Interpretation des Artikels 46 der Kantonsverfassung (101.1)
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Interpretation des Artikels 46 der Kantonsverfassung

Interpretation des Artikels 46 der Kantonsverfassung vom 3. Dezember 1971 (Stand 3. Dezember 1971) OGS 1973, 2
Der Kantonsrat des Kantons Obwalden, in Erwägung: Im Zusammenhang mit der Wahl eines AHV-Zweigstellenleiters, bzw. dessen Abberufung wegen Erreichung der Wahlaltersgrenze nach Art. 46 der Kantonsverfassung 1 ) (KV) stellte sich die grundsätzliche Frage, ob Funktionäre der selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons (Elektrizitätswerk Obwalden, Obwaldner Kantonalbank, Kantona le Ausgleichskasse) unter den Begriff der „kantonalen und kommunalen Behörden oder Ämter“ im Sinne des Art. 46 Abs. 1 KV fallen und dem nach der Wahlaltersgrenze des Art. 46 Abs. 2 unterstellt sind. 1) GDB 101.0 2
1. Mit juristischen Interpretationsmethoden gelangt die rechtsanwendende Behörde zu keinem klaren Ergebnis. Die Materialien zur Totalrevision der Kantonsverfassung geben keine Antwort. Ein vergleichsweiser Heranzug des Art. 50 KV, der ebenfalls unter dem Titel Allgemeine Bestimmungen zum Abschnitt über die staatlichen Gewalten und ihre Funktionen figuriert, ist unbehelflich, da er nur den spezifischen Tatbestand des passiven Wahlrechts normiert. Hingegen nimmt Art. 54 KV hinsichtlich der Haftung und Verantwortlichkeit eine Gleichschaltung der Beamten und Angestell ten des Kantons und jener der öffentlich-rechtlichen Anstalten vor. Nach Art. 70 Ziff. 2 KV erläutert der Kantonsrat Verfassung und Gesetze, jedoch nie in Anwendung auf einen einzelnen, vor den Gerichten schwe benden Fall. Zur Erläuterung der fraglichen Verfassungsartikel ist dem nach der Kantonsrat zuständig. Eine authentische Interpretation durch den Kantonsrat gemäss Art. 70 Abs. 2 KV ist nur dann zulässig, wenn da durch weder direkt noch indirekt eine inhaltliche Änderung der betreffen den Gesetzesbestimmung bewirkt und auf jeden Fall keine Neu- oder Mehr-Verpflichtung des Normadressaten ausgesprochen wird. Da dies, wie aus dem Folgenden hervorgeht, vorliegend nicht zutrifft, ist die au thentische Interpretation durch den Kantonsrat in jeder Hinsicht gerecht fertigt und einer Verfassungsrevision unbedingt vorzuziehen. 2. Trotz der juristischen Selbständigkeit der öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons ist in verschiedener Hinsicht eine verwaltungsmässige Ver bindung zum Kanton festzustellen. Dies ergibt sich aus der einschlägigen kantonalen Gesetzgebung über die in Frage kommenden Anstalten. 3
Zunächst kommt diese Verbindung zum Ausdruck in der Aufsichtsgewalt des Kantons: Der Regierungsrat übt die Aufsicht aus über die Ausgleichs kasse (Art. 3 des Gesetzes betreffend Einführung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenen-Versicherung), dem Kantonsrat wie derum steht die Oberaufsicht zu über das Elektrizitätswerk Obwalden (Art. 7 des Gesetzes über das Elektrizitätswerk Obwalden) und die Obwaldner Kantonalbank (Art. 2 des Gesetzes betreffend die Obwaldner Kantonal bank). Im Rahmen dieser allgemeinen Aufsichtsgewalt sind dem Kanton zahlreiche Geschäfte vorbehalten, auf die nicht einzeln hingewiesen wer den muss, die aber die relativ grosse Einflussnahme des Kantons auf die Geschäftstätigkeit dieser Anstalten dokumentieren. Sodann wird diese enge Verbindung zwischen Kanton und Anstalten ganz besonders deut lich im Zusammenhang mit der Wahl der leitenden Organe dieser Anstal ten, die von kantonalen Behörden, sei es vom Regierungsrat oder Kantonsrat, vorgenommen wird. Ausgehend von diesen Tatsachen die beweisen, dass der Kanton trotz der juristischen Selbständigkeit der Anstalten auf deren Geschäftstätigkeit Einfluss nimmt und die Bestellung der leitenden Organe sogar direkt vor nimmt, ist es gerechtfertigt, die von kantonalen Behörden gewählten Or gane der öffentlich-rechtlichen Anstalten hinsichtlich der Wahlaltersgrenze den übrigen nebenamtlichen und hauptamtlichen Behörden und Beamten des Kantons gleichzustellen; gestützt auf Artikel 70 Ziffer 2 der Kantonsverfassung vom 19. Mai 1968 2 ) , auf Antrag des Regierungsrates, erlässt folgende Erläuterung von Art. 46 der Kantonsverfassung: Ziff. 1 1 Unter den Begriff „kantonale und kommunale Behörden oder Ämter“ fal len auch die von kantonalen Behörden gewählten gesetzlichen Organe der selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons. Ziff. 2 1 Demnach sind auch diese der Wahlaltersgrenze des Art. 46 Abs. 2 KV unterstellt. 2) GDB 101.0 4
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 03.12.1971 03.12.1971 Erlass Erstfassung OGS 1973, 2 5
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 03.12.1971 03.12.1971 Erstfassung OGS 1973, 2 6
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