung der Haftung

Art. 12 * Zuständigkeit

1 Für die Beurteilung der Haftung des Gemeinwesens sind im Rahmen von Art. 15 die Behörden der Zivilgerichtsbarkeit zuständig. 2 Für die Beurteilung der Haftung des Funktionärs ist das Verwaltungs - gericht zuständig; wenn Mitglieder des Verwaltungsgerichts haftbar ge - macht werden sollen, tritt anstelle des Verwaltungsgerichts die Zivilab - teilung des Obergerichts.

Art. 13 Anwendbares Recht

1 Soweit dieses Gesetz keine eigene Regelung trifft, werden die Vor - schriften des Obligationenrechtes als ergänzendes Recht entsprechend angewandt. 2 Anwendbar sind insbesondere die Vorschriften des Obligationenrech - tes über die Festsetzung des Schadens, den Ausschluss der Haftung bei Selbstverschulden des Geschädigten und die Bemessung des Scha - denersatzes sowie über die Leistung von Genugtuung. 4

Art. 14 Prüfungsbefugnis

1 Die Rechtmässigkeit formell rechtskräftiger Verfügungen und Entschei - de darf nicht überprüft werden. 2 Bei der Beurteilung von Rückgriffsansprüchen des Gemeinwesens ge - gen den Funktionär ist der Richter an das Urteil über die Haftung des Gemeinwesens nicht gebunden.

Art. 15 Verjährung

1. Haftung des Gemeinwesens 1 Die Haftung des Gemeinwesens gegenüber dem Dritten erlischt, wenn dieser den Schadenersatzanspruch nicht innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Schadens, auf jeden Fall innerhalb von zehn Jahren vom Tage des schädigenden Verhaltens an, bei der Verwaltungsbehörde des betreffenden Gemeinwesens schriftlich geltend macht. 2 Bestreitet die Verwaltungsbehörde den Anspruch, hat der Dritte inner - halb von sechs Monaten, vom Empfang der Mitteilung an gerechnet, ge - mäss den Vorschriften der Zivilprozessordnung beim zuständigen Ge - richt Klage zu erheben; die Klage kann auch erhoben werden, wenn in - nerhalb von sechs Monaten seit Geltendmachung des Schadens ge - mäss Abs. 1 keine Einigung zustande kommt.

Art. 16 2. Haftung des Funktionärs

1 Die Haftung des Funktionärs gegenüber dem Gemeinwesen erlischt, wenn dieses den Schadenersatzanspruch nicht innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Schadens oder den Rückgriffsanspruch nicht inner- halb eines Jahres seit der Anerkennung oder gerichtlichen Feststellung seiner Schadenersatzpflicht, auf jeden Fall innerhalb von zehn Jahren vom Tage des schädigenden Verhaltens an, beim Verwaltungsgericht geltend macht.

Art. 17 3. Straf- und Disziplinarverfahren

1 Die Fristen gemäss Art. 15 Abs. 1 und Art. 16 ruhen, solange wegen des nämlichen Tatbestandes ein Straf- oder ein Disziplinarverfahren durchgeführt wird. 5
5 Übergangs- und Schlussbestimmungen

Art. 18 Gerichtsgesetz

1 ... 3 )

Art. 19 Altes Recht

1 Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf Schadenersatzansprüche, die vor dem Inkrafttreten geltend gemacht worden sind.

Art. 20 Rechtskraft

1 Dieses Gesetz tritt mit der Annahme durch die Landsgemeinde in Kraft; die Weiterzugsmöglichkeit an das Bundesgericht gemäss Art. 18 Ziff. 2 tritt nach der Genehmigung durch die Bundesversammlung in Kraft 4 ) . 3) NG 261.1 4) In Kraft seit 14. März 1972; SR 173.114.13 6
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 25.04.1971 25.04.1971 Erlass Erstfassung A 1971, 717 26.04.1987 01.01.1988 Art. 4 totalrevidiert A 1987, 672 09.06.2010 01.01.2011 Art. 5 Abs. 2 geändert A 2010, 1031, 1575 09.06.2010 01.01.2011 Art. 12 totalrevidiert A 2010, 1031, 1575 7
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 25.04.1971 25.04.1971 Erstfassung A 1971, 717

Art. 4 26.04.1987

01.01.1988 totalrevidiert A 1987, 672

Art. 5 Abs. 2 09.06.2010

01.01.2011 geändert A 2010, 1031, 1575

Art. 12 09.06.2010

01.01.2011 totalrevidiert A 2010, 1031, 1575 8
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