GESETZ über Schule und Bildung
GESETZ über Schule und Bildung (Bildungsgesetz) (vom 25. September 2022 1 ; Stand am 1. Januar 2023) Das Volk des Kantons Uri, gestützt auf Artikel 42 und Artikel 90 Absatz 1 der Verfassung des Kantons Uri
2 , beschliesst:
1. Kapitel: ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1 Gegenstand
Dieses Gesetz regelt die Bildung und Erziehung an den öffentlichen Schulen, die Privatschulen sowie andere Bildungsbereiche.
Artikel 2 Bildungsziele
1 Die Schule dient der Bildung und Erziehung der Lernenden.
2 Bildung ist ein umfassender und lebenslanger Prozess, der die Menschen in ihren geistigen, körperlichen, seelischen, kulturellen und sozialen Fähig - keiten altersgemäss fördert und von ihnen Lern- und Leistungsbereitschaft fordert. Das gesamte Bildungswesen weiss sich der christlichen, humanis - tischen und demokratischen Tradition verpflichtet.
3 Alle Bildungsstätten und Lernorte vermitteln ihren Lernenden die für ihr Leben nötigen Kompetenzen. Die Kompetenzbereiche und Unterrichts - formen passen sich gesellschaftlichen Anforderungen an und berücksich - tigen den Erwerb neuer Kulturtechniken.
4 Die Bildungsstätten und Lernorte achten die geschlechtliche und kulturelle Identität der Lernenden und geben ihnen Werte weiter, die sie zu einem verantwortlichen Verhalten gegenüber den Menschen und der Umwelt befä - higen.
1 AB vom 24. Juni 2022
2 RB 10.1101 1
Artikel 3 Begriffe
1 Als öffentliche Schulen gelten die von den Einwohnergemeinden, den Gemeindeverbänden oder dem Kanton geführten Schulen.
2 Als private Schulen gelten alle nicht öffentlichen Schulen.
3 Als Lernende gelten alle Schülerinnen und Schüler, Studierenden und Lernenden, die ein schulisches Angebot nach diesem Gesetz nutzen.
4 Als Eltern gelten die Personen, denen die elterliche Sorge zusteht und die berechtigt sind, das Kind bei Entscheiden in Belangen der Ausbildung zu vertreten.
2. Kapitel: TRÄGERSCHAFT DER SCHULEN
Artikel 4 Einwohnergemeinden
1 Die Einwohnergemeinden sind Trägerinnen der Volksschule.
2 Erweisen sich die selbstständige Führung einer Schule, Filialschule, Schulart, Schulstufe oder eine besondere Unterrichtsform zur Förderung von Kindern mit Schul- oder Lernschwierigkeiten sowie mit ausserordentli - chen Begabungen als unzweckmässig, so hat die Gemeinde den Besuch durch Zusammenschluss mit einer andern Schule oder durch Vereinbarung sicherzustellen. Der Regierungsrat kann Gemeinden zur Zusammenarbeit verpflichten.
Artikel 5 Kanton
1 Der Kanton führt eine Mittelschule und ein Berufs- und Weiterbildungs - zentrum.
2 Der Landrat regelt die Einzelheiten durch Verordnung.
3 Der Regierungsrat bestimmt die Höhe der Schulgelder.
4 Der Regierungsrat kann Schulgeld- und Leistungsvereinbarungen absch - liessen, um Lernenden den Zugang zu ausserkantonalen Schulen und Bildungsstätten der Sekundarstufe II sicherzustellen. Er ist abschliessend zuständig, die damit verbundenen Ausgaben zu bewilligen.
Artikel 6 Privatschulen
1 Privatschulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, benötigen eine Bewilligung des Erziehungsrats.
2 Privatschulen im Bereich der Sekundarstufe II benötigen eine Bewilligung des Regierungsrats.
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3 Die Bewilligung wird erteilt, wenn die an die öffentlichen Schulen gestellten Anforderungen erfüllt sind.
4 Privatschulen unterliegen der Aufsicht der jeweiligen Bewilligungsbehörde.
5 Der Kanton kann mit bewilligten Privatschulen Leistungsvereinbarungen abschliessen und finanzielle Beiträge gewähren.
3. Kapitel: EINZELNE BILDUNGSSTUFEN
1. Abschnitt: Volksschule
Artikel 7 Gliederung
Die Volksschule umfasst:
a) das freiwillige erste Jahr und das obligatorische zweite Jahr des Kinder - gartens;
b) die Primarstufe;
c) die Sekundarstufe I;
d) besondere Organisationsformen zur Förderung von Lernenden.
Artikel 8 Kindergarten
1 Der Kindergarten ist die erste Stufe der Volksschule und dauert im Minimum ein Jahr.
2 Er fördert das Kind auf spielerische Art in seiner Entwicklung und hilft ihm, schulreif für die Primarschule und gemeinschaftsfähig zu werden.
3 Die Einwohnergemeinden ermöglichen allen Kindern den Besuch von einem zusätzlichen Jahr vor dem Eintritt in den obligatorischen Kinder - garten.
4 Der Landrat regelt die Möglichkeit und die Voraussetzungen, um den Kindergarten und die ersten ein bis zwei Jahre der Primarstufe in einer gemeinsamen Abteilung zu führen.
Artikel 9 Primarstufe
1 Die Primarstufe vermittelt wichtige, grundlegende Kenntnisse und Kompetenzen. Sie bereitet auf die Sekundarstufe I vor. Sie schafft die Grundlagen für die Urteilsfähigkeit, das selbstständige Denken sowie das eigenverantwortliche und soziale Handeln.
2 Sie umfasst sechs Schuljahre. 3
Artikel 10 Sekundarstufe I
a) Gliederung
1 Die Sekundarstufe I umfasst:
a) die dreijährige Oberstufe;
b) die ersten zwei Klassen des Gymnasiums.
2 Oberstufe und Gymnasium schliessen an die sechste Klasse der Primar - stufe an.
Artikel 11 b) Zweck
Die Sekundarstufe I vermittelt den Lernenden eine niveauspezifische Ausbil - dung, die ihnen den Eintritt in eine berufliche Grundbildung oder in eine weiterführende Schule ermöglicht. Sie fördert ihre Handlungsfähigkeit und ihr Verantwortungsbewusstsein.
2. Abschnitt: Sekundarstufe II
Artikel 12 Gliederung
Die Sekundarstufe II umfasst:
a) die Maturitätsschulen;
b) die Berufsfachschulen;
c) die Lehrbetriebe;
d) andere berufsorientierte und allgemeinbildende Schulen und Lernorte.
Artikel 13 Maturitätsschulen
1 Die Maturitätsschulen vermitteln eine umfassende Allgemeinbildung nach humanistischen, sozialen und demokratischen Grundsätzen.
2 Sie bereiten auf das Hochschulstudium vor und ermöglichen den Zutritt zu höheren Bildungslehrgängen.
Artikel 14 Berufsfachschule
1 Die Berufsfachschule vermittelt die schulische Bildung. Diese besteht aus beruflichem und allgemeinbildendem Unterricht.
2 Der Kanton sorgt für ein bedarfsgerechtes Angebot an Berufsfachschulun - terricht.
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3. Abschnitt: Tertiärstufe
Artikel 15 Hochschulen und höhere Berufsbildung
1 Die Bildungsangebote auf der Tertiärstufe schliessen an die Ausbildungs - gänge der Sekundarstufe II an.
2 Der Landrat kann beschliessen, Hochschulen zu führen und Bildungs - gänge im Bereich der höheren Berufsbildung anzubieten.
3 Der Regierungsrat kann Schulgeldvereinbarungen abschliessen, um für Lernende aus dem Kanton Uri den Zugang zu ausserkantonalen Bildungs - angeboten der Tertiärstufe sicherzustellen. Er ist abschliessend zuständig, die damit verbundenen Ausgaben zu beschliessen.
4 Der Kanton fördert die Forschung, die wissenschaftliche Weiterbildung sowie den Wissens- und Technologietransfer.
5 Der Regierungsrat beschliesst über Beteiligungen, Pilotprojekte und andere Formen der Zusammenarbeit im tertiären Bildungsbereich. Es gelten die ordentlichen Finanzkompetenzen.
6 Der Landrat kann durch Verordnung die Lernenden zur Kostenbeteiligung verpflichten.
4. Abschnitt: Weiterbildung
Artikel 16 Allgemeine und berufsorientierte Weiterbildung
1 Die Weiterbildung vermittelt im Sinne des lebenslangen Lernens Kompetenzen, die zur Bewältigung der sich wandelnden Anforderungen der Gesellschaft notwendig sind.
2 Der Kanton und die Gemeinden fördern die allgemeine Weiterbildung.
3 Der Kanton sorgt für ein bedarfsgerechtes Angebot an berufsorientierter Weiterbildung.
5. Abschnitt: Musikunterricht
Artikel 17 Freiwilliger Musikunterricht
1 Der Kanton und die Gemeinden stellen gemeinsam ein Angebot des frei - willigen Musikunterrichts sicher.
2 Der Kanton unterstützt den freiwilligen Musikunterricht für Lernende der Volksschule und der Sekundarstufe II durch Beiträge.
3 Die Gemeinden stellen auf ihre Kosten Beschaffung und Unterhalt der nötigen Infrastruktur sicher. 5
4. Kapitel: SCHULPFLICHT
Artikel 18 Beginn der Schulpflicht
1 Jedes im Kanton Uri wohnhafte Kind, das bis zum 31. Juli das fünfte Altersjahr vollendet, wird mit Beginn des nächsten Schuljahrs schulpflichtig.
2 Erfüllt das Kind das fünfte Altersjahr nach dem 31. März, können die Eltern es um ein Jahr in der Schulpflicht zurückstellen. Sie haben ihren Entscheid der vom Schulrat bezeichneten Stelle rechtzeitig in schriftlicher Form mitzu - teilen.
Artikel 19 Dauer der Schulpflicht
1 Die Schulpflicht dauert zehn Jahre, längstens aber bis zum Beenden der
3. Klasse der Oberstufe bzw. der 3. Klasse des Gymnasiums.
2 Die letzten drei Jahre der Schulpflicht können an der Mittelschule absol - viert werden.
Artikel 20 Vorzeitige Entlassung
Lernende, die wenigstens neun Schuljahre abgeschlossen haben, können vom Schulrat aus wichtigen Gründen vorzeitig aus der Schulpflicht entlassen werden. Bei seinem Entscheid zieht er die Eltern und Sachver - ständige bei.
Artikel 21 Erfüllungsort
1 Die Schulpflicht ist am Ort zu erfüllen, an dem sich das Kind ständig aufhält.
2 In besonderen Fällen regeln die beteiligten Gemeinden den Erfüllungsort abweichend durch Vereinbarung.
Artikel 22 Unentgeltlichkeit
1 Für den Unterricht an der öffentlichen Volksschule und in den ersten drei Gymnasialklassen darf von den Lernenden kein Schulgeld verlangt werden.
2 Die Wohnsitzgemeinde übernimmt das entsprechende Schulgeld.
3 Lernende können an den Kosten für Exkursionen, besondere Unterrichts - wochen oder für elektronische Infrastruktur beteiligt werden, soweit ihnen Einsparungen erwachsen oder wesentliche Vorteile entstehen.
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Artikel 23 Privatschulunterricht und privater Unterricht
1 Die Eltern können ihre Kinder an bewilligten Privatschulen unterrichten lassen. Sie teilen das dem Schulrat mit.
2 Privater Unterricht (Homeschooling) ist ausgeschlossen.
Artikel 24 Besondere Förderung
1 Um alle Lernenden entsprechend ihren Begabungen und körperlichen Eigenheiten zu fördern, treffen die Schulen mit Unterstützung des Kantons geeignete Massnahmen.
2 Die besondere Förderung aller Lernenden erfolgt in der Regel integrativ.
3 Der Landrat regelt die besondere Förderung und das sonderpädagogische Angebot durch Verordnung.
Artikel 25 Sonderschulen und Heime
a) Grundsatz
1 Lernende mit besonderem Bildungsbedarf besuchen eine Sonderschule, wenn:
a) sie nicht mehr vom Regelunterricht profitieren können oder das soziale Gefüge der Klasse erheblich beeinträchtigen;
b) der Besuch für die Förderung und für die Erfüllung des Bildungsauftrags geeignet, erforderlich und zumutbar ist.
2 Der Landrat regelt das Verfahren für die Abklärung und die Zuweisung der Lernenden zur Sonderschulung durch Verordnung.
Artikel 26 b) Organisation
1 Der Kanton führt oder unterstützt Sonderschulen und Heime. Er kann die Gemeinden zu angemessenen Leistungen beiziehen.
2 Der Regierungsrat kann Schulgeldvereinbarungen abschliessen, um Lernenden aus dem Kanton Uri den Zugang zu ausserkantonalen Sonder - schulen und Heimen sicherzustellen. Er ist abschliessend zuständig, die damit verbundenen Ausgaben zu beschliessen. Der Landrat regelt die Kostenaufteilung zwischen dem Kanton, den Gemeinden und allfälligen unterstützungspflichtigen Dritten durch Verordnung. 7
5. Kapitel: ORGANISATION DER SCHULE
Artikel 27 3 Tagesstrukturen und Tagesschulen
1 Tagesstrukturen sind Betreuungsangebote, die Lernende ergänzend zum Unterricht besuchen können.
2 In Tagesschulen werden Unterricht und Betreuung durch pädagogische, organisatorische und personelle Massnahmen verbunden und an mehreren Tagen pro Woche angeboten.
3 Die Gemeinden und der Kanton können in ihrem Zuständigkeitsbereich alleine oder mit Dritten ein bedarfsgerechtes Angebot zur Verfügung stellen. Der Kanton unterstützt Angebote der Gemeinden mit Beiträgen.
4 Der Besuch ist freiwillig. Für Angebote ausserhalb der Unterrichtszeiten gemäss Stundenplan können Beiträge erhoben werden.
Artikel 28 Langzeiturlaub
1 Während der obligatorischen Schulzeit kann Lernenden einmalig ein Lang - zeiturlaub für die Dauer eines Unterrichtsquartals gewährt werden.
2 Der Landrat regelt die Einzelheiten in der Verordnung.
6. Kapitel: DIENSTE
Artikel 29 Beratung
Kanton und Gemeinden treffen Massnahmen zur Beratung von Schulbe - hörden, Schulleitungen, Lehrpersonen, Lernenden sowie Eltern.
Artikel 30 4 Schulsozialarbeit
1 Die Schulträger stellen in der Volksschule den Zugang zur Schulsozialar - beit sicher.
2 Die Schulsozialarbeit steht Lernenden, Lehrpersonen, Schulleitungen, Eltern und Fachstellen der Jugendarbeit beratend zu Verfügung. Sie hat zum Ziel, die Lernenden in der individuellen und sozialen Entwicklung der Persönlichkeit zu beraten, zu begleiten, zu stärken und zu fördern.
3 In Kraft gesetzt auf den 1. August Dezember 2022).
4 In Kraft gesetzt auf den 1. August Dezember 2022).
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Artikel 31 Schulpsychologischer Dienst
1 Der Kanton führt einen schulpsychologischen Dienst, der den Schulbe - hörden, Schulleitungen, Lehrpersonen, Eltern sowie Lernenden zur Verfü - gung steht.
2 Der Schulpsychologische Dienst führt Abklärungen durch, erstellt Gutachten und leistet Beratung für die besondere Förderung gemäss
Artikel 24.
Artikel 32 Schulmedizinischer Dienst
1 Kanton und Gemeinden fördern in der Volksschule die Gesundheit der Lernenden durch die Führung eines Schulmedizinischen Diensts.
2 Der Schulmedizinische Dienst umfasst die Bereiche Schularzt und Schul - zahnarzt.
Artikel 33 Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung
1 Der Kanton sorgt für eine Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung.
2 Die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung unterstützt Jugendliche und Erwachsene bei der Berufs- und Studienwahl sowie bei der Gestaltung der beruflichen Laufbahn.
Artikel 34 Weitere Dienste
Der Landrat kann die Aufgaben der Schul- und Beratungsdienste durch Verordnung weiter ausführen und zusätzliche Dienste einführen.
7. Kapitel: MASSNAHMEN ZUR ERLEICHTERUNG
DER AUSBILDUNG
Artikel 35 Transport, Verpflegung und Unterkunft
Die Gemeinden sorgen für den Transport, die Verpflegung und die Unter - kunft von Lernenden der Volksschule mit unzumutbarem Schulweg.
Artikel 36 Ausbildungsbeiträge
1 Der Kanton leistet Personen, deren finanzielle Leistungsfähigkeit nicht ausreicht, Beiträge an die Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten während der Ausbildung nach der Volksschulzeit. 9
2 Der Landrat regelt die Art und die Höhe der Ausbildungsbeiträge sowie die Voraussetzungen für den Bezug durch Verordnung.
8. Kapitel: INFRASTRUKTUREN (SCHULANLAGEN UND
SCHULEINRICHTUNGEN)
Artikel 37 Schulanlagen
Die Schulträger erstellen und unterhalten die für einen zeitgemässen Unter - richt erforderlichen Räumlichkeiten und Einrichtungen.
Artikel 38 Schulbibliotheken
1 Die Schulträger führen Schulbibliotheken.
2 Sie können diese Aufgabe an Dritte übertragen.
Artikel 39 Didaktisches Zentrum
1 Die Gemeinden führen ein didaktisches Zentrum.
2 Sie können diese Aufgabe an Dritte übertragen.
3 Der Kanton fördert das didaktische Zentrum durch Beiträge.
9. Kapitel: ELTERN UND LERNENDE
1. Abschnitt: Eltern
Artikel 40 Zusammenarbeit
Schule, andere Bildungsstätten und Eltern arbeiten zum Wohle des Kinds in Bildung und Erziehung zusammen. Sie pflegen ein kooperatives Verhältnis zueinander und informieren sich gegenseitig über die Entwicklung des Kinds.
Artikel 41 Rechte
1 Die Eltern werden regelmässig über die Lernfortschritte, Arbeits- und Sozi - alverhalten in geeigneter Weise orientiert.
2 Die Lehrpersonen geben ihnen Gelegenheit zur Aussprache zur schuli - schen Entwicklung, insbesondere bei Promotionen, dem Treffen besonderer Massnahmen oder bei schwerwiegendem disziplinarischen Fehlverhalten.
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3 Die Eltern können nach Absprache mit der Lehrperson den Unterricht besuchen.
Artikel 42 Verletzung von Schulpflichten
1 Mit Busse von 100 bis 5 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein Kind an der Erfüllung seiner Schulpflicht hindert, indem sie oder er das Kind:
a) ohne Bewilligung vom Schulbesuch fernhält;
b) nicht in die Schule oder Klasse schickt, in die es eingeteilt ist;
c) in einer nicht bewilligten Privatschule unterrichten lässt.
2 In leichten Fällen kann von einer Strafe abgesehen und eine Verwarnung ausgesprochen werden.
2. Abschnitt: Lernende
Artikel 43 Recht auf Unterricht
Jedes schulpflichtige Kind hat im Rahmen des bestehenden Bildungsange - bots das Recht auf einen geeigneten Unterricht, der seinem Alter und seinen Fähigkeiten entspricht und dessen Anforderungen es erfüllt.
Artikel 44 Pflichten der Lernenden
Die Lernenden:
a) sind ihrem Alter und ihrer Schulstufe entsprechend für ihren Bildungspro - zess mitverantwortlich;
b) tragen mit ihrem Verhalten zum Erfolg des Unterrichts sowie der Klassen und Schulgemeinschaft bei;
c) besuchen alle obligatorischen Fächer, besonderen Veranstaltungen, Projektwochen, Exkursionen, Lager und Schulveranstaltungen. Vorbe - halten bleibt eine Dispensation oder ein Urlaub aus wichtigem Grund im Einzelfall;
d) halten die Weisungen der Lehrperson, Schulleitung sowie der Schulbe - hörde ein und tragen zu Material und Einrichtung Sorge.
Artikel 45 Disziplinarmassnahmen
1 Gegen Lernende, deren Verhalten zu Beanstandungen Anlass gibt, können erzieherisch sinnvolle Disziplinarmassnahmen angeordnet werden. 11
2 Die schwerste Disziplinarmassnahme ist der Ausschluss aus der Schule. Während der ersten neun Jahre der obligatorischen Schulzeit ist der Ausschluss aus der Schule mit der Anordnung einer anderen geeigneten Schulung oder erzieherisch sinnvollen Massnahme zu verbinden.
3 Der Landrat regelt durch Verordnung die Massnahmen, die Zuständig - keiten und das Verfahren in Disziplinarfragen.
10. Kapitel: SCHULISCHES PERSONAL
1. Abschnitt: Lehrpersonen
Artikel 46 Aufgabe
Die Lehrperson ist beauftragt, die ihr anvertrauten Lernenden entsprechend den Zielsetzungen dieses Gesetzes und des Berufsauftrags zu bilden und zu erziehen. Sie erfüllt diese Aufgabe in Zusammenarbeit mit den Eltern, dem Lehrerkollegium und den Schulinstanzen.
Artikel 47 Zulassung zum Schuldienst
1 Zum Schuldienst an den Volksschulen wird zugelassen, wer die Lehrbewil - ligung der zuständigen Direktion 5 besitzt.
2 Die Lehrbewilligung wird nur Personen erteilt, die über eine ausreichende Ausbildung, genügende Gesundheit und die für die Unterrichtstätigkeit erfor - derliche charakterliche Eignung verfügen.
Artikel 48 Entzug der Zulassung
1 Die zuständige Direktion 6 kann Lehrpersonen aus wichtigen Gründen die Lehrbewilligung entziehen.
2 Als wichtige Gründe gelten namentlich ungenügende Lehrfähigkeit, grobe Pflichtvernachlässigung oder ein Verhalten, das sich mit der Stellung als Lehr- und Erziehungsperson nicht verträgt.
Artikel 49 Wahl und Anstellungsverhältnis
1 Lehrpersonen dürfen nur mit einer gültigen Lehrbewilligung angestellt werden.
5 Bildungs- und Kulturdirektion; siehe Organisationsreglement (RB 2.3322).
6 Bildungs- und Kulturdirektion; siehe Organisationsreglement (RB 2.3322).
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2 Vor der Anstellung von schulischem Personal muss ein Sonderprivat - auszug aus dem Strafregister eingeholt werden.
3 Vor Abschluss des Arbeitsvertrags werden am letzten Arbeitsort Refe - renzen eingeholt. Können keine Referenzen eingeholt werden, werden Erkundigungen über die Berufszulassung angestellt.
Artikel 50 Altersreduktion
1 Ab dem 55. Altersjahr wird das Pflichtpensum bei einem Anstellungsgrad ab 30 Prozent um 7 Prozent und ab dem 60. Altersjahr um 10 Prozent redu - ziert.
2 Die Reduktion wird ab jenem Jahr gewährt, in dem das Altersjahr erfüllt wird.
2. Abschnitt: Weiteres Personal
Artikel 51 Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen und Fach
- kräfte für Therapie Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen und therapeutisch ausge - bildete Fachpersonen sind in ihren Rechten und Pflichten den Lehrpersonen gleichgestellt.
Artikel 52 Assistenzpersonal
1 Assistenzpersonen arbeiten als nicht pädagogisch ausgebildetes Personal im Schulunterricht mit.
2 Die Assistenzperson übernimmt Aufgaben, die ihr durch die Lehrperson zugewiesen werden. Dies können die aktive Mithilfe und Präsenz im Unter - richt oder die Betreuung einzelner Lernenden sein.
3 Assistenzpersonen dürfen nicht für Tätigkeiten eingesetzt werden wie Stellvertretungen von Lehrpersonen, Übernahme von Unterrichtsse - quenzen, Verantwortung für die Förderung eines Kinds, einer Gruppe oder einer Klasse oder die Bearbeitung von komplexen Situationen. 13
11. Kapitel: SCHULINSTANZEN
1. Abschnitt: Gemeindeinstanzen
Artikel 53 Schulrat
a) Wahl und Zusammensetzung Wahl und Zusammensetzung des Schulrates richten sich im Rahmen der Verfassung des Kantons Uri und des Gemeindegesetzes 7 nach der Gemein - desatzung.
Artikel 54 b) Zuständigkeiten
1 Der Schulrat organisiert und führt die Schule in strategischer Hinsicht.
2 Er erfüllt alle Aufgaben des Schulträgers, die nicht ausdrücklich einem anderen Organ übertragen sind.
Artikel 55 Kreisschulrat
1 Gemeinden, die sich zur gemeinsamen Führung einer Schule, einer Schulart oder Schulstufe zusammengeschlossen haben, können einen Kreisschulrat wählen, in dem die angeschlossenen Gemeinden ange - messen vertreten sind.
2 Die Aufgabe des Kreisschulrates richtet sich im Einzelnen sinngemäss nach den für den Schulrat geltenden Bestimmungen.
Artikel 56 Schulleitung
1 Die Schulen werden operativ von Schulleitungen gemäss den kantonalen Vorgaben geführt.
2 Die Schulleitung ist für die pädagogische, personelle und betriebliche Führung und Entwicklung der Schule verantwortlich. Sie wird dabei vom Schulsekretariat unterstützt.
3 Die Zuständigkeiten und Aufgaben der Schulleitung im Einzelnen regelt die Anstellungsbehörde.
7 RB 1.1111
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2. Abschnitt: Kantonale Instanzen
Artikel 57 Regierungsrat
1 Der Regierungsrat übt die Oberaufsicht über das gesamte Schul- und Bildungswesen im Kanton aus.
2 Er nimmt alle Aufgaben wahr, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde zugewiesen sind.
Artikel 58 Zuständige Direktion
1 Die zuständige Direktion 8 leitet das gesamte Schul- und Bildungswesen des Kantons.
2 Sie hat:
a) für die Planung und Koordination im Schul- und Bildungsbereich zu sorgen;
b) die vom Regierungsrat und Erziehungsrat erlassenen Beschlüsse zu vollziehen und
c) die Lehrbewilligung für den Schuldienst an den Volksschulen zu erteilen und zu entziehen.
Artikel 59 Erziehungsrat
a) Wahl und Zusammensetzung Wahl und Zusammensetzung des Erziehungsrats richten sich nach der Verfassung des Kantons Uri.
Artikel 60 b) Zuständigkeiten
1 Der Erziehungsrat übt im Rahmen der Gesetzgebung die unmittelbare Aufsicht über das Volksschulwesen aus.
2 Er unterstützt die zuständige Direktion 9 bei der Planung und Koordination im Schul- und Bildungswesen.
3 Er hat insbesondere für die Volksschule:
a) die Lehrpläne und die Stundentafel zu erlassen;
b) die Lehrmittel festzulegen;
c) die Beurteilung der Lernenden sowie die Promotion und den Übertritt zu regeln;
8 Bildungs- und Kulturdirektion; siehe Organisationsreglement (RB 2.3322).
9 Bildungs- und Kulturdirektion; siehe Organisationsreglement (RB 2.3322). 15
d) die Bewilligung für die Führung von Privatschulen zu erteilen;
e) die Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung anzuordnen;
f) die Schulversuche zu bewilligen;
g) die Vertretung des Kantons in interkantonale Kommissionen zu wählen;
h) über Beschwerden gegen Verfügungen des Schulrats zu entscheiden;
i) allgemeine Weisungen gegenüber den Schulen und den Lehrpersonen zu erlassen;
j) Vorschriften zur Qualitätssicherung der Schulen zu erlassen.
4 Er ist vom Regierungsrat und der zuständigen Direktion 10 vor wichtigen Entscheidungen, die die Volksschule betreffen, anzuhören.
5 Er kann zur Vorbereitung und Durchführung bestimmter Aufgaben Kommissionen einsetzen.
Artikel 61 Kantonale Schulaufsicht
1 Die kantonale Schulaufsicht überwacht die Einhaltung der kantonalen Vorgaben.
2 Die Organe der kantonalen Schulaufsicht arbeiten mit den Schulbehörden und Schulleitungen zusammen.
3 Die Schulträger sind verpflichtet, der kantonalen Schulaufsicht die notwen - digen Informationen und Daten zu liefern. Dazu gehören auch jene Daten, die der Kanton dem Bund im Rahmen der Schulstatistik weiterzuleiten hat.
4 Die Schulen nutzen verschiedene Möglichkeiten der Evaluation ihrer Schulqualität und stellen die Ergebnisse der kantonalen Schulaufsicht und den Beteiligten zur Verfügung.
5 Der Landrat regelt die kantonale Schulaufsicht durch Verordnung.
Artikel 62 Führung der kantonalen Schulen
Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, gelten die Bestim - mungen des 1. Abschnitts für die Organe der kantonalen Schulen sinnge - mäss.
10 Bildungs- und Kulturdirektion; siehe Organisationsreglement (RB 2.3322).
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12. Kapitel: KOSTEN UND BEITRÄGE
Artikel 63 Grundsatz
Kanton und Gemeinden tragen die Kosten der Schule, soweit sie Träger der Schule sind und die Gesetzgebung keine Ausnahmen vorsieht.
Artikel 64 Kantonsbeiträge
1 Der Kanton leistet den Gemeinden Beiträge an deren Aufwendungen im Schulbereich.
2 Der Landrat regelt die Art, die Voraussetzungen und die Höhe der Beitragsleistung durch Verordnung. Er kann Pauschalen einführen.
13. Kapitel: RECHTSSCHUTZ
Artikel 65 Grundsatz
1 An den Schulen werden Lösungen im einvernehmlichen Austausch zwischen Schulträgern, Lernenden sowie deren Eltern erarbeitet.
2 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Verordnung über die Verwal - tungsrechtspflege 11 , soweit die Gesetzgebung nichts anderes bestimmt.
Artikel 66 Weiterzug von Verwaltungsverfügungen
1 Verfügungen der Schulträger können mit Verwaltungsbeschwerde beim Erziehungsrat angefochten werden, soweit das kantonale Recht nicht ausdrücklich etwas anderes regelt. Vorbehalten ist insbesondere der Rechtsweg für personalrechtliche Verfügungen.
2 Erstinstanzliche Verfügungen des Erziehungsrats können beim Regie - rungsrat mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden.
3 Gegen Beschwerdeentscheide des Erziehungsrats kann beim Obergericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden.
4 Das Verfahren richtet sich nach der Verordnung über die Verwaltungs - rechtspflege.
11 RB 2.2345 17
Artikel 67 Weiterzug von Strafverfügungen
Der Weiterzug von Strafverfügungen des Schulrats zur gerichtlichen Beur - teilung richtet sich nach den Bestimmungen der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege 12 .
14. Kapitel: SCHLUSS- UND ÜBERGANGSBESTIMMUNGEN
Artikel 68 Ausführungsrecht
1 Der Landrat ergänzt dieses Gesetz durch Verordnung und führt dieses näher aus.
2 Er kann einzelne Rechtsetzungsbefugnisse an den Regierungsrat oder den Erziehungsrat weiterdelegieren.
Artikel 69 Aufhebung bisherigen Rechts
Das Gesetz vom 2. März 1997 über Schule und Bildung 13 und das Gesetz vom 26. November 2006 über die Berufs- und Weiterbildung 14 werden aufgehoben.
Artikel 70 Übergangsbestimmung
Für Lehrpersonen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes das 55. Altersjahr bereits erreicht haben und in einem Vollpensum angestellt sind, erfolgt die Altersreduktion weiterhin nach den Regeln des bisherigen Rechts, sofern dieses für die Betroffenen günstiger ist.
Artikel 71 Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz unterliegt der Volksabstimmung.
2 Der Regierungsrat bestimmt, wann das Gesetz in Kraft tritt. Er kann es schrittweise in Kraft setzen. Im Namen des Volkes Der Landammann: Urs Janett Der Kanzleidirektor: Roman Balli
12 RB 2.2345
13 RB 10.1111
14 RB 70.1101
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