Gesetz über die Ausübung des Anwaltsberufes
Gesetz über die Ausübung des Anwaltsberufes * (Kantonales Anwaltsgesetz, AnwG) vom 4. Februar 2004 (Stand 1. Januar 2011) Der Landrat von Nidwalden, gestützt auf Art. 60 der Kantonsverfassung, in Ausführung von Art. 3 und 34 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA) 1 ) , beschliesst: 1 Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand
1 Dieses Gesetz vollzieht das Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte und regelt die Vertretung der Parteien vor den Gerichten und den Strafuntersuchungsbehörden, den Erwerb des An - waltspatentes, die Ausübung des Anwaltsberufes im Kanton sowie die Aufsicht über die Anwältinnen und Anwälte.
Art. 2 Anwaltskommission
1. Wahl, Organisation 1 Der Regierungsrat wählt die Anwaltskommission mit fünf Mitgliedern, in der die Gerichte und die im Kanton registrierten Anwältinnen und An - wälte vertreten sind; er bezeichnet das Präsidium und das Vizepräsidi - um. 2 Das Sekretariat wird durch eine Gerichtsschreiberin oder einen Ge - richtsschreiber des Obergerichts besorgt. 1) SR 935.61 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses 1
Art. 3 2. Zuständigkeiten
1 Die Anwaltskommission ist die Aufsichtsbehörde im Sinne von Art. 14 BGFA und hat folgende Aufgaben: 1. Führung des kantonalen Anwaltsregisters und der öffentliche Lis - te gemäss BGFA; 2. Durchführung und Entscheide in Aufsichts- und Disziplinarverfah - ren; 3. Befreiung vom Berufsgeheimnis; 4. Erteilung der Praktikantenbewilligung; 5. Abnahme der Anwaltsprüfung und Erteilung des Anwaltspatentes; 6. Abnahme der Eignungsprüfung nach Art. 31 BGFA und Führung des Eignungsgespräches nach Art. 32 BGFA; 7. Entscheid über den Registereintrag; 8. Veranlassung der nach diesem Gesetz oder dem BGFA erforder - lichen Veröffentlichungen im Amtsblatt; 9. alle weiteren Entscheide im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Anwältinnen und Anwälte, soweit sie nicht ausdrücklich einer anderen Instanz übertragen sind. 2 Parteivertretung
Art. 4 Recht zur Parteivertretung
1. Grundsatz 1 Zur vertraglichen Vertretung von Parteien vor den Gerichten und den Strafuntersuchungsbehörden des Kantons ist berechtigt, wer im kanto - nalen Anwaltsregister eingetragen ist oder die Freizügigkeit nach dem BGFA geniesst. 2 ... *
Art. 5 2. Praktikantenbewilligung
1 Personen, die zu Ausbildungszwecken bei einer Anwältin oder einem Anwalt mit Eintrag im kantonalen Anwaltsregister tätig sind und Parteien vor den Gerichten und den Strafuntersuchungsbehörden vertreten wol - len, bedürfen einer Praktikantenbewilligung der Anwaltskommission. 2 Die Bewilligung wird erteilt, wenn: 1. die Voraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a und Art. 8 Abs. 1 Buchstabe a–c BGFA erfüllt sind; 2
2. die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller zwei Monate bei der verantwortlichen Anwältin beziehungsweise dem Anwalt oder in der Rechtspflege tätig war; 3. sicher gestellt ist, dass die Tätigkeit der Praktikantin beziehungs - weise des Praktikanten unter der Verantwortung der Anwältin oder des Anwaltes erfolgt. 3 Die Bewilligung gilt für zwei Jahre und kann widerrufen werden, wenn das Verhalten der Praktikantin oder des Praktikanten zu begründeter Beanstandung Anlass gibt.
Art. 6 Nachweis der Berechtigung
1 Anwältinnen und Anwälte haben sich auf Verlangen der Gerichte und der Strafuntersuchungsbehörden über ihren Registereintrag gemäss BGFA auszuweisen. 2 Die Gerichte und die Strafuntersuchungsbehörden sowie die Anwalts - kommission können von dienstleistungserbringenden Anwältinnen und Anwälten aus Mitgliedstaaten der EU verlangen, dass sie ihre Anwalts - qualifikation nachweisen. 3 Anwaltspatent
Art. 7 Erwerb, Berufsbezeichnung
1 Wer das Anwaltspatent des Kantons erwerben will, hat die Anwaltsprü - fung zu bestehen. 2 Wer die Prüfung im Kanton bestanden hat, ist berechtigt, die Berufsbe - zeichnung Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zu verwenden.
Art. 8 Anwaltsprüfung
1. Zulassungsvoraussetzungen 1 Zur Anwaltsprüfung wird zugelassen, wer: 1. die Voraussetzungen nach Art. 7 Abs.1 Buchstabe a und Art. 8 Abs. 1 Buchstabe a–c BGFA erfüllt; 2. hauptberuflich während achtzehn Monaten in der Schweiz bei ei - ner oder einem im Anwaltsregister nach BGFA eingetragenen An - wältin oder Anwalt oder in der Rechtspflege praktisch tätig war, und 3. vor der Einreichung des Gesuches mindestens ein Jahr ununter - brochen Wohnsitz im Kanton hatte. 3
2 Von der praktischen Tätigkeit gemäss Abs. 1 Ziffer 2 sind mindestens sechs Monate bei einer Anwältin oder einem Anwalt auszuüben. 3 Auf die Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses gemäss Abs. 1 Ziffer 3 wird verzichtet, wenn die Kandidatin oder der Kandidat während min - destens zwölf Monaten eine praktische Tätigkeit im Sinne von Abs. 1 Ziffer 2 im Kanton ausübte. 4 Zur mündlichen Prüfung wird nur zugelassen, wer die schriftliche Prü - fung bestanden hat.
Art. 9 2. Inhalt, Umfang
1 Die Prüfung besteht mindestens aus zwei schriftlichen und einem mündlichen Teil. Sie ist auf die anwaltliche Tätigkeit ausgerichtet. 2 Die Kandidatin oder der Kandidat hat sich bei der Prüfung über die zur Ausübung des Anwaltsberufes erforderlichen juristischen Kenntnisse auszuweisen.
Art. 10 3. Bewertung
1 Die Prüfungsteile werden mit «bestanden» oder mit «nicht bestanden» bewertet. 2 Die Anwaltsprüfung ist bestanden, wenn alle Teile mit bestanden be - wertet sind.
Art. 11 4. Wiederholung
1 Jeder nicht bestandene Prüfungsteil kann zwei Mal wiederholt werden. 2 Ein bestandener Prüfungsteil wird während drei Jahren an die An - waltsprüfung angerechnet. 3 Das Nichtbestehen der Anwaltsprüfung in einem anderen Kanton wird angerechnet.
Art. 12 5. Anwaltspatent, Veröffentlichung
1 Nach bestandener Prüfung stellt die Anwaltskommission das An - waltspatent aus. 2 Die Erteilung des Anwaltspatentes ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Art. 13 6. Gebühren
1 Für die Durchführung der Anwaltsprüfung werden Gebühren erhoben. Sie sind im Voraus zu entrichten. 4
2 Die Wiederholung der Prüfung ist gebührenpflichtig. 4 Anwaltsregister und öffentliche Liste
Art. 14 Registerführung
1 Die Anwaltskommission führt das Anwaltsregister gemäss Art. 5 BGFA und die öffentliche Liste gemäss Art. 28 BGFA. 2 Die erforderlichen Belege für den Nachweis der persönlichen Voraus - setzungen nach Art. 8 BGFA dürfen im Zeitpunkt der Einreichung nicht älter als drei Monate sein.
Art. 15 Veröffentlichung
1 Der Eintrag und die Löschung im Anwaltsregister oder in der öffentli - chen Liste sind im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Art. 16 Meldepflicht
1 Wird ein Verlustschein, lautend auf eine Anwältin oder einen Anwalt ausgestellt, hat dies das Konkurs- und Betreibungsamt der Anwaltskom - mission unverzüglich zu melden. 2 Wird gegen eine Anwältin oder einen Anwalt eine Strafuntersuchung wegen eines Verbrechens oder eines vorsätzlichen Vergehens eröffnet, haben dies die Strafuntersuchungsbehörden der Anwaltskommission unverzüglich zu melden. 3 Im Übrigen gilt die Meldepflicht gemäss Art. 15 BGFA. 5 Berufsregeln, Aufsicht und Disziplinarrecht
Art. 17 Grundsatz
1 Ungeachtet eines Eintrages im Anwaltsregister beziehungsweise in der öffentlichen Liste gelten für die selbstständigen und unabhängigen Anwältinnen und Anwälte die Berufsregeln nach Art. 12 und das Berufs - geheimnis nach Art. 13 BGFA; sie unterstehen der Aufsicht und dem Disziplinarrecht.
Art. 18 Aufsicht
1 Die Anwaltskommission kann verbindliche Weisungen erteilen und Disziplinarmassnahmen verfügen. 5
2 Sie kann von Amtes wegen prüfen, ob eine Anwältin oder ein Anwalt die persönlichen Voraussetzungen gemäss Art. 8 BGFA erfüllt.
Art. 19 Disziplinarverfahren
1. Grundsätze 1 Für das Verfahren, die Massnahmen, die Verjährung und die Lö - schung von Disziplinarmassnahmen gelten die Vorschriften des BGFA sowie der Gesetzgebung über die Verwaltungsrechtspflege 2 ) . 2 Die Anordnung eines befristeten oder dauernden Berufsausübungsver - botes gemäss Art. 17 Abs. 1 Buchstabe d und e BGFA ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Art. 20 2. Einleitung
1 Die Anwaltskommission leitet das Disziplinarverfahren von Amtes we - gen oder aufgrund einer Anzeige ein. 2 Sie kann von der Eröffnung eines Verfahrens absehen, sofern sie die Vorwürfe als offensichtlich unbegründet erachtet. 6 Amtliche Kosten
Art. 21 Grundsatz
1 Für sämtliche Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem Vollzug dieses Gesetzes, insbesondere für das Einspracheverfahren betreffend den Registereintrag, werden amtliche Kosten erhoben. 2 Der Regierungsrat regelt die Gebühren.
Art. 22 Kostentragung
1 Wer Anlass zu einer Amtshandlung oder einem Verfahren gibt, trägt unter Vorbehalt von Absatz 2 die Kosten. 2 Im Disziplinarverfahren richtet sich die Kostentragung nach Art. 426– 428 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) 3 ) . * 2) NG 265.1 3) SR 312.0 6
7 Rechtsschutz
Art. 23 Einsprache
1 Gegen die Verfügung der Anwaltskommission betreffend den Eintrag oder die Löschung im kantonalen Anwaltsregister kann binnen 20 Ta - gen nach erfolgter Zustellung bei der Anwaltskommission Einsprache eingereicht werden.
Art. 24 Verwaltungsgerichtsbeschwerde
1 Gegen den Einspracheentscheid der Anwaltskommission und jeden anderen, in Anwendung des BGFA oder dieses Gesetzes ergangenen Entscheid, kann binnen 20 Tagen nach erfolgter Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. 2 Bei Beschwerden gegen Prüfungsentscheide steht dem Verwaltungs - gericht keine Ermessenskontrolle zu. 8 Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 25 Vollzug
1 Der Regierungsrat erlässt die zum Vollzug dieses Gesetzes erforderli - chen Bestimmungen sowie Vorschriften über: 1. den Inhalt und die Durchführung der Anwaltsprüfung; 2. den Inhalt und die Durchführung der Eignungsprüfung nach Art. 31 BGFA sowie des Eignungsgespräches nach Art. 32 BGFA; 3. die Höhe der Gebühren.
Art. 26 Übergangsbestimmungen
1 Die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilten Anwaltspatente behal - ten ihre Gültigkeit. 2 Anwältinnen und Anwälte, die am 1. Juni 2002 über eine kantonale Be - rufsausübungsbewilligung verfügen und im Kanton eine Kanzlei führen, werden ohne Erhebung von Gebühren und in einem vereinfachten Ver - fahren in das Anwaltsregister eingetragen. Die Anwaltskommission re - gelt das Verfahren. 7
3 Anwältinnen und Anwälte, die nicht im kantonalen Anwaltsregister ein - getragen sind, keine Freizügigkeit geniessen und im Zeitpunkt des In - krafttretens dieses Gesetzes eine Partei in einem gerichtlichen Verfah - ren vertreten, dürfen die Vertretung bis zum Entscheid oder Urteil der betreffenden Instanz weiterführen.
Art. 27 Änderung bisherigen Rechts
1. Gerichtsgesetz 1 Das Gesetz vom 28. April 1968 über die Organisation und das Verfah - ren der Gerichte (Gerichtsgesetz) 4 ) wird wie folgt geändert: ...
Art. 28 2. Zivilprozessordnung
1 Das Gesetz vom 20. Oktober 1999 über den Zivilprozess (Zivilprozess - ordung) 5 ) wird wie folgt geändert: ...
Art. 29 Aufhebung bisherigen Rechts
1 Die Verordnung vom 8. April 1972 über die vertragliche Vertretung der Parteien vor den Gerichten (Anwaltsverordnung) 6 ) wird aufgehoben.
Art. 30 Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Regierungsrat legt den Zeitpunkt des Inkrafttretens 7 ) fest. 4) NG 261.1 5) NG 262.1 6) A 1972, 519, 981 7) Datum des Inkrafttretens: 1. Dezember 2004 8
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 04.02.2004 01.12.2004 Erlass Erstfassung A 2004, 245, 2035 09.06.2010 01.01.2011 Erlasstitel geändert A 2010, 1031, 1575 09.06.2010 01.01.2011 Art. 4 Abs. 2 aufgehoben A 2010, 1031, 1575 09.06.2010 01.01.2011 Art. 22 Abs. 2 geändert A 2010, 1031, 1575 9
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 04.02.2004 01.12.2004 Erstfassung A 2004, 245, 2035 Erlasstitel 09.06.2010 01.01.2011 geändert A 2010, 1031, 1575
Art. 4 Abs. 2 09.06.2010
01.01.2011 aufgehoben A 2010, 1031, 1575
Art. 22 Abs. 2 09.06.2010
01.01.2011 geändert A 2010, 1031, 1575 10
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