Vollziehungsverordnung zum Gesetz über das Kantonsspital (714.11)
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Vollziehungsverordnung zum Gesetz über das Kantonsspital

714.11 Vollziehungsverordnung zum Gesetz über das Kantonsspital (Spitalverordnung) vom 27. März 1981 1 Der Landrat, gestützt auf Art. 60 der Kantonsverfassung, in Ausführung der Art. 2 und 6 des Spitalgesetzes 2 , beschliesst: I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN §
1 - 6 ... 3 II. ORGANISATION UND AUFGABEN §
7 - 38 ... III. PERSONAL §
39 * IV. PATIENTEN 1. Allgemeine Bestimmungen §
46 Als Patienten gelten: 1. kranke, verunfallte und verletzte Personen; 2. Frauen vor, während und nach der Entbindung; 3. gesunde Neugeborene und Säuglinge, die sich mit der Mutter im Spital aufhalten; 4. zur Begutachtung zugewiesene Personen. §
47 4 §
48
1 Das Kantonsspital muss Personen aufnehmen, deren Behandlung unaufschiebbar ist.
2 Zuständig für den Entscheid über die Unaufschiebbarkeit der Untersuchung oder der Behandlung ist der Chefarzt oder sein Stellvertreter. §
49 * §
58 1. Grundsatz Der Patient hat Anspruch auf Untersuchung, Behandlung und Pflege nach den anerkannten Grundsätzen der ärztlichen Wissenschaft und der Humanität sowie der Wirtschaftlichkeit. §
59
1 Ärzte und Pflegepersonal sind verpflichtet, die persönliche Freiheit des Patienten zu wahren und seine Privatsphäre zu schützen, soweit es die Umstände zulassen.
2 Das Kantonsspital nimmt auf die Wünsche des Patienten, des gesetzlichen Vertreters oder der Angehörigen Rücksicht, soweit es sich ärztlich, pflegerisch und betrieblich veranworten lässt. §
60
1 Über jeden Patienten ist eine Krankengeschichte zu führen.
2 Krankengeschichte und andere medizinische Unterlagen bleiben im Eigentum des Kantonsspitals; sie werden während 20 Jahren im Original oder auf Mikrofilm aufbewahrt; Unterlagen von besonderem medizinischem oder historischem Interesse können länger aufbewahrt werden.
3 Der Chefarzt kann Krankengeschichte und andere medizinische Unterlagen zur wissenschaftlichen Auswertung oder für Gutachten freigeben.
4 Vorbehalten bleiben die Vorschriften über das Berufsgeheimnis 5 ; bei Anständen entscheidet die zuständige Direktion endgültig. §
61
1 Der Patient hat das Recht, innerhalb der von der Spitalkommission festgesetzten Besuchszeit Besuche zu empfangen, sofern sein Zustand dies erlaubt oder wünschbar erscheinen lässt.
2 Sofern die Möglichkeit besteht, sollen gehfähige Patienten auf Wunsch ihre Besucher ausserhalb des Krankenzimmers empfangen können.
3 Der Patient kann sich Besuche verbitten.
4 Vorbehalten bleiben abweichende Anordnungen bei Sucht- und Haftpatienten. §
62 1. Zuständigkeit des Chefarztes
1 Über die Entlassung entscheidet der Chefarzt oder sein Stellvertreter.
2 Vorbehalten bleibt die behördlich verfügte Entlassung für behördlich eingewiesene Patienten. §
63 a) auf Antrag des Patienten
1 Der urteilsfähige Patient ist auf Antrag vorzeitig zu entlassen, wenn nicht anzunehmen ist, dass er sich oder andere gefährdet.
2 Die vorzeitige Entlassung entmündigter oder unmündiger Patienten bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
3 Die vorzeitige Entlassung von Patienten, die von einer Behörde eingewiesen wurden, ist nur mit deren Zustimmung zulässig.
4 Der Patient, der gesetzliche Vertreter oder die einweisende Behörde hat schriftlich die Übernahme der Verantwortung für die vorzeitige Entlassung zu erklären.
5 Die Vorschriften über die fürsorgerische Freiheitsentziehung 6 §
64
1 Der Chefarzt oder sein Stellvertreter ist berechtigt, die vorzeitige Entlassung anzuordnen, wenn der Patient: 1. für den Behandlungserfolg ausschlaggebende Anordnungen der behandelnden Ärzte oder des Pflegepersonals widerholt missachtet; 2. den Betrieb in schwerwiegender Weise stört.
2 Die Anordnung der vorzeitigen Entlassung ist ausgeschlossen, wenn: 1. eine weniger weit gehende Massnahme möglich ist; 2. sie den Patienten in eine unmittelbare Lebensgefahr bringt; 3. eine erhebliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes zu befürchten ist. §
65 7 §
66
1 Der Patient hat die Anordnungen des Spitalpersonals zu befolgen und es bei der Behandlung der Pflege zu unterstützen.
2 Er hat auf die Mitpatienten Rücksicht zu nehmen.
3 Er hat auf Verlangen wahrheitsgemäss die für die Untersuchung und Behandlung notwendigen oder nützlichen Angaben über seine Person, seine Familie und seine Umgebung zu machen.
§
67 * §
68 Bei der Besichtigung des Kantonsspitals durch Aussenstehende ist auf die persönliche Geheimsphäre der Patienten Rücksicht zu nehmen. §
69 Für Gefangene trifft die einweisende Behörde zusammen mit dem Kantonsspital die erforderlichen Sicherheitsmassnahmen. 2. Auskünfte §
70
1 Die behandelnden Ärzte haben den Patienten unaufgefordert über Untersuchungen, Eingriffe, Behandlungen und die damit verbundenen Vor- und Nachteile sowie Risiken in geeigneter und verständlicher Weise aufzuklären; auf Verlangen haben sie den Patienten auch über den Gesundheitszustand und dessen voraussichtliche Entwicklung Auskunft zu geben.
2 Die Auskünfte sind mit der gebotenen Schonung zu erteilen, wenn vorauszusehen ist, dass sie den Patienten übermässig belasten oder den Krankheitsverlauf ungünstig beeinflussen; sie können unterbleiben, wenn sofortiges Handeln notwendig ist.
3 Das Pflegepersonal hat den Patienten in geeigneter Weise über die Pflege zu informieren.
4 Der Patient kann eine Besprechung mit dem Arzt und dem Pflegepersonal ausserhalb der Hörweite Dritter verlangen. §
71
1 Der Patient kann Einsicht in folgende Unterlagen verlangen oder Kopien davon fordern: 1. Ergebnisse apparativer Untersuchungen wie Röntgenbilder, Laborbefunde, EKG-Befunde usw.; 2. Aufzeichnungen über diagnostische und therapeutische Massnahmen; 3. klinischer Status; 4. eigene anamnestische Angaben; 5. Ergebnisse von Testen; 6. Operationsberichte.
2 Keine Einsicht hat der Patient in: 1. Angaben von nicht zum Kantonsspital gehörenden Drittpersonen; 2. persönliche Notizen der Ärzte und des Pflegepersonals.
3 In Streitfällen entscheidet die zuständige Direktion endgültig; ihr ist die vollständige Krankengeschichte mit allen Beilagen herauszugeben.
4 Für die Vorlegung der Unterlagen und die Anfertigung von Kopien ist eine kostendeckende Gebühr zu erheben. §
72
1 Dritten darf Auskunft über den Patienten nur mit dessen Einverständnis erteilt werden; das Einverständnis wird für Auskünfte an den Ehegatten und die nächsten Angehörigen vermutet.
2 Vorbehalten bleiben Auskünfte zum Zwecke der Forschung oder aufgrund besonderer Meldepflichten oder - befugnisse.
3 Ist in naher Zukunft mit dem Ableben des Patienten zu rechnen, sollen der Ehegatte und die nächsten Angehörigen mit der gebotenen Schonung darauf vorbereitet werden. §
73 Ist der Patient unmündig oder entmündigt, steht das Recht auf Auskunft und Einsicht in die Krankengeschichte auch dem
gesetzlichen Vertreter zu, soweit der urteilsfähige Patient nicht aus wichtigen Gründen widerspricht. §
74
1 Der einweisende und der nachbehandelnde Arzt sind über den Zustand des Patienten und die erforderlichen weiteren Massnahmen rechtzeitig zu unterrichten.
2 Der Patient und gegebenenfalls seine Angehörigen sind über die Pflege und die Behandlung nach der Entlassung zu unterrichten; nach Möglichkeit sollen sie zur Selbsthilfe angeleitet oder auf geeignete Hilfsdienste aufmerksam gemacht werden. 3. Medizinische Eingriffe §
75
1 Körperliche Eingriffe, Untersuchungen und Behandlungen dürfen nicht gegen den Willen des Patienten durchgeführt werden; für grössere oder mit erheblichen Risiken verbundene Eingriffe muss dessen ausdrückliche Zustimmung vorliegen.
2 Lehnt der Patient eine medizinische Massnahme ab, hat er dies auf Verlangen des Spitals unterschriftlich zu bestätigen. §
76 Zeigt sich im Verlauf einer Operation, dass sie über das dem Patienten bekanntgegebene Mass hinaus ausgedehnt werden sollte, ist der operierende Arzt zur Ausweitung berechtigt, wenn er damit im Interesse und mit mutmasslicher Einwilligung des Patienten handelt. §
77
1 Ist der Patient nicht urteilsfähig, hat dessen gesetzlicher Vertreter die Einwilligung für körperliche Eingriffe, Untersuchungen und Behandlungen zu erteilen; verweigert er die Zustimmung, ist die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde erforderlich.
2 Auf die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder der Vormundschaftsbehörde kann verzichtet werden, wenn Gefahr im Verzug liegt und die Zustimmungsberechtigten nicht rechtzeitig erreichbar sind oder deren Entscheid nicht rechtzeitig eintrifft.
3 Hat der Patient keinen gesetzlichen Vertreter, handelt der Arzt nach pflichtgemässem Ermessen. Er berücksichtigt die objektiven Interessen und den mutmasslichen Willen des Patienten. Vor grösseren oder mit erheblichen Risiken verbundenen Eingriffen soll er wenn möglich mit den Angehörigen des Patienten Rücksprache nehmen. Das Kantonsspital benachrichtigt die Vormundschaftsbehörde, wenn die Interessen des Patienten vormundschaftliche Massnahmen erheischen.
4 Der Patient ist nach Möglichkeit anzuhören. §
78
1 Ist der Patient urteilsfähig, aber unmündig oder entmündigt, ist vor grösseren oder mit erheblichen Risiken verbundenen Eingriffen auch dessen gesetzlicher Vertreter zu informieren.
2 Die Information kann unterbleiben, wenn der Patient aus wichtigen Gründen widerspricht oder der Entmündigungsgrund in keinem Zusammenhang mit dem medizinischen Eingriff steht. §
79 Die Ärzte können die Vornahme von Eingriffen ablehnen, die weder aus medizinischen noch ethischen Gründen geboten sind. 4. Sterbehilfe und Todesfeststellung §
80 Für die Sterbehilfe und bei der Todesfeststellung sind die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften zu beachten. 5. Obduktion und Organentnahme §
81
1 An verstorbenen Patienten kann im Falle von erheblichem medizinischem Interesse eine Obduktion ausgeführt
werden.
2 Die Obduktion hat zu unterbleiben, wenn der Verstorbene oder seine nächsten Angehörigen Einspruch erhoben haben; vorbehalten bleiben entgegenstehende Anordnungen der Strafverfolgungsbehörden zur Aufdeckung strafbarer Handlungen und der zuständigen Direktion zur Sicherung der Diagnose, insbesondere bei Verdacht auf eine übertragbare Krankheit.
3 Als nächste Angehörige des Patienten im Sinne von Absatz 2 gelten: 1. sein Ehegatte, der im gleichen Haushalt lebte; 2. die urteilsfähigen, wenigstens 18 Jahre alten Nachkommen, die mit ihm in einem Haushalt lebten.
4 Sind keine der in Absatz 3 genannten Angehörigen vorhanden, gelten als nächste Angehörige die übrigen urteilsfähigen Nachkommen, Vater und Mutter, sowie Geschwister, die im Haushalt des Patienten lebten. §
82
1 Sofern es zur Rettung oder Behandlung von Patienten unerlässlich ist, können einem verstorbenen Patienten Gewebestücke oder Organe für Transplantationen entnommen werden.
2 Die Entnahme hat zu unterbleiben, wenn der Verstorbene oder seine nächsten Angehörigen Einspruch erhoben haben.
3 Ärzte und Personal, die bei der Todesfeststellung mitgewirkt haben, dürfen bei der Entnahme nicht beteiligt sein. §
83
1 Der überlebende Ehegatte, die nächsten Angehörigen und der gesetzliche Vertreter können Einsicht in den Obduktionsbefund verlangen.
2 Für die Vorlegung der Unterlagen und die Anfertigung von Kopien kann eine Gebühr erhoben werden. 6. Sozialdienst und Seelsorge §
84
1 Der Patient hat auf Verlangen Anspruch auf Beratung und Hilfe durch den Sozialdienst.
2 Der Sozialdienst nimmt sich insbesondere jener Patienten an, denen wegen des Spitalaufenthaltes familiäre, berufliche oder finanzielle Probleme erwachsen; er hilft bei der Wiedereingliederung.
3 So lange kein spitaleigener Sozialdienst besteht, hat die Spitalverwaltung auf Begehren des Patienten Beratung und Hilfe zu vermitteln: 1. für Patienten mit Wohnsitz im Kanton beim Sozialdienst der Wohnsitzgemeinde; 2. für Patienten ohne Wohnsitz im Kanton beim Sozialdienst des Kantons. §
85
1 Die Krankenseelsorge ist im Rahmen der Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet.
2 Die öffentlichrechtlich anerkannten Kirchen und andere Glaubensgemeinschaften können für ihre Mitglieder eine Seelsorge bestellen, deren Tätigkeit im Rahmen eines geordneten Spitalbetriebes gewährleistet ist. 7. Taxen und Unterstützungen §
86 8 V. ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN §
87 §
88 9 §
89 10 §
90 §
91
1 Diese Verordnung untersteht dem fakultativen Referendum; sie ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
2 Sie tritt gemäss Art. 46 des Organisationsgesetzes auf den 1. Juli 1981 in Kraft und ist in die Gesetzessammlung aufzunehmen.
3 Alle mit ihr im Widerspruch stehenden Bestimmungen sind unter Vorbehalt der Übergangsregelung (Paragraphen 87 bis 89) aufgehoben, insbesondere die Vollziehungsverordnung vom 3. Juni 1967 zum Gesetz über das Kantonsspital (Spitalverordnung).
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