Verwaltungsvereinbarung betreffend die Delegation von polizeilichen Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen
Verwaltungsvereinbarung betreffend die Delegation von polizeilichen Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen Vom 30. Juni 2014 (Stand 7. Juli 2014) Kanton Aargau, vertreten durch Dr. Urs Hofmann, Regierungsrat, und Kanton Lu - zern, vertreten durch Yvonne Schärli-Gerig, Regierungsrätin, vereinbaren:
1. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand und Zielsetzung
1 Diese Vereinbarung regelt die delegierte Vornahme polizeilicher Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen der Polizeikorps der Kantone Aargau und Luzern im Rahmen von Vorverfahren gegen Angehörige des jeweils anderen Polizeikorps zur Sicherstellung der Unparteilichkeit und Objektivität bei den Verfahrenshandlungen.
2 Die Parteien verpflichten sich gegenseitig zur Vornahme polizeilicher Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen. Art. 2 Begriffe
1 Als Ereigniskorps wird das Polizeikorps bezeichnet, bei welchem ein Strafverfah - ren gegen einen oder mehrere Korpsangehörige angehoben wurde.
2 Als Delegationskorps wird das Polizeikorps bezeichnet, das delegationsweise poli - zeiliche Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen durchführt.
3 Als Verfahrensleitung wird der zuständige Staatsanwalt bzw. die zuständige Staats - anwältin des Ereigniskantons bezeichnet. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
2. Rahmenbedingungen und Prozesse
Art. 3 Voraussetzung zur delegierten Übernahme von polizeilichen Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen und Vorgehen
1 Die Voraussetzungen für die Delegation von polizeilichen Ermittlungs- und Unter - suchungshandlungen an den anderen Kanton sowie das Vorgehen regeln die beiden Parteien durch jeweils interne Weisungen und Dienstbefehle. Diese werden gegen - seitig offengelegt und bilden integrierenden Bestandteil dieser Vereinbarung. Art. 4 Vorermittlung, erste Beweissicherung und Gefahrenabwehr
1 Der polizeiliche Sachbearbeiter des Ereigniskorps sammelt und verdichtet bekannt gewordene, vage Verdachtslagen in eigener Verantwortung und orientiert die Verfah - rensleitung. Er trifft bei Verdacht auf strafbare Handlungen von Mitarbeitern unver - züglich die erforderlichen Massnahmen zur Sicherung derjenigen Beweise, welche zufolge Dringlichkeit nicht rechtzeitig durch das Delegationskorps getroffen werden können.
2 Bei Vorliegen eines konkreten Verdachts orientiert der polizeiliche Sachbearbeiter unverzüglich den Polizeikommandanten und dieser die Oberstaatsanwaltschaft. Der Polizeikommandant ordnet sämtliche unaufschiebbaren Massnahmen zur Gefahren - abwehr an.
3 Wird bei hinreichendem Tatverdacht für die Durchführung des Vorverfahrens das Delegationskorps eingesetzt, so erfolgen sämtliche weiteren polizeilichen Ermitt - lungs- und Untersuchungshandlungen durch dieses. Art. 5 Information, Fallübergabe und Ansprechpartner
1 Die Verfahrensleitung orientiert den Kommandanten des Delegationskorps unver - züglich über Ereignisse, welche den Einsatz des Delegationskorps erforderlich ma - chen.
2 Die Fallübergabe vom Ereigniskorps an das Delegationskorps erfolgt im Rahmen eines Übergaberapports unter der Leitung der zuständigen Verfahrensleitung. An der Übergabe nehmen die beiden Polizeikommandanten sowie der bisherige polizeiliche Sachbearbeiter des Ereigniskorps und der künftige polizeiliche Sachbearbeiter des Delegationskorps teil.
3 Das Ereigniskorps orientiert umfassend über die getroffenen Massnahmen und Er - gebnisse der Beweissicherung sowie die Gefahrenabwehr. Es übergibt der Verfah - rensleitung und dem Delegationskorps sämtliche bis dato erstellten Akten. Art. 6 Sachbearbeitung
1 Der Chef Kriminalpolizei des Delegationskorps bezeichnet die polizeilichen Sach - bearbeiter für die polizeilichen Ermittlungs- und Untersuchungshandlungen. Er teilt der Verfahrensleitung deren Namen und Erreichbarkeit mit.
Art. 7 Verfahrensleitung, Rapportierung und Datenschutz
1 Der polizeiliche Sachbearbeiter des Delegationskorps rapportiert direkt an die Ver - fahrensleitung.
2 Das Delegationskorps stellt sicher, dass sämtliche polizeilichen Fallakten in einem geschützten Bereich erstellt und archiviert werden. Art. 8 Orientierung des Ereigniskorps und Amtsgeheimnis
1 Die Orientierung des Kommandanten des Ereigniskorps über die Ergebnisse des Vorverfahrens ist im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich Sache der Verfahrensleitung. Über ermittelte Sachverhalte, welche seitens des Ereigniskorps Führungsmassnahmen dringlich und sachlich erforderlich machen, orientiert sie ihn rasch möglichst während des Verfahrens.
2 Das Amtsgeheimnis ist sowohl gegenüber nicht in die Ermittlungen und Untersu - chungen involvierten Angehörigen des Delegationskorps als auch gegenüber Ange - hörigen des Ereigniskorps strikte zu wahren. Vorbehalten bleiben die im Zusam - menhang mit Führungsmassnahmen erforderlichen Informationen. Art. 9 Haftung
1 Das Delegationskorps haftet gemäss eigenem Recht gegenüber Dritten für den Schaden, den es diesen in Ausübung der übernommenen Aufgaben zugefügt hat. Für Schäden, welche im Zuge der Vollstreckung von Zwangsmassnahmen und mit Billi - gung der Verfahrensleitung entstanden sind, haftet der Kanton des Ereigniskorps. Art. 10 Optimierung der Prozesse
1 Die beiden Kommandanten sowie die beiden Oberstaatsanwälte treffen sich bei Be - darf jährlich zu einem Erfahrungsaustausch und definieren auf der Basis der prakti - schen Erfahrungen die erforderlichen Massnahmen zur Optimierung der Prozesse.
3. Finanzielles
Art. 11 Abgeltung
1 Das Delegationskorps leistet die delegierten polizeilichen Ermittlungs- und Unter - suchungshandlungen unentgeltlich. Vorbehalten sind abweichende Vereinbarungen bei besonders aufwendigen Verfahren.
4. Schlussbestimmungen
Art. 12 Inkrafttreten
1 Diese Vereinbarung tritt unmittelbar nach Unterzeichnung in Kraft.
Art. 13 Geltungsdauer und Kündigung
1 Diese Vereinbarung gilt unbefristet.
2 Sie kann jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf Ende jeden Monats durch schriftliche Mitteilung gekündigt werden. Aarau, 30. Juni 2014 / Luzern, 07. Juli 2014 Kanton Aargau, vertreten durch Regie - rungsrat Urs Hofmann Kanton Luzern, vertreten durch Regie - rungsrätin Yvonne Schärli-Gerig
DEPARTEMENT VOLKSWIRTSCHAFT UND INNERES Vorsteher
27. Mai 2014
WEISUNG Strafverfahren gegen Angehörige der Kantonspolizei Aargau Anhang
1
1.
Diese Weisung regelt das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft beim Verdacht auf strafbare Handlungen von Angehörigen der Kantonspolizei Aargau im Dienst oder ausserhalb des Diensts sowie die Voraussetzungen der Delegation von polizeilichen Ermittlungs - und Untersuchungshand- lungen an den Kanton Luzern.
2.
Grundsätzlich sind bei einem Verdacht von strafbaren Handlungen von Angehörigen der Kantonspo- lizei Aargau im Dienst oder ausserhalb des Diensts sämtliche polizeilichen Ermittlungs - und Unters u- chungshandlungen an die Luzerner Polizei zu delegieren. Ausgenommen sind Bagatelldelikte, insbesondere Übertretungen nach Art. 90 Abs. 1 SVG. Geht eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft ein, i st sinngemäss vorzugehen.
3.
Der Polizeikommandant orientiert unverzüglich den leitenden Oberstaatsanwalt, nötigenfalls den
5.
Der leitende Oberstaatsanwalt entscheidet, ob die Verfahrensleitung von der ordentlich zuständigen Staa tsanwältin / vom ordentlich zuständigen Staatsanwalt , von einer Staatsanwältin / einem Staat s- anwalt einer anderen Staatsanwaltschaft oder von einer Oberstaatsanwältin / einem Oberstaatsan- walt übernommen wird. Erachtet der leitende Oberstaatsanwalt die Übertragung der Verfahrensleitung auf einen ausseror- dentlichen Staatsanwalt als notwendig, so stellt er einen entsprechenden Antrag an den Regierungs- rat. Die Verfahrensleitung gibt dem leitenden Oberstaatsanwalt allfällige Ausstandsgründe nach Art. 56 StPO be kannt.
6.
Die Verfahrensleitung ordnet die Untersuchungshandlungen an oder führt diese selbst durch. Zu beachten ist: • Einvernahmen von Kantonspolizisten führt die Verfahrensleitung selbst durch, vorbehalten der Delegation an die Luzerner Polizei. An die K antonspolizei Aargau werden keine Einvernahmen von eigenen Korpsangehörigen delegiert. • Mit der Ausführung von Zwangsmassnahmen wird die Luzerner Polizei oder Dritte beauftragt. Nur im Fall absoluter zeitlicher Dringlichkeit kann damit die Kantonspolizei Aargau beauftragt werden.
7.
Die Oberstaatsanwaltschaft beaufsichtigt die Fallführung.
8.
Berichte und Rapporte der Luzerner Polizei gehen direkt bei der zuständigen Verfahrensleitung ein. Die Verfahrensleitung ist für die Weiterleitung von Rapportkopien an weitere Behörden (z.B. Stras- senverkehrsamt) verantwortlich.
9.
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