Interkantonales Konkordat über Massnahmen zu Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen (620.3)
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Interkantonales Konkordat über Massnahmen zu Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen

Interkantonales Konkordat über Massnahmen zu Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen
1 ) vom 08.10.1957 (Stand 01.01.1961) Zur wirksamen Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen wird gestützt auf Art. 7 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 2 der schweizerischen Bundesverfassung und die Bestimmungen des Obligationenrechtes folgendes Konkordat ab - geschlossen:
Art. 1
1 Wer auf dem Gebiet der Konkordatskantone in irgendeiner Form Gelddar - lehen oder Kredite gewährt darf als Gesamtentschädigung auf keinen Fall mehr als 1,5% der zu Beginn jedes Monats tatsächlich geschuldeten Sum - me fordern, (d.h. monatlich höchstens 1% für Zinsen, Provisionen, Kom - mission und Gebühren, und höchstens 0,5% für die ausgewiesenen Ausla - gen und Kosten).
Art. 2
1 Wer Darlehen oder Kredite vermittelt, darf weder vom Kredit noch vom Darlehensnehmer eine Entschädigung oder eine Kostenrückerstattung for - dern.
Art. 3
1 Auch Darlehens- und Kreditgebern mit Sitz ausserhalb der Konkordats - kantone ist es verboten, im Konkordatsgebiet Darlehen zu gewähren oder Kredite zu eröffnen, die irgendwie die im Konkordat bestimmten Leistungen eines Schuldners übersteigen.
1) Beitritt des Kantons Wallis am 12.05.1960. Inkrafttreten am 01.01.1961. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
Art. 4
1 Weder der Darlehens- oder Kreditnehmer noch der Geld- oder Kreditge - ber darf eine Schuldanerkennung ausstellen oder entgegennehmen, die auf einen höhern Betrag als die wirklich gewährte Darlehens- oder Kreditsum - me lautet. Bereits getätigte Auslagen und nachgewiesene Kosten sowie Zinsen und Skonti dürfen immerhin für höchstens drei Monate zum voraus bezogen werden.
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Art. 5
1 Der Gläubiger kann die gänzliche oder teilweise Rückerstattung der Schuldsumme vor dem Verfall nicht verweigern.
Art. 6
1 Das "Schneeballen"-System in irgendeiner Form ist bei Kredit- oder Darle - hensgeschäften verboten.
Art. 7
1 Den Darlehens- und Kreditgebern ist untersagt, sofern ein Darlehens- oder Kreditgeschäft nicht zustande kam, irgendeine Entschädigung zu for - dern.
Art. 8
1 Der Darlehens- oder Kreditnehmer darf zu keinen andern persönlichen fi - nanziellen Leistungen zum direkten oder indirekten Vorteil des Darlehens- oder Kreditgebers verpflichtet werden als den in Art. 1 dieses Konkordates vorgesehenen (beispielsweise Bedingung zur Zeichnung von Aktien, Obli - gationen oder Genossenschaftsanteilen oder Abschluss eines Ver - sicherungsvertrages).
2 Bei Darlehen oder Krediten von mehr als Fr. 2'000 ist dem Darlehens- oder Kreditgeber erlaubt, vom Schuldner den Abschluss einer Versicherung auf das Ableben zu verlangen. Verboten bleibt aber eine Spar- oder ge - mischte Versicherung. Die Höhe der Versicherungssumme und die Dauer des Vertrages müssen aber mit dem Darlehens- oder Kreditvertrag über - einstimmen. Eine allfällige Verlängerung beider Verträge bleibt vorbehalten. Der Darlehens- oder Kreditgeber darf dem Schuldner unter keinen Umstän - den mehr als die Netto-Prämie belasten.
Art. 9
1 Wer Darlehen oder Kredite gibt oder vermittelt, ist verpflichtet, bei jeder Art der Werbung oder Ankündigung folgende Angaben zu machen: a) seinen Namen und Vornamen oder die Bezeichnung der Firma; b) seinen Beruf (Darlehens- oder Kreditgeber oder Vermittler); c) seinen Geschäftssitz. Weitere Angaben sind verboten.
2 Auf dem Gebiet der Konkordatskantone ist jede Art der Verbreitung oder Veröffentlichung von Anzeigen, die mit den Vorschriften dieses Konkordates nicht im Einklang stehen, verboten.
Art. 10
1 Die Werbung von Kunden in Gastwirtschaftsbetrieben oder am Arbeitsort und dessen Umgebung ist verboten.
Art. 11
1 Vor jedem Vertragsabschluss sind dem Kunden die Darlehens- und Kre - ditbedingungen schriftlich bekanntzugeben. Sie sind so abzufassen, dass sie auch Personen die in Kredit- und Darlehensgeschäften keine Erfahrung haben, leicht verständlich sind.
Art. 12
1 Der Darlehens- oder Kreditvertrag ist zweifach auszufertigen und von bei - den Parteien zu unterzeichnen. Dem Darlehens- oder Kreditnehmer ist un - mittelbar nach der Unterzeichnung eine Ausfertigung zu übergeben.
2 Der Vertrag hat zu enthalten: a) Bei Gewährung eines Gelddarlehens:
1. den dem Darlehensnehmer wirklich übergebenen Geldbetrag;
2. den Zinssatz und eine ausschliessliche Aufzählung der vom Dar - lehensnehmer geforderten weitern Leistungen;
3. die Höhe und die Fälligkeit jeder vom Darlehensnehmer gefor - derten Zahlung;
4. den Hinweis auf die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung. b) Bei Eröffnung eines Kredites:
1. den Höchstbetrag der Kreditsumme;
2. den Zinssatz und eine ausschliessliche Aufzählung der vom Kre - ditnehmer geforderten weitern Leistungen;
3. die Bezugsbedingungen;
4. die Höhe und Fälligkeit jeder vom Kreditnehmer geforderten Zahlung;
5. den Hinweis auf die Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung.
Art. 13
1 Widerhandlungen gegen die Vorschriften dieses Konkordates werden mit Haft oder mit Busse bis zu Fr. 10'000 bestraft.
2 Strafbar sind ebenfalls der Versuch und die Gehilfenschaft.
3 Vorbehalten bleibt Art. 157 StGB.
Art. 14
1 In schweren Fällen sowie im Rückfall kann der Richter Haft- und Gefäng - nisstrafe miteinander verbinden und die Veröffentlichung des Urteils auf Kosten des Verurteilten anordnen.
2 In schweren Fällen sowie im Rückfall kann der Richter dem Verurteilten die Ausübung der Berufes eines Darlehens- oder Kreditgebers für die Dau - er von sechs Monaten bis zu fünf Jahren verbieten. Die Wirkung dieses Verbotes beginnt mit dem Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Es gilt für das Gebiet aller Konkordatskantone.
3 Rückfällig ist, wer innerhalb eines Jahres nach rechtskräftiger Verurteilung wegen Widerhandlung gegen die Vorschriften dieses Konkordats erneut ge - gen dessen Bestimmungen verstösst.
Art. 15
1 Die allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches über die Übertretung bleiben ausdrücklich vorbehalten.
Art. 16
1 Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetriebe einer juristischen Person begangen, so werden die Direktoren die Prokuristen und Handlungsbevoll - mächtigten, die Mitglieder der Verwaltungsrates, der Kontrollstelle oder die Liquidatoren, die sich schuldig gemacht haben bestraft.
2 Wird die Widerhandlung im Geschäftsbetrieb einer Kollektivgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haf - tung begangen, so werden die Gesellschafter, die Direktoren, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten oder die Liquidatoren, die sich schuldig machten, bestraft.
3 Die Kollektivgesellschaft, die Kommanditgesellschaft oder die juristische Person haftet immer solidarisch für Busse und Kosten.
Art. 17
1 Für die nachfolgend genannten Unternehmen sind die Vorschriften dieses Konkordates nur anwendbar, soweit es sich um die Gewährung von Klein - krediten handelt: a) Unternehmen, die dem Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken, und Sparkassen unterstellt sind sowie alle in Art. 1, Abs.
5, dieses Gesetzes erwähnten Unternehmen. b) Vom Bundesrat konzessionierte Versicherungsgesellschaften. c) Kreditkassen auf Wartezeit. d) Öffentlich- und privatrechtliche Personalversicherungskassen. e) Kreditkassen auf Gegenseitigkeit. f) Bürgschaftsgenossenschaften.
2 Art. 8 Abs. 1 dieses Konkordates ist auf Kreditkassen auf Gegenseitigkeit nicht anwendbar, soweit diese für die Darlehens- oder Kreditgewährung den Erwerb eines Anteilscheines oder eine andere gleichartige und gleich - wertige Leistung vorsehen.
Art. 18
1 Allfällige in den Konkordatskantonen geltende strengere Vorschriften so - wie die kantonalen Bestimmungen über das Faustpfand bleiben vorbehal - ten.
Art. 19
1 Das Konkordat tritt in Kraft, sobald ihm mindestens drei Kantone beigetre - ten sind. Jeder beigetretene Kanton kann sechs Monate zum voraus auf das Ende eines Kalenderjahres beim schweizerischen Bundesrat seine Mit - gliedschaft künden.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Quelle Publikation
08.10.1957 01.01.1961 Erlass Erstfassung RO/AGS 1960 f 190,
249 | d 193, 246
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Quelle Publikation Erlass 08.10.1957 01.01.1961 Erstfassung RO/AGS 1960 f 190,
249 | d 193, 246
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