INTERKANTONALE VEREINBARUNG über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik
                            INTERKANTONALE VEREINBARUNG  über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik  1  (vom 25.  Oktober  2007; Stand am 1.  Januar  2011)  I.  Zweck und Grundsätze der Vereinbarung
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 1 Zweck
                            Die Vereinbarungskantone arbeiten im Bereich der Sonderpädagogik  zusammen mit dem Ziel, den in der Bundesverfassung der Schweizerischen  Eidgenossenschaft  2  , in der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmoni  -  sierung der obligatorischen Schule  3   und im Bundesgesetz über die Beseiti  -  gung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen  4   statuierten  Verpflichtungen nachzukommen. Insbesondere:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a)  legen sie das Grundangebot fest, welches die Bildung und Betreuung  von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf garan  -  tiert;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b)  fördern sie die Integration dieser Kinder und Jugendlichen in der Regel  -  schule;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            c)  verpflichten sie sich zur Anwendung gemeinsamer Instrumente.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 2 Grundsätze
                            Die Bildung im Bereich der Sonderpädagogik basiert auf folgenden Grund  -  sätzen:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a)  die Sonderpädagogik ist Teil des öffentlichen Bildungsauftrages;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b)  integrative Lösungen sind separierenden Lösungen vorzuziehen, unter  Beachtung des Wohles und der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes  oder des Jugendlichen sowie unter Berücksichtigung des schulischen  Umfeldes und der Schulorganisation;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1   Beitritt vom Landrat beschlossen am 13.  Mai  2009 (AB vom 22.  Mai  2009) und in der VA  vom 28.  November  2010 angenommen (AB vom 21.  April  2011).
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   SR 101151.3
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3   Erlasssammlung der EDK, Ziffer  1.2
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4   SR 151.3  1
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            c)  für den Bereich der Sonderpädagogik gilt der Grundsatz der Unentgelt  -  lichkeit; für Verpflegung und Betreuung kann von den Erziehungsberech  -  tigten eine finanzielle Beteiligung verlangt werden;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            d)  die Erziehungsberechtigten sind in den Prozess betreffend die Anord  -  nung sonderpädagogischer Massnahmen mit einzubeziehen.  II.  Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 3 Berechtigte
                            Kinder und Jugendliche ab Geburt bis zum vollendeten 20. Lebensjahr, die  in der Schweiz wohnen, haben unter folgenden Voraussetzungen ein Recht  auf angemessene sonderpädagogische Massnahmen:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a)  vor der Einschulung: Wenn festgestellt wird, dass ihre Entwicklung  eingeschränkt oder gefährdet ist oder sie dem Unterricht in der Regel  -  schule ohne spezifische Unterstützung nicht werden folgen können;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b)  während der obligatorischen Schulzeit: Wenn festgestellt wird, dass sie  in ihren Entwicklungs- und Bildungsmöglichkeiten so stark beeinträchtigt  sind, dass sie dem Unterricht in der Regelschule ohne spezifische Unter  -  stützung nicht beziehungsweise nicht mehr folgen können oder wenn ein  anderer besonderer Bildungsbedarf festgestellt worden ist.  III.  Festlegung des sonderpädagogischen Grundangebots
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 4 Grundangebot
                            1  Das sonderpädagogische Grundangebot umfasst:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a)  Beratung und Unterstützung, heilpädagogische Früherziehung, Logo  -  pädie und Psychomotorik;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b)  sonderpädagogische Massnahmen in einer Regelschule oder in einer  Sonderschule; sowie;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            c)  Betreuung in Tagesstrukturen oder stationäre Unterbringung in einer  sonderpädagogischen Einrichtung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die Kantone sorgen für die Organisation notwendiger Transporte und  übernehmen deren Kosten für Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer  Behinderung den Weg zwischen Wohnort, Schule und/oder Therapiestelle  nicht selbstständig bewältigen können.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 5 Verstärkte Massnahmen
                            1  Erweisen sich die vor der Einschulung oder die in der Regelschule getrof  -  fenen Massnahmen als ungenügend, ist aufgrund der Ermittlung des indivi  -
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            duellen Bedarfs über die Anordnung verstärkter Massnahmen zu  entscheiden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Verstärkte Massnahmen zeichnen sich durch einzelne oder alle der  folgenden Merkmale aus:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a)  lange Dauer;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b)  hohe Intensität;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            c)  hoher Spezialisierungsgrad der Fachpersonen; sowie;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            d)  einschneidende Konsequenzen auf den Alltag, das soziale Umfeld oder  den Lebenslauf des Kindes oder des Jugendlichen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 6 Anordnung der Massnahmen
                            1  Die Vereinbarungskantone bezeichnen die für die Anordnung sonderpäda  -  gogischer Massnahmen zuständigen Behörden.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die für die Anordnung sonderpädagogischer Massnahmen zuständigen  Behörden bestimmen die Leistungsanbieter.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Die Ermittlung des individuellen Bedarfs gemäss Artikel  5 Absatz  1 erfolgt  im Rahmen eines standardisierten Abklärungsverfahrens durch die von den  zuständigen Behörden betrauten Abklärungsstellen, die nicht identisch sind  mit den Leistungsanbietern.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4  Die Zweckmässigkeit der angeordneten Massnahmen ist periodisch zu  überprüfen.  IV.  Harmonisierungs- und Koordinationsinstrumente
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 7 Gemeinsame Instrumente
                            1  Die Vereinbarungskantone benutzen im kantonalen Recht, im kantonalen  Konzept für den Bereich der Sonderpädagogik sowie in den entspre  -  chenden Richtlinien:
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            a)  eine einheitliche Terminologie;
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            b)  einheitliche Qualitätsstandards für die Anerkennung der Leistungsan  -  bieter; und
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            c)  ein standardisiertes Abklärungsverfahren zur Ermittlung des individuellen  Bedarfs gemäss Artikel  6 Absatz  3.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren  (EDK) ist verantwortlich für die wissenschaftliche Entwicklung und Validie  -  rung der gemeinsamen Instrumente gemäss Absatz  1. Sie konsultiert zu  diesem Zweck die nationalen Dachverbände der Lehrpersonen, der Erzie  -  3
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            hungsberechtigten und der Institutionen für Kinder und Jugendliche mit  einer Behinderung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3  Die gemeinsamen Instrumente werden von der Plenarversammlung der  EDK mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder verabschiedet. Die  Revision erfolgt durch die Vereinbarungskantone in einem analogen  Verfahren.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4  Das sonderpädagogische Grundangebot ist Gegenstand des nationalen  Bildungsmonitorings.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 8 Lernziele
                            Die Anforderungsniveaus für den Bereich der Sonderpädagogik werden auf  der Basis der in den Lehrplänen festgelegten Lernziele und der Bildungs  -  standards der Regelschule angepasst; sie berücksichtigen die individuellen  Bedürfnisse und Fähigkeiten des Kindes oder des Jugendlichen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 9 Ausbildung der Lehrpersonen und des
                            sonderpädagogischen Fachpersonals
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1  Die Grundausbildung der Lehrpersonen in schulischer Heilpädagogik und  des sonderpädagogischen Fachpersonals für Kinder und Jugendliche wird  in den Anerkennungsreglementen der EDK oder im Bundesrecht geregelt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Die Vereinbarungskantone arbeiten in der Entwicklung eines geeigneten  Weiterbildungsangebots zusammen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 10 Kantonale Kontaktstelle
                            Jeder Vereinbarungskanton bezeichnet gegenüber der EDK eine kantonale  Kontaktstelle, die für sämtliche den Bereich der Sonderpädagogik betref  -  fenden Fragen zuständig ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 11 Ausserkantonale Leistungen
                            Die Finanzierung von Leistungen ausserkantonaler stationärer Einrich  -  tungen und ausserkantonaler Einrichtungen der externen Sonderschulung  richtet sich nach der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen  (IVSE)  5  .
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            5   Erlasssammlung der EDK, Ziff. 3.2
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            4
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            V.  Schlussbestimmungen
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 12 Beitritt
                            Der Beitritt zu dieser Vereinbarung wird dem Vorstand der EDK gegenüber  erklärt.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 13 Austritt
                            Der Austritt aus der Vereinbarung muss dem Vorstand der EDK gegenüber  erklärt werden. Er tritt auf Ende des dritten der Austrittserklärung folgenden  Kalenderjahres in Kraft.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 14 Umsetzungsfrist
                            Die Kantone, die der Vereinbarung nach dem 1.  Januar  2011 beitreten,  müssen diese innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt der Ratifi  -  zierung umsetzen.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 15 Inkrafttreten
                            1  Der Vorstand der EDK setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr mindes  -  tens zehn Kantone beigetreten sind, jedoch frühestens auf den 1.  Januar
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2011.  6
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2  Das Inkrafttreten ist dem Bund zur Kenntnis zu geben.
                        
                        
                    
                    
                    
                Artikel 16 Fürstentum Liechtenstein
                            Das Fürstentum Liechtenstein kann der Vereinbarung beitreten. Ihm stehen  alle Rechte und Pflichten eines Vereinbarungskantons zu.  Heiden, 25.  Oktober  2007  Im Namen der Schweizerischen Konfe  -  renz  der kantonalen Erziehungsdirektoren  Die Präsidentin: Isabelle Chassot  Der Generalsekretär: Hans Ambühl
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            6   In Kraft seit dem 1.  Januar  2011 (AB vom 21.  April  2011).  5