Haftungsgesetz
                            Haftungsgesetz (HG)  Vom 24. März 2009 (Stand 1. März 2010)  Der Grosse Rat des Kantons Aargau,  gestützt auf die §§ 75 und 100 Abs. 3 der Kantonsverfassung,  beschliesst:
                        
                        
                    
                    
                    
                1. Haftung für Schaden
§ 1 Geltungsbereich
                            1      Gegenstand    dieses    Gesetzes    ist  die    vermögensrechtliche    Haftung    des  Gemeinwesens  und  seiner  Mitarbeitenden  sowie  der  mit  öffentlichen  Aufgaben  betrauten Organisationen und Personen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Private,  die  vom  Gemeinwesen  übertragene  öffentliche  Aufgaben  erfüllen,  haften  für  dabei  verursachte  Schäden  mit  ihre  m  Vermögen.  Eine  Ausfallhaftung  des  Gemeinwesens     entfällt.     Ansprüche  sind     nach     den     Bestimmungen     des  Bundesprivatrechts    auf    zivilprozessu  alem    Weg    geltend    zu    machen.    Die  Aufgabenübertragung   auf   Private   setzt  den   Nachweis   einer   risikogerechten  Haftpflichtversicherung  voraus,  falls  die  Gefahr  einer  erheblichen  Schädigung  von  Dritten besteht und das Gemeinwesen nicht kraft Sonderregelung haftet.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3     Vorbehalten   bleiben   die   besonderen  Haftungsbestimmunge  n   des   kantonalen  Rechts.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 2 Ergänzendes Recht
                            1    Soweit  das  Gesetz  nichts  Abweichendes    regelt,  gelten  die  Bestimmungen  des  Bundesprivatrechts,     insbesondere  die     Art.     41–61     des     Schweizerischen  Obligationenrechts  1 )  , als ergänzendes kantonales Recht.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1)     SR  220
                        
                        
                    
                    
                    
                § 3 Gemeinwesen
                            1   Haftpflichtige   Gemein  wesen   gemäss   diesem   Gese  tz   sind   der   Kanton,   die  Einwohner-  und  Ortsbürgergemeinden  sowie  die  interkommunalen  Organisationen  (Gemeindeverbände)   oder   die   von   ihnen   m  it   öffentlichen   Aufgaben   betrauten  Organisationen des öffentlichen Rechts.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 4 Haftungsbeschränkung
                            a) Rechtsmittel
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1    Wird  ein  Entscheid  im  Rechtsmittelverfahren  geändert  oder  aufgehoben,  besteht  eine  Haftung  nur  dann,  wenn  die  Vorinstanz    vorsätzlich  oder  grobfahrlässig  falsch  entschieden hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2      Die    Rechtmässigkeit    formell    rechtskräftiger    Entscheide    kann    im    Haf-  tungsverfahren nicht überprüft werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 5 b) Indirekt Betroffene
                            1      Personen,    die    als    Folge    der    Schä  digung    einer    anderen    Person    einen  Vermögensschaden  erlitten  haben,  ohne  da  ss  ein  widerrechtlicher  Eingriff  in  ihre  Rechtsgüter erfolgte, haben keinen Er  satzanspruch gegen  das Gemeinwesen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Haben  Personen  durch  Tötung  ihre  Versor  gerin  oder  ihren  Versorger  verloren,  ist  ihnen der dadurch entstande  ne Schaden zu ersetzen.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 6 c) Falsche Auskunft
                            1    Für  Schaden  aus  falscher  Auskunft  haftet    das  Gemeinwesen  nur  bei  Vorsatz  oder  grober Fahrlässigkeit der Au  skunft erteilenden Person.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Vorausgesetzt  wird  weiter,  dass  eine  zuständige  Person  die  Auskunft  vorbehaltlos  erteilt  hat  und  die  geschädigte  Person  gest  ützt  darauf  gutgläubig  Dispositionen  getroffen oder unterlassen hat, die eine   Schädigung ihres Ve  rmögens bewirkten.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 7 Haftung für rechtmässig verursachten Schaden
                            1   Rechtmässig verursachten Schaden habe  n die Betroffenen selbst zu tragen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Erscheint  dies  als  unzumutbar,  weil  der  Sc  haden  Einzelne  schwer  trifft,  ist  eine  angemessene   Entschädigung   zuzusprechen  ,   insbesondere   wenn   die   geschädigte  Person  die  schädigende  Handlung  oder  Unte  rlassung  weder  vera  nlasst  noch  davon  profitiert hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 8 Genugtuung
                            1     Bei   Tötung   oder   Körperverletzung   ei  nes   Menschen   sowie   bei   schwerer  Persönlichkeitsverletzung   kann   in   Würd  igung   der   Umstände   zusätzlich   zum  Schadenersatz eine ange  messene Summe als Genugtuung zugesprochen werden.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 9 Haftung mehrerer Gemeinwesen
                            1    Haben  Personen,  die  im  Dienst  vers  chiedener  Gemeinwesen  stehen,  Schaden  verursacht,  haften  diese  solidarisch,  wenn  die  amtliche  Tätigkeit  nicht  einem  Gemeinwesen allein zuzurechnen ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                2. Geltendmachung des Haftungsanspruchs
§ 10 Klagerecht
                            1   Geschädigte Dritte haben gegenüber natürl  ichen Personen, die  Schaden verursacht  haben, keinen Anspruch au  f Schadenersat  z oder Genugtuung.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Hat  eine  mit  öffentlichen  Aufgaben  betr  aute  Organisation  des  öffentlichen  Rechts  den   Schaden   verursacht,   ist   das   zuständige   Geme  inwesen   zum   Verfahren  beizuladen.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 11 Klageverfahren
                            1   Vor Einreichung einer Klage ist mit dem Gemeinwesen ein Vergleich zu suchen.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2      Im    Übrigen    richtet    sich    das    Verfahren    nach    den    Bestimmungen    des  verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3    Der  Regierungsrat  bestimmt  durch  Vero  rdnung  diejenige  Stelle,  bei  welcher  der  Haftungsanspruch gegenüber dem Ka  nton geltend zu machen ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                3. Rückgriff auf die Schaden verursachende Person
§ 12 Rückgriff
                            1    Hat  das  Gemeinwesen  Scha  denersatz  oder  Genugtuung  gele  istet,  kann  es  auf  die  verantwortliche   Person   Rückgriff   ne  hmen,   wenn   sie   sich   vorsätzlich   oder  grobfahrlässig widerrechtlich verhalten hat.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Zur  Klageerhebung  gegenüber    Mitgliedern  des  Grossen  Rats,  des  Regierungsrats  und  der  Gerichte  bedarf  es  eines  Beschlusses  des  Grossen  Rats;  ein  vorgängiges  Schlichtungsverfahren entfällt.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            3    Der  Rückgriff  ist  ausgeschlossen,  wenn  die  verantwortliche  Person  nicht  sofort  über das Haftungsbegehren informiert worden ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 13 Rückgriff auf mehrere Personen
                            1    Haben  mehrere  Personen  den  Schaden  veru  rsacht,  haften  sie  anteilmässig  nach  Massgabe ihres Verschuldens.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2    Mitglieder  von  Kollegial  behörden  haften  solidarisch.  Sie  sind  von  der  Haftung  befreit,   wenn   sie   nachweisen   können,  dass   sie   dem   Schaden   verursachenden  Beschluss nicht z  ugestimmt haben.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 14 Einreden und Haftungsbefreiung
                            1    Der  beklagten  Person  stehen  alle  Einreden  und  Einwendungen  zu,  die  dem  Rückgriff  nehmenden  Gemein  wesen  im  Verfahren  gegen  die  geschädigte  Person  zugestanden haben, wenn darüber nicht r  echtskräftig entschieden worden ist.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2   Auf eine Klage kann verzichtet werden,  insbesondere wenn sie die für den Schaden  verantwortliche Person unverhältn  ismässig hart treffen würde.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 15 Verrechnung mit Lohnansprüchen
                            1   Rückgriffsansprüche dürfen ohne Zus  timmung der Schaden verursachenden Person  erst  dann  mit  deren  Lohn-  oder  anderen  Entschädigungsansprüchen  verrechnet  werden,  wenn  sie  in  einem  Vergleich  oder  Urteil  rechtskräftig  festgestellt  worden  sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 16 Verjährung
                            1     Der   Rückgriffsanspruch   verjährt   inne  rt   einem   Jahr   seit   der   rechtskräftigen  Feststellung des  Haftungsanspruchs.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2     Wird   der   Anspruch   aus   einer   strafbaren   Handlung   hergeleitet,   gelten   die  strafrechtlichen Verjährungsfristen, wenn diese länger sind.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 17 Geltendmachung
                            1   Rückgriffsansprüche gegen natürliche   Personen sind gemäss den §§ 37 und 39 des  Gesetzes  über  die  Grundzüge  des  Persona  lrechts  (Personalgesetz,  PersG)  vom
                        
                        
                    
                    
                    
                16. Mai 2000
                            1 )    beziehungsweise  gemäss  den  §§  35  und  36  des  Gesetzes  über  die  Anstellung von Lehrpersonen  (GAL) vom 17. Dezember 2002  2 )   geltend zu machen.
                        
                        
                    
                    
                    
                4. Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 18 Übergangsrecht
                            1    Vor  Inkrafttreten  dieses  Gesetzes  veru  rsachte  Schäden  werden  nach  bisherigem  Recht beurteilt.
                        
                        
                    
                    
                    
                § 19 Publikation und Inkrafttreten
                            1   Dieses Gesetz ist nach unbenütztem Ab  lauf der Referendumsfrist beziehungsweise  nach  Annahme  durch  das  Volk  in  de  r  Gesetzessammlung  zu    publizieren.  Der  Regierungsrat bestimmt den Ze  itpunkt des Inkrafttretens.
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1)     SAR  165.100
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            2)     SAR  411.200
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            Aarau, 24. März 2009  Präsident des Grossen Rats  M  ARKWALDER  Protokollführer  i.V. O  MMERLI  Datum der Veröffentlichung: 8. Juni 2009  Ablauf der Referendumsfri  st: 7. September 2009  Inkrafttreten: 1. März 2010  1 )
                        
                        
                    
                    
                    
                
                            1)     RRB vom 13. Januar 2010